„Phylogenomik“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
→‎Geschichte: + Methodenbeschreibung
→‎Eigenschaften: + Photosynthese, + Einfluss der Methodenwahl, + Ref
Zeile 2: Zeile 2:


== Eigenschaften ==
== Eigenschaften ==
Die Phylogenomik dient der Vorhersage der Funktion eines unbekannten Proteins anhand ähnlicher Proteine mit bekannter Funktion durch einen Vergleich der [[DNA-Sequenz]]en. Weiterhin untersucht sie [[Abstammung]]en und Verwandtschaftsbeziehungen, das Auftreten von [[Horizontaler Gentransfer|horizontalen Gentransfers]] und die [[evolution]]äre Entstehung von Genfamilien und den daraus entstehenden Proteinfamilien innerhalb einer [[Art (Biologie)|Art]].
Die Phylogenomik dient der Vorhersage der Funktion eines unbekannten Proteins anhand ähnlicher Proteine mit bekannter Funktion durch einen Vergleich der [[DNA-Sequenz]]en. Weiterhin untersucht sie [[Abstammung]]en und Verwandtschaftsbeziehungen, das Auftreten von [[Horizontaler Gentransfer|horizontalen Gentransfers]]<ref>J. W. Whitaker, G. A. McConkey, D. R. Westhead: ''The transferome of metabolic genes explored: analysis of the horizontal transfer of enzyme encoding genes in unicellular eukaryotes.'' In: ''Genome biology.'' Band 10, Nummer 4, 2009, S.&nbsp;R36, {{DOI|10.1186/gb-2009-10-4-r36}}, PMID 19368726, {{PMC|2688927}}.</ref> und die [[evolution]]äre Entstehung von Genfamilien und den daraus entstehenden Proteinfamilien innerhalb einer [[Art (Biologie)|Art]].


Die Analyse erfolgt aufgrund der vergleichsweise großen zu vergleichenden Datensätze mit [[Bioinformatik|bioinformatischen]] Methoden.<ref>Q. Ong, P. Nguyen, N. P. Thao, L. Le: ''Bioinformatics Approach in Plant Genomic Research.'' In: ''Current genomics.'' Band 17, Nummer 4, August 2016, S.&nbsp;368–378, {{DOI|10.2174/1389202917666160331202956}}, PMID 27499685, {{PMC|4955030}}.</ref> Die Methoden können in fünf Gruppen eingeteilt werden, auf verschiedenen Genen basierend, auf dem Inhalt des Gens basierend, auf der Anordnung der Gene basierend, K-string-basierend und auf [[Stoffwechselweg]]en basierend.<ref>Z. Wang, Z. Xie, Y. Cai, K. Shu, F. Huang: ''Advances in phylogenomics.'' In: ''Yi chuan = Hereditas / Zhongguo yi chuan xue hui bian ji.'' Band 36, Nummer 7, Juli 2014, S.&nbsp;669–678, {{DOI|10.3724/SP.J.1005.2014.0669}}, PMID 25076031.</ref> Während die meisten Methoden auf einer Zuordnung homologer Sequenzabschnitte ([[Sequenzalignment]]) basieren, die mit zunehmender Länge und mit abnehmender Verwandtschaft der Sequenzen immer aufwändiger und letztlich, für den Vergleich ganzer Genome, unmöglich wird, ist die K-String-Methode zuordnungsfrei; später wurden eine Reihe weiterer Methoden ohne Alignment entwickelt, die teilweise mit geringerer Rechenleistung auskommen.
Die Analyse erfolgt aufgrund der vergleichsweise großen zu vergleichenden Datensätze mit [[Bioinformatik|bioinformatischen]] Methoden.<ref>Q. Ong, P. Nguyen, N. P. Thao, L. Le: ''Bioinformatics Approach in Plant Genomic Research.'' In: ''Current genomics.'' Band 17, Nummer 4, August 2016, S.&nbsp;368–378, {{DOI|10.2174/1389202917666160331202956}}, PMID 27499685, {{PMC|4955030}}.</ref> Die Methoden können in fünf Gruppen eingeteilt werden, auf verschiedenen Genen basierend, auf dem Inhalt des Gens basierend, auf der Anordnung der Gene basierend, K-string-basierend und auf [[Stoffwechselweg]]en basierend.<ref>Z. Wang, Z. Xie, Y. Cai, K. Shu, F. Huang: ''Advances in phylogenomics.'' In: ''Yi chuan = Hereditas / Zhongguo yi chuan xue hui bian ji.'' Band 36, Nummer 7, Juli 2014, S.&nbsp;669–678, {{DOI|10.3724/SP.J.1005.2014.0669}}, PMID 25076031.</ref> Während die meisten Methoden auf einer Zuordnung homologer Sequenzabschnitte ([[Sequenzalignment]]) basieren, die mit zunehmender Länge und mit abnehmender Verwandtschaft der Sequenzen immer aufwändiger und letztlich, für den Vergleich ganzer Genome, unmöglich wird, ist die K-String-Methode zuordnungsfrei; später wurden eine Reihe weiterer Methoden ohne Alignment entwickelt, die teilweise mit geringerer Rechenleistung auskommen. Je nach gewählter Berechnungsmethode können gelegentlich aus dem gleichen Datensatz unterschiedliche Stammbäume erstellt werden.<ref>Philippe, Hervé; Delsuc, Frédéric; Brinkmann, Henner; Lartillot, Nicolas "Phylogenomics". In: ''Annual Review of Ecology, Evolution, and Systematics'' (2005), Band 36, S. 541–562. doi:10.1146/annurev.ecolsys.35.112202.130205.</ref>


Bei den Analysen gibt es verschiedene Grundannahmen wie der Erhalt von Sequenzen über die Zeit, die Äquivalenz der Methoden bei Stammbäumen und der Evolution von Gen- bzw. Proteinfamilien, einfache [[zellkern]]lose [[Zelle (Biologie)|Zellen]] als Ursprung allen Lebens und den horizontalen Gentransfer als Ursache von Inkongruenzen bei Analysen verschiedener Gene (einschließlich der Entstehung von [[Endosymbiontentheorie|Endosymbionten]]).<ref>C. G. Kurland, A. Harish: ''The phylogenomics of protein structures: The backstory.'' In: ''Biochimie.'' Band 119, Dezember 2015, S.&nbsp;284–302, {{DOI|10.1016/j.biochi.2015.07.027}}, PMID 26234735.</ref><ref>B. Boussau, V. Daubin: ''Genomes as documents of evolutionary history.'' In: ''Trends in ecology & evolution.'' Band 25, Nummer 4, April 2010, S.&nbsp;224–232, {{DOI|10.1016/j.tree.2009.09.007}}, PMID 19880211</ref>
Bei den Analysen gibt es verschiedene Grundannahmen wie der Erhalt von Sequenzen über die Zeit, die Äquivalenz der Methoden bei Stammbäumen und der Evolution von Gen- bzw. Proteinfamilien, einfache [[zellkern]]lose [[Zelle (Biologie)|Zellen]] als Ursprung allen Lebens und den horizontalen Gentransfer als Ursache von Inkongruenzen bei Analysen verschiedener Gene (einschließlich der Entstehung von [[Endosymbiontentheorie|Endosymbionten]]).<ref>C. G. Kurland, A. Harish: ''The phylogenomics of protein structures: The backstory.'' In: ''Biochimie.'' Band 119, Dezember 2015, S.&nbsp;284–302, {{DOI|10.1016/j.biochi.2015.07.027}}, PMID 26234735.</ref><ref>B. Boussau, V. Daubin: ''Genomes as documents of evolutionary history.'' In: ''Trends in ecology & evolution.'' Band 25, Nummer 4, April 2010, S.&nbsp;224–232, {{DOI|10.1016/j.tree.2009.09.007}}, PMID 19880211</ref>


Aufgrund von phylogenomischen Analysen wurde der Ursprung zellulärer Lebensformen auf etwa vor 2,9 Milliarden Jahre geschätzt.<ref>M. J. Seufferheld, G. Caetano-Anollés: ''Phylogenomics supports a cellularly structured urancestor.'' In: ''Journal of molecular microbiology and biotechnology.'' Band 23, Nummer 1–2, 2013, S.&nbsp;178–191, {{DOI|10.1159/000346552}}, PMID 23615204.</ref>
Aufgrund von phylogenomischen Analysen wurde der Ursprung zellulärer Lebensformen auf etwa vor 2,9 Milliarden Jahre geschätzt.<ref>M. J. Seufferheld, G. Caetano-Anollés: ''Phylogenomics supports a cellularly structured urancestor.'' In: ''Journal of molecular microbiology and biotechnology.'' Band 23, Nummer 1–2, 2013, S.&nbsp;178–191, {{DOI|10.1159/000346552}}, PMID 23615204.</ref> Fast alle [[Photosynthese Photosynthetisierenden]] [[Eukaryoten]] besitzen einen gemeinsamen Urvorfahren.<ref>F. Burki, K. Shalchian-Tabrizi, J. Pawlowski: ''Phylogenomics reveals a new 'megagroup' including most photosynthetic eukaryotes.'' In: ''Biology letters.'' Band 4, Nummer 4, August 2008, S.&nbsp;366–369, {{DOI|10.1098/rsbl.2008.0224}}, PMID 18522922, {{PMC|2610160}}.</ref>


Evolutionäre Abstammungen sind in der Datenbank ''PhylomeDB'' verzeichnet.<ref>J. Huerta-Cepas, S. Capella-Gutiérrez, L. P. Pryszcz, M. Marcet-Houben, T. Gabaldón: ''PhylomeDB v4: zooming into the plurality of evolutionary histories of a genome.'' In: ''Nucleic acids research.'' Band 42, Database issueJanuar 2014, S.&nbsp;D897–D902, {{DOI|10.1093/nar/gkt1177}}, PMID 24275491, {{PMC|3964985}}.</ref>
Evolutionäre Abstammungen sind in der Datenbank ''PhylomeDB'' verzeichnet.<ref>J. Huerta-Cepas, S. Capella-Gutiérrez, L. P. Pryszcz, M. Marcet-Houben, T. Gabaldón: ''PhylomeDB v4: zooming into the plurality of evolutionary histories of a genome.'' In: ''Nucleic acids research.'' Band 42, Database issueJanuar 2014, S.&nbsp;D897–D902, {{DOI|10.1093/nar/gkt1177}}, PMID 24275491, {{PMC|3964985}}.</ref>

Version vom 4. September 2016, 22:09 Uhr

Phylogenomik ist ein Fachgebiet, das sich mit der Analyse von Stammbäumen unter Verwendung von sequenzierten Genomen beschäftigt. Die Methoden der Phylogenetik werden dabei auf Genome angewendet,[1] teilweise auch auf per reverser Transkription erzeugter DNA aus Transkriptomen.[2]

Eigenschaften

Die Phylogenomik dient der Vorhersage der Funktion eines unbekannten Proteins anhand ähnlicher Proteine mit bekannter Funktion durch einen Vergleich der DNA-Sequenzen. Weiterhin untersucht sie Abstammungen und Verwandtschaftsbeziehungen, das Auftreten von horizontalen Gentransfers[3] und die evolutionäre Entstehung von Genfamilien und den daraus entstehenden Proteinfamilien innerhalb einer Art.

Die Analyse erfolgt aufgrund der vergleichsweise großen zu vergleichenden Datensätze mit bioinformatischen Methoden.[4] Die Methoden können in fünf Gruppen eingeteilt werden, auf verschiedenen Genen basierend, auf dem Inhalt des Gens basierend, auf der Anordnung der Gene basierend, K-string-basierend und auf Stoffwechselwegen basierend.[5] Während die meisten Methoden auf einer Zuordnung homologer Sequenzabschnitte (Sequenzalignment) basieren, die mit zunehmender Länge und mit abnehmender Verwandtschaft der Sequenzen immer aufwändiger und letztlich, für den Vergleich ganzer Genome, unmöglich wird, ist die K-String-Methode zuordnungsfrei; später wurden eine Reihe weiterer Methoden ohne Alignment entwickelt, die teilweise mit geringerer Rechenleistung auskommen. Je nach gewählter Berechnungsmethode können gelegentlich aus dem gleichen Datensatz unterschiedliche Stammbäume erstellt werden.[6]

Bei den Analysen gibt es verschiedene Grundannahmen wie der Erhalt von Sequenzen über die Zeit, die Äquivalenz der Methoden bei Stammbäumen und der Evolution von Gen- bzw. Proteinfamilien, einfache zellkernlose Zellen als Ursprung allen Lebens und den horizontalen Gentransfer als Ursache von Inkongruenzen bei Analysen verschiedener Gene (einschließlich der Entstehung von Endosymbionten).[7][8]

Aufgrund von phylogenomischen Analysen wurde der Ursprung zellulärer Lebensformen auf etwa vor 2,9 Milliarden Jahre geschätzt.[9] Fast alle Photosynthese Photosynthetisierenden Eukaryoten besitzen einen gemeinsamen Urvorfahren.[10]

Evolutionäre Abstammungen sind in der Datenbank PhylomeDB verzeichnet.[11]

Geschichte

Die Bezeichnung Phylogenomik wurde 1997 von Jonathan Eisen geprägt und umfasste ursprünglich nur die Vorhersage der Funktion eines Proteins anhand der Ähnlichkeiten von DNA-Sequenzen.[12] Im Jahr 1998 arbeitete er die Methodik dazu aus.[13]

Literatur

  • S. Kumar, A. J. Filipski, F. U. Battistuzzi, S. L. Kosakovsky Pond, K. Tamura: Statistics and truth in phylogenomics. In: Molecular biology and evolution. Band 29, Nummer 2, Februar 2012, S. 457–472, doi:10.1093/molbev/msr202, PMID 21873298, PMC 3258035 (freier Volltext).
  • A. Som: Causes, consequences and solutions of phylogenetic incongruence. In: Briefings in bioinformatics. Band 16, Nummer 3, Mai 2015, S. 536–548, doi:10.1093/bib/bbu015, PMID 24872401.

Einzelnachweise

  1. E. Pennisi: Evolution. Building the tree of life, genome by genome. In: Science (New York, N.Y.). Band 320, Nummer 5884, Juni 2008, S. 1716–1717, doi:10.1126/science.320.5884.1716, PMID 18583591.
  2. J. T. Cannon, K. M. Kocot: Phylogenomics Using Transcriptome Data. In: Methods in molecular biology (Clifton, N.J.). Band 1452, 2016, S. 65–80, doi:10.1007/978-1-4939-3774-5_4, PMID 27460370.
  3. J. W. Whitaker, G. A. McConkey, D. R. Westhead: The transferome of metabolic genes explored: analysis of the horizontal transfer of enzyme encoding genes in unicellular eukaryotes. In: Genome biology. Band 10, Nummer 4, 2009, S. R36, doi:10.1186/gb-2009-10-4-r36, PMID 19368726, PMC 2688927 (freier Volltext).
  4. Q. Ong, P. Nguyen, N. P. Thao, L. Le: Bioinformatics Approach in Plant Genomic Research. In: Current genomics. Band 17, Nummer 4, August 2016, S. 368–378, doi:10.2174/1389202917666160331202956, PMID 27499685, PMC 4955030 (freier Volltext).
  5. Z. Wang, Z. Xie, Y. Cai, K. Shu, F. Huang: Advances in phylogenomics. In: Yi chuan = Hereditas / Zhongguo yi chuan xue hui bian ji. Band 36, Nummer 7, Juli 2014, S. 669–678, doi:10.3724/SP.J.1005.2014.0669, PMID 25076031.
  6. Philippe, Hervé; Delsuc, Frédéric; Brinkmann, Henner; Lartillot, Nicolas "Phylogenomics". In: Annual Review of Ecology, Evolution, and Systematics (2005), Band 36, S. 541–562. doi:10.1146/annurev.ecolsys.35.112202.130205.
  7. C. G. Kurland, A. Harish: The phylogenomics of protein structures: The backstory. In: Biochimie. Band 119, Dezember 2015, S. 284–302, doi:10.1016/j.biochi.2015.07.027, PMID 26234735.
  8. B. Boussau, V. Daubin: Genomes as documents of evolutionary history. In: Trends in ecology & evolution. Band 25, Nummer 4, April 2010, S. 224–232, doi:10.1016/j.tree.2009.09.007, PMID 19880211
  9. M. J. Seufferheld, G. Caetano-Anollés: Phylogenomics supports a cellularly structured urancestor. In: Journal of molecular microbiology and biotechnology. Band 23, Nummer 1–2, 2013, S. 178–191, doi:10.1159/000346552, PMID 23615204.
  10. F. Burki, K. Shalchian-Tabrizi, J. Pawlowski: Phylogenomics reveals a new 'megagroup' including most photosynthetic eukaryotes. In: Biology letters. Band 4, Nummer 4, August 2008, S. 366–369, doi:10.1098/rsbl.2008.0224, PMID 18522922, PMC 2610160 (freier Volltext).
  11. J. Huerta-Cepas, S. Capella-Gutiérrez, L. P. Pryszcz, M. Marcet-Houben, T. Gabaldón: PhylomeDB v4: zooming into the plurality of evolutionary histories of a genome. In: Nucleic acids research. Band 42, Database issueJanuar 2014, S. D897–D902, doi:10.1093/nar/gkt1177, PMID 24275491, PMC 3964985 (freier Volltext).
  12. J. A. Eisen, D. Kaiser, R. M. Myers: Gastrogenomic delights: a movable feast. In: Nature medicine. Band 3, Nummer 10, Oktober 1997, S. 1076–1078, PMID 9334711, PMC 3155951 (freier Volltext).
  13. J. A. Eisen: Phylogenomics: improving functional predictions for uncharacterized genes by evolutionary analysis. In: Genome research. Band 8, Nummer 3, März 1998, S. 163–167, PMID 9521918.