Forward Rate Agreement

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. März 2016 um 13:40 Uhr durch Dab0015 (Diskussion | Beiträge) (Einzelnachweise und Anmerkungen getrennt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Forward Rate Agreement (FRA) ist ein außerbörsliches Zinstermingeschäft (Derivat), das es ermöglicht, einen Zinssatz für einen in der Zukunft liegenden Anlagezeitraum zu sichern[Einzelnachweis 1].

Die Vereinbarung erfasst dabei nicht die eigentliche Geldanlage oder –aufnahme, es wird nur ein Tausch von Zinszahlungen vereinbart. Bezogen auf das Marktpreisrisiko ist ein FRA jedoch im Wesentlichen äquivalent zu der Vereinbarung einer in der Zukunft liegenden Geldanlage oder –aufnahme. Der entsprechende Geschäftstyp eines Geschäfts über eine reale Geldanlage oder -aufnahme in der Zukunft heißt Forward-Forward-Deposit.

Der Käufer eines FRA sichert sich den Zins für eine Geldaufnahme. Er sichert sich damit gegen steigende Zinsen ab und verzichtet dafür auf die Einsparchancen, die fallende Zinsen bieten. Die Position des Verkäufers ist genau spiegelbildlich.

Das dem FRA analoge Geschäft an Terminbörsen ist der Geldmarkt-Future.

Funktionsweise

Die Vereinbarung eines FRA umfasst im Wesentlichen die folgenden Komponenten:

  • Der Zeitpunkt des Beginns einer in der Zukunft liegenden, fiktiven Geldaufnahme t1
  • Die Dauer der fiktiven Geldaufnahme t2 (Anlageperiode)
  • Die Höhe der fiktiven Geldaufnahme N (das Nominal)
  • Der vereinbarte Zinssatz f (FRA-Satz oder Forward-Zins) für die zukünftige Anlageperiode
  • Ein Referenzzins für dieselbe Anlageperiode, typischerweise ein Geldmarktsatz wie (je nach Währung) der Libor oder Euribor.

Die Gesamtlaufzeit des Geschäftes t3 ist die Summe aus Vorlaufzeit t1 und Anlagezeitraum t2. FRA werden häufig mit Vor- und Gesamtlaufzeit bezeichnet, also FRA 3x9 für einen FRA mit einer Vorlaufzeit t1 von 3 Monaten und einem Anlagezeitraum t2 von 6 Monaten.

Nach Ablauf der Vorlaufzeit wird der Stand des Referenzzinssatzes ermittelt („gefixt“). Der Käufer des FRA erhält vom Verkäufer den Referenzzinssatz bezogen auf das Nominal N für den Anlagezeitraum t2 und zahlt im Gegenzug den vereinbarten FRA-Satz für N und t2 an den Verkäufer. Tatsächlich zahlen nicht beide Parteien, sondern es wird nur die Differenz zwischen vereinbartem FRA-Satz und gefixtem Referenzzinssatz ausgeglichen.

Da der Käufer sich normalerweise zum Referenzzinssatz am Geldmarkt refinanzieren kann, kann er sich mit dem FRA im Vorab einen Refinanzierungssatz sichern: Den Zinsaufwand für eine zum Zeitpunkt t1 vorgenommene Geldaufnahme erhält er aus dem FRA vom Verkäufer, so dass der FRA-Satz bei ihm als Refinanzierungssatz verbleibt. Analog kann der Verkäufer eine Geldanlage zum FRA-Satz darstellen. Der etwaige Abschluss eines zugehörigen Geldmarktgeschäftes ist dabei für keine der Parteien zwingend.

Normalerweise erfolgen Zinszahlungen nachschüssig, so dass auch die Zahlung aus dem FRA zum Zeitpunkt t3 erfolgen müsste. Tatsächlich wird der Ausgleich schon am Ende der Vorlaufzeit (t1) vorgenommen, wobei der zu zahlende Betrag über den Zeitraum t2 abgezinst wird. Das Kontrahentenrisiko des FRA ist daher nur im Zeitraum bis zum Ende der Vorlaufzeit relevant.

Beispiel

Bank A kauft bei Bank B einen FRA. Sowohl die Vorlaufzeit (t1) als auch der Anlagezeitraum (t2) sollen 3 Monate betragen. Es handelt sich also um einen FRA 3x6. Das Geschäft startet zum 28. Februar. Das Nominal (N) betrage 100 Mio. EUR.

Zum Geschäftsabschluss betrage der 3-Monats-Zins 1,6 %[Anmerkung 1], der 6-Monatsszins 2,4 %. Daraus ergibt sich ein fairer Terminzins von 3,187, der auch als FRA-Satz f vereinbart wird.

Der Terminzins von 3,187 % errechnet sich wie folgt:

Zum Ende der Vorlaufperiode, also am 31. Mai, wird der FRA-Satz von 3,187 % mit dem dann aktuellen 3-Monats-Zins verglichen.[Anmerkung 2] Dieser betrage 2,4 %. Bank A als Käufer muss an Bank B also eine Ausgleichszahlung von 3,187 % - 2,4 % = 0,787 % bezogen auf 100 Mio. EUR für 3 Monate leisten, also 196.750 EUR. Da dieser Betrag nicht nachschüssig zum Ende des Anlagezeitraums zum 31. August, sondern sofort gezahlt wird, muss er noch mit dem aktuellen 3-Monatszins abgezinst werden: Bank A zahlt also tatsächlich 195.576 EUR.

Leiht sich Bank A jetzt noch zusätzlich zum 31. Mai am Geldmarkt 100 Mio. EUR für 3 Monate, muss sie dafür am Ende der Laufzeit zum 31. August 2,4 % oder 600.000 EUR an Zinsen zahlen. Zusammen mit den Kosten aus dem FRA sind dies 796.750 EUR, was für ein Vierteljahr bezogen auf das Nominal von 100 Mio. EUR genau dem im FRA vereinbarten Zinssatz von 3,187 % entspricht. Bank A hat sich also eine Geldaufnahme zu diesem Satz gesichert.

Berechnung

Der Wert von FRAs lässt sich analog zum Wert eines Futures berechnen. Maßgeblich entscheidend ist die Laufzeit, der festgelegte Basiszins, die entsprechende Entwicklung der Referenzzinsen und das vereinbarte Volumen.

Geschichte und ökonomische Bedeutung

FRAs sind klassische Instrumente des Finanzmanagements. Es handelt sich um ein kurzfristiges Instrument, das liquide bis zu einem Jahr ist. Ihr Einsatz war besonders in der zweiten Hälfte der 1980er und während der 1990er Jahre sehr verbreitet und waren in dieser Zeit nach dem Zinsswap das zweitwichtigste OTC-Zinsderivat. In den letzten Jahren hat die Bedeutung von FRAs allerdings stark abgenommen. Der weltweite Anteil der FRAs an den gesamten OTC-Zinsderivaten hat sich gemäß der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zwischen 1998 und 2007 von 11,5 % auf nur noch 6,6 % beinahe halbiert.

Einzelnachweise

  1. Bernd Rudolph, Klaus Schäfer: Derivative Finanzmarktinstrumente. Springer, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-79413-4, S. 127–130.

Anmerkungen

  1. Alle Zinssätze sind wie üblich aufs Jahr bezogen (p. a.).
  2. Dieses sogenannte Fixing findet normalerweise 2 Geschäftstage vor dem Ende der Vorlaufperiode statt.