„Sinus-Milieus“ – Versionsunterschied

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Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Die Milieu-Einteilung erfolgt entlang zweier Dimensionen: „[[Soziale Lage]]“ (Unter-, Mittel- oder Oberschicht) und „Grundorientierung“ („Tradition“, „Modernisierung/Individualisierung“ und „Neuorientierung“). Grundlegende Wertorientierungen werden dabei ebenso berücksichtigt wie Alltagseinstellungen, die [[Lebenswelt]] (insbes. Arbeit, Familie, Freizeit, Konsum, Medien, etc.) und [[Soziodemografie|soziodemografische]] Variablen (Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen etc.)<ref>{{Literatur|Autor=Berthold Bodo Flaig, Bertram Barth|Titel=Die Sinus-Milieus® 3.0 – Hintergründe und Fakten zum aktuellen Sinus-Milieu-Modell|Sammelwerk=Zielgruppen im Konsumentenmarketing|Verlag=Springer Gabler, Wiesbaden|Datum=2014|Seiten=105–120|DOI=10.1007/978-3-658-00625-9_8|Online=https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-00625-9_8|Abruf=2017-07-31}}</ref>.
Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Die Milieu-Einteilung erfolgt entlang zweier Dimensionen: „[[Soziale Lage]]“ (Unter-, Mittel- oder Oberschicht) und „Grundorientierung“ („Tradition“, „Modernisierung/Individualisierung“ und „Neuorientierung“). Grundlegende Wertorientierungen werden dabei ebenso berücksichtigt wie Alltagseinstellungen, die [[Lebenswelt]] (insbes. Arbeit, Familie, Freizeit, Konsum, Medien, etc.) und [[Soziodemografie|soziodemografische]] Variablen (Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen etc.)<ref>{{Literatur|Autor=Berthold Bodo Flaig, Bertram Barth|Titel=Die Sinus-Milieus® 3.0 – Hintergründe und Fakten zum aktuellen Sinus-Milieu-Modell|Sammelwerk=Zielgruppen im Konsumentenmarketing|Verlag=Springer Gabler, Wiesbaden|Datum=2014|Seiten=105–120|DOI=10.1007/978-3-658-00625-9_8|Online=https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-00625-9_8|Abruf=2017-07-31}}</ref>.

== Theoretischer Hintergrund ==
In den [[Sozialwissenschaften]] werden Milieus als Gruppen Gleichgesinnter mit ähnlichen Grundwerten und Prinzipien der Lebensführung verstanden, die sich durch erhöhte Binnenkommunikation und Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen auszeichnen<ref>{{Literatur|Autor=Barth Bertram, Bodo Flaig Berthold|Titel=Was sind Sinus-Milieus®?|Sammelwerk=Jugendliche Lebenswelten|Verlag=Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg|Datum=2012|Seiten=11–35|DOI=10.1007/978-3-8274-2971-1_2|Online=https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-8274-2971-1_2|Abruf=2017-07-31}}</ref>.

Das Sinus-Milieumodell folgt der soziologischen [[Lebensstil]]-Interpretation, wie sie seit etwa Mitte der 1980er-Jahre auch von der akademischen sozialen Ungleichheitsforschung entwickelt worden ist. Dabei wird von folgender Überlegung ausgegangen: Gleiche sozioökonomische Lebensbedingungen produzieren offensichtlich ungleiche Lebensstile und Lebenswelten. Demnach ist die Unterschiedlichkeit von Lebensstilen für die Alltagswirklichkeit von Menschen vielfach bedeutsamer als die Unterschiedlichkeit sozioökonomischer Lebensbedingungen. Soziale Zugehörigkeit wird deshalb maßgeblich auf der Basis gemeinsamer Mentalitäten soziokulturell homogener Teilgruppen (Milieus) definiert.

Soziale Milieus machen jedoch die Berücksichtigung der [[Soziale Schicht|sozialen Schicht]] nicht überflüssig. Eine radikale „Entkoppelung“ von objektiven und subjektiven Lebensbedingungen wird heute kaum mehr propagiert. Vielmehr geht man von einem Zusammenhang von Milieuzugehörigkeit und sozialer Lage aus – es gibt Oberschicht-, Mittelschicht- und Unterschichtmilieus<ref>{{Internetquelle|url=http://www.bpb.de/apuz/29429/soziale-milieus-eine-praxisorientierte-forschungsperspektive?p=all|titel=Soziale Milieus - eine praxisorientierte Forschungsperspektive {{!}} bpb|autor=Bundeszentrale für politische Bildung|sprache=de|zugriff=2017-07-31}}</ref>.


== Entstehung und Anwendung ==
== Entstehung und Anwendung ==

Version vom 31. Juli 2017, 10:14 Uhr

Die Sinus-Milieus sind eine vom Markt- und Sozialforschungsunternehmen Sinus-Institut entwickelte Gesellschafts- und Zielgruppen-Typologie für mehr als 40 Länder, die auf sozialen Milieus basiert. Sie wird laut der Fachzeitschrift „media & marketing“ in Deutschland neben den Modellen von TNS Infratest und Gesellschaft für innovative Marktforschung zu den bedeutendsten Ansätzen in der Zielgruppenforschung gezählt.[1]

Die Sinus-Milieus gruppieren Menschen, die sich in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Die Milieu-Einteilung erfolgt entlang zweier Dimensionen: „Soziale Lage“ (Unter-, Mittel- oder Oberschicht) und „Grundorientierung“ („Tradition“, „Modernisierung/Individualisierung“ und „Neuorientierung“). Grundlegende Wertorientierungen werden dabei ebenso berücksichtigt wie Alltagseinstellungen, die Lebenswelt (insbes. Arbeit, Familie, Freizeit, Konsum, Medien, etc.) und soziodemografische Variablen (Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen etc.)[2].

Theoretischer Hintergrund

In den Sozialwissenschaften werden Milieus als Gruppen Gleichgesinnter mit ähnlichen Grundwerten und Prinzipien der Lebensführung verstanden, die sich durch erhöhte Binnenkommunikation und Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen auszeichnen[3].

Das Sinus-Milieumodell folgt der soziologischen Lebensstil-Interpretation, wie sie seit etwa Mitte der 1980er-Jahre auch von der akademischen sozialen Ungleichheitsforschung entwickelt worden ist. Dabei wird von folgender Überlegung ausgegangen: Gleiche sozioökonomische Lebensbedingungen produzieren offensichtlich ungleiche Lebensstile und Lebenswelten. Demnach ist die Unterschiedlichkeit von Lebensstilen für die Alltagswirklichkeit von Menschen vielfach bedeutsamer als die Unterschiedlichkeit sozioökonomischer Lebensbedingungen. Soziale Zugehörigkeit wird deshalb maßgeblich auf der Basis gemeinsamer Mentalitäten soziokulturell homogener Teilgruppen (Milieus) definiert.

Soziale Milieus machen jedoch die Berücksichtigung der sozialen Schicht nicht überflüssig. Eine radikale „Entkoppelung“ von objektiven und subjektiven Lebensbedingungen wird heute kaum mehr propagiert. Vielmehr geht man von einem Zusammenhang von Milieuzugehörigkeit und sozialer Lage aus – es gibt Oberschicht-, Mittelschicht- und Unterschichtmilieus[4].

Entstehung und Anwendung

Sinus-Milieus werden seit Beginn der 1980er Jahre erstellt und von der Privatwirtschaft, Medienunternehmen und Werbeagenturen ebenso genutzt wie von Behörden, politischen Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden für das strategische Marketing, für Produktentwicklung und Kommunikation. Der Begriff „Sinus-Milieus“ ist eine geschützte Marke.

Bis 2000 wurden unterschiedliche Sinus-Milieus für die alten und die neuen Bundesländer erstellt.[5] Das Sinus-Milieumodell wird regelmäßig aktualisiert. Zusätzlich gibt es spezielle Milieumodelle, u. a. für Jugendliche,[6] Migranten und sogenannte Best Ager.

Das Sinus-Institut geht in Deutschland, Österreich und der Schweiz von folgenden Milieus aus:

Milieu-Gruppen Sinus-Milieu Bevölkerungsanteil (in %)
Deutschland
2017[7]
Österreich
2016[8]
Schweiz
2016[9]
Sozial gehobene Milieus/

Gesellschaftliche Leitmilieus

Konservativ-Etablierte (D)

Konservative (AT)

Gehoben-Bürgerliche (CH)

10% 6%* 16%*
Liberal-Intellektuelle (D)

Etablierte (AT)

Arrivierte (CH)

7% 9%* 8%*
Performer (D/AT/CH) 8% 9% 10%
Expeditive (D)

Digitale Individualisten (AT)

Digitale Kosmopoliten (CH)

8% 8%* 7%*
Milieus der Mitte Adaptiv-Pragmatische (D/AT/CH) 10% 12% 6%
Bürgerliche Mitte (D/AT/CH) 13% 14% 15%
Sozialökologisches Milieu (D)

Postmaterielle (AT/CH)

7% 9%* 12%*
Milieus der unteren Mitte/

Unterschicht

Traditionelle (D/AT)

Genügsam Traditionelle (CH)

13% 13% 9%*
Prekäre (D)

Konsumorientierte Basis (AT/CH)

9% 9%* 8%*
Hedonisten (D/AT)

Eskapisten (CH)

15% 11% 9%*
* Zahlen aufgrund verschiedener Milieudefinitionen nur sehr eingeschränkt vergleichbar.

Neben dem deutschsprachigen Raum sind auch Milieu-Modelle für 15 weitere Länder (Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Russland, Polen, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Bulgarien, Tschechien, Slowakei, USA, Kanada und China) verfügbar.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Florian Allgayer, Jochen Kalka: Der Kunde im Fokus. Die wichtigsten Zielgruppen im Überblick – Milieus, Lebenswelten, Konsumenten. Redline Wirtschaftsverlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-636-01501-3, S. 7.
  2. Berthold Bodo Flaig, Bertram Barth: Die Sinus-Milieus® 3.0 – Hintergründe und Fakten zum aktuellen Sinus-Milieu-Modell. In: Zielgruppen im Konsumentenmarketing. Springer Gabler, Wiesbaden, 2014, S. 105–120, doi:10.1007/978-3-658-00625-9_8 (springer.com [abgerufen am 31. Juli 2017]).
  3. Barth Bertram, Bodo Flaig Berthold: Was sind Sinus-Milieus®? In: Jugendliche Lebenswelten. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg, 2012, S. 11–35, doi:10.1007/978-3-8274-2971-1_2 (springer.com [abgerufen am 31. Juli 2017]).
  4. Bundeszentrale für politische Bildung: Soziale Milieus - eine praxisorientierte Forschungsperspektive | bpb. Abgerufen am 31. Juli 2017.
  5. Florian Allgayer, Jochen Kalka: Der Kunde im Fokus. Die wichtigsten Zielgruppen im Überblick - Milieus, Lebenswelten, Konsumenten. Redline Wirtschaftsverlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-636-01501-3, S. 10
  6. Marc Calmbach, Peter Martin Thomas, Inga Borchard, Bodo Flaig: Wie ticken Jugendliche 2012? Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf 2012, ISBN 978-3-7761-0278-9.
  7. SINUS-Milieus Deutschland. Abgerufen am 6. Juli 2017.
  8. Die Sinus-Milieus im TELETEST - der.ORF.at. In: der.ORF.at. (orf.at [abgerufen am 6. Juli 2017]).
  9. Studie Zielgruppen nach Grundorientierung und sozialer Lage - Sinus-Milieus Schweiz 2016. Abgerufen am 6. Juli 2017 (deutsch).