Diskussion:Viktor Czerny

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Zeitungsartikeltranskription[Quelltext bearbeiten]

Die Tiroler Tageszeitung berichtete am 12. Oktober 1946 (Tiroler Tageszeitung Nr. 223) über die Gerichtsverhandlung:

Der Mörder des Forstmeisters Czerny vor den Volksrichtern

"T.T." I n n s b r u c k, 11. Oktober. Am 2. Mail 1945 wurde in Ried im Oberinntale der Forstmeister Viktor Czerny zwischen 9 und 10 Uhr abends erschossen, nachdem vorher das Forsthaus von einer Gruppe von 46 Männern, meist OT-Leute und SS, umstellt worden war. Als Haupttäter hatten sich zu verantworten der Studienrat Dr. Heinz Rossi und der 45-jährige kaufmännische Angestellte Hans Joachim Schmölder. Beide sind des Verbrechens des Mordes, der Denunziation und des Hochverrats angeklagt.

Den Vorsitz führt OLGR. Platzgummer, die Anklage vertritt Erster Staatsanwalt v. Riccabona, als Verteidiger fungieren die RA Thoma und Bauer.

Am 1. Mail 1945 war es den Rieder Standschützen schon klar, dass jeder Widerstand gegen die anmarschierenden Amerikaner zweckloses Blutvergießen sei, weshalb sie sich bemühten, den Ort Biberwier und ihren Schutz zu stellen. Sie machten dem Forstmeister Czerny den Vorschlag, ihre Führung zu übernehmen, was dieser auch zusagte. In einer Versammlung machte er den Standschützen Sinn und Zweck der Widerstandsleistung gegen eventuelle Überfälle durch Banden und Räuber klar. Durch eine Mittelsperson hatte der Angeklagte Rossi von diesem Vorgehen Kenntnis erhalten und er versuchte nun, dies zu verhindern, bzw. des Anführers Czerny habhaft zu werden. Zu diesem Zweck begab er sich nach Landeck zum dortigen Ortskommando, wo auch Kreisleiter Bernard anwesend war. Der kommandierende Marineoffizier gab nun den Auftrag, Czerny zu verhaften. Mit diesem Auftrage wurde der OT-Führer Frank und der Wehrmachtsleutnant Zeigert beauftragt, denen sich auch Rossi anschloß, der seinerseits wieder den zweitangeklagten Schmölder, den er am Wege zum Forsthause traf, mitnahm. Dort angekommen, sahen sie das Forsthaus schon von OT- und SS-Leuten umstellt und Leutnant Zeigert forderte den Czerny auf, mitzukommen. Dieser erklärte, sich nur die Schuhe anziehen zu wollen, begab sich ins Haus und wollte fliehen, konnte dies aber nicht mehr, da alles umstellt war. Er flüchtete auf den Balkon, um durch einen Sprung in den Garten seinen Häschern auszukommen; doch Schmölder war bereits in die Wohnung eingedrungen und traf im Schlafzimmer nur die Frau Czerny an, die gerade das erst einige Tage alte Kindlein stillte. Schmölder eilte auf den Balkon; in diesem Moment fiel ein Schuß und im selben Augenblick schoß auch Schmölder aus seiner Maschinenpistole ca. 30-40 Schüsse ab; durch die Czerny getötet wurde und über den Balkon in den Garten fiel. Der Mörder begab sich sofort in den Garten, wickelte die Leiche in eine Decke und überführte den Toten nach Landeck zum Kreisleiter Bernard, da dieser sich vorher geäußert hatte, Czerny müsse ihm tot oder lebendig gebracht werden.

In den Verhören wurde vorerst Ross in Abwesenheit Schmölders vernommen. Seine Rechtfertigung ging hauptsächlich dahin, daß er durch die Verhaftung des Czerny nur einen Zusammenstoß zwischen Standschützen und Wehrmachtsangehörigen habe verhindern wollen, keineswegs sei es aber seine Absicht gewesen Czerny zu töten. Daß er illegal sich schon frühzeitig betätigt habe, gab er zu. Auf die Frage des Vorsitzenden, warum er denn überhaupt mitgegangen sei, da er doch zur Verhaftung oder Vorführung Czerny seitens des Marineoffiziers ja keinen Auftrag bekommen habe, wollte Rossi glauben machen, daß er nur aus Neugierde mitgegangen sei. Als er zum Forsthaus kam, habe Zeigert bereits mit Czerny gesprochen, was ihn in dem Glauben bestärkte, daß die Sache sich widerstandslos abwickeln werde. Plötzlich sei Schmölder über den Zaun gestiegen, gleich darauf krachte ein Schuß, dem dann eine Salve folgte. Wer geschossen habe, wisse er nicht. Als ihm aber der Vorsitzende vorhielt, daß er nach der Tat um 11 Uhr nachts heimkam und seiner Frau erzählte, daß Czerny erschossen worden sei, müsse er doch schon beim Weggehen vom Tatorte gewußt haben, daß der Forstmeister erschossen worden sei. Wenn er auch den Mord nicht selbst begangen habe, so habe er sucht seine Anzeige dazu beigetragen. Diese Anzeige bilde aber den Tatbestand der Denunziation, weshalb er sich auch dafür verantworten müsse. Daß seine illegale Betätigung für die NSDAP als Hochverrat gewertet und bestraft werden müssen, müsse ihm doch auch klar sein. Er sei daher im Sinne der Anklage für alles verantwortlich.

Der Angeklagte Schmölder bekannte sich sofort als der Mörder des Czerny, doch wollte er nur in Notwehr gehandelt haben! Auf dem Heimwege begriffen, sei er Rossi und den anderen Männern begegnet, die zum Forsthaus gingen und über Aufforderung des Rossi sei er auch mitgegangen, nachdem er sich noch schnell von zu Hause eine Maschinenpistole holte. Als ihm das Ausbleiben des Czerny zu lange gedauert habe, hätte er sich in dessen Wohnung begeben, dort aber nur die Frau mit dem Kinde angetroffen. Er sei darauf auf den Balkon hinaus und in diesem Moment habe der in einer Ecke kniende Czerny auf ihn geschossen, ohne ihn zu treffen. Um sein Leben zu schützen, habe er - Schmölder - nun auch geschossen, und da er noch nie eine Maschinenpistole in den Händen hatte, konnte er auch keinen einzelnen Schuß abgeben, sondern löste eine Salve von 30 bis 40 Schuß aus. Er habe dann die Schwester Czernys aufgefordert, auf dem Balkon nachzusehen, was mit Czerny sei, und als diese mit der Mitteilung zurückkam, daß sich niemand auf dem Balkon befinde, habe er selbst Nachschau gehalten und gesehen, daß Czerny im Garten liege. Als er dann in diesen hinunter kam, war Czerny bereits tot. Da er davon wußte, daß Czerny tot oder lebendig dem Kreisleiter Bernard einzuliefern sei, habe er die Leiche in deine Decke gewickelt und dem Kreisleiter mittels Auto zugeführt, der dann die Überführung in die Leichenhalle nach Zams anordnete, weil er nicht wolle, daß dieselbe in Ried bestattet werde. Als ihm der Vorsitzende vorhielt, daß doch mit der Tötung Czernys dessen Verhaftung hinfällig geworden und er die Bestattung doch den Angehörigen hätte überlassen sollen, meinte Schmölder, er sei eben einem erhaltenen Befehlt des Kreisleiters nachgekommen. Über die von Rossi vorher beim 19. Armeekommando erstattete Anzeige gegen Czerny wollte der Angeklagte Schmölder nichts gewußt sondern erst nach der Tat die näheren Umstände erfahren haben.

Damit war das Verhör der beiden Angeklagten - die übrigen Mitbeteiligten konnten sich rechtzeitig der Verhaftung durch Flucht entziehen - beendet, und es begann das Zeugenverhör.

Die Zeugenaussagen ergaben, daß es allgemein bekannt war, daß das Dorf Ried von den OT- und SS-Leuten in Schutt und Asche gelegt werden sollte, weshalb ein Schutz unbedingt notwendig war. Auch war bekannt, daß die Nazi unter Führung des Rossi gegen Czerny vorgehen wollten, weshalb dieser von einem Zeugen dreimal gewarnt wurde, der diese Warnung mit Dank zur Kenntnis nahm. Ein weiterer Zeuge teilte mit, daß die Familie des Czernys anfangs der Meinung war, es dem Czerny gelungen, zu fliehen, erfuhr aber erst am nächsten Tag von dessen Ermordung.

Das ärztliche Gutachten lautete dahin, daß Czerny durch mehrere Schüsse, darunter mehreren sogenannten Gellern getroffen wurde; der tödliche Schuß an der linken Stirnseite sei aber aus unmittelbarer Nähe, vielleicht sogar unter Ansetzung der Pistole; Kaliber 9,5 mm, abgegeben wurden. Zu dieser Zeit sei Czerny aber schon bewußtlos gewesen.

Nachdem der Vorsitzende ein Schreiben des Kriegsberichterstatter Mayer, Berlin, verlesen hatte, das den in der Anklage festgehaltenen Sachverhalt ins Rollen brachte und zur Verhaftung der Beschuldigten führte, wurde die Verhandlung auf Samstag, 8 Uhr verlegt. Die Tiroler Nachrichten berichten am 14. Oktober 1946 (Nr. 224) über den zweiten Verhandlungstag

Aus dem Gerichtssaal

Die Anklage wegen Mordes ausgeschieden

Der Mordprozeß Rossi und Hauptfeldwebel Schmölder

Innsbruck, 12. Oktober 1945. Am zweiten Verhandlungstage verlas der Vorsitzende die Aussagen der seinerzeit vom Gericht und der Gendarmerie einvernommenen Personen.

Kranewitter, Gemeindearzt von Ried, der Schwiegervater des Angeklagten Rossi, wurde aufgefordert, die Totenschau an der Leiche Czernys vorzunehmen, was dieser mit dem Hinweis ablehnte, die Sache eile nicht, das könne man auch am anderen Tage tun. Aus diesem verlesenen Aktenstück wurde ausdrücklich festgestellt, dass sowohl Kranewitter als auch Rossi SS-Mitglieder waren.

Interessant war auch die aktenmäßige Feststellung, daß man die Leiche Czernys acht Tage lang in der Leichenhallte Zams liegenließ und diese erst nach wiederholten Vorsprachen zur Bestattung freigab. Ebenso war bezeichnend für das Verhalten des Hauptfeldwebels Schmölders, daß er mit der Maschinenpistole in den Händen in das Schlafzimmer des Czernys eindrang, in dem dessen Frau mit dem erst vier Tage alten Kinde im Wochenbett lag. Ja sogar ein Posten wurde vor das Bett dieser Frau gestellt, wahrscheinlich um zu verhindern, daß die Frau ihrem bedrohten Manne irgendwie zu Hilfe kommen könnte.

Verhaftung aller SS-Leute

Frau Ilse Rossi, die Frau des Angeklagten gab zu Protokoll, man habe ihr am 1. Mail davon Mitteilung gemacht, daß die Verhaftung aller SS-Leute und die übrigen Nazis durch die Standschützen über Auftrag des Czerny beabsichtigt sei. Darauf habe ihr Mann sich mit Lt. Zeigert besprochen, daß Czerny unbedingt verhaftet werden müsse.

Sensationelle Wendung des Prozesses

Nachdem mit der Verlesung des schriftlichen Materials das Beweisverfahren abgeschlossen war, beantragte RA Bauer die Vorladung weiterer Zeugen zwecks Aussage vor dem Gerichte darüber, daß sein Klient Rossi nie sichdurch aggressive Handlungen gegenüber den Standschütezn hervorgetan hatte; Gegenteile hätte er keinen dieser Leute daran gehindert, den Widerstand gegen die anrückenden Truppen aufzugeben. Auch sei unrichtig, daß Rossi kurz vor der Ermordung des Czerny bei einer Standschützenversammlung eine aufhetzende Rede gehalten habe.

RA Thoma als Verteidiger des Hauptfeldwebels Schmölder beantragte die Feststellung aus dem Akte, daß der tödliche Schuß gegen Czerny erst auf diesen abgegeben wurde, als er schon verwundet am Boden lag, und zwar aus einer Waffe mit 8 mm Kaliber, während die Waffe des Schmölders 9,5 mm hatte.

Über die3 Antrage des RA Bauer faßte der Gerichtshof den Beschluß, das gegen Rossi und Hauptfeldwebeleingeleitete Verfahren wegen Mordes auszuscheiden, den Teil dieses Aktes an den Untersuchungsrichter zurückzuleiten und beim Alliierten Rate die Auslieferung des ehemaligen Kreiasleiters Bernard zu beantragen.

Damit war die vormittägliche Verhandlung geschlossen, und es hatten sich daher in der Nachmittagsverhandlung nur Rossi wegen des Verbrechens der Denunziation und Illegalität zu verantworten.

Die Schlussreden

Staatsanwalt Riccabona stellt fest, daß Rossi mittelbar für den Tod des Czernys verantwortlich wäre. Nachdem seine Illegalität von ihm selbst nicht bestritten werde, sei er für beide Delikte schuldig zu erkennen und zu bestrafen.

RA Bauer stellte sich den Standpunkt, daß Rossi sich zur Meldung deshalb verpflichtet fühlte, weil er ja Soldat war; aber keineswegs tat er dies in böswilliger Absicht, um Czerny zu schädigen oder gar zu töten.

RA Pollazek seitens der Witwe folgende Privatansprüche: 20.000 Schilling Schmerzensgeld, ferner auf die Dauer von 15 Jahren einen monatlichen Betrag von 100 Schilling für sie und je 50 Schilling für ihre 2 Kinder.

Das Urteil

Rossi wurde zu schwerem Kerker in der Dauer von 10 Jahren und zum Vermögensverfall verurteilt. Die Witwe des Czerny wurde mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In der Begründung führte der Vorsitzende aus, daß es dem Angeklagten klar sein mußte, daß seine Denunziation von den schwersten Folgen begleitet sein müsse. --Lubitsch2 (Diskussion) 18:09, 18. Dez. 2022 (CET)Beantworten