Atmosphärenbremsung

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Mars Reconnaissance Orbiter während des Aerobraking-Manövers - künstlerische Darstellung
Mars Climate Orbiter - Geplantes Aerobrakingmanöver vom 23. September bis 19. November 1999 mit Angabe der Umlaufzeit pro Umlaufbahn

Die Atmosphärenbremsung (auch Aerobraking oder atmospheric braking) ist ein Bahnmanöver der Raumfahrt, um die Flugbahn einer Raumsonde durch mehrfache Durchquerung der oberen Atmosphäre eines Planeten gezielt zu verändern. Vereinzelt wird es auch zur Bremsung rückkehrender Mondsonden in der irdischen Hochatmosphäre angewandt.

Vor allem dient das Aerobraking für die Bremsung von Raumfahrzeugen bei interplanetaren Raumflügen oder Vorbeiflügen, wo die Geschwindigkeit der anfliegenden Raumsonde sehr hoch ist und weit über der Fluchtgeschwindigkeit des Planeten liegt. Es wird aber auch als Orbitmanöver verwendet, um den Wiedereintritt (Reentry) eines ausgedienten Satelliten, zum Verglühen in der Erdatmosphäre, herbeizuführen. Es ist mit dem Atmosphäreneinfang (Aerocapture) für dichte Atmosphären verwandt, aber technisch etwas einfacher, weil es weniger Kurskorrekturen erfordert.

Vorgang

Ein Raumfahrzeug, das mittels dieses Verfahrens gebremst werden soll, wird in eine hochelliptische Umlaufbahn eingeschossen. Die Periapsis der Umlaufbahn liegt dabei in einem Bereich der Atmosphäre des Planeten der eine Dichte aufweist, die genutzt werden soll, um kontinuierlich (mit jeder Umrundung) die Bahnhöhe der Apoapsis zu verringern. Diese Verringerung erfolgt durch eine Reduktion der kinetischen Energie (Bremsung) bzw. der Energie der Umlaufbahn (von hochelliptisch nach zirkular). Wenn das Raumfahrzeug nicht landen soll, dann erfolgt beim Erreichen einer bestimmten Bahnhöhe der Apoapsis das nächste Bahnmanöver (Zünden der Triebwerke), um die Bahnhöhe der Periapsis anzuheben, um so einen weiteren Energieverlust der Umlaufbahn zu vermeiden.[1] Zur Verstärkung der Bremswirkung lassen sich die Solarpaneele einer Planetensonde ähnlich Bremsklappen oder -Flügeln verwenden, mit denen der Widerstand an den oberen Atmosphärenschichten erhöht wird. Die Dauer des Manövers der Atmosphärenbremsung kann mehrere Monate betragen.

Im Gegensatz zum Atmosphäreneinfang (Aerocapture), erfolgt bei der Atmosphärenbremsung der Einschuss in eine (hochelliptische) Umlaufbahn mittels der Triebwerke.[1] Diese Abbremsung soll beim Atmosphäreneinfang mittels es Widerstands beim Atmosphärendurchflug erfolgen, so dass ein Hitzeschild notwendig ist.[2]

Schwierige Steuerung

Während das Bahnmanöver bei einer dünnen Atmosphäre (z. B. am Mars) relativ ungefährlich ist, kann es bei der Erde insofern kritisch sein, als es eine sehr genaue Steuerung erfordert. Ist das angesteuerte Perigäum etwas zu hoch oder der Sinkwinkel ungenau, kann der Flugkörper an den Luftschichten „abprallen“ wie ein flacher Kieselstein am Wasser und in eine unkontrollierte Bahn geraten. Wird hingegen die Flugbahn zu niedrig, kann die Sonde durch zu hohen Druck verglühen.

Beim Atmosphäreneinfang aus einer nicht gebundenen Hyperbelbahn muss die Bremstiefe (Dichte der Atmosphäre) dagegen genau bestimmt werden, damit das Raumfahrzeug weder zu tief eindringt (und abstürzt), noch zu hoch, um ungebremst dem Planeten wieder zu entkommen. Auch müssen kurzfristige lokale Änderungen der Atmosphärendichte berücksichtigt werden. Zudem muss das Raumfahrzeug den hohen thermischen und mechanischen Belastungen standhalten können. Daher wurde bisher kein Raumflug mit Atmosphäreneinfang durchgeführt, obwohl dies viele Missionen hinsichtlich des Energieaufwands erleichtern würde.

Interplanetare Flüge

In den letzten Jahren wird die Atmosphärenbremsung zunehmend dazu verwendet, die Flugbahn interplanetarer Raumsonden zu korrigieren. Nähern sich interplanetare Flugkörper einem Planeten, haben sie eine viel zu hohe Geschwindigkeit, um in eine Umlaufbahn einschwenken zu können und würden ungebremst vorbeifliegen. In der Vergangenheit wurde die Geschwindigkeit durch Bremstriebwerke verringert, damit diese in eine günstigere Bahn für die wissenschaftliche Erkundung einschwenken konnten. Diese Technik hat den Nachteil, dass größere Treibstoffmengen mitgeführt werden müssen.

Erstmals erprobt wurde das Verfahren 1993 durch die Venus-Sonde Magellan und erstmals eingesetzt 1997 bei der Mars Global Surveyor Mission. Seither wurde dieses Verfahren bei allen US-amerikanischen Sonden benutzt, die in Marsumlaufbahnen gebracht wurden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Stacia M. Long et al: MARS RECONNAISSANCE ORBITER AEROBRAKING DAILY OPERATIONS AND COLLISION AVOIDANCE. (PDF; 575 kB) NASA Jet Propulsion Laborator, abgerufen am 17. November 2013 (englisch).
  2. Munk, M. M.: AEROCAPTURE DEMONSTRATION AND MARS MISSION APPLICATIONS. (PDF; 282 kB) NASA Langley Research Center, abgerufen am 25. Januar 2014 (englisch).