„Inversion (Chemie)“ – Versionsunterschied

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== Pyramidale Inversion ==
== Pyramidale Inversion ==
Bei Verbindungen mit trigonal-pyramidal koordinierten Atomen spricht man von einer '''Inversion''', wenn das Atom an der Spitze der Pyramide durch die von den drei Substituenten aufgespannte Ebene hindurchschwingt. Dadurch ändert sich die Richtung der von diesem Atom ausgehenden Bindungen. Sind die drei Substituenten unterschiedlich, werden durch die pyramidale Inversion Isomere ineinander überführt, die gelegentlich auch Invertomere genannt werden. Dabei handelt es sich um [[Enantiomer]]e, wenn die Verbindung keine weitere stereogene Einheit besitzt. Die Energiebarriere für die pyramidale Inversion kann sehr unterschiedlich sein. Am [[Stickstoff]]atom von [[Amine]]n ist sie gewöhnlich sehr niedrig.<ref name="K.-H. Hellwich">{{Literatur| Autor=K.-H. Hellwich | Titel=Stereochemie Grundbegriffe | Verlag=Springer-Verlag | ISBN=978-3-662-10051-6 | Jahr=2013 | Online={{Google Buch | BuchID=zmK0BgAAQBAJ | Seite=47 }} | Seiten=47 }}</ref> Besonders das Ammoniakmolekül ist nicht starr, da die Wasserstoffatome über einen planaren Übergangszustand auf die andere Seite der Pyramide klappen können. Die Energiebarriere für die pyramidale Inversion beim Ammoniak ist mit 24,2&nbsp;kJ/mol<ref>Christoph Kölmel, Christian Oehsenfeld, Reinhart Ahlrichs: ''An ab initio investigation of structure and inversion barrier of triisopropylamine and related amines and phosphines''. In: ''Theor. Chim. Acta'', 1991, 82, S.&nbsp;271–284 ({{DOI|10.1007/BF01113258}}).</ref> so klein, dass sich bei Raumtemperatur von Ammoniak und davon ableitbaren [[Amine]]n NR<sub>3</sub> (R: organische [[Rest (Chemie)|Reste]]) keine [[Enantiomer]]e isolieren lassen. So finden bei Raumtemperatur im Ammoniak etwa 20 Milliarden Inversionen pro Sekunde (<sup>14</sup>NH<sub>3</sub> mit 23,870 GHz sowie <sup>15</sup>NH<sub>3</sub> mit 22,789 GHz) statt.<ref name="Pk">{{Literatur| Autor=Pk | Titel=RÖMPP Lexikon Chemie, 10. Auflage, 1996-1999 Band 4: M - Pk (Maser) | Verlag=Georg Thieme Verlag | ISBN=3-13-200021-3 | Jahr=2014 | Online={{Google Buch | BuchID=8Y6ZAwAAQBAJ | Seite=2540 }} | Seiten=2540 }}</ref> Anders verhalten sich die analogen Phosphor Verbindungen ([[Phosphane]]). Da deren Inversionsbarriere mit etwa 113&nbsp;kJ/mol viel höher ist als die der Amine, finden Inversionen nur bei hoher Temperatur statt.<ref name="Sheila R. Buxton, Stanley M. Roberts">{{Literatur| Autor=Sheila R. Buxton, Stanley M. Roberts | Titel=Einführung in die Organische Stereochemie | Verlag=Springer-Verlag | ISBN=978-3-663-09876-8 | Jahr=2013 | Online={{Google Buch | BuchID=AqCuBgAAQBAJ | Seite=5 }} | Seiten=5 }}</ref>
Bei Verbindungen mit trigonal-pyramidal koordinierten Atomen spricht man von einer '''Inversion''', wenn das Atom an der Spitze der Pyramide durch die von den drei Substituenten aufgespannte Ebene hindurchschwingt. Dadurch ändert sich die Richtung der von diesem Atom ausgehenden Bindungen. Sind die drei Substituenten unterschiedlich, werden durch die pyramidale Inversion Isomere ineinander überführt, die gelegentlich auch Invertomere genannt werden. Dabei handelt es sich um [[Enantiomer]]e, wenn die Verbindung keine weitere stereogene Einheit besitzt. Die Energiebarriere für die pyramidale Inversion kann sehr unterschiedlich sein. Am [[Stickstoff]]atom von [[Amine]]n ist sie gewöhnlich sehr niedrig.<ref name="K.-H. Hellwich">{{Literatur| Autor=K.-H. Hellwich | Titel=Stereochemie Grundbegriffe | Verlag=Springer-Verlag | ISBN=978-3-662-10051-6 | Jahr=2013 | Online={{Google Buch | BuchID=zmK0BgAAQBAJ | Seite=47 }} | Seiten=47 }}</ref> Besonders das Ammoniakmolekül ist nicht starr, da die Wasserstoffatome über einen planaren Übergangszustand auf die andere Seite der Pyramide klappen können. Die Energiebarriere für die pyramidale Inversion beim Ammoniak ist mit 24,2&nbsp;kJ/mol<ref>Christoph Kölmel, Christian Oehsenfeld, Reinhart Ahlrichs: ''An ab initio investigation of structure and inversion barrier of triisopropylamine and related amines and phosphines''. In: ''Theor. Chim. Acta'', 1991, 82, S.&nbsp;271–284 ({{DOI|10.1007/BF01113258}}).</ref> so klein, dass sich bei Raumtemperatur von Ammoniak und davon ableitbaren [[Amine]]n NR<sub>3</sub> (R: organische [[Rest (Chemie)|Reste]]) keine [[Enantiomer]]e isolieren lassen. So finden bei Raumtemperatur im Ammoniak etwa 20 Milliarden Inversionen pro Sekunde (<sup>14</sup>NH<sub>3</sub> mit 23,870 GHz sowie <sup>15</sup>NH<sub>3</sub> mit 22,789 GHz) statt.<ref name="Pk">{{Literatur| Autor=Pk | Titel=RÖMPP Lexikon Chemie, 10. Auflage, 1996-1999 Band 4: M - Pk (Maser) | Verlag=Georg Thieme Verlag | ISBN=3-13-200021-3 | Jahr=2014 | Online={{Google Buch | BuchID=8Y6ZAwAAQBAJ | Seite=2540 }} | Seiten=2540 }}</ref> Anders verhalten sich die analogen Phosphor Verbindungen ([[Phosphane]]). Da deren Inversionsbarriere mit etwa 113&nbsp;kJ/mol viel höher ist als die der Amine, finden Inversionen nur bei hoher Temperatur statt.<ref name="Sheila R. Buxton, Stanley M. Roberts">{{Literatur| Autor=Sheila R. Buxton, Stanley M. Roberts | Titel=Einführung in die Organische Stereochemie | Verlag=Springer-Verlag | ISBN=978-3-663-09876-8 | Jahr=2013 | Online={{Google Buch | BuchID=AqCuBgAAQBAJ | Seite=5 }} | Seiten=5 }}</ref>

Als Inversion wird auch die gegenseitige Umwandlung der beiden Sesselkonformationen eines sechsgliedrigen Ringes bezeichnet.<ref name="Karl-Heinz Hellwich, Carsten Siebert">{{Literatur| Autor=Karl-Heinz Hellwich, Carsten Siebert | Titel=Übungen zur Stereochemie | Verlag=Springer-Verlag | ISBN=978-3-662-10659-4 | Jahr=2013 | Online={{Google Buch | BuchID=besjBgAAQBAJ | Seite=65 }} | Seiten=65 }}</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 11. Januar 2017, 21:17 Uhr

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Inversion ist der Name von mehreren Auswirkungen von chemischen Reaktionen die eine Umkehr von bestimmten Eigenschaften der Reaktionsprodukte gegenüber den Ausgangsstoffen bewirken.

Inversion der Konfiguration eines Stereozentrums

So wird als Inversion bezeichnet, wenn eine chemische Reaktion an einem Asymmetrie-Zentrum von Stereoisomeren den Konfigurationswechsel eines Atoms zur Folge hat [DL, (R) ↔ (S) oder (R,S) ↔ (S,R)]. Im Gegensatz dazu bleibt bei der Retention die stereochemische Position erhalten. Wenn bei einer Reaktion aus einem Stereoisomer beide Konfigurationen gleichzeitig entstehen, spricht man von einer Racemisierung [(R) → (RS) oder (S) → (RS)]. Eine Inversion muß nicht notwendigerweise das Vorzeichen der spezifischen Drehung von optisch aktiven chemischen Verbindungen umkehren, da (R)-Konfiguration nicht rechtsdrehend und (S)-Konfiguration nicht linksdrehend bedeutet. Inversionen finden zum Beispiel bei bimolekularen nucleophilen Substitutionsreaktionen (SN2) statt, Retentionen bei inneren nucleophilen Substitutionsreaktionen (SNi) oder bei SN-Reaktionen unter Nachbargruppenbeteiligung.[1] Sind bei SN2-Reaktionen Nukleophil und Abgangsgruppe identisch, entspricht die Reaktion der Inversion des Chiralitätszentrums.[2] Eine bekannte Inversion ist die Walden-Umkehr bei nucleophilen Substitutionen, die nach dem SN2-Mechanismus ablaufen. Die Beobachtung der Walden-Umkehr bei nucleophilen Substitutionen an enantiomerenreinen Substraten ist somit ein experimenteller Hinweis auf den SN2-Mechanismus. So läßt sich z. B. linksdrehendes enantiomerenreines (R)-(−)-2-Bromoctan unter vollständiger Inversion (SN2) am asymmetrischen Kohlenstoff-Atom mit konzentrierter Natronlauge in rechtsdrehendes, enantiomerenreines (S)-(+)-2-Octanol überführen.[1] Zu beachten ist, dass nucleophile Substitutionen sowohl mit einer Konfigurationsumkehr (Inversion) als auch mit einem Konfigurationserhalt (Retention) verbunden sein können. Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des einen oder anderen Falles hängt insbesondere vom eintretenden und den schon vorhandenen Substituenten sowie von den Reaktionsbedingungen ab. Die bei einer Substitutionsreaktion beobachtete Retention der Konfiguration kann dabei auch das Ergebnis zweier aufeinanderfolgender Inversionen sein. In einigen Fällen können auch sigmatrope Umlagerungen mit einer Inversion verbunden sein.[3]

Inversion der Drehrichtung polarisierten Lichts

Sind die Stärke der Drehrichtungsänderung von Stereoisomeren (Polarisationsebene des Lichtes) unterschiedlich stark und ändert sich dieses Verhältnis durch eine chemische Reaktion, so spricht man ebenfalls von einer Inversion. Ein Beispiel dafür ist die Rohrzuckerinversion (siehe Invertzucker), wenn D-(+)-Saccharose durch Hydrolyse in D-(+)-Glucose und D-(–)-Fructose gespalten wird. Beim entstehenden Glucose-Fructose-Gemisch ist die ursprüngliche (+)-Drehung der D-(+)-Saccharose durch die stärkere Linksdrehung der D-(–)-Fructose gegenüber der D-(+)-Glucose im Reaktionsprodukt in eine (–)-Drehung umgekehrt.[4] Die Geschwindigkeit der Inversion, die eine der technisch wichtigen Hydrolysereaktionen darstellt, kann man bei einer gegebenen wäßrigen Saccharose-Lösung mit dem Polarimeter anhand der von ca. +66,5° nach ca. –19,9° fortschreitenden Drehung bequem verfolgen.[3]

Pyramidale Inversion

Bei Verbindungen mit trigonal-pyramidal koordinierten Atomen spricht man von einer Inversion, wenn das Atom an der Spitze der Pyramide durch die von den drei Substituenten aufgespannte Ebene hindurchschwingt. Dadurch ändert sich die Richtung der von diesem Atom ausgehenden Bindungen. Sind die drei Substituenten unterschiedlich, werden durch die pyramidale Inversion Isomere ineinander überführt, die gelegentlich auch Invertomere genannt werden. Dabei handelt es sich um Enantiomere, wenn die Verbindung keine weitere stereogene Einheit besitzt. Die Energiebarriere für die pyramidale Inversion kann sehr unterschiedlich sein. Am Stickstoffatom von Aminen ist sie gewöhnlich sehr niedrig.[2] Besonders das Ammoniakmolekül ist nicht starr, da die Wasserstoffatome über einen planaren Übergangszustand auf die andere Seite der Pyramide klappen können. Die Energiebarriere für die pyramidale Inversion beim Ammoniak ist mit 24,2 kJ/mol[5] so klein, dass sich bei Raumtemperatur von Ammoniak und davon ableitbaren Aminen NR3 (R: organische Reste) keine Enantiomere isolieren lassen. So finden bei Raumtemperatur im Ammoniak etwa 20 Milliarden Inversionen pro Sekunde (14NH3 mit 23,870 GHz sowie 15NH3 mit 22,789 GHz) statt.[6] Anders verhalten sich die analogen Phosphor Verbindungen (Phosphane). Da deren Inversionsbarriere mit etwa 113 kJ/mol viel höher ist als die der Amine, finden Inversionen nur bei hoher Temperatur statt.[7]

Als Inversion wird auch die gegenseitige Umwandlung der beiden Sesselkonformationen eines sechsgliedrigen Ringes bezeichnet.[8]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Eberhard Breitmaier, Günther Jung: Organische Chemie, 7. vollst. Überarb. u. erw. Auflage 2012 Grundlagen,Verbindungsklassen, Reaktionen, Konzepte, Molekülstruktur, Naturstoffe, Syntheseplanung, Nachhaltigkeit. Georg Thieme Verlag, 2014, ISBN 3-13-159987-1, S. 285 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. a b K.-H. Hellwich: Stereochemie Grundbegriffe. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-10051-6, S. 47 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b Eintrag zu Inversion. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag
  4. Inversion - Lexikon der Chemie. (spektrum.de).
  5. Christoph Kölmel, Christian Oehsenfeld, Reinhart Ahlrichs: An ab initio investigation of structure and inversion barrier of triisopropylamine and related amines and phosphines. In: Theor. Chim. Acta, 1991, 82, S. 271–284 (doi:10.1007/BF01113258).
  6. Pk: RÖMPP Lexikon Chemie, 10. Auflage, 1996-1999 Band 4: M - Pk (Maser). Georg Thieme Verlag, 2014, ISBN 3-13-200021-3, S. 2540 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Sheila R. Buxton, Stanley M. Roberts: Einführung in die Organische Stereochemie. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-663-09876-8, S. 5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Karl-Heinz Hellwich, Carsten Siebert: Übungen zur Stereochemie. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-10659-4, S. 65 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).