Bernd Tödter

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Bernd Tödter (* 1975 in Bad Segeberg) ist ein deutscher Neonazi. Tödter ist Gründer der Organisation „Sturm 18 Cassel – Kameradschaft Nordhessen“.

Aktivitäten in der rechten Szene

Tödter hatte Ende der 90er Jahre maßgeblichen Anteil am Aufbau der „Kameradschaft Nordmark“ in Bad Segeberg. 1996 versammelten sich mehrfach bis zu 150 Neonazis in der Kurstadt und zettelten Schlägereien an, demolierten Autos oder legten sich mit der Polizei an.

Zusätzlich betätigte sich Tödter als Musiker und Homepagebetreiber der Site nso-sturm18.de. Nach eigenen Angaben führte er seit 2002 die „Kameradschaft NordHessen“ sowie den „Sturm 18“. Er war Mitglied im „Freundeskreis nationaler Aktivisten“ (FNA). 2006 wurde bekannt, dass er zum Geschäftsführer des öffentlich geförderten Multikulturvereins „Spitze e. V.“ in Kassel gewählt worden war. Damals beteuerte Tödter seinen Ausstieg aus dem Rechtsextremismus.

Seit Dezember 2010 war er Chef der „NSO Deutschland“ sowie 1. Vorsitzender des Vereins „Kultur-, Sport- und Förderverein Deutschland e. V.“. Aus einem von Antifa-Aktivisten öffentlich gemachten internen Forum der rechten Szene stammt ein Beitrag, in dem Tödter erklärte: „Die Arische Bruderschaft, Combat 18, Freundeskreis nationaler Aktivisten, NSO sowie das Sturm 18 Netzwerk arbeiten ab sofort zusammen und bilden eine gemeinsame Front gegen System, Kameradenschweine und Antifa!“ Er beteiligte sich an bundesweiten Aktionen. Gleichzeitig bot er, während der Verbüßung einer seiner Haftstrafen, dem Bundeskriminalamt (BKA) seine Zusammenarbeit an. Am 15. Dezember 2011 meldete er sich schriftlich beim hessischen Verfassungsschutz. Damals, der „Nationalsozialistische Untergrund“ war gerade aufgeflogen, bot er Informationen zu „Netzwerken“, „Finanzbeschaffungen“ und „Fluchtwohnungen“ an, wenn sich denn die Behörde für seine umgehende Haftentlassung einsetzen würden. Doch das BKA hatte „erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben“ (ein Hauptkommissar).[1] Bei seiner Vernehmung im NSU-Prozess im Februar 2015 gab er dann an, sich an nichts mehr zu erinnern.[2]

Straftaten

1993 hatte Tödter mit einem Mittäter einen Obdachlosen zu Tode geprügelt und wurde dafür zu einer Haftstrafe verurteilt. Im Februar 2000 fand die Polizei ein Waffenarsenal in seiner Wohnung: Übungs- und Manövermunition, Leuchtspurmunition, scharfe Gewehr- und Pistolenmunition, Schreckschuss-Waffen und ein panzerbrechendes Geschoss. Daraufhin wurde gegen ihn unter anderem wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt. Bei einer Hausdurchsuchung im Jahre 2002 erschossen Polizisten in deren Verlauf seine scharfen Kampfhunde. Tödter griff 2006 eine kurdische Familie an und wurde dafür zu 18 Monaten Haft verurteilt. Auch wird er mit einem Anschlag in Verbindung gebracht, bei dem im Vorfeld des 1. Mai 2010 das DGB-Haus in Kassel mit der Parole „Volksverräter!!!“ besprüht wurde. 2010 wurde Tödter wegen Vergewaltigung eines 17-jährigen Mädchens angeklagt. Wegen Bedrohung und Beleidigung einer Frau, deren minderjährige Tochter unter den Einfluss Tödters geraten war, kam er im Herbst 2011 erneut für 10 Monate ins Gefängnis. 2012 entschied das Kassler Landgericht auf Antrag der Anklagebehörde, ein Verfahren gegen Tödter wegen der „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ fallen zu lassen.

Nachdem er im Februar 2014 eine zweijährige Haftstrafe verbüßt hatte, kam er bereits im Juli 2014 wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung und der zweifachen gefährlichen Körperverletzung an zwei Mädchen wieder in Untersuchungshaft.[3] Beim Prozess vor dem Landgericht Kassel gestand er im Januar 2015, seine schwangere Freundin geschlagen und mehrfach in den Bauch getreten zu haben. Angeklagt ist Tödter wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen und des Verdachts eines versuchten Schwangerschaftsbruchs. Außerdem soll er zwei Frauen seiner Neonazigruppe gezwungen haben, eine 16-Jährige zu misshandeln. [4] Verurteilt wurde er zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft.[5]

Im Mai 2016 wurde er zu weiteren zweieinhalb Jahren haft verurteilt wegen Nötigung und schwerer Körperverletzung. Gemeinsam mit vier weiteren verurteilten Frauen und Männern hatte er mehrere Personen schwer misshandelt, welche der von ihm gegründeten Kameradschaften „Sturm 18“ nicht beitreten bzw. austreten wollten. Im Prozess ging es hauptsächlich um einen Mann, der auf Befehl des als „extrem gewalttätig“ beschriebenen „Präsidenten“ Tödter eine Woche lang festgehalten und gequält wurde.[5]

AD Jail Crew

2013 verbüßte Tödter eine Haftstrafe in der JVA Hünfeld. Dort gründete er am 20. April 2012 (der 20. April ist der Geburtstag Adolf Hitlers) in Hünfeld ein Gefangenennetzwerk mit dem Namen „AD Jail Crew (14er)“. Tödter beschäftigte sich nach eigenen Angaben mit der „Zusammenführung aller nationalen Kräfte und der Betreuung unserer inhaftierten Kameraden, welche derzeit in Staatsgewahrsam sind“.[6]

Tödter schickte nach Angaben der hessischen Justiz auch an den mutmaßlichen Hauptunterstützer der rechtsextremen Terrorzelle NSU Ralf Wohlleben einen Brief. Der frühere NPD-Funktionär saß zu dieser Zeit in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim in Untersuchungshaft und wartete auf seinen am 17. April 2013 beginnenden Prozess.

Als Akteur des geheimen Netzwerkes kontaktierte Tödter mehr als ein Dutzend Insassen in den Justizvollzugsanstalten Kassel 1, Fulda, Tonna, Gera, Stuttgart, Aachen, Meppen, Vechta, Diez, Stralsund, Köln, Moers-Kapellen und Lübeck. Nach der Aufdeckung des Netzwerkes wurde Tödter und zwei weiteren Beschuldigten vorgeworfen, einen bundesweit operierenden Verein zur finanziellen Unterstützung von inhaftierten Rechtsextremen und deren Familien gegründet zu haben. Ein weiteres Ziel des Vereins soll die ideologische Festigung von Inhaftierten mit nationalsozialistischem Gedankengut gewesen sein.[7]

Einzelnachweise

  1. http://www.spiegel.de/panorama/justiz/neonazi-netzwerk-hinter-gittern-die-anzeige-des-bernd-t-a-893628.html
  2. Zur Gefährlichkeit der Nagelbombe in der Keupstraße und dem bislang dreistesten Nazi-Zeugen. auf nsu-nebenklage.de vom 11. Februar 2015
  3. http://www.fr-online.de/rhein-main/-sturm-18-e-v---neonazi-kameradschaft-im-vereinsregister,1472796,27883682.html
  4. https://dokmz.wordpress.com/2015/01/22/sturm-18-cassel-grunder-bernd-t-schwangere-in-bauch-getreten-kasseler-neonazi-legt-gestandnis-ab/
  5. a b Frankfurter Rundschau: Kasseler Neonazis müssen in Haft, 30. Mai 2016
  6. http://www.ln-online.de/Nachrichten/Politik/Politik-im-Norden/Neonazi-Netzwerk-hat-Maschen-im-Norden
  7. http://m.faz.net/aktuell/politik/nsu-prozess/kontakt-zu-nsu-kreisen-neonazi-netzwerke-in-haftanstalten-geknuepft-12143721.html