Jean-Adam Guilain

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Jean-Adam Guilain (eigentlich Johann Adam Wilhelm Freinsberg; * um 1670–1680; † nach 1739) war ein französischer Komponist, Organist und Cembalist deutscher Abstammung.[1][2][3][4]

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geburts- und Sterbedaten sowie Geburts- und Sterbeort von Jean-Adam Guilain konnten von der musikhistorischen Forschung bisher nicht ermittelt werden. Gesichert ist, dass er sich 1702 in Paris niederließ; hier erwarb er sich bald einen bedeutenden Ruf als Cembalolehrer. Er war mit Louis Marchend befreundet und war wohl auch dessen Assistent und Vertreter an der Pariser Kirche Saint-Honoré; ihm sind Guilains Werke gewidmet. Weitere Einzelheiten über sein Leben sind nicht bekannt. Nachdem im Jahr 1739 ein Band mit Cembalostücken von ihm veröffentlicht wurde, dessen einziges derzeit bekanntes Exemplar sich in der British Library befindet, wird angenommen, dass Guilain nach 1739 verstorben ist.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1706 veröffentlichte Guilain Orgelstücke zum Magnificat in den acht Kirchentonarten in zwei Bänden; allerdings sind nur vier der acht Suiten überliefert. Seine Orgelkompositionen gehören zu den besten im Zeitalter der französischen L’orgue français classique (etwa 1640–1800). Sie zeigen, dass der Komponist nicht nur den Stil Marchands und der alten Pariser Meister, sondern (insbesondere in den Pièces de clavecin) auch die neuere italienische Musik seiner Zeit studiert hat. Jede dieser Suiten besteht aus einem einleitenden und abschließenden Plein jeu und enthält darüber hinaus Stücke wie Basse de trompette in Rondoform, Tierce en taille, Trio de flûtes, Quatuor im Stil von Marchand und Basse de cromorne. Seine Schreibweise ist geschickt und solide, zeigt eine geniale Themenfindung und einen gekonnten Kontrapunkt. Seine Pièces de clavecin reichen aber in der Harmonik nicht an seine Orgelwerke heran. Die Pièces de clavecin bestehen aus 24 sehr kurzen, mit Überschriften versehenen Stücken.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Air »C’est toy, divin Bacchus« für Singstimmen. In: Mercure galant, Paris, Mai 1702
  • »Pièces d’orgue pour le magnificat sur les huit tons différents de l’eglise dédiées à M. Marchand«, Paris 1706 (enthält nur vier, nicht acht Reihen)
  • Messe »In te cantatio sempre« für fünf Singstimmen, Paris um 1707 (verschollen)
  • »Pièces de clavecin d’un goût nouveau«, Paris 1739

Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Pièces d’orgue. In: Archives des maîtres de l’orgue, hrsg. von Aléxandre Guilmant und André Pirro, Heft 7, Paris 1906

Literatur (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • M. Brenet: Jean-Adam Guilain. In: Rivista Musicale Italiana Nr. 9, 1902
  • André Gabriel Edme Pirro: Vorwort zur Neuausgabe der Pièces d’orgue, 1906
  • André Gabriel Edme Pirro: L’Art des organistes. In: Albert Lavignac (Hrsg.): Encyclopédie de la musique et dictionaire du Conservatoire, 11 Bände, Paris 1920–1931
  • Norbert Dufourcq: Le livre de l’orgue français, 1589–1789, Band 4, Paris 1972
  • G. Morche: Muster und Nachahmung. Eine Untersuchung der klassischen französischen Orgelmusik, Bern und München 1979 (Neue Heidelberger Studien zur Musikwissenschaft Nr. 8)
  • Brigitte François-Sappey: Jean-Adam Guilain. In: Gilles Cantagrel (Hrsg.): Le Guide de la musique d’orgue, hrsg. von Gilles Cantagrel, Fayard, Paris 1991, ISBN 2-213-02772-2, S. 420ff.
  • Nicolas Gorenstein: Le cas Guilain. In: L’Orgue Nr. 235, 1995, ISSN 0030-5170, S. 3–17

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Félix Raugel: Guilain, Jean-Adam Guillaume. In: Ludwig Finscher (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, zweite Ausgabe, Personenteil, Band 8 (Gri–Hil). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2002, ISBN 3-7618-1118-7, Spalte 236–237
  2. Marc Honegger, Günther Massenkeil (Hrsg.): Das große Lexikon der Musik, Band 3. Herder, Freiburg im Breisgau 1995, ISBN 3-451-18053-7, S. 400
  3. The New Grove Dictionary of Music and Musicians, hrsg. von Stanley Sadie, 2nd Edition, Band 10. McMillan Publishers, London 2001, ISBN 0-333-60800-3, S. 529
  4. Hermann Josef Busch, Matthias Geuting (Hrsg.): Lexikon der Orgel, 2. Auflage, Laaber Verlag Laaber 2008, ISBN 978-3-89007-508-2, S. 286