Die tragische Historie vom Doktor Faustus

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Englische Ausgabe von 1620

Die tragische Historie vom Doktor Faustus (engl. The Tragical History of Doctor Faustus) ist ein Drama des englischen Renaissance-Schriftstellers Christopher Marlowe.

Entstehung

Das Stück entstand in Anlehnung an die ins Englische übersetzte Historia von D. Johann Fausten, die später unter anderen auch Goethe inspirierte.

Wahrscheinlich bereits ein Jahr nach der Erstauflage (1587) des deutschen Faustbuches folgte 1588 die erste englische Übersetzung. Von dem ersten überlieferten Druck der englischen Übersetzung des Faustbuchs Historie of the Damnable Life, and Deserved Death of Doctor Iohn Faustus ist heute nur noch eine Ausgabe von 1592 bekannt. Der englischen Übersetzung des deutschen Faustbuches folgte 1588 zuerst Marlowes A Ballad of the life and death of doctor Faustus the great congerer, die am 28. Februar 1589 dem Stationers’ Register vorgelegt wurde, und danach Marlowes „Tragicall History of Doctor Faustus“ mit Anmeldung am 18. Dezember 1589 im „Stationers Register“, deren Hauptrolle Ned Alleyn for the Admiral’s Men in Henslowe’s Rose Theater 1589 spielte. Die später veröffentlichten, bereits 1588 gespielten Theaterfassungen des Dr. Faustus existieren in zwei Varianten, der A-Ausgabe von 1604 und der B-Ausgabe von 1616; beide sind jedoch erheblich veränderte „korrumpierte“ Texte.

Robert Greene in seinem Menaphon war der erste, der Marlowe für seine Darstellung des Dr. Faustus attackierte. Die Figur des Dr. Faustus stellt den macht- und wissensgierigen Menschen dar, der keine Grenzen kennt und sich sogar mit dem Teufel verbündet, um seine hochfliegenden Wünsche zu befriedigen, der die menschlichen Grenzen zu überschreiten und die tief sitzenden Begierden und Sehnsüchte zu verwirklichen sucht. Das Stück kennzeichnet die Sprengung des engen gesellschaftlichen und geistigen Korsetts der Zeit und die Suche nach dem Absoluten, das bei Goethe später weiter differenziert wird. Faust muss schließlich scheitern, weil es bei dieser Suche keinen Kompass für den richtigen Kurs gibt. Marlowe markiert den Abgesang des unmäßigen Faust in einem hintergründig verzweifelten Schlussmonolog. Dieser letzte Monolog stellt sich als Wiederholung der vertanen Chancen und Imagination des kommenden Grauens sowie als verzögerte Fortsetzung des so zukunftsgläubigen und machtbesessenen Anfangsdialogs dar. Man kann darin unschwer die Metapher des menschlichen Lebens sehen. Marlowes Geschichte vom besessenen Faustus ist gleichermaßen ein Volksstück mit reichlich plastischer Moral als auch ein Drama mit erheblichem philosophischen Tiefgang.

Man vermutet, dass Thomas Nashe, Thomas Dekker und William Rowley zu einem späteren Zeitpunkt an dem Stück Veränderungen vorgenommen haben. Die erste Ausgabe von Doctor Faustus hatte 1485 Zeilen, während die zweite auf 2131 Zeilen anwuchs. Henslowes Aufzeichnungen (1602) über Zahlungen an William Bird und Samuel Rowley für Hinzufügungen (adicyones [„additions“] to doctor fautus) deuten in diese Richtung.

In Marlowes Werk kommen unter anderem auch Monologe Fausts vor, in denen der Wissensdurst als ausschlaggebendes Element zutage tritt. Diese Sichtweise ist in der Bearbeitung des Faust-Stoffes neu und kennzeichnet von da ab viele Faust-Erzählungen.

Marlowe gilt auch als der erste Rezipient des Stoffes, der der Figur Faust einige positive Aspekte abgewinnt.

Ausgaben

  • Christopher Marlowe: Die tragische Historie vom Doktor Faustus. Dt. Fassung nach dem 1. englischen Druck von 1604 (Übers. Adolf Seebaß). Wiesbaden Insel-Verlag 1949 (1952 Übernahme in die Insel-Bücherei als Nr. 292/2). 1964 vom Reclam-Verlag Stuttgart (RUB Stuttgart 1128) übernommen
  • Christopher Marlowe: Doktor Faustus. Die tragische Geschichte vom Leben und Tod des Doktor Faustus (Übers. Alfred van der Velde). Leipzig Reclam-Verlag 1966 (RUB Leipzig 292)

Filmadaptionen