„Gestörte Gamma-Gamma-Winkelkorrelation“ – Versionsunterschied

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Die '''gestörte γ-γ-Winkelkorrelation''', kurz '''PAC''' ({{enS|perturbed angular correlation}}), ist eine Methode der [[Nukleare Festkörperphysik|nuklearen Festkörperphysik]] mit der magnetische und elektrische Felder in Kristallstrukturen gemessen werden können. Bestimmt werden elektrische Feldgradienten und die [[Larmorpräzession|Larmorfrequenz]] in Magnetfeldern sowie dynamische Effekte. Mit der sehr sensitiven Methode, die nur ca. 10–1000 Milliarden Atome eines radioaktiven [[Isotop]]s pro Messung benötigt, können Materialeigenschaften in der lokalen Struktur untersucht werden sowie Phasenübergänge, Magnetismus und Diffusion. Die PAC-Methode ist verwandt mit der [[Kernspinresonanz]] und dem [[Mößbauer-Effekt]], jedoch zeigt sie keine Signalabschwächung bei sehr hohen Temperaturen.
Die '''gestörte γ-γ-Winkelkorrelation''', kurz '''PAC''' (engl.:
perturbed angular correlation), ist eine Methode der [[Nukleare Festkörperphysik|nuklearen Festkörperphysik]] mit der magnetische und
elektrische Felder in Kristallstrukturen gemessen werden können. Bestimmt werden elektrische Feldgradienten und
die [[Larmorpräzession|Larmorfrequenz]] in Magnetfeldern sowie dynamische Effekte. Mit der sehr sensitiven Methode, die nur ca. 10–1000
Milliarden Atome eines radioaktiven [[Isotop]]s pro Messung benötigt, können Materialeigenschaften in der lokalen Struktur untersucht werden sowie Phasenübergänge,
Magnetnismus und Diffusion. Die PAC Methode ist verwandt mit der [[Kernspinresonanz]] und dem [[Mößbauer-Effekt]], jedoch zeigt sie keine
Signalabschwächung bei sehr hohen Temperaturen.


== Geschichte und Entwicklung ==
== Geschichte und Entwicklung ==
[[Datei:Koinzidenzdetector.png|mini|Koinzidenz-Messungen in vereinfachter Darstellung: a-b.) in 90° und 180° Detektorstellung, c.) „Rotation des Kerns“ bzw. eines Kerns mit [[Quadrupolmoment]] (siehe [[Multipolentwicklung|Multipol]])]]
[[Datei:Koinzidenzdetector.png|mini|Koinzidenz-Messungen in vereinfachter Darstellung: a-b.) in 90° und 180° Detektorstellung, c.) „Rotation des Kerns“ bzw. eines Kerns mit [[Quadrupolmoment]] (siehe [[Multipolentwicklung|Multipol]])]]
PAC geht auf eine theoretische Arbeit von Donald R. Hamilton<ref>D.R. Hamilton, Phys. Rev. 58 (1940) 122-131</ref> aus dem Jahr 1940 zurück. Das erste erfolgreiche Experiment wurde von Brady und Deutsch<ref>E.L. Brady, M. Deutsch, Phys. Rev. 72 (1947) 870-871</ref> 1947 durchgeführt. Bei diesen ersten PAC Experimenten wurden im Wesentlichen Spin und Parität von Kernspins untersucht. Es wurde jedoch früh erkannt, dass elektrische und magnetische Felder mit dem Kernmoment wechselwirken, was die Grundlage für eine neue Form der Materialuntersuchungen lieferte: Die nukleare Festkörperspektroskopie.
PAC geht auf eine theoretische Arbeit von Donald R. Hamilton<ref>{{Literatur | Autor = Donald R. Hamilton | Titel = On Directional Correlation of Successive Quanta | Sammelwerk = Physical Review | Band = 58 | Datum = 1940-07-15 | Nummer = 2 | Seiten = 122–131 | DOI= 10.1103/PhysRev.58.122 }}</ref> aus dem Jahr 1940 zurück. Das erste erfolgreiche Experiment wurde von Brady und Deutsch<ref>{{Literatur | Autor = Edward L. Brady, Martin Deutsch | Titel = Angular Correlation of Successive Gamma-Ray Quanta | Sammelwerk = Physical Review | Band = 72 | Datum = 1947-11-01 | Nummer = 9 | Seiten = 870–871 | DOI= 10.1103/PhysRev.72.870 }}</ref> 1947 durchgeführt. Bei diesen ersten PAC-Experimenten wurden im Wesentlichen Spin und Parität von Kernspins untersucht. Es wurde jedoch früh erkannt, dass elektrische und magnetische Felder mit dem Kernmoment wechselwirken, was die Grundlage für eine neue Form der Materialuntersuchungen lieferte: Die nukleare Festkörperspektroskopie.


Nachdem 1953 Abragam und Pound<ref>A. Abragam, R.V. Pound, Phys. Rev. 92 (1953) 943-962</ref> ihre Arbeiten über die Theorie von PAC veröffentlichten, wurden danach viele Untersuchungen mit PAC durchgeführt. In den 1960er und 1970er Jahren stieg das Interesse an PAC Experimenten stark an, deren Fokus hauptsächlich magnetische und elektrische Felder in Kristallen waren, in die die Sondenkerne eingebracht wurden. Mitte der 1960er Jahre wurde die Ionenimplantation entdeckt, die neue Möglichkeiten zur Probenherstellung ermöglichte. Die rasante elektronische Entwicklung der 1970er Jahre brachte deutliche Verbesserungen in der Signalverarbeitung. Von den 1980ern bis heute hat sich PAC als eine wichtige Methode zur Untersuchung und Charakterisierung von Materialien<ref> T. Wiechert, E. Recknagel, in Microscopic Methods in Metals, (Ed. U. Gonser), Topics in Current Physics, Vol. 40, Springer- Verlag, Berlin, Heidelberg, 1986, p. 317</ref><ref>G.S. Collins, S.L. Shropshire, J. Fan, Hyperfine Interactions 62 (1990) 1-34</ref><ref>T. Wiechert, A. Achtziger, H. Metzner, R. Sielemann, in Hyperfi ne Interactions of Defects in Semiconductors (Ed. G. Langouche), Elsevier, Amsterdam, London, 1992, p. 77</ref><ref>Methods in Physical Chemistry, Section 10. Perturbed γ-γ Angular Correlation, Wiley-VCH, Weinheim , ISBN 978-3-527-32745-4</ref><ref>Schatz/Weidinger: Nukleare Festkörperphysik, Vieweg Teubner ISBN 978-3-8351-0228-6</ref> entwickelt, z.&nbsp;B. für die Untersuchung von Halbleitermaterialien, zwischenmetallischen Verbindungen, Oberflächen und Grenzflächen. Lars Hemmingsen et al. wendeten PAC zuletzt auch in biologischen Systemen an.<ref>L. Hemmingsen, K.N. Sas, E. Danielsen, Chem. Rev. 104 (2004) 4027</ref>
Nachdem 1953 Abragam und Pound<ref>{{Literatur | Autor = A. Abragam, R. V. Pound | Titel = Influence of Electric and Magnetic Fields on Angular Correlations | Sammelwerk = Physical Review | Band = 92 | Datum = 1953-11-15 | Nummer = 4 | Seiten = 943–962 | DOI= 10.1103/PhysRev.92.943 | Online =}}</ref> ihre Arbeiten über die Theorie von PAC veröffentlichten, wurden danach viele Untersuchungen mit PAC durchgeführt. In den 1960er und 1970er Jahren stieg das Interesse an PAC-Experimenten stark an, deren Fokus hauptsächlich magnetische und elektrische Felder in Kristallen waren, in die die Sondenkerne eingebracht wurden. Mitte der 1960er Jahre wurde die Ionenimplantation entdeckt, die neue Möglichkeiten zur Probenherstellung ermöglichte. Die rasante elektronische Entwicklung der 1970er Jahre brachte deutliche Verbesserungen in der Signalverarbeitung. Von den 1980ern bis heute hat sich PAC als eine wichtige Methode zur Untersuchung und Charakterisierung von Materialien<ref>{{Literatur | Autor = Th. Wichert, E. Recknagel | Herausgeber = Ulrich Gonser | Titel = Perturbed Angular Correlation | Sammelwerk = Microscopic Methods in Metals | Reihe= Topics in Current Physics | BandReihe= 40 | Ort = Berlin/Heidelberg | Verlag = Springer | Jahr = 1986 | ISBN = 978-3-642-46571-0 | Seiten = 317–364 | DOI= 10.1007/978-3-642-46571-0_11|Seiten=317}}</ref><ref>{{Literatur | Autor = Gary S. Collins, Steven L. Shropshire, Jiawen Fan | Titel = Perturbed γ−γ angular correlations: A spectroscopy for point defects in metals and alloys | Sammelwerk = Hyperfine Interactions | Band = 62 | Datum = 1990-08-01 | Nummer = 1 | Seiten = 1–34 | DOI= 10.1007/BF02407659}}</ref><ref>{{Literatur | Autor = Th. Wichert, N. Achziger, H. Metzner, R. Sielemann | Herausgeber = G. Langouche | Titel = Perturbed angular correlation | Sammelwerk = Hyperfine Interactions of Defects in Semiconductors | Ort = Amsterdam | Verlag = Elsevier | Jahr = 1992 | ISBN = 0-444-89134-X | Seiten = 77}}</ref><ref>{{Literatur | Autor = Jens Röder, Klaus-dieter Becker | Titel = Perturbed γ–γ Angular Correlation | Sammelwerk = Methods in Physical Chemistry | Verlag = John Wiley & Sons, Ltd | Jahr = 2012 | ISBN = 978-3-527-32745-4 | Seiten = 325–349 | DOI= 10.1002/9783527636839.ch10}}</ref><ref>{{Literatur | Autor = Günter Schatz, Alois Weidinger, Manfred Deicher | Titel = Nukleare Festkörperphysik: Kernphysikalische Messmethoden und ihre Anwendungen | Auflage = 4 | Verlag = Vieweg+Teubner Verlag | Jahr = 2010 | ISBN = 978-3-8351-0228-6 | Online = }}</ref> entwickelt, z.&nbsp;B. für die Untersuchung von Halbleitermaterialien, zwischenmetallischen Verbindungen, Oberflächen und Grenzflächen. Lars Hemmingsen et al. wendeten PAC zuletzt auch in biologischen Systemen an.<ref>{{Literatur | Autor = Lars Hemmingsen, Klára Nárcisz Sas, Eva Danielsen | Titel = Biological Applications of Perturbed Angular Correlations of γ-Ray Spectroscopy | Sammelwerk = Chemical Reviews | Band = 104 | Datum = 2004-09-01 | Nummer = 9 | Seiten = 4027–4062 | DOI= 10.1021/cr030030v}}</ref>


Während bis ca. 2008 PAC Instrumente konventionelle Hochfrequenzelektronik der 1970er Jahre verwendeten, wurde in 2008 durch Christian Herden und Jens Röder et al. das erste voll-digitalisierte PAC Instrument entwickelt, dass umfangreiche Datenanalysen sowie den parallelen Einsatz mehrerer Sonden ermöglicht.<ref>Fully Digital Time Differential Perturbed Angular Correlation (TDPAC) Spectrometer Herden, C., Röder, J., Gardner, J.A., Becker, K.-D. Paper 2008, Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Section A 592(2) (2008) 155-161</ref> Nachbauten und weitere Entwicklungen folgten.<ref>
Während bis ca. 2008 PAC-Instrumente konventionelle Hochfrequenzelektronik der 1970er Jahre verwendeten, wurde in 2008 durch Christian Herden und Jens Röder et al. das erste voll-digitalisierte PAC-Instrument entwickelt, dass umfangreiche Datenanalysen sowie den parallelen Einsatz mehrerer Sonden ermöglicht.<ref>{{Literatur | Autor = C. Herden, J. Röder, J. A. Gardner, K. D. Becker | Titel = Fully digital time differential perturbed angular correlation (TDPAC) spectrometer | Sammelwerk = Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Section A: Accelerators, Spectrometers, Detectors and Associated Equipment | Band = 594 | Datum = 2008-09-01 | Nummer = 2 | Seiten = 155–161 | DOI= 10.1016/j.nima.2008.05.001}}</ref> Nachbauten und weitere Entwicklungen folgten.<ref>{{Literatur | Autor = Matthias Nagl, Ulrich Vetter, Michael Uhrmacher, Hans Hofsäss | Titel = A new all-digital time differential γ-γ angular correlation spectrometer | Sammelwerk = Review of Scientific Instruments | Band = 81 | Datum = 2010-07-01 | Nummer = 7 | Seiten = 073501 | DOI= 10.1063/1.3455186}}</ref><ref>{{Literatur | Autor = M. Jäger, K. Iwig, T. Butz | Titel = A user-friendly fully digital TDPAC-spectrometer | Sammelwerk = Hyperfine Interactions | Band = 198 | Datum = 2010-06-01 | Nummer = 1 | Seiten = 167–172 | DOI= 10.1007/s10751-010-0201-8}}</ref>
Nagl, Matthias & Vetter, Ulrich & Uhrmacher, Michael & Hofsäss, Hans. (2010). A new all-digital time differential γ-γ Angular correlation spectrometer. The Review of scientific instruments. 81. 073501. 10.1063/1.3455186.</ref><ref>Jäger, Markus & Iwig, K. & Butz, T. (2010). A user-friendly fully digital TDPAC-spectrometer. Hyperfine Interactions. 198. 167-172. 10.1007/s10751-010-0201-8.</ref>


== Meßprinzip ==
== Meßprinzip ==
[[Datei:Zerfallsschema-In-111.png|mini|Zerfallsschema von <sup>111</sup>In, das nach <sup>111</sup>Cd zerfällt mit einem 5/2<sup>+</sup> Zwischenzustand.]]
[[Datei:Zerfallsschema-In-111.png|mini|Zerfallsschema von <sup>111</sup>In, das nach <sup>111</sup>Cd zerfällt mit einem 5/2<sup>+</sup>-Zwischenzustand.]]
PAC nutzt radioaktive Sonden, die beim Zerfall einen Zwischenzustand mit Lebensdauern von 2 ns bis ca. 10 µs besitzen, siehe Beispiel <sup>111</sup>In im Bild rechts. Nach dem Elektroneneinfang (EC=electron capture) transmutiert [[Indium]] zu [[Cadmium]]. Unmittelbar danach befindet sich der Cadmium-Kern überwiegend im angeregten 7/2<sup>+</sup> Kernspin und nur zur einem ganz kleinen Teil im 11/2<sup>-</sup> Kernspin, letzterer soll nicht weiter betrachtet werden. Der 7/2<sup>+</sup> angeregte Zustand geht durch Aussenden eines γ-Quants mit 171 [[Elektronenvolt|keV]] in den 5/2<sup>+</sup> Zwischenzustand über, der eine Lebensdauer von 84,5 ns besitzt und der sensitive Zustand für die PAC ist. Dieser Zustand wiederum zerfällt in den 1/2<sup>+</sup> Grundzustand durch aussenden eines γ-Quants mit 245 keV. PAC detektiert nun beide γ-Quanten und wertet das erste als Start-Signal, das zweite als Stop-Signal.
PAC nutzt radioaktive Sonden, die beim Zerfall einen Zwischenzustand mit Lebensdauern von 2&nbsp;ns bis ca. 10&nbsp;µs besitzen, siehe Beispiel <sup>111</sup>In im Bild rechts. Nach dem Elektroneneinfang (EC, {{lang|en|electron capture}}) transmutiert [[Indium]] zu [[Cadmium]]. Unmittelbar danach befindet sich der Cadmium-Kern überwiegend im angeregten 7/2<sup>+</sup>-Kernspin und nur zur einem ganz kleinen Teil im 11/2<sup></sup>-Kernspin, letzterer soll nicht weiter betrachtet werden. Der 7/2<sup>+</sup> angeregte Zustand geht durch Aussenden eines γ-Quants mit 171&nbsp;[[Elektronenvolt|keV]] in den 5/2<sup>+</sup>-Zwischenzustand über, der eine Lebensdauer von 84,5&nbsp;ns besitzt und der sensitive Zustand für die PAC ist. Dieser Zustand wiederum zerfällt in den 1/2<sup>+</sup>-Grundzustand durch aussenden eines γ-Quants mit 245&nbsp;keV. PAC detektiert nun beide γ-Quanten und wertet das erste als Start-Signal, das zweite als Stop-Signal.


[[Datei:Singleforwiki.png|mini|PAC-Einzelspektren in 90° (d21.dat) und 180° (d24.dat) Detektoranordnung.]]
[[Datei:Singleforwiki.png|mini|PAC-Einzelspektren in 90° (d21.dat) und 180° (d24.dat) Detektoranordnung.]]
Nun misst man die Zeit zwischen Start und Stop für jedes Ereignis. Man spricht hier von einer Koinzidenz, wenn ein Start- und Stop-Paar gefunden wurde. Da der Zwischenzustand nach den Gesetzen des [[Radioaktiver Zerfall|radioaktiven Zerfalls]] zerfällt, erhält man nach dem Auftragen der Häufigkeitkeit über der Zeit eine exponentielle Kurve mit der Lebensdauer dieses Zwischenzustandes. Aufgrund der nicht-kugelsymmetrischen Ausstrahlung des zweiten γ-Quants, die sogenannte Anisotropie, die eine intrinsische Eigenschaft des Kerns in diesem Übergang ist, kommt es mit den ihm umgebenden elektrischen oder/und magnetischen Feldern zu einer periodischen Störung ([[Hyperfeinwechselwirkung]]). Die Abbildung der Einzelspektren rechts zeigt den Effekt dieser Störung als Wellenverlauf auf dem exponentiellen Zerfall von je zwei Detektoren, ein Paar in 90° und eins in 180° zueinander. Die Wellenverläufe zu beiden Detektorpaaren sind gegeneinander verschoben. Sehr vereinfacht kann man sich vorstellen, dass ein fest stehender Beobachter einen Leuchtturm betrachtet, dessen Lichtintensität periodisch heller und dunkler wird. Entsprechend „sieht“ eine Detektoranordnung, meist 4 Detektoren in planarer 90°-Anordnung oder 6 Detektoren in oktaedrischer Anordnung, die Rotation des Kernes in Größenordnungen von MHz bis GHz.
Nun misst man die Zeit zwischen Start und Stopp für jedes Ereignis. Man spricht hier von einer Koinzidenz, wenn ein Start- und Stopp-Paar gefunden wurde. Da der Zwischenzustand nach den Gesetzen des [[Radioaktiver Zerfall|radioaktiven Zerfalls]] zerfällt, erhält man nach dem Auftragen der Häufigkeit über der Zeit eine exponentielle Kurve mit der Lebensdauer dieses Zwischenzustandes. Aufgrund der nicht-kugelsymmetrischen Ausstrahlung des zweiten γ-Quants, die sogenannte Anisotropie, die eine intrinsische Eigenschaft des Kerns in diesem Übergang ist, kommt es mit den ihm umgebenden elektrischen oder/und magnetischen Feldern zu einer periodischen Störung ([[Hyperfeinwechselwirkung]]). Die Abbildung der Einzelspektren rechts zeigt den Effekt dieser Störung als Wellenverlauf auf dem exponentiellen Zerfall von je zwei Detektoren, ein Paar in 90° und eins in 180° zueinander. Die Wellenverläufe zu beiden Detektorpaaren sind gegeneinander verschoben. Sehr vereinfacht kann man sich vorstellen, dass ein fest stehender Beobachter einen Leuchtturm betrachtet, dessen Lichtintensität periodisch heller und dunkler wird. Entsprechend „sieht“ eine Detektoranordnung, meist 4 Detektoren in planarer 90°-Anordnung oder 6 Detektoren in oktaedrischer Anordnung, die Rotation des Kerns in Größenordnungen von MHz bis GHz.


[[Datei:Complexpacspectrum.png|mini|Unten: komplexes PAC-Spektrum einer polykristallinen Substanz, oben: Fouriertransformation]]
[[Datei:Complexpacspectrum.png|mini|Unten: komplexes PAC-Spektrum einer polykristallinen Substanz, oben: Fouriertransformation]]
[[Datei:Zno200NEU.png|mini|PAC-Spektrum der <sup>111m</sup>Cd Sonde in einem ZnO-Einkristall, mit Fit.]]
[[Datei:Zno200NEU.png|mini|PAC-Spektrum der <sup>111m</sup>Cd-Sonde in einem ZnO-Einkristall, mit Fit.]]
Nach der Anzahl n der Detektoren, ergibt sich die Anzahl der Einzelspektren (z) nach z=n²-n, für n=4 daher 12 und für n=6 somit 30. Um ein PAC-Spektrum zu erhalten, werden die 90° und 180° Einzelspektren so miteinander verrechnet, dass die exponentiellen Funktionen sich aufheben und zusätzlich die unterschiedlichen Detektoreigenschaften sich herauskürzen. Es bleibt die reine Störfunktion übrig, wie in dem Beispiel eines komplexen PAC-Spektrums gezeigt ist. Seine [[Fouriertransformation]] ergibt die Übergangsfrequenzen als Peaks.
Nach der Anzahl n der Detektoren, ergibt sich die Anzahl der Einzelspektren (z) nach z=n²-n, für n=4 daher 12 und für n=6 somit 30. Um ein PAC-Spektrum zu erhalten, werden die 90° und 180° Einzelspektren so miteinander verrechnet, dass die exponentiellen Funktionen sich aufheben und zusätzlich die unterschiedlichen Detektoreigenschaften sich herauskürzen. Es bleibt die reine Störfunktion übrig, wie in dem Beispiel eines komplexen PAC-Spektrums gezeigt ist. Seine [[Fouriertransformation]] ergibt die Übergangsfrequenzen als Peaks.


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[[Datei:Pacaufbau.png|mini|PAC-Aufbau]]
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[[Datei:Energywiki.png|mini|Energiespektrum von <sup>149</sup>Gd mit Energiefenstern für start und stop.]]
[[Datei:Energywiki.png|mini|Energiespektrum von <sup>149</sup>Gd mit Energiefenstern für start und stop.]]
Beim typischen PAC-Spektrometer sind 4 Detektoren in planarer 90° und 180° Anordnung oder 6 Detektoren in oktaedrischer Anordnung um die Probe mit radioaktiver Quelle platziert. Als Detektoren werden [[Szintillator|Szintiallationskristalle]] aus [[Bariumfluorid|BaF<sub>2</sub>]] oder [[Natriumiodid|NaI]] verwendet. Bei mordernen Instrumenten kommen heute überwiegend [[Lanthanbromid|LaBr<sub>3</sub>:Ce]] oder [[Cerbromid|CeBr<sub>3</sub>]] zum Einsatz. [[Photomultiplier]] wandeln die schwachen Lichtblitze in elektrische Signale um, die im Szintillator durch [[Gammastrahlung]] erzeugt wurden. In klassischen Instrumenten werden diese Signale verstärkt und in logischen UND/ODER Schaltungen in Kombination mit Zeitfenstern den verschiedenen Detektorkombinationionen (für 4 Detektoren: 12,13,14,21,23,24,31,32,34,41,42,43) zugeordnet und gezählt. Moderne ditigale Spektrometer verwenden Digitizer-Karten, die das Signal direkt verwenden und in Energie- und Zeitwerte umwandeln und auf Festplatten speichern. Diese werden dann per Software nach Koninzidenzen durchsucht.
Beim typischen PAC-Spektrometer sind 4 Detektoren in planarer 90°- und 180°-Anordnung oder 6 Detektoren in oktaedrischer Anordnung um die Probe mit radioaktiver Quelle platziert. Als Detektoren werden [[Szintillator|Szintiallationskristalle]] aus [[Bariumfluorid|BaF<sub>2</sub>]] oder [[Natriumiodid|NaI]] verwendet. Bei modernen Instrumenten kommen heute überwiegend [[Lanthanbromid|LaBr<sub>3</sub>:Ce]] oder [[Cerbromid|CeBr<sub>3</sub>]] zum Einsatz. [[Photomultiplier]] wandeln die schwachen Lichtblitze in elektrische Signale um, die im Szintillator durch [[Gammastrahlung]] erzeugt wurden. In klassischen Instrumenten werden diese Signale verstärkt und in logischen UND/ODER Schaltungen in Kombination mit Zeitfenstern den verschiedenen Detektorkombinationen (für 4 Detektoren: 12,13,14,21,23,24,31,32,34,41,42,43) zugeordnet und gezählt. Moderne digitale Spektrometer verwenden Digitizer-Karten, die das Signal direkt verwenden und in Energie- und Zeitwerte umwandeln und auf Festplatten speichern. Diese werden dann per Software nach Koinzidenzen durchsucht.
Während bei klassischen Instrumenten für die jeweiligen γ-Energien begrenzende „Fenster“ vor der Verarbeitung gesetzt werden müssen, ist dies bei der digitalen PAC während des Aufzeichnens der Messung nicht notwendig und erfolgt erst im Analyseschritt. Bei Sonden mit komplexen Kaskaden ist es dadurch möglich, eine Datenoptimierung vorzunehmen oder mehrere Kaskaden parallel auszuwerten, sowie verschiedene Sonden gleichzeitig zu messen. Die dabei anfallenden Datenmengen können pro Messung zwischen 60 und 300 GB betragen.
Während bei klassischen Instrumenten für die jeweiligen γ-Energien begrenzende „Fenster“ vor der Verarbeitung gesetzt werden müssen, ist dies bei der digitalen PAC während des Aufzeichnens der Messung nicht notwendig und erfolgt erst im Analyseschritt. Bei Sonden mit komplexen Kaskaden ist es dadurch möglich, eine Datenoptimierung vorzunehmen oder mehrere Kaskaden parallel auszuwerten, sowie verschiedene Sonden gleichzeitig zu messen. Die dabei anfallenden Datenmengen können pro Messung zwischen 60 und 300&nbsp;GB betragen.


== Labore ==
== Labore ==
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In der allgemeinen Theorie ist für einen Übergang <math>M_i\rightarrow M_f</math> gegeben:
In der allgemeinen Theorie ist für einen Übergang <math>M_i\rightarrow M_f</math> gegeben:


<math>W(M_i\rightarrow M_f)=\left|\sum_M\langle
:<math>W(M_i\rightarrow M_f)=\left|\sum_M\langle
M_f|\mathcal{H}_2|M\rangle\langle M|\mathcal{H}_1|M_i\rangle\right|^2
M_f|\mathcal{H}_2|M\rangle\langle M|\mathcal{H}_1|M_i\rangle\right|^2
</math>
</math>


<math>W(\vec{k}_1,\vec{k}_2)=\sum_{M_i,M_f,\sigma_1,\sigma_2}\left|\sum_M\langle
:<math>W(\vec{k}_1,\vec{k}_2)=\sum_{M_i,M_f,\sigma_1,\sigma_2}\left|\sum_M\langle
M_f|\mathcal{H}_2|M\rangle\langle M|\mathcal{H}_1|M_i\rangle\right|^2
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<math>W(\vec{k}_1,\vec{k}_2)=W(\Theta)=\sum_{k_{gerade}}^{k_{max}}A_k(1)A_k(2)P_k(\cos{\Theta})
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<math>0\leq k\leq</math> Minimum von <math>(2I,l_1+l_1',l_2+l_2')</math>
:<math>0\leq k\leq</math> Minimum von <math>(2I,l_1+l_1',l_2+l_2')</math>


[[Datei:Detektor-winkel.png|mini|Detektorwinkel]]
[[Datei:Detektor-winkel.png|mini|Detektorwinkel]]
<math>W(\Theta,t)=\sum_{k=2,4}A_{kk}P_k(\cos{\Theta})</math>
:<math>W(\Theta,t)=\sum_{k=2,4}A_{kk}P_k(\cos{\Theta})</math>


<math>|M_a\rangle\rightarrow\Lambda(t)|M_a=\sum_{M_b}|M_b\rangle\langle M_b|\Lambda(t)
:<math>|M_a\rangle\rightarrow\Lambda(t)|M_a=\sum_{M_b}|M_b\rangle\langle M_b|\Lambda(t)
|M_a\rangle </math>
|M_a\rangle </math>


<math>W(\vec{k}_1,\vec{k}_2,t)=\sum_{M_i,M_f,\sigma_1,\sigma_2}\left|\sum_{M_a}\langle
:<math>W(\vec{k}_1,\vec{k}_2,t)=\sum_{M_i,M_f,\sigma_1,\sigma_2}\left|\sum_{M_a}\langle
M_f|\mathcal{H}_2\Lambda(t)|M_a\rangle\langle
M_f|\mathcal{H}_2\Lambda(t)|M_a\rangle\langle
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<math>W(\vec{k}_1,\vec{k}_2,t)=\sum_{k_1,k_2,N_1,N_2} A_{k_1}(1)A_{k_2}(2)\frac{1}{\sqrt{(2k_1+1)(2k_2+1)}}\times
:<math>W(\vec{k}_1,\vec{k}_2,t)=\sum_{k_1,k_2,N_1,N_2} A_{k_1}(1)A_{k_2}(2)\frac{1}{\sqrt{(2k_1+1)(2k_2+1)}}\times
Y_{k_1}^{N_1}(\Theta_1,\Phi_1)\cdot
Y_{k_1}^{N_1}(\Theta_1,\Phi_1)\cdot
Y_{k_2}^{N_2}(\Theta_2,\Phi_2)G_{k_1k_2}^{N_1N_2}(t)
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<math>
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G_{k_1k_2}^{N_1N_2}=\sum_{M_a,M_b} (-1)^{2I+M_a+M_b}\sqrt{(
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\end{pmatrix}
\end{pmatrix}
</math>
</math>



Version vom 12. November 2019, 23:37 Uhr

PAC-Spektroskpie: Sonde im Wirtsgitter

Die gestörte γ-γ-Winkelkorrelation, kurz PAC (englisch perturbed angular correlation), ist eine Methode der nuklearen Festkörperphysik mit der magnetische und elektrische Felder in Kristallstrukturen gemessen werden können. Bestimmt werden elektrische Feldgradienten und die Larmorfrequenz in Magnetfeldern sowie dynamische Effekte. Mit der sehr sensitiven Methode, die nur ca. 10–1000 Milliarden Atome eines radioaktiven Isotops pro Messung benötigt, können Materialeigenschaften in der lokalen Struktur untersucht werden sowie Phasenübergänge, Magnetismus und Diffusion. Die PAC-Methode ist verwandt mit der Kernspinresonanz und dem Mößbauer-Effekt, jedoch zeigt sie keine Signalabschwächung bei sehr hohen Temperaturen.

Geschichte und Entwicklung

Koinzidenz-Messungen in vereinfachter Darstellung: a-b.) in 90° und 180° Detektorstellung, c.) „Rotation des Kerns“ bzw. eines Kerns mit Quadrupolmoment (siehe Multipol)

PAC geht auf eine theoretische Arbeit von Donald R. Hamilton[1] aus dem Jahr 1940 zurück. Das erste erfolgreiche Experiment wurde von Brady und Deutsch[2] 1947 durchgeführt. Bei diesen ersten PAC-Experimenten wurden im Wesentlichen Spin und Parität von Kernspins untersucht. Es wurde jedoch früh erkannt, dass elektrische und magnetische Felder mit dem Kernmoment wechselwirken, was die Grundlage für eine neue Form der Materialuntersuchungen lieferte: Die nukleare Festkörperspektroskopie.

Nachdem 1953 Abragam und Pound[3] ihre Arbeiten über die Theorie von PAC veröffentlichten, wurden danach viele Untersuchungen mit PAC durchgeführt. In den 1960er und 1970er Jahren stieg das Interesse an PAC-Experimenten stark an, deren Fokus hauptsächlich magnetische und elektrische Felder in Kristallen waren, in die die Sondenkerne eingebracht wurden. Mitte der 1960er Jahre wurde die Ionenimplantation entdeckt, die neue Möglichkeiten zur Probenherstellung ermöglichte. Die rasante elektronische Entwicklung der 1970er Jahre brachte deutliche Verbesserungen in der Signalverarbeitung. Von den 1980ern bis heute hat sich PAC als eine wichtige Methode zur Untersuchung und Charakterisierung von Materialien[4][5][6][7][8] entwickelt, z. B. für die Untersuchung von Halbleitermaterialien, zwischenmetallischen Verbindungen, Oberflächen und Grenzflächen. Lars Hemmingsen et al. wendeten PAC zuletzt auch in biologischen Systemen an.[9]

Während bis ca. 2008 PAC-Instrumente konventionelle Hochfrequenzelektronik der 1970er Jahre verwendeten, wurde in 2008 durch Christian Herden und Jens Röder et al. das erste voll-digitalisierte PAC-Instrument entwickelt, dass umfangreiche Datenanalysen sowie den parallelen Einsatz mehrerer Sonden ermöglicht.[10] Nachbauten und weitere Entwicklungen folgten.[11][12]

Meßprinzip

Zerfallsschema von 111In, das nach 111Cd zerfällt mit einem 5/2+-Zwischenzustand.

PAC nutzt radioaktive Sonden, die beim Zerfall einen Zwischenzustand mit Lebensdauern von 2 ns bis ca. 10 µs besitzen, siehe Beispiel 111In im Bild rechts. Nach dem Elektroneneinfang (EC, electron capture) transmutiert Indium zu Cadmium. Unmittelbar danach befindet sich der Cadmium-Kern überwiegend im angeregten 7/2+-Kernspin und nur zur einem ganz kleinen Teil im 11/2-Kernspin, letzterer soll nicht weiter betrachtet werden. Der 7/2+ angeregte Zustand geht durch Aussenden eines γ-Quants mit 171 keV in den 5/2+-Zwischenzustand über, der eine Lebensdauer von 84,5 ns besitzt und der sensitive Zustand für die PAC ist. Dieser Zustand wiederum zerfällt in den 1/2+-Grundzustand durch aussenden eines γ-Quants mit 245 keV. PAC detektiert nun beide γ-Quanten und wertet das erste als Start-Signal, das zweite als Stop-Signal.

PAC-Einzelspektren in 90° (d21.dat) und 180° (d24.dat) Detektoranordnung.

Nun misst man die Zeit zwischen Start und Stopp für jedes Ereignis. Man spricht hier von einer Koinzidenz, wenn ein Start- und Stopp-Paar gefunden wurde. Da der Zwischenzustand nach den Gesetzen des radioaktiven Zerfalls zerfällt, erhält man nach dem Auftragen der Häufigkeit über der Zeit eine exponentielle Kurve mit der Lebensdauer dieses Zwischenzustandes. Aufgrund der nicht-kugelsymmetrischen Ausstrahlung des zweiten γ-Quants, die sogenannte Anisotropie, die eine intrinsische Eigenschaft des Kerns in diesem Übergang ist, kommt es mit den ihm umgebenden elektrischen oder/und magnetischen Feldern zu einer periodischen Störung (Hyperfeinwechselwirkung). Die Abbildung der Einzelspektren rechts zeigt den Effekt dieser Störung als Wellenverlauf auf dem exponentiellen Zerfall von je zwei Detektoren, ein Paar in 90° und eins in 180° zueinander. Die Wellenverläufe zu beiden Detektorpaaren sind gegeneinander verschoben. Sehr vereinfacht kann man sich vorstellen, dass ein fest stehender Beobachter einen Leuchtturm betrachtet, dessen Lichtintensität periodisch heller und dunkler wird. Entsprechend „sieht“ eine Detektoranordnung, meist 4 Detektoren in planarer 90°-Anordnung oder 6 Detektoren in oktaedrischer Anordnung, die Rotation des Kerns in Größenordnungen von MHz bis GHz.

Unten: komplexes PAC-Spektrum einer polykristallinen Substanz, oben: Fouriertransformation
PAC-Spektrum der 111mCd-Sonde in einem ZnO-Einkristall, mit Fit.

Nach der Anzahl n der Detektoren, ergibt sich die Anzahl der Einzelspektren (z) nach z=n²-n, für n=4 daher 12 und für n=6 somit 30. Um ein PAC-Spektrum zu erhalten, werden die 90° und 180° Einzelspektren so miteinander verrechnet, dass die exponentiellen Funktionen sich aufheben und zusätzlich die unterschiedlichen Detektoreigenschaften sich herauskürzen. Es bleibt die reine Störfunktion übrig, wie in dem Beispiel eines komplexen PAC-Spektrums gezeigt ist. Seine Fouriertransformation ergibt die Übergangsfrequenzen als Peaks.

Je nach Spin des Zwischenzustandes zeigen sich eine unterschiedliche Anzahl von Übergangsfrequenzen. Für 5/2 Spin sind 3 Übergangsfrequenzen zu beobachten mit dem Verhältnis ω123. Für jeden zugehörigen Gitterplatz der Einheitszelle ist in der Regel eine andere Kombination von 3 Frequenzen zu beobachten.

PAC ist eine statistische Methode: Jedes radioaktive Sondenatom sitzt in seiner eigenen Umgebung. In Kristallen sind aufgrund der hohen Regelmäßigkeit der Anordnung der Atome oder Ionen die Umgebungen identisch oder sehr ähnlich, so dass Sonden auf identischen Gitterplätzen die gleiche Störgröße erfahren, die dann erst in einem PAC-Spektrum messbar wird. Befinden sich die Sonden hingegen in sehr unterschiedlichen Umgebungen, wie z. B. in amorphen Materialien, ist in der Regel eine breite Frequenzverteilung oder gar keine erkennbar und das PAC-Spektrum erscheint flach, ohne Frequenzenverlauf. Bei Einkristallen können je nach Orientierung des Kristalls zu den Detektoren bestimmte Übergangsfrequenzen vermindert oder ausgelöscht werden, wie im Beispiel des PAC-Spektrums von Zinkoxid (ZnO) zu sehen ist.

Instrumenteller Aufbau

PAC-Aufbau
Energiespektrum von 149Gd mit Energiefenstern für start und stop.

Beim typischen PAC-Spektrometer sind 4 Detektoren in planarer 90°- und 180°-Anordnung oder 6 Detektoren in oktaedrischer Anordnung um die Probe mit radioaktiver Quelle platziert. Als Detektoren werden Szintiallationskristalle aus BaF2 oder NaI verwendet. Bei modernen Instrumenten kommen heute überwiegend LaBr3:Ce oder CeBr3 zum Einsatz. Photomultiplier wandeln die schwachen Lichtblitze in elektrische Signale um, die im Szintillator durch Gammastrahlung erzeugt wurden. In klassischen Instrumenten werden diese Signale verstärkt und in logischen UND/ODER Schaltungen in Kombination mit Zeitfenstern den verschiedenen Detektorkombinationen (für 4 Detektoren: 12,13,14,21,23,24,31,32,34,41,42,43) zugeordnet und gezählt. Moderne digitale Spektrometer verwenden Digitizer-Karten, die das Signal direkt verwenden und in Energie- und Zeitwerte umwandeln und auf Festplatten speichern. Diese werden dann per Software nach Koinzidenzen durchsucht. Während bei klassischen Instrumenten für die jeweiligen γ-Energien begrenzende „Fenster“ vor der Verarbeitung gesetzt werden müssen, ist dies bei der digitalen PAC während des Aufzeichnens der Messung nicht notwendig und erfolgt erst im Analyseschritt. Bei Sonden mit komplexen Kaskaden ist es dadurch möglich, eine Datenoptimierung vorzunehmen oder mehrere Kaskaden parallel auszuwerten, sowie verschiedene Sonden gleichzeitig zu messen. Die dabei anfallenden Datenmengen können pro Messung zwischen 60 und 300 GB betragen.

Labore

Das aktuell weltweit größte PAC-Labor befindet sich an der ISOLDE im CERN mit ca. 10 Instrumenten. An der ISOLDE werden radioaktive Ionenstrahlen hergestellt, indem Protonen aus dem Booster auf Target-Materialien (Urancarbid, flüssiges Zinn usw.) geschossen werden und die Spallationsprodukte bei hohen Temperaturen verdampft, dann ionisiert und anschließend beschleunigt werden. Mit der anschließenden Massenseparation können meist sehr reine Isotopenstrahlen hergestellt werden, die in PAC-Proben implantiert werden können. Vom besonderem Interesse für die PAC sind dort kurzlebige Sonden wie: 111mCd, 199mHg, 204mPb, sowie verschiedene Sonden der seltenen Erden.

Theorie

Allgemeine γ-γ-Kaskade mit Lebensdauer des Zwischenniveaus.

In der allgemeinen Theorie ist für einen Übergang gegeben:

Minimum von
Detektorwinkel

mit:

Einzelnachweise

  1. Donald R. Hamilton: On Directional Correlation of Successive Quanta. In: Physical Review. Band 58, Nr. 2, 15. Juli 1940, S. 122–131, doi:10.1103/PhysRev.58.122.
  2. Edward L. Brady, Martin Deutsch: Angular Correlation of Successive Gamma-Ray Quanta. In: Physical Review. Band 72, Nr. 9, 1. November 1947, S. 870–871, doi:10.1103/PhysRev.72.870.
  3. A. Abragam, R. V. Pound: Influence of Electric and Magnetic Fields on Angular Correlations. In: Physical Review. Band 92, Nr. 4, 15. November 1953, S. 943–962, doi:10.1103/PhysRev.92.943.
  4. Th. Wichert, E. Recknagel: Perturbed Angular Correlation. In: Ulrich Gonser (Hrsg.): Microscopic Methods in Metals (= Topics in Current Physics. Band 40). Springer, Berlin/Heidelberg 1986, ISBN 978-3-642-46571-0, S. 317, doi:10.1007/978-3-642-46571-0_11.
  5. Gary S. Collins, Steven L. Shropshire, Jiawen Fan: Perturbed γ−γ angular correlations: A spectroscopy for point defects in metals and alloys. In: Hyperfine Interactions. Band 62, Nr. 1, 1. August 1990, S. 1–34, doi:10.1007/BF02407659.
  6. Th. Wichert, N. Achziger, H. Metzner, R. Sielemann: Perturbed angular correlation. In: G. Langouche (Hrsg.): Hyperfine Interactions of Defects in Semiconductors. Elsevier, Amsterdam 1992, ISBN 0-444-89134-X, S. 77.
  7. Jens Röder, Klaus-dieter Becker: Perturbed γ–γ Angular Correlation. In: Methods in Physical Chemistry. John Wiley & Sons, Ltd, 2012, ISBN 978-3-527-32745-4, S. 325–349, doi:10.1002/9783527636839.ch10.
  8. Günter Schatz, Alois Weidinger, Manfred Deicher: Nukleare Festkörperphysik: Kernphysikalische Messmethoden und ihre Anwendungen. 4. Auflage. Vieweg+Teubner Verlag, 2010, ISBN 978-3-8351-0228-6.
  9. Lars Hemmingsen, Klára Nárcisz Sas, Eva Danielsen: Biological Applications of Perturbed Angular Correlations of γ-Ray Spectroscopy. In: Chemical Reviews. Band 104, Nr. 9, 1. September 2004, S. 4027–4062, doi:10.1021/cr030030v.
  10. C. Herden, J. Röder, J. A. Gardner, K. D. Becker: Fully digital time differential perturbed angular correlation (TDPAC) spectrometer. In: Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Section A: Accelerators, Spectrometers, Detectors and Associated Equipment. Band 594, Nr. 2, 1. September 2008, S. 155–161, doi:10.1016/j.nima.2008.05.001.
  11. Matthias Nagl, Ulrich Vetter, Michael Uhrmacher, Hans Hofsäss: A new all-digital time differential γ-γ angular correlation spectrometer. In: Review of Scientific Instruments. Band 81, Nr. 7, 1. Juli 2010, S. 073501, doi:10.1063/1.3455186.
  12. M. Jäger, K. Iwig, T. Butz: A user-friendly fully digital TDPAC-spectrometer. In: Hyperfine Interactions. Band 198, Nr. 1, 1. Juni 2010, S. 167–172, doi:10.1007/s10751-010-0201-8.