Gerichtete Evolution

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Als gerichtete Evolution (engl.: directed evolution) bezeichnet man die Optimierung und Veränderung von Proteinen, Enzymen und Nukleinsäuren auf evolutionärem Wege in vitro, d. h. mittels einer zufallsbasierten Mutagenese und nachfolgender Selektion und Identifizierung von verbesserten Mutanten. Sie wird vor allem in der weißen Biotechnologie und der Biokatalyse zunehmend angewandt, um die Eignung von Enzymen für industrielle Anwendungen zu verbessern.

Prinzip

Die zufallsbasierte Mutagenese wird meist mit PCR-basierten Methoden wie der error-prone-PCR durchgeführt. Daneben gibt es auch rekombinative Methoden wie DNA-Shuffling, Structure-Based Combinatorial Protein Engineering (SCOPE) oder RACHITT, bei dem ein chimäres Gen aus zwei oder mehr verwandten Genen erzeugt wird.

Entscheidend für den Erfolg der gerichteten Evolution ist die Identifizierung von verbesserten Mutanten des Proteins. Oftmals erbringt die Analyse von erfolgreichen Mutanten überraschende Ergebnisse wie Mutationen, welche die Aktivität des Enzyms entscheidend beeinflussen, obwohl sie sehr weit außerhalb des aktiven Zentrums des Enzyms liegen. Die gerichtete Evolution trägt so viel zum Verständnis der Wirkungsweise von Enzymen bei.

Frances H. Arnold prägte das erste Gesetz der zufälligen Mutation und Selektion: „You get what you screen for“ (Man erhält (nur) wonach man sucht).[1] Die richtige Wahl der Fitnessfunktion ist entscheidend für den Erfolg der gerichteten Evolution.

Während beim rationalen Proteindesign, also dem Verändern eines Proteins durch gezielte Einführung von Mutationen in sein Gen, genaue Kenntnis der Struktur des Proteins und seines Wirkungsmechanismus (bei Enzymen der Reaktionsmechanismus) notwendig ist, ist für die gerichtete Evolution lediglich eine Selektion der gesuchten Mutanten erforderlich. Für Eigenschaften von Enzymen wie der Lösemittel- oder der Temperaturstabilität, deren molekulare Ursachen noch nicht ausreichend verstanden sind, ist daher die gerichtete Evolution das Mittel der Wahl. Weitere Anwendungen sind die Änderung der Regioselektivität, Chemoselektivität und Enantioselektivität von Enzymen sowie der Substratspezifität, insbesondere gegenüber unnatürlichen Substraten. Die gerichtete Evolution der Nukleinsäuren wird vor allem in der Aptamer-Technologie (SELEX) und für die Optimierung von Ribozymen eingesetzt.

Flussdiagramm

Anwendung

Die Tre-Rekombinase wurde durch gerichtete Evolution erzeugt.

Literatur

  • M. T. Reetz, J. D. Carballeira: Iterative saturation mutagenesis (ISM) for rapid directed evolution of functional enzymes. In: Nat Protoc. 2. Jahrgang, Nr. 4, 2007, S. 891–903, doi:10.1038/nprot.2007.72.
  • Rolf D. Schmid: Taschenatlas der Biotechnologie und Gentechnologie. Weinheim: Wiley-VCH, 2002, ISBN 3-527-30865-2
  • Susanne Brakmann, Kai Johnsson: Directed molecular evolution of proteins or how to improve enzymes for biocatalysis. Wiley-VCH, Weinheim 2002, ISBN 3-527-30423-1
  • L. Yuan, I. Kurek u. a.: Laboratory-directed protein evolution. In: Microbiology and molecular biology reviews : MMBR. Band 69, Nummer 3, September 2005, S. 373–392, ISSN 1092-2172. doi:10.1128/MMBR.69.3.373-392.2005. PMID 16148303. PMC 1197809 (freier Volltext). (Review).
  • Xiaoman Li, Ziding Zhang, Jiangning Song: Computational protein design approaches with significant biological outcomes: progress and challenges. In: Computational and Structural Biotechnology Journal. 2, 2012, doi:10.5936/csbj.201209007. (Review)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Frances H. Arnold: Design by directed evolution. Acc. Chem. Res. (1998), Band 31, S. 125–131.