„Wissenschaftsdidaktik“ – Versionsunterschied

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== Wissenschaftsdidaktische Forschung und Abgrenzung zu anderweitiger didaktischer Forschung ==
== Wissenschaftsdidaktische Forschung und Abgrenzung zu anderweitiger didaktischer Forschung ==
Wissenschaftsdidaktische Forschung kann unter anderem in der (Hochschul-)[[Bildungsforschung]], dem [[Scholarship of Teaching and Learning|Scholarship of Teaching and Learning (SoTL)]], dem Ansatz [[:en:Design-based_research|Design-based Research (DBR)]] stattfinden. SoTL zielt im Anschluss an [[Ludwig Huber (Pädagoge)|Ludwig Huber]] darauf ab, dass Fachwissenschaftler aller Disziplinen ihre eigene Lehre sowie Zusammenhänge zwischen Forschung, Lehre und Studieren beforschen, reflektieren und theoretisieren, um daraus Schlüsse für die Weiterentwicklung von [[Hochschullehre]], der [[Hochschuldidaktik]] und der pädagogischen [[Hochschulentwicklung]] im Allgemeinen zu ziehen<ref>{{Literatur |Autor=Ludwig Huber |Titel=SoTL weiterdenken! Zur Situation und Entwicklung des Scholarship of Teaching and Learning (SoTL) an deutschen Hochschulen |Sammelwerk=Das Hochschulwesen |Band=66 |Nummer=1-2 |Datum=2018 |Seiten=33–41}}</ref>. Demgegenüber stellt DBR eine Forschungsperspektive in den [[Bildungswissenschaften|Bildungs]]- und [[Erziehungswissenschaften]] dar, nach der in iterativen Schritten und durch verschiedenartige didaktische Interventionen Lösungen für Problemstellungen in der Lehre entwickelt und ''in actu'' getestet werden. Am Ende eines DBR-Projekts können beispielswiese theorie- und/oder empiriebasiert inhaltliche, methodische oder konzeptionelle Veränderungen in der Lehre umgesetzt werden.
Wissenschaftsdidaktische Forschung kann unter anderem in der (Hochschul-)[[Bildungsforschung]], dem [[Scholarship of Teaching and Learning|Scholarship of Teaching and Learning (SoTL)]], dem Ansatz [[:en:Design-based_research|Design-based Research (DBR)]] stattfinden. SoTL zielt im Anschluss an [[Ludwig Huber (Pädagoge)|Ludwig Huber]] darauf ab, dass Fachwissenschaftler aller Disziplinen ihre eigene Lehre sowie Zusammenhänge zwischen Forschung, Lehre und Studieren beforschen, reflektieren und theoretisieren, um daraus Schlüsse für die Weiterentwicklung von [[Hochschullehre]], der [[Hochschuldidaktik]] und der pädagogischen [[Hochschulentwicklung]] im Allgemeinen zu ziehen<ref>{{Literatur |Autor=Ludwig Huber |Titel=SoTL weiterdenken! Zur Situation und Entwicklung des Scholarship of Teaching and Learning (SoTL) an deutschen Hochschulen |Sammelwerk=Das Hochschulwesen |Band=66 |Nummer=1-2 |Datum=2018 |Seiten=33–41}}</ref>. Demgegenüber stellt DBR eine Forschungsperspektive in den [[Bildungswissenschaften|Bildungs]]- und [[Erziehungswissenschaften]] dar, nach der in iterativen Schritten und durch verschiedenartige didaktische Interventionen Lösungen für Problemstellungen in der Lehre entwickelt und ''in actu'' getestet werden.<ref>{{Literatur |Autor=Gabi Reinmann |Titel=Die Selbstbezüglichkeit der hochschuldidaktischen Forschung und ihre Folgen für die Möglichkeiten des Erkennens |Sammelwerk=Hochschulbildungsforschung |Verlag=Springer Fachmedien Wiesbaden |Ort=Wiesbaden |Datum=2019 |ISBN=978-3-658-20308-5 |DOI=10.1007/978-3-658-20309-2_8 |Seiten=125–148 |Online=http://link.springer.com/10.1007/978-3-658-20309-2_8 |Abruf=2023-06-23}}</ref> Am Ende eines DBR-Projekts können beispielswiese theorie- und/oder empiriebasiert inhaltliche, methodische oder konzeptionelle Veränderungen in der Lehre umgesetzt werden.


== Historische Entwicklung des Wissenschaftsdidaktik-Verständnisses ==
== Historische Entwicklung des Wissenschaftsdidaktik-Verständnisses ==

Version vom 23. Juni 2023, 12:33 Uhr

Die Wissenschaftsdidaktik beschäftigt sich u.a. mit der Frage, wie (Fach-)Wissenschaften gelehrt und gelernt werden können. Mithin wird Wissenschaft selbst als Gegenstand einer akademischen Auseinandersetzung betrachtet. Wissenschaftsdidaktik rückt die Vermittlung von Forschung, (Hochschullehre-)Lehre und Studieren bzw. Studium in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Begriff

Wissenschaftsdidaktik beschäftigt sich mit dem didaktischen Moment in der Wissenschaft, das sich aus dem Verhältnis zwischen Erkenntnis und Kommunikation ergibt.[1]

Wissenschaftsdidaktik ist von der Einsicht geleitet, dass ein Nachdenken über die Vermittlung und für den Erwerb wissenschaftlicher Erkenntnis und Haltung unmittelbar mit der wissenschaftlichen Arbeit gebunden ist (Didaktik als Bestandteil von Wissenschaft) und die didaktische Reflexion immer auch aus einer fachspezifischen Perspektive betrachtet werden muss.[2]

Nach Ludwig Huber ist Wissenschaftsdidaktik eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Vermittlung und Reflexion von wissenschaftlichem Wissen beschäftigt: Er versteht darunter

„die systematische Reflexion und Erforschung der Ziele und Bedingungen sowie der Strukturierung der Wissenschaften im Hinblick auf ihre verschiedenen Funk­tionen, denen sie dienen; sie untersucht im besonderen die Rückwirkung der Vermittlungsstrukturen auf die Orientierung und Strukturierung der Forschung selbst […] und die Möglichkeiten der Verständigung der Wissenschaften untereinander.“[3]

Vor diesem Hintergrund hat die Wissenschaftsdidaktik (mindestens) eine Doppelfunktion: Einerseits untersucht sie den Einflusses des Wissenschaftssystems auf Lehre, Forschung und das Studieren. Und andererseits geht es ihr auch um die Vermittlung in die und Funktion für die Gesellschaft und Fachgemeinschaft.

Fragen rund um die Vermittlung sind Ludwig Huber zufolge eigentlich Fragen an das Fach, „als Fragen, die zur Reflexion und Diskussion seiner Grundlagen, seiner Strukturen und Praktiken und letztlich seines Sinns herausfordern.“[4]

Eine wissenschaftsdidaktische Auseinandersetzung findet in unterschiedlichen Bereichen, Themenfelder und Forschungszusammenhängen statt:[5][6]

  • Theoretische Grundlagen und historische Entwicklung
  • Reflexion und Praxis der Wissenschaftskritik
  • Verständigung und Aneignung von wissenschaftlichem Handeln
  • Reflexive und forschungsbasierte Praktiken (z.B. Scholarship of Teaching and Learning (SoTL), Design-based Research)
  • Fachspezifische Ansätze und Herausforderungen (z.B. Threshold Concepts)
  • Abgrenzung von Wissenschaftsdidaktik von anderen verwandten Ansätzen und im internationalen Diskurs der Forschung
  • Wissenschaftsdidaktik auf sich selbst bezogen: Wissenschaftsdidaktik für die Wissenschaftsdidaktik

Wissenschaftsdidaktische Forschung und Abgrenzung zu anderweitiger didaktischer Forschung

Wissenschaftsdidaktische Forschung kann unter anderem in der (Hochschul-)Bildungsforschung, dem Scholarship of Teaching and Learning (SoTL), dem Ansatz Design-based Research (DBR) stattfinden. SoTL zielt im Anschluss an Ludwig Huber darauf ab, dass Fachwissenschaftler aller Disziplinen ihre eigene Lehre sowie Zusammenhänge zwischen Forschung, Lehre und Studieren beforschen, reflektieren und theoretisieren, um daraus Schlüsse für die Weiterentwicklung von Hochschullehre, der Hochschuldidaktik und der pädagogischen Hochschulentwicklung im Allgemeinen zu ziehen[7]. Demgegenüber stellt DBR eine Forschungsperspektive in den Bildungs- und Erziehungswissenschaften dar, nach der in iterativen Schritten und durch verschiedenartige didaktische Interventionen Lösungen für Problemstellungen in der Lehre entwickelt und in actu getestet werden.[8] Am Ende eines DBR-Projekts können beispielswiese theorie- und/oder empiriebasiert inhaltliche, methodische oder konzeptionelle Veränderungen in der Lehre umgesetzt werden.

Historische Entwicklung des Wissenschaftsdidaktik-Verständnisses

Eine wissenschaftsdidaktische Auseinandersetzung hat verschiedene historische Vorläufe, wie z.B. die Hodegetik. Unter Hodegetik wird die Lehre von der Anleitung zum Universitätsstudium und Universitätsleben verstanden.[9]

Darüber hinaus wurde bereits von Hartmut von Hentig in seinem Text Das Lehren der Wissenschaft darauf hingewiesen, dass Wissenschaft im Prozess der Erkenntnisgewinnung stets auch auf verschiedene weitere Aspekte angewiesen ist:[10]

  1. Erkenntnis wird zu Wissenschaft durch Mitteilung.
  2. Ob die Mitteilung gelingt hängt von der Verständlichkeit ab
  3. Wissenschaft ist standpunktabhängig: „Gewißheit heißt in der Wissenschaft nicht: für die Ewigkeit, sondern für alle, die heute daran zweifeln könnten.“[11]
  4. Erkenntnisbildung in der Wissenschaft steht in einem gewissen Zusammenhang und sucht potentiell Vollständigkeit.
  5. Sie ist arbeitsteilig organisiert und ist gekennzeichnet durch gewisse Formen von Spezialisierung.
  6. Wissen sollte „im rechten Augenblick der rechten Person verfügbar“[12] sein.
  7. Wissenschaft lebt von ihrer Unabschließbarkeit und Kontinuität.

Einrichtungen

An einer Weiterentwicklung wissenschaftsdidaktischer Forschung sind verschiedene Einrichtungen beteiligt:

Literatur

  • Hartmut von Hentig: Wissenschaftsdidaktik. In: ders. (Hrsg.): Referate und Berichte von einer Tagung des Zentrums für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld am 11. und 12. April 1969. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1970, S. 11–40.
  • Ludwig Huber: Das Problem der Sozialisation von Wissenschaftlern. Ein Beitrag der Hochschuldidaktik zur Wissenschaftsforschung. In: Neue Samm­lung. 14, Nr. 1, 1974, S. 2-–33.
  • Ludwig Huber: Fachkulturen. Über die Mühen der Verständigung zwischen den Disziplinen. In: Neue Sammlung. 31, Nr. 1, 1991, S. 3–24.
  • Tobias Jenert, Ingrid Scharlau: Wissenschaftsdidaktik als Verständigung über wissenschaftliches Handeln. Eine Auslegeordnung. In: Gabi Reinmann, Rüdiger Rhein (Hrsg.): Wissenschaftsdidaktik I: Einführung . 1. Aufl. transcript, Bielefeld 2022, S. 155–179 https://doi.org/10.14361/9783839460979
  • Gabi Reinmann: Was macht Design-Based Research zu Forschung? Die Debatte um Standards und die vernachlässigte Rolle des Designs. In: EDeR – Educational Design Research. 6, Nr. 2, 2022, S. 1–22. https://doi.org/10.15460/eder.6.2.1909
  • Gabi Reinmann, Rüdiger Rhein (Hrsg.): Wissenschaftsdidaktik I: Einführung. 1. Aufl. transcript, Bielefeld 2022. https://doi.org/10.14361/9783839460979
  • Gabi Reinmann, Rüdiger Rhein (Hrsg.): Wissenschaftsdidaktik II: Einzelne Disziplinen. 1. Aufl. transcript, Bielefeld 2023. https://doi.org/10.14361/9783839462959

Diskussionen und Bibliographien zur Wissenschaftsdidaktik

Einzelnachweise

  1. Rüdiger Rhein: Theorieperspektiven zur Grundlegung von Wissenschaftsdidaktik. In: Gabi Reinmann, Rüdiger Rhein (Hrsg.): Wissenschaftsdidaktik I: Einführung. Band 1. transcript, Bielefeld 2022, ISBN 978-3-8394-6097-9, S. 24.
  2. Das ZfW: Wissenschaftsdidaktik an der RUB. In: Ruhr-Universität Bochum. Zentrum für Wissenschaftsdidaktik, 2023, abgerufen am 22. Juni 2023.
  3. Ludwig Huber: Das Problem der Sozialisation von Wissenschaftlern: Ein Beitrag der Hochschuldidaktik zur Wissenschaftsforschung. In: Neue Samm­lung. Band 14, Nr. 1, 1974, S. 3.
  4. Ludwig Huber: Fachkulturen: Über die Mühen der Verständigung zwischen den Disziplinen. In: Neue Sammlung. Band 31, Nr. 1, 1991, S. 37.
  5. Wissenschaftsdidaktik I: Einführung (= Wissenschaftsdidaktik). 1. Auflage. transcript Verlag, Bielefeld, Germany 2022, ISBN 978-3-8376-6097-5, doi:10.14361/9783839460979.
  6. Wissenschaftsdidaktik II: Einzelne Disziplinen (= Wissenschaftsdidaktik). 1. Auflage. transcript Verlag, Bielefeld, Germany 2023, ISBN 978-3-8376-6295-5, doi:10.14361/9783839462959.
  7. Ludwig Huber: SoTL weiterdenken! Zur Situation und Entwicklung des Scholarship of Teaching and Learning (SoTL) an deutschen Hochschulen. In: Das Hochschulwesen. Band 66, Nr. 1-2, 2018, S. 33–41.
  8. Gabi Reinmann: Die Selbstbezüglichkeit der hochschuldidaktischen Forschung und ihre Folgen für die Möglichkeiten des Erkennens. In: Hochschulbildungsforschung. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden 2019, ISBN 978-3-658-20308-5, S. 125–148, doi:10.1007/978-3-658-20309-2_8 (springer.com [abgerufen am 23. Juni 2023]).
  9. Herders Conversations-Lexikon. 1. Auflage. Band 3. Herder’sche Verlagshandlung, Freiburg im Breisgau 1855, S. 321–322 (zeno.org).
  10. Hartmut von Hentig: Das Lehren der Wissenschaft. In: Frankfurter Hefte. Band 21, 1966, S. 169.
  11. Hartmut von Hentig: Wissenschaftsdidaktik. In: Hartmut von Hentig (Hrsg.): Wissenschaftsdidaktik: Referate und Berichte von einer Tagung des Zentrums für interdisziplinäre Forschung der Univ. Bielefeld am 11. und 12. April 1969. Sonderheft 5. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1970, S. 28.
  12. Hartmut von Hentig: Wissenschaftsdidaktik. In: Hartmut von Hentig (Hrsg.): Wissenschaftsdidaktik: Referate und Berichte von einer Tagung des Zentrums für interdisziplinäre Forschung der Univ. Bielefeld am 11. und 12. April 1969. Sonderheft 5. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1970, S. 29.
  13. Wissenschaftsdidaktik. In: Universität Hamburg. Hamburger Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen, 2023, abgerufen am 23. Juni 2023.
  14. Das ZfW: Wissenschaftsdidaktik an der RUB. In: Ruhr-Universität Bochum. Zentrum für Wissenschaftsdidaktik, 2023, abgerufen am 23. Juni 2023.