„Momentanzins“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K →‎Literatur: etwas angeglichen
Überarbeitung, Gliederung; mathematisches Formelwerk etwas präziser
Zeile 1: Zeile 1:
Der '''Momentanzins''' (englisch ''short rate'') ist der für einen infinitesimal (unendlich) kleinen Zeitraum aktuell gültige Zinssatz im Kontext [[Stetigkeit|stetiger]] Zinsmodelle. In der Realität und bei der diskreten Zinsmodellierung ist dagegen der aktuelle Zinssatz nur für konkrete Laufzeiten als [[Kassazins]] bestimmt.
Im Zusammenhang mit [[Zinsderivat]]en bezeichnet die '''Short Rate''' oder der ''Momentanzins'' den Zinssatz einer sicheren Anlage (Geldmarktkonto) für einen infinitesimal (unendlich) kleinen Zeitraum. Im Gegensatz zum [[Kassazins]] stellt die Short Rate somit einen [[Stetigkeit|stetigen]] Zinssatz dar und ist folglich ein theoretisches Konstrukt, welches am Kapitalmarkt nicht beobachtet werden kann. Ihre Berechtigung erfährt sie jedoch bei den so genannten [[Short-Rate-Modell]]en, wo versucht wird, die zukünftige Entwicklung der [[Zinsstruktur]] mit Hilfe der Short Rate zu beschreiben.


[[Short-Rate-Modell|Momentanzinsmodelle]] (englisch ''short-rate models'') arbeiten mit dem Momentanzins als theoretischem Konstrukt, das so am Kapitalmarkt nicht beobachtet werden kann. Bei den Momentanzinsmodellen bildet der Momentanzins das Fundament zur Modellierung der zukünftigen Entwicklung der [[Zinsstruktur]]. Der Momentanzins modelliert den Zinssatz einer „sicheren“ Anlage, einem risikolosen Geldmarktkonto mit kontinuierlich veränderbarer Verzinsung.
== Das Geldmarktkonto ==


== Modellierung ==
Das Geldmarkt- oder auch Bankkonto ist als rollierende Anlage definiert, d.h. im Zeitpunkt <math>t=0</math> wird eine Geldeinheit investiert, die nach Ablauf von <math>dt</math> immer wieder neu
Das Geldmarkt- oder auch Bankkonto mit stetiger Verzinsung ist als rollierende Anlage definiert: Zum Startzeitpunkt <math>t=0</math> wird eine Geldeinheit investiert, die zu jedem Zeitpunkt <math>t\geq 0</math> mit dem jeweiligen Momentanzins <math>r_t</math> verzinst wird. Bezeichnet <math>B_t</math> den Guthabenstand des Geldmarktkontos, so folgt dieser – Stetigkeit des Momentanzinses vorausgesetzt – der Gleichung
zur aktuellen Short Rate <math>r_t</math> angelegt wird. Das Geldmarktkonto <math>B_t</math> ist also erklärt durch
:<math>B_t= \exp \left ( \int\limits_{0}^{t} r_u \mathrm{d}u\right )</math>.


Durch Ableitung erhält man die äquivalente Form als Differentialgleichung mit Startbedingung:
<math>B_0=1</math>,
:<math>B_0=1</math>
und
:<math>\frac{dB_t}{dt}=r_t\cdot B_t</math>.


Der Guthabenstand <math>B_t</math> zum Zeitpunkt ''t'' stellt (aufgrund der Normierung <math>B_0=1</math>) auch den Akkumulations- oder Aufzinsungsfaktor für eine Zahlung im Zeitpunkt 0 dar.
<math>dB_t=r_tB_tdt</math>;

bzw. äquivalent
<math>B_t= \exp \left\lbrace \int\limits_{0}^{t} r_u \mathrm{d}u\right\rbrace</math>.

Insofern kann im Zeitpunkt ''t'' das Geldmarktkonto <math>B_t</math> als Akkumulations- oder
Aufzinsungsfaktor für eine Zahlung im Zeitpunkt 0 gesehen werden.


== Anwendung ==
Von besonderer Bedeutung ist das Geldmarktkonto im Rahmen der [[risikoneutrale Bewertung|risikoneutralen Bewertung]], bei der das Geldmarktkonto als ''Numéraire'' verwendet wird.
Von besonderer Bedeutung ist das Geldmarktkonto im Rahmen der [[risikoneutrale Bewertung|risikoneutralen Bewertung]], bei der das Geldmarktkonto als ''Numéraire'' verwendet wird.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Nicole Branger und Christian Schlag: ''Zinsderivate. Modelle und Bewertung''. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-21228-0.
* {{Literatur |Autor=Nicole Branger, Christian Schlag |Titel=Zinsderivate. Modelle und Bewertung |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Jahr=2004 |ISBN=3-540-21228-0}}


[[Kategorie:Finanzmathematik]]
[[Kategorie:Finanzmathematik]]

Version vom 12. Dezember 2016, 01:02 Uhr

Der Momentanzins (englisch short rate) ist der für einen infinitesimal (unendlich) kleinen Zeitraum aktuell gültige Zinssatz im Kontext stetiger Zinsmodelle. In der Realität und bei der diskreten Zinsmodellierung ist dagegen der aktuelle Zinssatz nur für konkrete Laufzeiten als Kassazins bestimmt.

Momentanzinsmodelle (englisch short-rate models) arbeiten mit dem Momentanzins als theoretischem Konstrukt, das so am Kapitalmarkt nicht beobachtet werden kann. Bei den Momentanzinsmodellen bildet der Momentanzins das Fundament zur Modellierung der zukünftigen Entwicklung der Zinsstruktur. Der Momentanzins modelliert den Zinssatz einer „sicheren“ Anlage, einem risikolosen Geldmarktkonto mit kontinuierlich veränderbarer Verzinsung.

Modellierung

Das Geldmarkt- oder auch Bankkonto mit stetiger Verzinsung ist als rollierende Anlage definiert: Zum Startzeitpunkt wird eine Geldeinheit investiert, die zu jedem Zeitpunkt mit dem jeweiligen Momentanzins verzinst wird. Bezeichnet den Guthabenstand des Geldmarktkontos, so folgt dieser – Stetigkeit des Momentanzinses vorausgesetzt – der Gleichung

.

Durch Ableitung erhält man die äquivalente Form als Differentialgleichung mit Startbedingung:

und

.

Der Guthabenstand zum Zeitpunkt t stellt (aufgrund der Normierung ) auch den Akkumulations- oder Aufzinsungsfaktor für eine Zahlung im Zeitpunkt 0 dar.

Anwendung

Von besonderer Bedeutung ist das Geldmarktkonto im Rahmen der risikoneutralen Bewertung, bei der das Geldmarktkonto als Numéraire verwendet wird.

Literatur

  • Nicole Branger, Christian Schlag: Zinsderivate. Modelle und Bewertung. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-21228-0.