„Vagusnervstimulator“ – Versionsunterschied

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Epilepsy 101 (Diskussion | Beiträge)
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Die '''Vagusnervstimulation''' kommt in der [[Epilepsie]]behandlung, der Migränetherapie und manchmal auch in der Behandlung von [[Depressionen]] zum Einsatz. Die Behandlung erfolgt durch die Stimulation des Vagusnervs. Der [[Nervus vagus]] ist der Zehnte von insgesamt zwölf Hirnnerven. Er ist an der Regulation nahezu aller inneren Organe beteiligt.
Die '''Vagusnervstimulation (VNS)''' ist in Europa für die Behandlung von refraktäre Epilepsie und refraktäre Depression zugelassen. Die Behandlung erfolgt durch die Stimulation des Vagusnervs. Der [[Nervus vagus]] ist der Zehnte von insgesamt zwölf Hirnnerven und innerviert mehrere Organe wie z.B. Herz, Lunge und Gastrointestinaltrakt. VNS wurde erstmalig 1994 in der Europäischen Union zugelassen und drei Jahre später in den USA<ref>{{Internetquelle|url=http://www.fda.gov/ohrms/dockets/ac/04/briefing/4047b1_02_Summary%20of%20Safety%20and%20Effectiveness.pdf|titel=SUMMARY OF SAFETY AND EFFECTIVENESS DATA|autor=FDA.GOV|hrsg=FDA.GOV|werk=|datum=|sprache=|zugriff=}}</ref>. Im Jahre 2010 wurde ein ein System zur transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS)in Europa zugelassen.


== VNS ==
Bei der VNS werden zwei Verfahren unterschieden, die invasive Vagusnervstimulation und die transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS).
Bei der VNS wird im Brustbereich unter der Haut bei einem minimalinvasiven Eingriff ein Stimulationsgerät ähnlich dem Herzschrittmacher implantiert, das über eine [[Elektrode]] meist mit dem linken [[Nervus vagus]] verbunden ist. Der Generator sendet regelmäßige elektrische Impulse (meist alle 5 Minuten über 30 Sekunden) über den Vagus Nerv an das Gehirn und entfaltet so seine antikonvulsive und antidepressive Wirkung. Die Effektivität und Sicherheit der VNS konnte über 20 Jahren in hunderten Studien bestätigt werden. In 13 Klasse III Studien konnte gezeigt werden, dass VNS bei 55% der Patienten mit refraktärer Epilepsie eine Anfallsreduktion von 50% oder mehr erzielt<ref>{{Literatur|Autor=Morris et al|Titel=Evidence-based guideline update: vagus nerve stimulation for the treatment of epilepsy: report of the Guideline Development Subcommittee of the American Academy of Neurology|Hrsg=Neurology|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=2013|Datum=|Seiten=|ISBN=|DOI=10.1212/WNL.0b013e3182a393d1}}</ref>. Bei Langzeit Studien konnte gezeigt werden, dass bei Patienten, die länger als 2 Jahren mit VNS behandelt werden, höhere Anfallsreduktionen bis zu 76% zu erwarten sind<ref>{{Literatur|Autor=Elliott et al|Titel=Efficacy of vagus nerve stimulation over time: review of 65 consecutive patients with treatment-resistant epilepsy treated with VNS > 10 years|Hrsg=Epilepsy Behaviour|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2011|Seiten=|ISBN=|DOI=10.1016/j.yebeh.2010.12.042}}</ref>. Neben eine Verringerung der Anfallsfrequenz kann VNS die Anfallsdauer, Anfallsschwere, Dauer der postiktalen Phase<ref>{{Literatur|Autor=Orosz et al|Titel=Vagus nerve stimulation for drug-resistant epilepsy: a European long-term study up to 24 months in 347 children|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=2014|Datum=|Seiten=|ISBN=|DOI=10.1111/epi.12762}}</ref> und Häufigkeit von Status Epilepticus<ref>{{Literatur|Autor=Helmers|Titel=Clinical and economic impact of vagus nerve stimulation therapy in patients with drug-resistant epilepsy.|Hrsg=Epilepsy Behav|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2011|Seiten=|ISBN=|DOI=10.1016/j.yebeh.2011.07.020}}</ref> signifikant reduzieren. Ein Cochrane Review von 4 randomisierte doppel-blinde Studien zu VNS ergab, dass hochdosierte VNS eine größere Anfallsreduktion als niedrigdosierte VNS verursacht<ref>{{Literatur|Autor=Panebianco et al|Titel=Vagus nerve stimulation for partial seizures|Hrsg=Cochrane Database Syst Rev|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2015|Seiten=|ISBN=|DOI=10.1002/14651858}}</ref>. Die häufigsten Nebenwirkungen der VNS sind Husten, Heiserkeit und Dysphonie, allerdings treten diese Nebenwirkung meistens nur dann auf, wenn das Gerät stimuliert und werden mit der Zeit weniger<ref>{{Literatur|Autor=Morris et al|Titel=Long-term treatment with vagus nerve stimulation in patients with refractory epilepsy. The Vagus Nerve Stimulation Study Group E01-E05.|Hrsg=Neurology|Sammelwerk=Nov 10;53(8):1731-5|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=1999|Seiten=|ISBN=}}</ref>. Bei der refraktären Depression liegt dei Lang-Zeit MADRS Responderrate bei circa 50% und circa 20% der Patienten erreichen nach 2 Jahren eine dauerhafte Remission<ref>{{Literatur|Autor=Berry et al|Titel=A patient-level meta-analysis of studies evaluating vagus nerve stimulation therapy for treatment-resistant depression|Hrsg=Med Devices (Auckl)|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2013|Seiten=|ISBN=|DOI=10.2147/MDER.S41017}}</ref>.


== Invasive VNS ==
=== Wirkmechanismus ===

Bei der invasiven VNS wird im Brustbereich ein Stimulationsgerät ähnlich dem Herzschrittmacher implantiert, das über eine [[Elektrode]] meist mit dem linken [[Nervus vagus]] verbunden ist. Über regelmäßige Stimulation dieses [[Hirnnerv]]s (meist alle 5 Minuten über 30 Sekunden) wird die Wirkung erzielt.
Zahlreiche humane und tier-experimentelle Studien beschreiben unterschiedliche Aspekte der VNS Mechanismen. Der nucleus tractus solitarius ist der Hauptempfänger der vagalen Afferenzen und wird in Tiermodellen funktionell und stimulationsabhängig durch VNS moduliert<ref>{{Literatur|Autor=Furmaga|Titel=Comparison of ΔFosB immunoreactivity induced by vagal nerve stimulation with that caused by pharmacologically diverse antidepressants|Hrsg=J Pharmacol Exp Ther.|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2012|Seiten=|ISBN=|DOI=10.1124/jpet.111.188953}}</ref>. Der NTS projiziert direkt zu den Raphe Kernen, die Hauptquelle von Serotonin im Gehirn und zum Locus Coeruleus, die Hauptquelle von Noradrenaline im Gehirn. So lassen sich möglicherweise veränderte Neurotransmitterspiegel im Liquor von Patienten nach VNS erklären<ref>{{Literatur|Autor=Ben-Menachem et al|Titel=Effects of vagus nerve stimulation on amino acids and other metabolites in the CSF of patients with partial seizures.|Hrsg=Epilepsy Research|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=1995|Seiten=|ISBN=}}</ref>, was eine antikonvulsive Wirkung zur Folge haben könnte. Man beobachtet bei Patienten mit refraktärer Epilepsie eine signifikante Zunahme der bilateralen thalamischen Durchblutung<ref>{{Literatur|Autor=Henry et al|Titel=Significant bilateral changes in blood flow have been observed during VNS Therapy|Hrsg=Epilepsia|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=1998|Seiten=|ISBN=}}</ref> sowie auch eine Verbesserung (weniger Spikes und größere Spike-freie Perioden) des inter-iktalen EEG<ref>{{Literatur|Autor=Koo et al|Titel=VNS Therapy induces progressive EEG changes|Hrsg=J Clin Neurophysiol|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2001|Seiten=|ISBN=|DOI=}}</ref> durch VNS.


== Transkutane VNS (t-VNS) ==
== Transkutane VNS (t-VNS) ==
Die transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS) basiert darauf, dass ein Ast des Vagusnervs, der sogenannte Ramus auricularis nervi vagi (RANV), die Haut der Ohrmuschel im Bereich der Concha sensibel versorgt.<ref>Peuker ET, Filler TJ: The nerve supply of the human auricle. Clin Anat 2002;15:35-37.</ref> Dieser Ast kann transkutan, also durch die Haut hindurch, mit elektrischen Impulsen stimuliert werden. Ein operativer Eingriff ist hierbei nicht notwendig. Die Erregung des Vagusnervs wird über spezielle Nervenfasern in das Gehirn weitergeleitet und gelangt über den Hirnstamm in höher gelegene Zentren des Gehirns, die eine&#160;krampfverhindernde (antikonvulsive Wirkung) auslösen können. Detailliert erklärt: Die Stimulationsparameter der t-VNS, wie Intensität, Pulsdauer und Frequenz sind so gewählt, dass die Reizweiterleitung analog zur invasiven VNS über dick-myelinisierte Aß-Fasern erfolgt. Die afferenten Fasern des RANV projizieren ebenso wie der zervikale Ast des Nervus vagus in den [[Nucleus tractus solitarii]] (NTS) im Hirnstamm.<ref>Nomura S, Mizuno N: Central distribution of primary afferent fibers in the Arnold's nerve (the auricular branch of the vagus nerve): a transganglionic HRP study in the cat. Brain Res 1984;292:199-205.</ref><ref>Gao XY, Rong P, Ben H, Liu K, Zhu B, Zhang S: Morphological and electrophysiological characterization of auricular branch of vagus nerve: Projections to the NTS in mediating cardiovascular inhibition evoked by the acupuncture-like stimulation; Society for Neuroscience Abstracts, 2010, p 694.22.</ref>
Die transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS) basiert darauf, dass ein Ast des Vagusnervs, der sogenannte Ramus auricularis nervi vagi (RANV), die Haut der Ohrmuschel im Bereich der Concha sensibel versorgt.<ref>Peuker ET, Filler TJ: The nerve supply of the human auricle. Clin Anat 2002;15:35-37.</ref> Dieser Ast kann transkutan, also durch die Haut hindurch, mit elektrischen Impulsen stimuliert werden. Ein operativer Eingriff ist hierbei nicht notwendig. In der ersten gößeren randomiserten doppel-blinden Studie mit tVNS konnte weder eine Dosis-Wirkungs-Beziehung noch Unterschiede der Responderraten von aktiver- und Kontrollgruppe gezeigt werden<ref>{{Literatur|Autor=Bauer et al|Titel=Transcutaneous Vagus Nerve Stimulation (tVNS) for Treatment of Drug-Resistant Epilepsy: A Randomized, Double-Blind Clinical Trial (cMPsE02).|Hrsg=Braim Stmul|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2016|Seiten=|ISBN=|DOI=10.1016/j.brs.2015.11.0}}</ref>. Die Anfallsreduktion mit tVNS in dieser Studie in der aktiven Gruppe betrug 23.4%. ittlere AnfdukEs wird vermutet, dass die Stimulation des auricularis nervi vagi eine Erregung des Vagusnervs verursacht, die über den Hirnstamm in höher gelegene Zentren des Gehirns gelangt und so eine&#x20;antikonvulsive Wirkung erreicht wird. Dieses muss aber in Studien erst bestätigt werden. Die Therapie erfolgt mit einem Gerät, das elektrische Impulse erzeugt und in etwa so groß ist wie ein herkömmliches Smartphone. Durch eine spezielle Ohrelektrode, die man wie einen Kopfhörer trägt, werden die Impulse durch die Haut an den Ast des Vagusnervs abgegeben.
Der NTS ist der Ausgangspunkt für die Aktivierung eines komplexen zerebralen Netzwerks, das weitestgehend dem der invasiven VNS entspricht und mit der antikonvulsiven Wirkung assoziiert ist.<ref>Beekwilder JP, Beems T: Overview of the clinical applications of vagus nerve stimulation. J Clin Neurophysiol 2010;27:130-138.</ref><ref>Amar AP, Levy ML, Liu CY, Apuzzo MLJ: Vagus Nerve Stimulation; in Krames ES, Peckham PH, Rezai AR, (eds): Neuromodulation. London, Academic Press, 2009, pp 625-637.</ref><ref>Vonck K, Boon P, Van RD: ''Anatomical and physiological basis and mechanism of action of neurostimulation for epilepsy''. In: ''[[Acta Neurochirurgica]] Suppl'' 2007;97:321-328.</ref> Die Therapie erfolgt mit einem Gerät, das elektrische Impulse erzeugt und in etwa so groß ist wie ein herkömmliches Smartphone. Durch eine spezielle Ohrelektrode, die man wie einen Kopfhörer trägt, werden die Impulse durch die Haut an den Ast des Vagusnervs abgegeben.

== Wirkung in der Epilepsiebehandlung ==
In der Wirksamkeit ist der Vagusnervstimulator vergleichbar mit [[Antikonvulsivum|antikonvulsiven]] (krampflösenden) Medikamenten. Bei Patienten mit [[Herd (Medizin)|fokalen]] [[Epilepsie]]n wurde in [[Doppelblindstudie]]n die Wirksamkeit des Vagusnervstimulators nachgewiesen. Auch für Patienten mit primär generalisierten Anfällen scheint die Vagusnervstimulation wirksam zu sein. Vollständige Anfallsfreiheit wird selten erreicht, eine Reduktion der Anfallshäufigkeit ist aber bei einem Drittel bis der Hälfte der behandelten Patienten möglich. Die Wirkung des Vagusnervstimulators tritt oft erst einige Monate nach der Implantation ein und kann häufig erst nach einem Jahr vollständig beurteilt werden.

== Nebenwirkung ==
Im Gegensatz zur medikamentösen Epilepsiebehandlung hat der invasive Vagusnervstimulator weniger starke [[Nebenwirkung]]en. Mögliche Nebenwirkungen sind z. B.
# Heiserkeit und/oder erschwertes Atmen bei körperlicher Anstrengung während der Dauer der Stimulation
# Schmerzen im Kehlkopfbereich oder Schluckbeschwerden
Beim transkutanen Vagusnervstimulator treten diese Nebenwirkungen nicht auf. Die Nebenwirkungen sind hier allgemein sehr gering.

== Weitere Effekte der Vagusnervstimulation ==
Als weitere positive Effekte treten oft eine verbesserte Stimmungslage und erhöhte Wachheit auf.

== Anwendung in der Epilepsiebehandlung ==
Die Implantation eines Vagusnervstimulators kommt meist nur bei anderweitig nicht behandelbaren („therapieresistenten“) Epilepsien in Frage. 1988 kam der Vagusnervstimulator zum ersten Mal bei einem Menschen zum Einsatz. 1997 genehmigte die zuständige Behörde in den USA, die [[Food and Drug Administration]] die Anwendung der Vagusnervstimulation zur Behandlung von Epilepsie. Bis Anfang 2007 wurden weltweit über 45.000 Patienten mit dem Vagusnervstimulator behandelt. Der Vagusnervstimulator kann nicht bei Krankheiten wie beispielsweise [[Asthma bronchiale]] angewandt werden.<ref>Spuck, S., Nowak, G., Sperner, J., Tronnier, V.: ''Implantation und Komplikation der Vagusnervstimulation'', Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie 2007; 8 (4), 16-20</ref> In den meisten Fällen ist eine zusätzliche Behandlung mit antiepileptischen Medikamenten dennoch notwendig. Die Menge kann jedoch in manchen Fällen reduziert werden.

Der transkutane Vagusnervstimulator hat 2011 die CE-Zulassung für die Behandlung von Epilepsien erhalten und kann, da kein operativer Eingriff stattfindet, bereits frühzeitig in der Therapie zum Einsatz kommen.


== Andere Anwendungsbereiche ==
== Andere Anwendungsbereiche ==
2005 wurde der Vagusnervstimulator von der [[Food and Drug Administration]] auch zur Behandlung von therapieresistenten [[Depressionen]] zugelassen. Gegenwärtig wird auch die Wirksamkeit des Vagusnervstimulators in der Behandlung anderer [[Psychiatrie|psychiatrischer]] Krankheitsbilder wie z. B. [[Angststörung]]en, [[Alzheimer-Krankheit]], [[Migräne]] und [[Cluster-Kopfschmerz]]<ref>http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01701245</ref> untersucht.
Gegenwärtig wird auch die Wirksamkeit des Vagusnervstimulators in der Behandlung anderer [[Psychiatrie|psychiatrischer]] Krankheitsbilder wie z. B. [[Angststörung]]en, [[Alzheimer-Krankheit]], [[Migräne]] und [[Cluster-Kopfschmerz]]<ref>http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01701245</ref> untersucht. Eine Pilotstudie zu VNS bei Morbus Chron zeigte Effektivität in einer kleinen Gruppe von Patienten, welches aber in größeren Studien bestätigt werden muss<ref>{{Literatur|Autor=Bonaz et al|Titel=Chronic vagus nerve stimulation in Crohn's disease: a 6-month follow-up pilot study.|Hrsg=Neurogastroenterolog Motil|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2016|Seiten=|ISBN=|DOI=10.1111/nmo.12792}}</ref>.


Eine randomisierte klinische Studie aus dem Jahre 2014 bestätigt, dass die t-VNS eine wirksame Therapieform zur [[Prophylaxe]] von [[Migräne]] ist <ref>http://www.thejournalofheadacheandpain.com/content/pdf/s10194-015-0543-3.pdf</ref>.
Eine randomisierte klinische Studie aus dem Jahre 2014 bestätigt, dass die t-VNS eine wirksame Therapieform zur [[Prophylaxe]] von [[Migräne]] ist <ref>http://www.thejournalofheadacheandpain.com/content/pdf/s10194-015-0543-3.pdf</ref>.
Die Studie wurde mit dem ungefähr Smartphone-großen Therapiegerät VITOS von der Firma cerbotec GmbH durchgeführt. Mit diesem Gerät kann die Therapie vom Patienten eigenständig von zu Hause aus durchgeführt werden. Das Verfahren findet vor allem bei Patienten mit schwerer oder chronischer [[Migräne]] Anwendung. &#160;
Die Studie wurde mit dem ungefähr Smartphone-großen Therapiegerät VITOS von der Firma cerbotec GmbH durchgeführt. Mit diesem Gerät kann die Therapie vom Patienten eigenständig von zu Hause aus durchgeführt werden. Das Verfahren findet vor allem bei Patienten mit schwerer oder chronischer [[Migräne]] Anwendung.


Eine andere Methode der nichtinvasiven transkutanen Vagusnervstimulation ist die Erzeugung eines elektrischen Feldes über dem Vagusnerv in Höhe der Halsschlagader (Arteria carotis). Dabei wird durch Anlegen eines handgroßen Gerätes am Hals der Vagusnerv ca. 2 Minuten lang stimuliert. Diese Methode ist in der Europäischen Union für die Behandlung von primären Kopfschmerzen, Depression, Angststörung und Epilepsie zugelassen. Studien zur Therapie der Migräne und des Cluster-Kopfschmerzes sind bereits publiziert.<ref>Nesbitt et al.: Non-invasive vagus nerve stimulation for the treatment of cluster headache: a case series. The Journal of Headache and Pain 2013 1(Suppl 1):P231.</ref><ref>[http://www.neurology.org/cgi/content/meeting_abstract/80/1_MeetingAbstracts/S40.004?sid=42dfe6cc-2d80-46c2-8253-6571aabfd30b S40 Headache: Clinical Non-Invasive Vagus Nerve Stimulation (nVNS) for Acute Treatment of Migraine: An Open-Label Pilot Study (S40.004)]</ref>
Eine andere Methode der nichtinvasiven transkutanen Vagusnervstimulation ist die Erzeugung eines elektrischen Feldes über dem Vagusnerv in Höhe der Halsschlagader (Arteria carotis). Dabei wird durch Anlegen eines handgroßen Gerätes am Hals der Vagusnerv ca. 2 Minuten lang stimuliert. Diese Methode ist in der Europäischen Union für die Behandlung von primären Kopfschmerzen, Depression, Angststörung und Epilepsie zugelassen. Studien zur Therapie der Migräne und des Cluster-Kopfschmerzes sind bereits publiziert.<ref>Nesbitt et al.: Non-invasive vagus nerve stimulation for the treatment of cluster headache: a case series. The Journal of Headache and Pain 2013 1(Suppl 1):P231.</ref><ref>[http://www.neurology.org/cgi/content/meeting_abstract/80/1_MeetingAbstracts/S40.004?sid=42dfe6cc-2d80-46c2-8253-6571aabfd30b S40 Headache: Clinical Non-Invasive Vagus Nerve Stimulation (nVNS) for Acute Treatment of Migraine: An Open-Label Pilot Study (S40.004)]</ref>

Version vom 6. September 2016, 17:44 Uhr

Die Vagusnervstimulation (VNS) ist in Europa für die Behandlung von refraktäre Epilepsie und refraktäre Depression zugelassen. Die Behandlung erfolgt durch die Stimulation des Vagusnervs. Der Nervus vagus ist der Zehnte von insgesamt zwölf Hirnnerven und innerviert mehrere Organe wie z.B. Herz, Lunge und Gastrointestinaltrakt. VNS wurde erstmalig 1994 in der Europäischen Union zugelassen und drei Jahre später in den USA[1]. Im Jahre 2010 wurde ein ein System zur transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS)in Europa zugelassen.

VNS

Bei der VNS wird im Brustbereich unter der Haut bei einem minimalinvasiven Eingriff ein Stimulationsgerät ähnlich dem Herzschrittmacher implantiert, das über eine Elektrode meist mit dem linken Nervus vagus verbunden ist. Der Generator sendet regelmäßige elektrische Impulse (meist alle 5 Minuten über 30 Sekunden) über den Vagus Nerv an das Gehirn und entfaltet so seine antikonvulsive und antidepressive Wirkung. Die Effektivität und Sicherheit der VNS konnte über 20 Jahren in hunderten Studien bestätigt werden. In 13 Klasse III Studien konnte gezeigt werden, dass VNS bei 55% der Patienten mit refraktärer Epilepsie eine Anfallsreduktion von 50% oder mehr erzielt[2]. Bei Langzeit Studien konnte gezeigt werden, dass bei Patienten, die länger als 2 Jahren mit VNS behandelt werden, höhere Anfallsreduktionen bis zu 76% zu erwarten sind[3]. Neben eine Verringerung der Anfallsfrequenz kann VNS die Anfallsdauer, Anfallsschwere, Dauer der postiktalen Phase[4] und Häufigkeit von Status Epilepticus[5] signifikant reduzieren. Ein Cochrane Review von 4 randomisierte doppel-blinde Studien zu VNS ergab, dass hochdosierte VNS eine größere Anfallsreduktion als niedrigdosierte VNS verursacht[6]. Die häufigsten Nebenwirkungen der VNS sind Husten, Heiserkeit und Dysphonie, allerdings treten diese Nebenwirkung meistens nur dann auf, wenn das Gerät stimuliert und werden mit der Zeit weniger[7]. Bei der refraktären Depression liegt dei Lang-Zeit MADRS Responderrate bei circa 50% und circa 20% der Patienten erreichen nach 2 Jahren eine dauerhafte Remission[8].

Wirkmechanismus

Zahlreiche humane und tier-experimentelle Studien beschreiben unterschiedliche Aspekte der VNS Mechanismen. Der nucleus tractus solitarius ist der Hauptempfänger der vagalen Afferenzen und wird in Tiermodellen funktionell und stimulationsabhängig durch VNS moduliert[9]. Der NTS projiziert direkt zu den Raphe Kernen, die Hauptquelle von Serotonin im Gehirn und zum Locus Coeruleus, die Hauptquelle von Noradrenaline im Gehirn. So lassen sich möglicherweise veränderte Neurotransmitterspiegel im Liquor von Patienten nach VNS erklären[10], was eine antikonvulsive Wirkung zur Folge haben könnte. Man beobachtet bei Patienten mit refraktärer Epilepsie eine signifikante Zunahme der bilateralen thalamischen Durchblutung[11] sowie auch eine Verbesserung (weniger Spikes und größere Spike-freie Perioden) des inter-iktalen EEG[12] durch VNS.

Transkutane VNS (t-VNS)

Die transkutane Vagusnervstimulation (t-VNS) basiert darauf, dass ein Ast des Vagusnervs, der sogenannte Ramus auricularis nervi vagi (RANV), die Haut der Ohrmuschel im Bereich der Concha sensibel versorgt.[13] Dieser Ast kann transkutan, also durch die Haut hindurch, mit elektrischen Impulsen stimuliert werden. Ein operativer Eingriff ist hierbei nicht notwendig. In der ersten gößeren randomiserten doppel-blinden Studie mit tVNS konnte weder eine Dosis-Wirkungs-Beziehung noch Unterschiede der Responderraten von aktiver- und Kontrollgruppe gezeigt werden[14]. Die Anfallsreduktion mit tVNS in dieser Studie in der aktiven Gruppe betrug 23.4%. ittlere AnfdukEs wird vermutet, dass die Stimulation des auricularis nervi vagi eine Erregung des Vagusnervs verursacht, die über den Hirnstamm in höher gelegene Zentren des Gehirns gelangt und so eine antikonvulsive Wirkung erreicht wird. Dieses muss aber in Studien erst bestätigt werden. Die Therapie erfolgt mit einem Gerät, das elektrische Impulse erzeugt und in etwa so groß ist wie ein herkömmliches Smartphone. Durch eine spezielle Ohrelektrode, die man wie einen Kopfhörer trägt, werden die Impulse durch die Haut an den Ast des Vagusnervs abgegeben.

Andere Anwendungsbereiche

Gegenwärtig wird auch die Wirksamkeit des Vagusnervstimulators in der Behandlung anderer psychiatrischer Krankheitsbilder wie z. B. Angststörungen, Alzheimer-Krankheit, Migräne und Cluster-Kopfschmerz[15] untersucht. Eine Pilotstudie zu VNS bei Morbus Chron zeigte Effektivität in einer kleinen Gruppe von Patienten, welches aber in größeren Studien bestätigt werden muss[16].

Eine randomisierte klinische Studie aus dem Jahre 2014 bestätigt, dass die t-VNS eine wirksame Therapieform zur Prophylaxe von Migräne ist [17]. Die Studie wurde mit dem ungefähr Smartphone-großen Therapiegerät VITOS von der Firma cerbotec GmbH durchgeführt. Mit diesem Gerät kann die Therapie vom Patienten eigenständig von zu Hause aus durchgeführt werden. Das Verfahren findet vor allem bei Patienten mit schwerer oder chronischer Migräne Anwendung.

Eine andere Methode der nichtinvasiven transkutanen Vagusnervstimulation ist die Erzeugung eines elektrischen Feldes über dem Vagusnerv in Höhe der Halsschlagader (Arteria carotis). Dabei wird durch Anlegen eines handgroßen Gerätes am Hals der Vagusnerv ca. 2 Minuten lang stimuliert. Diese Methode ist in der Europäischen Union für die Behandlung von primären Kopfschmerzen, Depression, Angststörung und Epilepsie zugelassen. Studien zur Therapie der Migräne und des Cluster-Kopfschmerzes sind bereits publiziert.[18][19]

Einzelnachweise

  1. FDA.GOV: SUMMARY OF SAFETY AND EFFECTIVENESS DATA. FDA.GOV
  2. Morris et al: Evidence-based guideline update: vagus nerve stimulation for the treatment of epilepsy: report of the Guideline Development Subcommittee of the American Academy of Neurology. Hrsg.: Neurology. 2013, doi:10.1212/WNL.0b013e3182a393d1.
  3. Elliott et al: Efficacy of vagus nerve stimulation over time: review of 65 consecutive patients with treatment-resistant epilepsy treated with VNS > 10 years. Hrsg.: Epilepsy Behaviour. 2011, doi:10.1016/j.yebeh.2010.12.042.
  4. Orosz et al: Vagus nerve stimulation for drug-resistant epilepsy: a European long-term study up to 24 months in 347 children. 2014, doi:10.1111/epi.12762.
  5. Helmers: Clinical and economic impact of vagus nerve stimulation therapy in patients with drug-resistant epilepsy. Hrsg.: Epilepsy Behav. 2011, doi:10.1016/j.yebeh.2011.07.020.
  6. Panebianco et al: Vagus nerve stimulation for partial seizures. Hrsg.: Cochrane Database Syst Rev. 2015, doi:10.1002/14651858.
  7. Morris et al: Long-term treatment with vagus nerve stimulation in patients with refractory epilepsy. The Vagus Nerve Stimulation Study Group E01-E05. In: Neurology (Hrsg.): Nov 10;53(8):1731-5. 1999.
  8. Berry et al: A patient-level meta-analysis of studies evaluating vagus nerve stimulation therapy for treatment-resistant depression. Hrsg.: Med Devices [Auckl]. 2013, doi:10.2147/MDER.S41017.
  9. Furmaga: Comparison of ΔFosB immunoreactivity induced by vagal nerve stimulation with that caused by pharmacologically diverse antidepressants. Hrsg.: J Pharmacol Exp Ther. 2012, doi:10.1124/jpet.111.188953.
  10. Ben-Menachem et al: Effects of vagus nerve stimulation on amino acids and other metabolites in the CSF of patients with partial seizures. Hrsg.: Epilepsy Research. 1995.
  11. Henry et al: Significant bilateral changes in blood flow have been observed during VNS Therapy. Hrsg.: Epilepsia. 1998.
  12. Koo et al: VNS Therapy induces progressive EEG changes. Hrsg.: J Clin Neurophysiol. 2001.
  13. Peuker ET, Filler TJ: The nerve supply of the human auricle. Clin Anat 2002;15:35-37.
  14. Bauer et al: Transcutaneous Vagus Nerve Stimulation (tVNS) for Treatment of Drug-Resistant Epilepsy: A Randomized, Double-Blind Clinical Trial (cMPsE02). Hrsg.: Braim Stmul. 2016, doi:10.1016/j.brs.2015.11.0.
  15. http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01701245
  16. Bonaz et al: Chronic vagus nerve stimulation in Crohn's disease: a 6-month follow-up pilot study. Hrsg.: Neurogastroenterolog Motil. 2016, doi:10.1111/nmo.12792.
  17. http://www.thejournalofheadacheandpain.com/content/pdf/s10194-015-0543-3.pdf
  18. Nesbitt et al.: Non-invasive vagus nerve stimulation for the treatment of cluster headache: a case series. The Journal of Headache and Pain 2013 1(Suppl 1):P231.
  19. S40 Headache: Clinical Non-Invasive Vagus Nerve Stimulation (nVNS) for Acute Treatment of Migraine: An Open-Label Pilot Study (S40.004)