GGK (Werbeagentur)

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Die GGK ist eine Werbeagentur, die 1959 von Karl Gerstner und Markus Kutter in Basel gegründet wurde. Im Jahr 1962 stieß Paul Gredinger (1927–2013) als dritter Geschäftsführer hinzu. Nach Wachstum und Internationalisierung in den 1970er Jahren verschmolz das Netzwerk im Jahr 1990 mit der Trimedia Group; später wurden Teile an das TBWA-Network verkauft. Heute existiert nur noch das Büro GGK Zürich.

Geschichte

Im Jahr 1958 lernten sich der Schweizer Grafiker Karl Gerstner und der damalige Werbeleiter der Ciba-Geigy AG, Markus Kutter, anlässlich der Gestaltung einer Broschüre zum 200-jährigen Bestehen der Geigy AG kennen.[1] Sie machten sich ein Jahr später in Basel als Gerstner + Kutter selbstständig. Im Jahr 1962 stieß Paul Gredinger als dritter Teilhaber hinzu. Als eine der ersten Agenturen in Europa zeichnete GGK, wie sie sich fortan nannte, mit diesem Kürzel alle Anzeigen und Plakate. Die Agentur verfolgte nun einen strategischen Wachstumskurs und eröffnete im Jahr 1968 ihr erstes Deutschlandbüro in Düsseldorf. In den frühen 1970er Jahren folgten Ausgründungen in den USA (Lois/GGK New York), Frankreich, Österreich, Großbritannien und Brasilien. Im Jahr 1988 umfasste das GGK-Netzwerk 20 Dependancen und gehörte damit zu einer der größten Inhaber geführten Werbeagenturgruppe weltweit. Wirtschaftliche Probleme führten Anfang der 1990er Jahre zu einer massiven Krise und einer Schrumpfung bzw. zum Teilverkauf der Agenturgruppe, nachdem sich der letzte in der Holding verbliebene Gründer, Paul Gredinger, zurückgezogen hatte. Mit der Fusion zur Trimedia Holding verschwand der Name GGK als internationales Netzwerk. Lediglich die Büros in Wien und Zürich wurden unter dem alten Agenturnamen weitergeführt, nachdem sich die damaligen Geschäftsführer aus der Holding herausgekauft hatten.

Die Gründer

Karl Gerstner (* 1930 in Basel) studierte kurz an der Basler Kunstgewerbeschule und arbeitete ab 1950 im Werbestudio von Fritz Bühler. Der dortige Studioleiter Max Schmid wurde später Chefgrafiker von Geigy und machte die Schweizerische Typografik zum Corporate Design des Unternehmens. Gerstner war um das Jahr 1953 auch für das Studio Boggeri in Mailand tätig, bevor er vor allem für Geigy gestaltete. Neben seiner Grafiktätigkeit beschäftigte sich Gerstner mit ungegenständlicher Malerei und entwickelte Gestaltungsprogramme auf Basis des Quadrats. In den Jahren 1964 und 1968 nahm Gerstner an der Documenta III und Documenta IV teil. Im Jahr 1958 gründete er mit dem vormaligen Werbeleiter der Ciba-Geigy AG das Werbebüro Gerstner + Kutter in Basel, aus dem die Agenturgruppe GGK hervorging. Im Jahr 1972 verließ Gerstner die GGK und übernahm Aufträge als freier Berater, z. B. für das Design des Wirtschaftsmagazins „Capital“ und im Jahr 1980 für das Magazin „impulse“.

Markus Kutter (* 9. Oktober 1925 in Beggingen; † 26. Juli 2005 in Basel), promovierter Historiker, begann ab 1953 in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Ciba-Geigy AG zu arbeiten und lernte dort Karl Gerstner kennen. Kutter schrieb Aufsätze, Romane und Beiträge für Zeitungen. In der Agentur GGK prägte er den unorthodox-intellektuellen Stil des Textens und Konzipierens. Im Jahr 1975 schied er aus dem Unternehmen aus und widmete sich der Politik und Zeitgeschichte.

Paul Gredinger (* 1927; † 6. Oktober 2013) studierte Architektur und engagierte sich zwischen den Jahren 1953 und 1957 in der elektronischen Musik (West Deutsche Rundfunk Studio für Elektronische Musik (Köln) / K.-H. Stockhausen und Herbert Eimert). Ende der 1950er Jahre lernte er Karl Gerstner und Markus Kutter kennen Im Jahr 1962 wurde er deren Partner. Fortan firmiert die Agentur als Gerstner, Gredinger, Kutter (GGK). Nach dem Ausscheiden Gerstners und Kutters im Jahr 1975 übernimmt Gredinger deren Anteile und baut die Agentur zu einem europäischen Netzwerk mit bis zu 20 Filialen aus. Im Jahr 1990 verkauft er seine Anteile an die schweizerische Trimedia Group.

Frühe Jahre zwischen Grafik und Werbung

Die in den 1920er Jahren entwickelte Schweizer Typografik (Müller-Brockmann, R. P. Lohse) mit strengen Gestaltungsrastern und reduzierter Typografie war auch für die Schweizerische Werbung der 1950er Jahre stilbildend. Der Grafiker Karl Gerstner entwickelte die Typografik zu einem integralen Bild-Text-Kontinuum weiter. Durch die Zusammenarbeit mit dem Historiker und Autor Markus Kutter entwickelte sich eine neue Werbesprache, die auf das Zusammenwirken eigenständiger, ungewöhnlicher Sprache und Grafik bzw. Bildaussagen setzte. Das Büro Gerstner + Kutter erarbeitete in den Anfangsjahren vor allem Broschüren und Plakate.

Aufstieg zur kreativen Lead-Agentur

Mit dem Eintritt von Paul Gredinger verfolgte die Agentur eine stärker strategisch-werbliche Richtung. Für Kunden wie VW, Citroën und Swissair wurden nicht mehr nur Broschüren, sondern Anzeigenkampagnen für den deutschsprachigen Raum in den damaligen Leitmedien (Der Spiegel, FAZ, Stern, NZZ) entwickelt. Der ungewöhnliche Stil vieler Anzeigen (Audi-Anzeige mit lateinischem Text, Anzeigen ohne Text oder ohne Bild) begründete bereits im Jahr 1965 den Ruf der GGK als kreativster Agentur im deutschsprachigen Raum.[2] Im Jahr 1968 wurde für den Neukunden Ford Köln das Büro in Düsseldorf gegründet. Mit der Präsenz auf dem deutschen Markt bekam die Agentur neue Kunden, die bereit waren, den unangepassten Stil der Agentur als Wettbewerbsvorteil zu sehen.[3] Zwischen den Jahren 1968 und 1988 gehörte die Agenturgruppe GGK zu den am häufigsten ausgezeichneten Agenturen Deutschlands und Europas. Nachdem Gerstner im Jahr 1972 und Kutter im Jahr 1975 aus dem operativen Geschäft ausgestiegen waren, forcierte Gredinger die Internationalisierung der Agenturgruppe. Der amerikanische Werbeguru George Lois wurde Partner von GGK in New York. Gleichzeitig wurden Büros in London und Paris eröffnet. In Deutschland gab es zeitweise fünf Büros, in Österreich zwei. In der Schweiz entstand neben Basel in Zürich eine weitere Niederlassung.

Ende der „alten“ GGK

Im Jahr 1984 berichtete der Spiegel über wirtschaftliche Turbulenzen bei GGK.[4] Ende der 1980er Jahre machten sich viele Topkreative und ehemalige GGK-Geschäftsführer mit Agenturen selbständig und nahmen Kunden mit. Gleichzeitig schien sich der „GGK-Stil“ in der Kreation überlebt zu haben.[5] Die Agenturgruppe geriet in wirtschaftliche Probleme und fusionierte im Jahr 1990 mit der Schweizerischen Trimedia Holding. Heute firmieren unter dem alten Namen die österreichische Lowe/GGK-Gruppe als eigenständiges Agenturnetwork und die davon unabhängige Zürcher Agentur GGK.

Bedeutung

Die Anfangsjahre 1958–1962 waren stark vom Grafikdesign der Schweizer Schule geprägt. In den 1960er Jahren entwickelte die Agentur GGK einen neuen Stil der Werbung. Neben den Agenturen DDB, Young & Rubicam und TEAM/BBDO gab es zwischen den Jahren 1964 und 1980 in Deutschland kaum eine Agentur, die für ihre kreative Leistung von der Branche so gefeiert, von den Werbung treibenden Unternehmen aber auch kontrovers gesehen wurde.[6][7]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The designer as programmer. http://www.eyemagazine.com/review/article/the-designer-as-programmer
  2. Der Spiegel 46/1965: Vergnügen dabei. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46274898.html
  3. Caspers, Markus: Werbung – Ein Schnellkurs. Köln 2010 (Dumont), S. 56f., 105f.
  4. Das jüngste Gericht. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13509321.html
  5. eine Agenturgeschichte hinter der Agentur: http://rulf.neigenfind.com/adclog/first.html
  6. 25 Jahre Art Directors Club für Deutschland. Eine Auswahl der Arbeiten, die der ADC in 25 Jahren ausgezeichnet hat. Art Directors Club Deutschland (Hrsg.) Art Directors Club Verlag GmbH, 1989
  7. Graphis #238, August 1985 (Volume 41) S. 8-25