„Thomas-Fermi-Modell“ – Versionsunterschied

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Das '''Thomas-Fermi-Modell''' ist ein [[Atommodell]], in dem die [[Elektronenhülle]] wie ein Gas von [[Elektron]]en behandelt wird. Es wurde 1927 von [[Llewellyn Thomas]]<ref>{{Literatur | Autor = L. H. Thomas | Titel = The Calculation of Atomic Fields | Sammelwerk = Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society | Band = 23 | Jahr = 1927 | Nummer = 5| Seiten = 542–548| DOI= 10.1017/S0305004100011683}}</ref> und [[Enrico Fermi]]<ref>{{Literatur | Autor = E. Fermi | Titel = Eine statistische Methode zur Bestimmung einiger Eigenschaften des Atoms und ihre Anwendung auf die Theorie des periodischen Systems der Elemente | Sammelwerk = Zeitschrift für Physik | Band = 48 | Jahr = 1928 | Nummer = 1–2| Seiten = 73–79| DOI= 10.1007/BF01351576}}<br />Siehe auch italienische Erstveröffentlichung von {{Literatur | Autor = E. Fermi | Titel = Un metodo statistico per la determinazione di alcune priorieta dell’atome | Sammelwerk = Rendicondi Accademia Nazionale de Lincei | Band = 6 | Jahr = 1927 | Nummer = 32| Seiten = 602–607}}</ref> vorgeschlagen.
Das '''Thomas-Fermi-Modell''' (TF; auch bekannt als ''Statistische Theorie''<ref name=":0">{{Literatur |Autor=P. Gombás |Titel=Das statistische Modell von Thomas und Fermi |Sammelwerk=Die Statistische Theorie des Atoms und ihre Anwendungen |Verlag=Springer Vienna |Ort=Vienna |Datum=1949 |ISBN=978-3-7091-2101-6 |DOI=10.1007/978-3-7091-2100-9_3 |Seiten=30–76 |Online=http://link.springer.com/10.1007/978-3-7091-2100-9_3 |Abruf=2021-11-13}}</ref> oder ''Thomas-Fermi-Theorie''<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Elliott H. Lieb, Barry Simon |Titel=Thomas-Fermi Theory Revisited |Sammelwerk=Physical Review Letters |Band=31 |Nummer=11 |Datum=1973-09-10 |ISSN=0031-9007 |DOI=10.1103/PhysRevLett.31.681 |Seiten=681–683 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.31.681 |Abruf=2021-11-13}}</ref>) ist ein statistisches [[Atommodell]] (Näherung), in dem die [[Elektronenhülle]] wie ein Gas von [[Elektron]]en behandelt wird.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.spektrum.de/lexikon/physik/thomas-fermi-theorie/14520 |titel=Thomas-Fermi-Theorie |hrsg=Spektrum Akademischer Verlag |datum=1998 |sprache=de |abruf=2021-11-13}}</ref> Es wurde 1927 von [[Llewellyn Thomas]]<ref>{{Literatur | Autor = L. H. Thomas | Titel = The Calculation of Atomic Fields | Sammelwerk = Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society | Band = 23 | Jahr = 1927 | Nummer = 5| Seiten = 542–548| DOI= 10.1017/S0305004100011683}}</ref> und [[Enrico Fermi]]<ref>{{Literatur | Autor = E. Fermi | Titel = Eine statistische Methode zur Bestimmung einiger Eigenschaften des Atoms und ihre Anwendung auf die Theorie des periodischen Systems der Elemente | Sammelwerk = Zeitschrift für Physik | Band = 48 | Jahr = 1928 | Nummer = 1–2| Seiten = 73–79| DOI= 10.1007/BF01351576}}<br />Siehe auch italienische Erstveröffentlichung von {{Literatur | Autor = E. Fermi | Titel = Un metodo statistico per la determinazione di alcune priorieta dell’atome | Sammelwerk = Rendicondi Accademia Nazionale de Lincei | Band = 6 | Jahr = 1927 | Nummer = 32| Seiten = 602–607}}</ref> unabhängig entwickelt, kurz nachdem [[Erwin Schrödinger|Schrödinger]] 1926 die [[Schrödingergleichung|quantenmechanische Wellengleichung]] veröffentlichte.<ref name=":0" /><ref>{{Internetquelle |autor=Erwin Schrödinger |url=https://www.nobelprize.org/prizes/physics/1933/schrodinger/lecture/ |titel=The Nobel Prize in Physics 1933 - The Fundamental Idea of Wave Mechanics |datum=December 12, 1933 |sprache=en-US |abruf=2021-11-13}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=E. Schrödinger |Titel=An Undulatory Theory of the Mechanics of Atoms and Molecules |Sammelwerk=Physical Review |Band=28 |Datum=1926-12-01 |ISSN=1536-6065 |DOI=10.1103/PhysRev.28.1049 |Seiten=1049–1070 |Online=https://ui.adsabs.harvard.edu/abs/1926PhRv...28.1049S |Abruf=2021-11-13}}</ref>

Nobelpreisträger und Physiker [[Julian Seymour Schwinger|Julian Schwinger]] erweiterte das TF-Modell um eine ''Quanten-Korrektur'' der [[Kinetische Energie|kinetischen Energie]].<ref>{{Literatur |Autor=Kimball A. Milton |Titel=My years with Julian Schwinger: From source theory through sonoluminescence |Sammelwerk=Julian Schwinger Centennial Conference |Verlag=WORLD SCIENTIFIC |Datum=2019-12 |DOI=10.1142/9789811213144_0015 |Online=10.1142/9789811213144_0015 |Abruf=2021-11-14}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Julian Schwinger |Titel=Thomas-Fermi model: The leading correction |Sammelwerk=Physical Review A |Band=22 |Nummer=5 |Datum=1980-11-01 |ISSN=0556-2791 |DOI=10.1103/PhysRevA.22.1827 |Seiten=1827–1832 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevA.22.1827 |Abruf=2021-11-14}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Julian Schwinger |Titel=Thomas-Fermi model: The second correction |Sammelwerk=Physical Review A |Band=24 |Nummer=5 |Datum=1981-11-01 |ISSN=0556-2791 |DOI=10.1103/PhysRevA.24.2353 |Seiten=2353–2361 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevA.24.2353 |Abruf=2021-11-14}}</ref>


== Beschreibung ==
== Beschreibung ==
Die Elektronen sind in einem [[Potentialtopf]] gebunden, der durch die positive elektrische Ladung des Atomkerns und durch die elektrostatische Abstoßung der Elektronen untereinander bestimmt ist. Der Potenzialtopf gibt jedem Elektron eine potenzielle Energie, deren Wert örtlich variiert. Die Elektronendichte stellt sich so ein, dass an jedem Ort die im Gleichgewicht maximal vorkommende Elektronenenergie überall gleich ist (Konstanz der [[Fermi-Energie]]). Da andererseits die Elektronendichte selber den Wert der potenziellen Energie mit bestimmt, muss eine selbstkonsistente Lösung gefunden werden. Das heißt, das ortsabhängige Potenzial ist im Thomas-Fermi-Modell dadurch bestimmt, dass sich im Gleichgewichtszustand des Elektronengases genau die räumliche Verteilung der Elektronendichte einstellt, die (zusammen mit dem Kern) dieses Potenzial hervorbringt. Bei der Berechnung wird die Näherung benutzt, dass die Fermi-Energie der Elektronen von deren räumlicher Dichte genau so abhänge wie in einem unendlich ausgedehnten Elektronengas.
Die Elektronen sind in einem [[Potentialtopf]] gebunden, der durch die positive elektrische Ladung des Atomkerns und durch die elektrostatische Abstoßung der Elektronen untereinander bestimmt ist. Der Potenzialtopf gibt jedem Elektron eine potenzielle Energie, deren Wert örtlich variiert. Die Elektronendichte stellt sich so ein, dass an jedem Ort die im Gleichgewicht maximal vorkommende Elektronenenergie überall gleich ist (Konstanz der [[Fermi-Energie]]). Da andererseits die Elektronendichte selber den Wert der potenziellen Energie mit bestimmt, muss eine selbst-konsistente Lösung gefunden werden. Das heißt, das ortsabhängige Potenzial ist im Thomas-Fermi-Modell dadurch bestimmt, dass sich im Gleichgewichtszustand des Elektronengases genau die räumliche Verteilung der Elektronendichte einstellt, die (zusammen mit dem Kern) dieses Potenzial hervorbringt. Bei der Berechnung wird die Näherung benutzt, dass die Fermi-Energie der Elektronen von deren räumlicher Dichte genau so abhänge wie in einem unendlich ausgedehnten Elektronengas.

== Umfang und Einschränkungen ==
Das Thomas-Fermi-Modell stellt den einfachsten Weg dar, in einem Viel-Elektronensystem nicht nur das [[Pauli-Prinzip]], sondern auch die gegenseitige elektrostatische Abstoßung der Elektronen zumindest in pauschaler Weise zu berücksichtigen. Ausgangspunkt ist die nur näherungsweise richtige Vorstellung, es gäbe einen festen Potentialtopf und er sei für alle Elektronen gleich. Das Modell ergibt daher für alle Atome (der Form nach) denselben Verlauf der Elektronendichte. Die Größe der Atome wird richtig wiedergegeben. Genauere Vorstellungen über die Form der Zustände der einzelnen Elektronen, detailliertere Informationen über den Aufbau der Elektronenhülle (z.&nbsp;B. [[Atomorbital]]e) oder die stabile Bindung zwischen Atomen kann das Modell nicht liefern, was notwendig ist Moleküle.<ref name=":4">{{Literatur |Autor=Edward Teller |Titel=On the Stability of Molecules in the Thomas-Fermi Theory |Sammelwerk=Reviews of Modern Physics |Band=34 |Nummer=4 |Datum=1962-10-01 |ISSN=0034-6861 |DOI=10.1103/RevModPhys.34.627 |Seiten=627–631 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/RevModPhys.34.627 |Abruf=2021-11-13}}</ref><ref name=":1" />

== TF-Methode ==
Im Vergleich zu Methoden, die versuchen die Schrödingergleichung zu lösen (z.&nbsp;B. nach dem [[Hartree-Fock-Verfahren]] bzw. der [[Self-Consistent-Field-Methode]], ''SCF'')<ref>{{Literatur |Autor=D. R. Hartree |Titel=The Wave Mechanics of an Atom with a Non-Coulomb Central Field. Part II. Some Results and Discussion |Sammelwerk=Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society |Band=24 |Nummer=1 |Datum=1928-01 |ISSN=1469-8064 |DOI=10.1017/S0305004100011920 |Seiten=111–132 |Online=https://www.cambridge.org/core/journals/mathematical-proceedings-of-the-cambridge-philosophical-society/article/abs/wave-mechanics-of-an-atom-with-a-noncoulomb-central-field-part-ii-some-results-and-discussion/5916E7A0DEC0A051B435688BE2ACD57E |Abruf=2021-11-14}}</ref><ref name=":2">{{Literatur |Autor=J. C. Slater, K. H. Johnson |Titel=Self-Consistent-Field X α Cluster Method for Polyatomic Molecules and Solids |Sammelwerk=Physical Review B |Band=5 |Nummer=3 |Datum=1972-02-01 |ISSN=0556-2805 |DOI=10.1103/PhysRevB.5.844 |Seiten=844–853 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevB.5.844 |Abruf=2021-11-14}}</ref> approximiert die '''TF-Näherung''' die [[Elektronendichte]], <math>\rho(r)</math>; <math>r \in \R^3</math> und versucht die Gesamtenergie <math>E(\rho)</math> als [[Funktional]] der Dichte auszudrücken.<ref name=":3">{{Internetquelle |url=https://www.nobelprize.org/prizes/chemistry/1998/press-release/ |titel=The Nobel Prize in Chemistry 1998 |datum=13 October 1998 |sprache=en-US |abruf=2021-11-13}}</ref><ref name=":1" />

== Erweiterungen und Evolution ==
TF-Erweiterungen sind die ''Thomas-Fermi-Dirac-'' (TFD)<ref>{{Literatur |Autor=P. A. M. Dirac |Titel=Note on Exchange Phenomena in the Thomas Atom |Sammelwerk=Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society |Band=26 |Nummer=3 |Datum=1930-07 |ISSN=0305-0041 |DOI=10.1017/S0305004100016108 |Seiten=376–385 |Online=https://www.cambridge.org/core/product/identifier/S0305004100016108/type/journal_article |Abruf=2021-11-14}}</ref> und ''Thomas-Fermi-Dirac-[[Carl Friedrich von Weizsäcker|Weizsäcker]]''- (TFDW) Approximation,<ref>{{Literatur |Autor=P. Gombás |Titel=Erweiterungen des statistischen Modells |Sammelwerk=Die Statistische Theorie des Atoms und ihre Anwendungen |Verlag=Springer |Ort=Vienna |Datum=1949 |ISBN=978-3-7091-2100-9 |DOI=10.1007/978-3-7091-2100-9_4 |Seiten=76–133 |Online=10.1007/978-3-7091-2100-9_4 |Abruf=2021-11-13}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=E. K. U. Gross, R. M. Dreizler |Titel=Thomas-Fermi approach to diatomic systems. I. Solution of the Thomas-Fermi and Thomas-Fermi-Dirac-Weizs\"acker equations |Sammelwerk=Physical Review A |Band=20 |Nummer=5 |Datum=1979-11-01 |DOI=10.1103/PhysRevA.20.1798 |Seiten=1798–1807 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevA.20.1798 |Abruf=2021-11-13}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=A. Toepfer, E. K. U. Gross, R. M. Dreizler |Titel=Thomas-Fermi approach to diatomic systems. II. Correlation diagrams for N-N and Ne-Ne |Sammelwerk=Physical Review A |Band=20 |Nummer=5 |Datum=1979-11-01 |DOI=10.1103/PhysRevA.20.1808 |Seiten=1808–1815 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevA.20.1808 |Abruf=2021-11-13}}</ref> für welche jedoch wie im Falle der TF-Näherung durch [[Edward Teller|Teller]] gezeigt werden konnte, dass keine stabilen Bindungen möglich sind.<ref name=":4" />

Slater modifizierte die TFD-Näherung weiter (Akronym: <math>X_\alpha</math> bzw. [[Hartree-Fock-Methode|Hartree-Fock-Slater]]-Methode).<ref>{{Literatur |Autor=H. Adachi, T. Mukoyama, Jun Kawai |Titel=Hartree-Fock-Slater method for materials science : the DV-Xa method for design and characterization of materials |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=2006 |ISBN=978-3-540-31297-0}}</ref><ref name=":2" /> Slater's <math>X_\alpha</math>-Methode, welche als Vereinfachung für HF entwickelt wurde, stellte die erste einfache Form einer Dichtefunktionaltheorie (DFT) dar.<ref name=":5">{{Literatur |Autor=David C. Young |Titel=Computational chemistry : a practical guide for applying techniques to real world problems |Verlag=Wiley |Ort=New York |Datum=2001 |ISBN=0-471-33368-9 |Seiten=42 ff.}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Errol Lewars |Titel=Computational chemistry : introduction to the theory and applications of molecular and quantum mechanics |Auflage=Third edition |Ort=Switzerland |Datum=2016 |ISBN=978-3-319-30916-3}}</ref><ref name=":6">{{Literatur |Autor=Axel D. Becke |Titel=Perspective: Fifty years of density-functional theory in chemical physics |Sammelwerk=The Journal of Chemical Physics |Band=140 |Nummer=18 |Datum=2014-05-14 |ISSN=0021-9606 |DOI=10.1063/1.4869598 |Seiten=18A301 |Online=https://aip.scitation.org/doi/10.1063/1.4869598 |Abruf=2021-11-14}}</ref>

Ca. 40 Jahre nach der TF-Theorie erbrachten die zwei Theoreme von [[Hohenberg-Kohn-Theorem|Hohenberg-Kohn]]<ref>{{Literatur |Autor=P. Hohenberg, W. Kohn |Titel=Inhomogeneous Electron Gas |Sammelwerk=Physical Review |Band=136 |Nummer=3B |Datum=1964-11-09 |DOI=10.1103/PhysRev.136.B864 |Seiten=B864–B871 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRev.136.B864 |Abruf=2021-11-14}}</ref> sowie dem [[Dichtefunktionaltheorie (Quantenphysik)#Die Kohn-Sham-Funktionen|Kohn-Sham]]-Ansatz<ref>{{Literatur |Autor=W. Kohn, L. J. Sham |Titel=Self-Consistent Equations Including Exchange and Correlation Effects |Sammelwerk=Physical Review |Band=140 |Nummer=4A |Datum=1965-11-15 |DOI=10.1103/PhysRev.140.A1133 |Seiten=A1133–A1138 |Online=https://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRev.140.A1133 |Abruf=2021-11-14}}</ref> den Beweis für den TF-Dichteansatz.<ref name=":5" /><ref name=":6" />


TF bildet die Basis der sog. '''[[Dichtefunktionaltheorie (Quantenphysik)|Dichtefunktionaltheorie]] (DFT'''; auch: ''KS-DFT'''''),'''<ref>{{Literatur |Autor=Eberhard Engel, Reiner M. Dreizler |Titel=Density functional theory : an advanced course |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=2011 |ISBN=978-3-642-14090-7}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=H O Di Rocco, F Lanzini, J C Aguiar |Titel=Thomas–Fermi approach to density functional theory: binding energy for atomic systems |Sammelwerk=European Journal of Physics |Band=37 |Nummer=6 |Datum=2016-08-19 |ISSN=0143-0807 |DOI=10.1088/0143-0807/37/6/065402 |Seiten=065402}}</ref><ref name=":6" /> für die [[Walter Kohn]] und [[John Anthony Pople|John A. Pople]] 1998 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden.<ref name=":3" /><ref>{{Internetquelle |url=https://www.spektrum.de/news/nobelpreis-fuer-chemie-1998/341593 |titel=Nobelpreis für Chemie 1998 |hrsg=Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH |datum=14.10.1998 |sprache=de |abruf=2021-11-14}}</ref>
Das Thomas-Fermi-Modell stellt den einfachsten Weg dar, in einem Viel-Elektronensystem nicht nur das [[Pauli-Prinzip]], sondern auch die gegenseitige elektrostatische Abstoßung der Elektronen zumindest in pauschaler Weise zu berücksichtigen. Ausgangspunkt ist die nur näherungsweise richtige Vorstellung, es gäbe einen festen Potentialtopf und er sei für alle Elektronen gleich. Das Modell ergibt daher für alle Atome (der Form nach) denselben Verlauf der Elektronendichte. Die Größe der Atome wird richtig wiedergegeben. Genauere Vorstellungen über die Form der Zustände der einzelnen Elektronen oder detailliertere Informationen über den Aufbau der Elektronenhülle (z.&nbsp;B. [[Atomorbital]]e) kann das Modell nicht liefern. Es bildet aber für genauere Rechnungen hierzu (z.&nbsp;B. nach dem [[Hartree-Fock-Verfahren]]) einen guten Ausgangspunkt. Der Grundgedanke des Thomas-Fermi-Modells ist als ''Methode des selbstkonsistenten Felds'' (engl.: {{lang|en|''self consistent field''}}, SCF) oder „Thomas-Fermi-Methode“ auch auf andere Vielteilchensysteme angewendet worden. Eine Weiterentwicklung ist auch die [[Dichtefunktionaltheorie (Quantenphysik)|Dichtefunktionaltheorie]].


== Nachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />



Version vom 14. November 2021, 11:24 Uhr

Das Thomas-Fermi-Modell (TF; auch bekannt als Statistische Theorie[1] oder Thomas-Fermi-Theorie[2]) ist ein statistisches Atommodell (Näherung), in dem die Elektronenhülle wie ein Gas von Elektronen behandelt wird.[3] Es wurde 1927 von Llewellyn Thomas[4] und Enrico Fermi[5] unabhängig entwickelt, kurz nachdem Schrödinger 1926 die quantenmechanische Wellengleichung veröffentlichte.[1][6][7]

Nobelpreisträger und Physiker Julian Schwinger erweiterte das TF-Modell um eine Quanten-Korrektur der kinetischen Energie.[8][9][10]

Beschreibung

Die Elektronen sind in einem Potentialtopf gebunden, der durch die positive elektrische Ladung des Atomkerns und durch die elektrostatische Abstoßung der Elektronen untereinander bestimmt ist. Der Potenzialtopf gibt jedem Elektron eine potenzielle Energie, deren Wert örtlich variiert. Die Elektronendichte stellt sich so ein, dass an jedem Ort die im Gleichgewicht maximal vorkommende Elektronenenergie überall gleich ist (Konstanz der Fermi-Energie). Da andererseits die Elektronendichte selber den Wert der potenziellen Energie mit bestimmt, muss eine selbst-konsistente Lösung gefunden werden. Das heißt, das ortsabhängige Potenzial ist im Thomas-Fermi-Modell dadurch bestimmt, dass sich im Gleichgewichtszustand des Elektronengases genau die räumliche Verteilung der Elektronendichte einstellt, die (zusammen mit dem Kern) dieses Potenzial hervorbringt. Bei der Berechnung wird die Näherung benutzt, dass die Fermi-Energie der Elektronen von deren räumlicher Dichte genau so abhänge wie in einem unendlich ausgedehnten Elektronengas.

Umfang und Einschränkungen

Das Thomas-Fermi-Modell stellt den einfachsten Weg dar, in einem Viel-Elektronensystem nicht nur das Pauli-Prinzip, sondern auch die gegenseitige elektrostatische Abstoßung der Elektronen zumindest in pauschaler Weise zu berücksichtigen. Ausgangspunkt ist die nur näherungsweise richtige Vorstellung, es gäbe einen festen Potentialtopf und er sei für alle Elektronen gleich. Das Modell ergibt daher für alle Atome (der Form nach) denselben Verlauf der Elektronendichte. Die Größe der Atome wird richtig wiedergegeben. Genauere Vorstellungen über die Form der Zustände der einzelnen Elektronen, detailliertere Informationen über den Aufbau der Elektronenhülle (z. B. Atomorbitale) oder die stabile Bindung zwischen Atomen kann das Modell nicht liefern, was notwendig ist Moleküle.[11][2]

TF-Methode

Im Vergleich zu Methoden, die versuchen die Schrödingergleichung zu lösen (z. B. nach dem Hartree-Fock-Verfahren bzw. der Self-Consistent-Field-Methode, SCF)[12][13] approximiert die TF-Näherung die Elektronendichte, ; und versucht die Gesamtenergie als Funktional der Dichte auszudrücken.[14][2]

Erweiterungen und Evolution

TF-Erweiterungen sind die Thomas-Fermi-Dirac- (TFD)[15] und Thomas-Fermi-Dirac-Weizsäcker- (TFDW) Approximation,[16][17][18] für welche jedoch wie im Falle der TF-Näherung durch Teller gezeigt werden konnte, dass keine stabilen Bindungen möglich sind.[11]

Slater modifizierte die TFD-Näherung weiter (Akronym: bzw. Hartree-Fock-Slater-Methode).[19][13] Slater's -Methode, welche als Vereinfachung für HF entwickelt wurde, stellte die erste einfache Form einer Dichtefunktionaltheorie (DFT) dar.[20][21][22]

Ca. 40 Jahre nach der TF-Theorie erbrachten die zwei Theoreme von Hohenberg-Kohn[23] sowie dem Kohn-Sham-Ansatz[24] den Beweis für den TF-Dichteansatz.[20][22]

TF bildet die Basis der sog. Dichtefunktionaltheorie (DFT; auch: KS-DFT),[25][26][22] für die Walter Kohn und John A. Pople 1998 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden.[14][27]

Einzelnachweise

  1. a b P. Gombás: Das statistische Modell von Thomas und Fermi. In: Die Statistische Theorie des Atoms und ihre Anwendungen. Springer Vienna, Vienna 1949, ISBN 978-3-7091-2101-6, S. 30–76, doi:10.1007/978-3-7091-2100-9_3 (springer.com [abgerufen am 13. November 2021]).
  2. a b c Elliott H. Lieb, Barry Simon: Thomas-Fermi Theory Revisited. In: Physical Review Letters. Band 31, Nr. 11, 10. September 1973, ISSN 0031-9007, S. 681–683, doi:10.1103/PhysRevLett.31.681 (aps.org [abgerufen am 13. November 2021]).
  3. Thomas-Fermi-Theorie. Spektrum Akademischer Verlag, 1998, abgerufen am 13. November 2021.
  4. L. H. Thomas: The Calculation of Atomic Fields. In: Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society. Band 23, Nr. 5, 1927, S. 542–548, doi:10.1017/S0305004100011683.
  5. E. Fermi: Eine statistische Methode zur Bestimmung einiger Eigenschaften des Atoms und ihre Anwendung auf die Theorie des periodischen Systems der Elemente. In: Zeitschrift für Physik. Band 48, Nr. 1–2, 1928, S. 73–79, doi:10.1007/BF01351576.
    Siehe auch italienische Erstveröffentlichung von E. Fermi: Un metodo statistico per la determinazione di alcune priorieta dell’atome. In: Rendicondi Accademia Nazionale de Lincei. Band 6, Nr. 32, 1927, S. 602–607.
  6. Erwin Schrödinger: The Nobel Prize in Physics 1933 - The Fundamental Idea of Wave Mechanics. 12. Dezember 1933, abgerufen am 13. November 2021 (amerikanisches Englisch).
  7. E. Schrödinger: An Undulatory Theory of the Mechanics of Atoms and Molecules. In: Physical Review. Band 28, 1. Dezember 1926, ISSN 1536-6065, S. 1049–1070, doi:10.1103/PhysRev.28.1049 (harvard.edu [abgerufen am 13. November 2021]).
  8. Kimball A. Milton: My years with Julian Schwinger: From source theory through sonoluminescence. In: Julian Schwinger Centennial Conference. WORLD SCIENTIFIC, Dezember 2019, doi:10.1142/9789811213144_0015 (10.1142/9789811213144_0015 [abgerufen am 14. November 2021]).
  9. Julian Schwinger: Thomas-Fermi model: The leading correction. In: Physical Review A. Band 22, Nr. 5, 1. November 1980, ISSN 0556-2791, S. 1827–1832, doi:10.1103/PhysRevA.22.1827 (aps.org [abgerufen am 14. November 2021]).
  10. Julian Schwinger: Thomas-Fermi model: The second correction. In: Physical Review A. Band 24, Nr. 5, 1. November 1981, ISSN 0556-2791, S. 2353–2361, doi:10.1103/PhysRevA.24.2353 (aps.org [abgerufen am 14. November 2021]).
  11. a b Edward Teller: On the Stability of Molecules in the Thomas-Fermi Theory. In: Reviews of Modern Physics. Band 34, Nr. 4, 1. Oktober 1962, ISSN 0034-6861, S. 627–631, doi:10.1103/RevModPhys.34.627 (aps.org [abgerufen am 13. November 2021]).
  12. D. R. Hartree: The Wave Mechanics of an Atom with a Non-Coulomb Central Field. Part II. Some Results and Discussion. In: Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society. Band 24, Nr. 1, Januar 1928, ISSN 1469-8064, S. 111–132, doi:10.1017/S0305004100011920 (cambridge.org [abgerufen am 14. November 2021]).
  13. a b J. C. Slater, K. H. Johnson: Self-Consistent-Field X α Cluster Method for Polyatomic Molecules and Solids. In: Physical Review B. Band 5, Nr. 3, 1. Februar 1972, ISSN 0556-2805, S. 844–853, doi:10.1103/PhysRevB.5.844 (aps.org [abgerufen am 14. November 2021]).
  14. a b The Nobel Prize in Chemistry 1998. 13. Oktober 1998, abgerufen am 13. November 2021 (amerikanisches Englisch).
  15. P. A. M. Dirac: Note on Exchange Phenomena in the Thomas Atom. In: Mathematical Proceedings of the Cambridge Philosophical Society. Band 26, Nr. 3, Juli 1930, ISSN 0305-0041, S. 376–385, doi:10.1017/S0305004100016108 (cambridge.org [abgerufen am 14. November 2021]).
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