Heilanstalt Neufriedenheim

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Neufriedenheim um 1900
Zustand 2012

Die Heilanstalt Neufriedenheim war eine private Nervenheilanstalt im heutigen Münchner Stadtbezirk Sendling-Westpark, die von 1891 bis 1941 bestand. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude bei einem Luftangriff 1942 schwer beschädigt und notdürftig zur Unterbringung von Flüchtlingen hergerichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg und bis 1952 wurde es von der US-Armee beschlagnahmt. Nach der Rückgabe wurde der Bau für die Landestaubstummenanstalt (heute Bayerische Landesschule für Gehörlose) umgebaut und dabei im Baubestand stark vereinfacht. Die Landestaubstummenanstalt nutzte Neufriedenheim von 1952 bis 2011, seitdem steht es leer.

Baugeschichte

Von 1891/92 wurde der Kern der dreiflügelige Anlage mit Mittel- und Seitenpavillons, sowie eine abgesetzte Villa in einem großzügigen Gartengrundstück weitab außerhalb der Stadt durch Hans Deissböck errichtet.[1] Bis 1899 wurden weitere Trakte und Nebengebäude angebaut. Die Nervenheilanstalt konnte rund 80 Patienten beider Geschlechter in offenen und geschlossenen Abteilungen unterbringen und richtete sich an Patienten der gehoben und höchsten Bevölkerungsschichten.[2] Der ursprüngliche Auftraggeber und ärztliche Leiter, Karl Kraus, musste die Klinik bereits 1892 wegen finanzieller Schwierigkeiten verkaufen. Käufer war Ernst Rehm, der die Klinik anschließend leitete. Aus privaten Gründen musste die Familie Rehm die Klinik 1941 verkaufen. Sie wurde durch die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt erworben, die den Betrieb jedoch wegen des Krieges einstellte und so Neufriedenheim nie betrieb.

Vom Wald-Grundstück der Klinik wurde Ende der 1920er Jahre der Nordteil abgetrennt und mit der gemeinnützigen Siedlung Friedenheim bebaut, die auch Neufriedenheim genannt wird. 1958 wurde auch der Südteil abgetrennt und dort das Erasmus-Grasser-Gymnasium und das Ludwigsgymnasium erbaut. 1965 wurde im Osten ein Teil abgetrennt, auf dem ein Neubau für das Studienseminar Albertinum errichtet wurde.[3] Für den Bau der Bundesautobahn 96 musste Ende der 1960er Jahre die Villa auf dem Gelände abgerissen werden. Die Autobahn verläuft seitdem nördlich des ehemaligen Haupthauses. 1983 eröffnete östlich des Komplexes der großflächige Westpark, der einen durchgehenden Grüngürtel von Laim bis in die Innenstadt ermöglichte.

Wegen der schweren Kriegsschäden und des stark vereinfachten Wiederaufbaus wurde das Gebäude aus der Denkmalliste gestrichen.

Seit der Aufgabe der Bauten durch die Landesschule für Gehörlose zum Jahreswechsel 2011/12 steht das Gebäude leer. Der Freistaat Bayern plant eine Nutzung für Bildungszwecke. Dazu bietet er das Grundstück seit Juni 2014 der Stadt München zum Tausch an. Stadt und Freistaat streben Erweiterungen der beiden Gymnasien und weitere Einrichtungen auf der Fläche unter dem vorläufigen Projektnamen Bildungscampus Westpark an. Seit Januar 2014 existiert ein Förderverein dazu.[4]

Varia

Einer der prominentesten Patienten war Herzog Siegfried in Bayern (1876–1952) der 1899, durch einen Sturz beim Pferderennen, bleibende Hirnschäden erlitt und deshalb geisteskrank wurde. Er verbrachte den größten Teil seines Lebens in der Anstalt Neufriedenheim.

1904 wurde der Nervenarzt und Schriftsteller Oskar Panizza für zehn Tage in Neufriedenheim als Patient aufgenommen, verließ die Einrichtung aber vorzeitig nach einem Streit mit der Leitung.

Literatur

  • Denis A. Chevalley, Timm Weski: Landeshauptstadt München – Südwest (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band I.2/2). Karl M. Lipp Verlag, München 2004, ISBN 3-87490-584-5.

Einzelnachweise

  1. Fürstenrieder Straße 155. In: Denkmäler in Bayern, Seite 220
  2. Monacensia Gebärdende Historie: Neufriedenheim, abgerufen am 4. Juli 2012
  3. Studienseminar Albertinum: Geschichte, abgerufen am 4. Juli 2012
  4. Erasmus-Grasser-Gymnasium: Förderverein Bildungscampus

Koordinaten: 48° 7′ 27″ N, 11° 30′ 18,3″ O