„Disposable-Soma-Theorie“ – Versionsunterschied

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Version vom 19. Dezember 2009, 22:14 Uhr

Die Disposable-Soma-Theorie (Soma = Körper des Menschen; engl. disposable soma = „Wegwerfkörper“) ist eine 1977 von dem englischen Biologen Thomas Kirkwood aufgestellte Theorie zur Evolution des Alterns.

Beschreibung

Das Altern ist eines der am wenigsten verstandenen Phänomene der Biologie.[1] Verschiedene Theorie wurden aufgestellt, um dieses Phänomen zu erklären. Eine davon ist die Disposable-Soma-Theorie von Thomas Kirkwood.

Die Energieressourcen für einen Organismus sind stets limitiert. Dies führt dazu, dass verschiedene Phasen des Lebenszyklusses sich in Konkurrenz um die knappen Ressourcen befinden, so dass bei der Verteilung der vorhandenen Ressourcen Kompromisse eingegangen werden müssen. Gebraucht wird die Energie für den Stoffwechsel, für die Reproduktion und für Reparatur und Instandhaltung des Körpers (körperliche Integrität). Ein Organismus kann nach Kirkwood entweder in die Langlebigkeit des Körpers (Soma) oder in eine hohe Reproduktionsrate investieren. Beide Prozesse konkurrieren um die aufgenommenen Nährstoffe. Das was von dem einen Prozess aufgenommen wird, steht dem anderen nicht mehr zu Verfügung. Es besteht ein energetisch-physiologischer Konflikt (trade-off) zwischen Investition in Fertilität einerseits und in Sicherung der körperlichen Integrität andererseits.[2] Aufgrund dieses energetischen Dilemmas investiert ein Organismus nur so viel und nur so lange Energie in die Aufrechterhaltung des Somas, um ein Überleben und eine Fortpflanzung zu sichern. Jede darüber hinaus gehende Investition würde bei der Reproduktion fehlen, wodurch der gesamte Reproduktionserfolg sinken würde. Dies würde aber unter einer negativen Selektion stehen.[3][4] Der Kompromiss bei der Energieallokation für Reparaturfunktionen führt dazu, dass der Körper allmählich mit zunehmendem Alter verfällt.[5]

Der Term Disposable Soma (Wegwerkörper) wurde in Analogie zu Wegwerf/Einweg-Produkten gebildet, die, da sie nur eine begrenzte Zeit gebraucht werden, nur wenig beständig sind.

Rezeption

Die Disposable-Soma-Theorie versucht auf der Basis der Evolutionstheorie den Alterungsprozess von Organismen zu erklären. Für die Weitergabe von Genen kann die Investition in Fortpflanzungsstrategien ökonomischer, als die Investition in Strategien zur Langlebigkeit sein. Der Körper eines Organismus und der des Menschen ist für Fortpflanzung (Reproduktion) und Aufzucht des Nachwuchses optimiert. Das Altern, Krankheiten und der Tod sind dabei Begleiterscheinungen. Gesundheit im Alter und Langlebigkeit sind keine Ziele der Evolution.[6] Wenn die Reproduktion vollzogen und der Nachwuchs selbstständig ist, gibt es aus evolutionärer Sicht keine Notwendigkeit für ein Weiterleben des Organismus. Der Körper (Soma) wird dadurch disponibel.

Die Theorie hat einige Schwächen. So müsste sich beispielsweise eine strenge Diät, also eine drastische Einschränkung der Energiezufuhr, sowohl auf die Reproduktion, als auch auf die Lebensdauer eines Organismus negativ auswirken. Bei einer Vielzahl von Versuchen mit Modellorganismen und eingeschränkter Gabe von Nahrung (Kalorienrestriktion oder Intermittierendes Fasten) wurde zwar ein deutlicher Rückgang in der Fruchtbarkeit der Versuchstiere beobachtet, aber auch eine signifikante Erhöhung der Lebenserwartung der Tiere.[7][8][9]

Weiterführende Literatur

Einzelnachweise

  1. J. Krutmann: Umweltinduzierte Alterungsprozesse. In: Jahresbericht 2008 Deutsche Forschungsgemeinschaft
  2. P. Dammann: Seneszenz bei Afrikanischen Sandgräbern (Bathyergidae, Rodentia) unter besonderer Berücksichtigung der Gattung Fukomys. Dissertation, Universität Duisburg-Essen, 2006
  3. T. B. L. Kirkwood und M. R. Rose: Evolution and senescence - late survival sacrificed for reproduction. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London Series B 332, 1991, S. B15–B24. PMID 1677205 (Review)
  4. J. R. Speakman u. a.: Living fast, dying when? The link between aging and energetics. In: J Nutr 132, 2002, S. 1583S–1597S. PMID 12042467 (Review)
  5. T. B. L. Kirkwood: Evolution of aging. In: Nature 270, 1977, S. 301–304. PMID 593350
  6. C. Rott: Marketingstrategien für ältere Menschen. WLSB-Breitensporttagung, 11. Juni 2005
  7. J. Mitteldorf: Can experiments on caloric restriction be reconciled with the disposable soma theory for the evolution of senescence? In: Evolution 55, 2001, S. 1902–1905. PMID 11681746
  8. E. J. Masoro: Overview of caloric restriction and ageing. In: Mech Ageing Dev 126, 2005, S. 913–922. PMID 15885745 (Review)
  9. D. P. Shanley und T. B. Kirkwood: Calorie restriction and aging: a life-history analysis. In: Evolution 54, 2000, S. 740–750. PMID 10937249