Antares (Neutrinoteleskop)

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Das ANTARES-Neutrinoteleskop ist ein unterseeisches Großinstrument zur Detektion von Neutrinos kosmischer Herkunft. Es befindet sich im Mittelmeer in etwa 2500 m Tiefe, 30 km vor der Küste von Toulon (Südfrankreich). Ersteller und Betreiber ist ein Konsortium von Instituten, Universitäten und Forschungseinrichtungen aus Frankreich, Deutschland, Italien, Russland und Spanien. Die beteiligten Forschungsbereiche sind Astrophysik und Astronomie, Geophysik sowie Ozeanographie. Antares, auch der Name eines Sterns, steht hier als Akronym für Astronomy with a Neutrino Telescope and Abyss environmental RESearch. Das Neutrinoteleskop ist seit 2008 vollständig in Betrieb.

Aufbau und Funktionsweise

Gesamtaufbau
Tscherenkow-Detektoreinheit mit drei Elementen

Neutrinos sind elektrisch neutral, praktisch masselos und reagieren mit Materie nur durch Schwache Wechselwirkung. Deshalb ist ihr Nachweis schwierig. Im Antares-Experiment werden sie über die Tscherenkow-Strahlung nachgewiesen, die die geladenen Reaktionsprodukte der Neutrinos im Wasser erzeugen, ähnlich wie im IceCube-Detektor. Um genügend viele Teilchensignale für statistisch signifikante Aussagen zu ergeben, muss das Detektorvolumen groß sein, und es müssen jahrelang Daten gesammelt werden. Der Antares-Detektor bedeckt auf dem Meeresgrund eine Fläche von 10 Hektar.

Das Interesse gilt denjenigen Neutrinos, welche durch die Erde hindurch aus der südlichen Himmelssphäre kommen. Das Reaktionsprodukt aus einem Neutrinostoß -- meist ein Myon -- setzt aus kinematischen Gründen den Weg des Neutrinos praktisch geradlinig fort. Die Anordnung aus 960 Detektorelementen, die in zwölf senkrechten Ketten („strings“) angeordnet sind (siehe Bild), kann über die Eintreffzeitpunkte des Lichtes die Bewegungsrichtung des geladenen Teilchens und damit des Neutrinos ermitteln.[1] Die Bezeichnung als Neutrino-Teleskop weist auf diese Richtungsempfindlichkeit hin. ANTARES ist empfindlich auf Neutrinos mit Energien oberhalb 10 GeV.

Der genutzte optische Spektralbereich, Wellenlängen um 400 bis 500 nm, ist nicht der Bereich des Maximums der Tscherenkow-Strahlung. Jedoch sind hier die verwendeten Photomultiplier am empfindlichsten und auch die Lichtdurchlässigkeit des Wassers am höchsten.

Geschichte

Nach einer Machbarkeitsstudie, deren Abschlussbericht 1999 vorlag, wurde Ende 1999 eine erste Detektorkette als Prototyp im Meer ausgebracht. Ihre Messergebnisse stimmten mit den Erwartungen gut überein. Ende 2002 war das 40 km lange Kabel mit der Stromversorgung und Lichtleitern für die Datenübertragung verlegt und konnte angeschlossen werden. Nach weiteren Prototyp-Versuchen wurden ab 2006 die endgültigen Detektorketten installiert und die ersten Daten gespeichert. Bis dahin waren auch Geräte für andere Forschungsgebiete mit aufgebaut worden; so war mit einem zum ANTARES-Projekt gehörenden Seismometer im August 2005 ein Erdbeben in Japan registriert worden. Im Februar 2007 konnte erstmals die Richtung eines detektierten Neutrinos aus den empfangenen Signalen errechnet werden. Es handelte sich in diesem Fall vermutlich um ein atmosphärisches Neutrino aus der südlichen Erdhemisphäre.[2] 2008 konnten die letzten zwei Strings installiert und angeschlossen werden.

2012 wurden Ergebnisse von ANTARES zur Neutrinooszillation atmosphärischer Neutrinos veröffentlicht.[3] 2013 wurde über Ergebnisse einer Suche nach der Paarvernichtung von WIMPs in der Sonne berichtet.[4]

Einzelnachweise

  1. J. A. Aguilar, I. Al Samarai, A. Albert, M. André: A fast algorithm for muon track reconstruction and its application to the ANTARES neutrino telescope. Astroparticle, 2011, Vorabdruck als pdf
  2. siehe February 21st, 2007, First Neutrinos detected
  3. S. Adrián-Martínez, I. Al Samarai, A. Albert, M. André: Measurement of atmospheric neutrino oscillations with the ANTARES neutrino telescope. Physics Letters B, 2012, Vorabdruck als pdf
  4. S. Adrián-Martínez, I. Al Samarai, A. Albert et al.: First Results on Dark Matter Annihilation in the Sun using the ANTARES Neutrino Telescope (2013), Vorabdruck als pdf

Literatur

  • E. Migneco, et al.:Underwater neutrino telescopes: Detectors for astro-particle physics and a gateway for deep-sea laboratories., S.23-79 in: Paolo Favali, et al.:Seafloor observatories - a new vision of the earth from the abyss. Springer, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-642-11373-4.

Weblinks