Bad Schauenburg

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Bad Schauenburg 2011

Bad Schauenburg oberhalb Liestal, Baselland, Schweiz, wurde bereits 1644 als Bad durch Samuel Hodel für die damalige Besitzerin Rosine Seiler, Frau des Ratsherrn Hans Jakob Keller von Basel, eröffnet. Die Bedeutung von Bad Schauenburg kam erst mit der Einführung von Solbädern, mit Sole aus Schweizerhalle, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der bekannte Historiker Marcel Wunderlin berichtete über Bad Schauenburg, in seiner Radiosendung 1977, über die alte Baselbieter Bäderherrlichkeit: „Im Zentrum der alten Baselbieter Bäderherrlichkeit stand zwei hundert Jahre lang das Bad Schauenburg, es war das grösste, nobelste und berühmteste...Schauenburg war genau das, was man sich unter einem solchen Betrieb vorstellen konnte: ein gesellschaftliches Zentrum“. Der Badbetrieb dauerte bis 1958, danach begann der Umbau in ein Seminarhotel in mehreren Schritten.

Geschichte

Das heutige Hotel Bad Schauenburg hat seinen Ursprung in einem erstmals 1465 erwähnten Kloster[1]. 1502 wird ein Hofgut Schauenburg erwähnt, welches zur Herrschaft Schauenburg[2] gehörte. Burg und Hofgut gingen in den Besitz der Stadt Liestal. Anno 1643 wurde das Hofgut durch den Ratsherrn und Stadtschreiber, von Liestal, Hans Jakob Keller, von Basel, erworben.

Mannigfache Besitzerwechsel

  • 1644 Eröffnet Samuel Hodel, als Badmeister, im Auftrag der Besitzerin Rosine Seiler, Frau des Ratsherrn Hans Jakob Keller, aus Basel, das erste Bad Schauenburg. Das Badwasser stammte aus einer Quelle deren Wasser salpetrige Kalkerde enthielt.
  • Nächster Besitzer war Johann Zanger, der später das Badhaus mit 16 Betten an Heini Ross verkaufte.
  • 1672 Gant durch den Vogt Sandreuter im Auftrag von Elisabeth Zanger-Socin, am Schluss behielt die Witwe das Gut und verkauft es dem Liestaler Bürger Michael Strübin
  • 1686 Weiterverkauf an Rudolf Lindenmeier.
  • 1691 Verkauf an Oberstleutnant Felix Platter. Seine Tochter verehelichte sich mit dem damaligen Badwirt Roschet. Nach dessen Tod übernahm Witwe Platter das Bad und heiratete Gédéon Steinbrüchel.
  • 1742 Kauf durch Johann Rudolf Beck, Basler Bürger, erwähnt wurde ein neues Badhaus. 1754 Teilhaberschaft mit Joseph Bölmy.
Stich D. Herrliberger nach Zeichnung Emanuel Büchel, 1755
  • 1767 Ersteigerung an Gant durch Waisenhaus Liestal infolge Konkurs Becks und sofortiger Weiterverkauf an Siechenpfleger Leonhard Wagner.
  • 1783 Kauf durch Chirurg Jakob Schaub, der 1791 die grosse Scheune erstellen liess.
  • Am 15. Juni 1793 Verkauf an den Ratsherrn Emanuel La Roche von Basel.
  • Weiterverkauf am 29. April 1812 an Daniel de Philipp Merian.

Ära Familie Flury und Ausbau zu Solbad und Kurhaus

  • 1818 Erwerb durch Rudolf Wassermann. 1819 wurde er, wegen Bewirtung am Buss- und Bettag, zu 8 Franken Busse verurteilt.
  • 1848 Verehelichung von Rudolf Flury mit Sara Wassermann und Übernahme des Betriebs. Steter Erfolg. Beginn mit dem Ausbau der Gebäulichkeiten.
  • 1865 Erweiterung des zweistöckigen Badhauses mit einem Saaltrakt und späterem Anbau von Veranden
Aquarell von Carl Oppermann, 1865
  • 1874 Erhöhung des Badhauses um ein Stockwerk mit Dachausbauten und Türmchen. Aufnahme von Solbädern durch Sole aus Schweizerhalle[3]. Mit Wagen wurde die Sole angeliefert und in einem Tank hinter dem Hauptgebäude gelagert. Das Badhaus bot bereits 80 Gästezimmer. Weitläufige Garten- und Parkanlagen umgaben das Ensemble.
  • Schrittweiser Ausbau der dem Badhaus gegenüber liegenden Dépendance. Erhöhung auf fünf Stockwerke, sowie Erweiterungen mit Veranden und Balkonen. Das dem Wagenschopf angegliederte Doktorhaus erhielt Lauben und Türmchen.
  • 1884 übernahm Emil Flury das Bad und führte den Ausbau fort. Er pflegte auch eine grosse Landwirtschaft. Neben dem Hofgut „Badacher“ gehörten auch der Bauernhof Goldbrunnen und ein Bauernhof des Weilers Rösern dazu.
  • 1900 Emil Flury bringt Kirschenedelreis von einer Reise aus dem Libanon mit. Durch Pfropfen[4] an eigenen Kirschbäumen entstand eine neue Kirschensorte. Die erst "Fluryaner" und später "Schauenburger" genannt wurde. Diese entwickelte sich zur wichtigsten spätreifenden Tafelkirschensorte.
  • Lebemann Emil Flury führte eine ungenügende Buchhaltung. Dies wurde bald von einigen Lieferanten ausgenutzt. Sie stellten ihre Waren oder Leistungen mehrfach in Rechnung. Dies führte Flury in den Konkurs. Ungerecht behandelt, kehrte der enttäuschte Emil Flury der weltlichen Welt den Rücken zu, konvertierte und lebte fortan im Kloster Valsainte bis im Alter von 90 Jahren.
  • 1906 Übernahme durch die Neffen Rudolf und Alfred Flury. 1916 Trennung der beiden Brüder und Gründung einer Aktiengesellschaft durch Rudolf Flury, unter Einbindung der Lieferanten. Über die nächsten Jahre schrittweiser Rückkauf aller Aktien durch Rudolf Flury, bis auf einige die im Besitze der Brauerei Ziegelhof verblieben.
Postkarte Ansicht Hof von Süden ca. 1910
Ansicht von Osten, 1935
Luftaufnahme ca. 1935
Postkarte Hauptgebäude ca. 1930
Postkarte Dépendance ca. 1920
  • 1920 Renovation und Erweiterung mit Rossstall südlich des Hotels.
  • 1930 Bau eines 300m2 grossen Schwimmbades an Stelle des Weihers. Dies war eine Attraktion in der damaligen Zeit, als das erste grosse Schwimmbad in der Gegend. Einrichten eines Salons im Stile des Louis XV.
  • 1939–1942 Belegung eines Teils der Hotelräume des Hauptgebäudes und der Dépendance durch das Militär. Von 1942 bis 1944 waren im 1. Stock des Saalbaus männliche, orthodoxe jüdische Flüchtlinge untergebracht. Diese bauten die heutige Strasse zwischen Abzweigung Bad Schauenburg Richtung Schönmatt und schufen damit eine Verbindungsstrasse zwischen Liestal und Arlesheim. Zuvor führte der Weg nach Schönmatt direkt neben dem Haus vorbei. Eine separate Küche auf dem Gelände ermöglichte koscheres Essen, es wurden auch religiösen Veranstaltungen durchgeführt. Restaurant und Hotelbetrieb wurden während den Kriegsjahren aufrechterhalten.
  • 1945/46 Renovation der durch die Kriegsjahre in Mitleidenschaft gezogenen Gebäulichkeiten. Neuerstellung der noch heute (2014) vorhandenen Gaststube mit Täfer und Renovation des Saales im Erdgeschoss unter Architekt Ernst Cueni aus Liestal. Nach dem Tod von Rudolf Flury im Juli 1945 wurde der Betrieb durch Martha Flury-Hirt und deren beiden Töchtern Gret und Hanny weitergeführt.

Kauf durch J.R. Geigy AG – heute Novartis

  • 1958 Verkauf an die J.R. Geigy AG. Ende des Badebetriebes. Beginn des schrittweisen Ausbau zu einem modernen Erholungs- und Tagungshotel. Abbruch der Dépendance im 1959, des Doktorhauses und des Waschhauses im 1973 und der Reithalle im 1979[5]. Aufgabe des Boccia-, Croquet- und des Tennisplatzes. Rückbau des Schwimmbades wieder in einen Weiher.
  • 1969 wurden im Tagungshotel durch die Leitungen der Ciba und der J.R. Geigy AG die massgebenden Entscheide für die im 1970 erfolgte Fusionierung der beiden Konzerne gefällt.
  • 1979 Umfassende Sanierung
  • 1983 wurde Alfred Häring als neuer Pächter verpflichtet. Durch ausgezeichnete Führung und bestens ausgebildetes Personal wird der Restaurantbetrieb des heutigen Hotelier Häring auch im 2015 mit Auszeichnungen gekrönt[6].
  • 1996 wurde die ehemalige Remise zum modernen Tagungszentrum umfunktioniert.
  • 2004–2011 erfolgten weitere Innen- und Aussenrenovationen, sowie die Neugestaltung der Gartenlandschaft
  • 2013 Familie Häring feiert 30 erfolgreiche Jahre auf Bad Schauenburg
  • 2015 Ausgliederung der Hotelliegenschaft und des Grundstücks aus der Bad Schauenburg AG und Veräusserung an Unternehmer Dr. h.c. Peter Grogg

Das Leben im Solbad und Kurhaus Schauenburg

Bad Schauenburg hatte im Jahre 1762 eine eigene Badordnung, die das Badeleben damals regeln sollte. Aus den 20 Punkten soll der 19. erwähnt werden: „Alle Ohrenbläser, Sonderlinge und Murrolfen sollen gänzlich von hinnen verbannisiert seyn, es seye dann Sach, dass sie Besserung versprechen.“

Bereits 1876 wurde eine Gäste- und Fremdenliste erstellt und als Souvenir versandt. Darunter fanden sich zahlreiche Gäste aus Basel, Bern, Mulhouse, aber auch Baronin von Bock aus Wiesbaden. In einer Liste von 1889 fanden sich weitere internationale Gäste ein, Mehrfachnennungen aus Strassburg, Nancy, Paris, London, Birmingham, Karlsruhe etc.

1900 wurde in einem Inserat in "Liestal und seine Umgebung" mit dem Ausspruch von Prof. Mieg, aus Basel, geworben: "Schauenburg ist unübertroffen bei Schlaflosigkeit und bei Störungen der Blutmischung, als Blutarmut und Bleichsucht". Weiter erwähnt wurde, dass das Anwesen 125 Familienappartements in drei Gebäuden umfasst, darunter 40 mit Salons, Lauben und Balkonen. "Für Vergnügungen ist reichlich gesorgt mit Konzerten, Theatervorstellung, Bälle, Kinderfeste, Schifffahrt, Fischerei, Ponnyequipagen für Kinder, Esel und Reitpferde. Billardsaal – Evangelischer und katholischer Gottesdienst – Apotheke. Kurarzt im Hause ...Inhalationsraum, Halbbäder mit Massage. Moorbäder, genau wie in Franzensbad, ersparen eine teure Badereise nach Böhmen. Kohlensaure Soolbäder als Ersatz für Nauheim. Wozu Apparate wie im Viktoriabad in Baden-Baden. Fangobehandlung und Fangobäder mit Fango von Battaglia[7]".

Die Sole aus Schweizerhalle wurde per Tankwagen angeliefert und hinter dem Haus, beim Küchenanbau, in einem Reservoir gelagert. Über ein Leitungssystem gelang die Sole in die Badewannen.

Ein Gast namens „Dr. W.“ umschrieb ca. 1920 die Atmosphäre: "...und dass auf der Schauenburg dieser gesellschaftliche Geist regiert, wissen wir, die wir dort oben so manches Male gefiveo'clockt und gedinniert haben aus Erfahrung...".

Bilder

Literatur & Quellen

  • Pfarrer Dr. K. Gauss, Schauenburg in seinem Verhältnis zu Liestal, undatiert
  • Liestal und seine Umgebung, Verkehrs- und Verschönerungsverein, 1900
  • Marcel Wunderlin, Oh alte Baselbieter Bäderherrlichkeit, Radiosendung 1977
  • Pfarrer Philipp Alder, Fluryaner, 1981 (in Behaust und befangen – 10 Baselbieter Schriftsteller über ihre Heimat)
  • Zentralstelle für Obst- und Weinbau Basel-Landschaft, Die Kirschensorte Schauenburger, 1986
  • Adrian Brodbeck, Geschichte von Bad Schauenburg, unveröffentlicht, 1980
  • Baad- und Aufführungsregeln des Gesund und Heilbaads Schauenburg, 1742, Privatbesitz
  • Dr. W., Schauenburg, handgeschrieben und undatiert, ca. 1920
  • Schweiz am Sonntag, Iso Ambühl, Nahe Lösung statt Luxus, 2. Feb. 2014
  • Mündliche Ueberlieferungen Familie Flury (verstorben)

Einzelnachweise

  1. Bad Schauenburg Chronologie
  2. Die Burg Schauenburg
  3. Schweizerhalle im Historischen Lexikon der Schweiz
  4. Umveredeln von Obstbäumen
  5. Die Reithalle stand am Ort des heutigen Parkplatzes
  6. Auszeichnungen
  7. Italienischer Fango aus Battaglia ist ein vulkanischer Heilschlamm

Weblinks

Koordinaten: 47° 29′ 43,6″ N, 7° 40′ 52,3″ O; CH1903: 618279 / 260550