Heinrich Steinhöwel

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Heinrich Steinhöwel: Inkunabel, gedruckt in Ulm 1473

Heinrich Steinhöwel, auch Steinhäuel oder Steinheil (* 1412 in Weil der Stadt; † 1482 oder 1483 in Ulm) war ein deutscher frühhumanistischer Übersetzer und Schriftsteller.

Leben

Steinhöwel studierte seit 1429 Medizin in Wien, wo er 1436 Magister wurde. Weiter studierte er ab 1438 in Padua und promovierte dort. 1442 war er Rector artistarum in Padua, 1444 unterrichtete er an der Universität Heidelberg. Seit 1449 war er Stadtarzt in Esslingen am Neckar, 1450 wurde er Stadtarzt in Ulm und später auch Leibarzt des Grafen Eberhard von Württemberg. Steinhöwel arbeitete auch als Übersetzer und war Mittelpunkt eines Kreises humanistisch gesinnter Männer (Niklas von Wyle, Antonius von Pforr). Er übersetzte unter anderem die metrische Bearbeitung des antiken Romans Apollonius von Tyrus durch Gottfried von Viterbo sowie Werke von Petrarca, und er tat sich besonders als Übersetzer der Werke von Boccaccio und der Fabeln des Äsop hervor, wobei er sich Verdienste bei der Schaffung einer deutschen Kunstprosa erwarb. Seine Schriften erfreuten sich großer Beliebtheit und erlebten teils zahlreiche Nachauflagen.

Heinrich Steinhöwel hat 1476 eine Sammlung aesopscher Fabeln nach verschiedenen lateinischen Fassungen veröffentlicht. Den „Ulmer Aesop“ würzte Steinhöwel mit einer Lebensbeschreibung des Aesop, Erzählungen von Petrus Alphonsus und Poggios. Die Erzählungen Poggios – amouröse Abenteuer verheirateter Frauen – bewirkten, dass der Esopus zu einem Bestseller seiner Zeit wurde. Die Kehrseite der Medaille war allerdings die Verurteilung dieser Unterhaltungsliteratur. Martin Luther, der die wegen ihrer lehrhaften Wirkung beliebte Fabel förderte, war gleichzeitig ein Kritiker dieser Ausgabe.

In der Übergangszeit von spätem Mittelalter zur Renaissance wuchs auch das Interesse an der klassischen römischen und griechischen Kultur. Der Ulmer Aesop von 1476 ist also auch eine zeittypische Erscheinung, die einige weitere Fabelsammlungen der späteren Jahrhunderte inspirieren sollte. Das 550 Seiten umfassende Werk ist mit 191 kolorierten Holzschnitten und zahlreichen Initialen versehen. Die Holzschnitte entstanden zur Blütezeit des Ulmer Holzschnittes, sie zeichnen sich durch hohe Plastizität, einen sicheren Umgang mit Räumlichkeit und charakteristischen Darstellung der Tiere und Menschen, bis hin zur Stimmung wiedergebender Mimik, aus.

Werke

  • Historie von der Kreuzfahrt Herzog Gottfrieds. (Übersetzung des R. Monachus, Autorschaft zweifelhaft), 1461.
  • Apollonius von Tyrus. 1471.
  • Tütsche Cronica. 1473.
  • Büchlein der Ordnung der Pestilenz. (Regimen Pestilentiae), 1473.
  • Griseldis. (Übersetzung des Boccaccio nach der lateinischen Bearbeitung Petrarcas), 1473.
  • Von den synnrychen erluchten wyben. (nach Boccaccios De mulieribus claris), 1473.
  • Spiegel menschlichen Lebens. (nach Rodriguez Sánchez de Arévalo), 1475.
  • Esopus. 1476/77.

Literatur

  • Philipp StrauchSteinhöwel, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 35, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 728–736.
  • Gerd Dicke: Heinrich Steinhöwels Esopus und seine Fortsetzer: Untersuchungen zu einem Bucherfolg der Frühdruckzeit. Tübingen, 1994.
  • Carl Ehrle: Dr. Heinrich Stainhöwel's regimen sanitatis. In: Deutsches Archiv für Geschichte der Medicin und medicinische Geographie 4, 1881, (Neudruck Hildesheim und New York 1971) S. 121–128, 209–223, 322–332 und 416–436.

Weblinks

Wikisource: Heinrich Steinhöwel – Quellen und Volltexte