Kantige Laubschnecke

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Kantige Laubschnecke

Kantige Laubschnecke (Hygromia cinctella)

Systematik
Überfamilie: Helicoidea
Familie: Laubschnecken (Hygromiidae)
Unterfamilie: Hygromiinae
Tribus: Hygromiini
Gattung: Hygromia
Art: Kantige Laubschnecke
Wissenschaftlicher Name
Hygromia cinctella
(Draparnaud, 1801)
Blick auf die Peripherie des Gehäuses mit dem charakteristischen weißen Kiel
Blick auf die Unterseite des Gehäuses

Die Kantige Laubschnecke (Hygromia cinctella) ist eine Schneckenart aus der Familie der Laubschnecken (Hygromiidae) in der Ordnung der Landlungenschnecken (Stylommatophora).

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gehäuse

Das Gehäuse misst erwachsen 6 bis 7 mm in der Höhe und 10 bis 12 mm in der Breite. Es ist hoch-kegelförmig, und es sind 5 bis 6 Umgänge mit sehr flacher Naht vorhanden, die regelmäßig zunehmen. Die Umgänge sind an der Peripherie gekantet, die Oberseite ist leicht gewölbt, ebenso die Unterseite. Die letzte Windung fällt kurz vor der Mündung stark aus der Windungsachse ab. Der Nabel ist sehr eng und durch eine Spindelfalte fast geschlossen. Die Mündung steht schräg zur Wachstumsachse der Windung und ist deutlich elliptisch im Querschnitt. Sie ist oben und unten abgeflacht, Der Mündungsrand ist dünn und zerbrechlich, nicht verdickt, und nur im Spindelbereich etwas umgeschlagen. Das Gehäuse ist in der Ausbildung des Kiels etwas variabel.

Das weißlich-gräuliche bis hornfarbene Gehäuse ist leicht durchscheinend mit einem schmalen weißen Band am Kiel. Die Oberfläche ist fein und regelmäßig gestreift. In Sizilien gibt es eine größere Anzahl von Farbvarianten, die von grünlich und gelblich bis rötlich reicht. Selten sind an der Peripherie auch mehrere Bänder ausgebildet.

Der Weichkörper des Tieres ist hellgrau, oft mit einem gelblichen Ton. Der Kopf und die Tentakeln sind meist etwas dunkler grau oder bräunlich gefärbt. Die Tiere bewegen sich meist sehr langsam.

Liebespfeile (aus Koene & Schulenburg, 2005[1])

Ähnliche Arten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das charakteristische Merkmal der Art ist der weißliche Kiel, der sonst bei anderen Laubschnecken-Arten nicht vorkommt.

Geographische Verbreitung und Lebensraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet war vermutlich auf Italien und benachbarte Regionen, Slowenien, Kroatien, Südfrankreich und die Südschweiz beschränkt. Die Art wurde inzwischen in weitere Regionen verschleppt. Sie kommt inzwischen in fast ganz Frankreich, in Südengland, Wales, Irland, Österreich, Tschechien,[2] Ungarn, Bulgarien[3], Russland[4] und auch in weiten Teilen Deutschlands (westliche Bundesländer,[5][6] Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen[7], Berlin[8]), Belgien[9] und den Niederlanden, meist in anthropogen beeinflussten Habitaten vor. Inzwischen ist die Art auch in Neuseeland nachgewiesen.[10] Entgegen den Angaben einiger Autoren kommt die Kantige Laubschnecke nicht in Spanien vor.[11]

Die Art bewohnt meist offene Habitate in der Kraut- und Strauchschicht, wie Heckenreihen und Obstgärten. Sie kommt eher selten in Wäldern vor, In der Schweiz wurde sie fast ausschließlich in kultiviertem Land gefunden bis etwa 900 m über Meereshöhe. In Italien bevorzugt sie eher kühlere und feuchte Habitate in Tälern und an Flussufern. In England wurde sie eher im Gras, Brennnesselhorsten und auf Doldenblütlern an Straßenrändern gefunden, auch unter bzw. in Steinmauern und in Gärten.

Verbreitung in Europa (nach Welter-Schultes, 2012)[12]

Ausbreitung in Europa[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Ungarn wurde sie erstmals in den 1930er Jahren gefunden. In Nordwestfrankreich wurde sie in den 1940er Jahren erstmals nachgewiesen, in Cornwall in den 1950er Jahren. In England hat sich die Art inzwischen bis etwa London ausgebreitet. Die ersten Nachweise in Deutschland und den Niederlanden stammen aus den 1990er Jahren.[13][12]

Originalabbildung in Gualtieri, 1742: Taf. 2, Fig.A, Syntyp

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art wurde von Jacques Philippe Raymond Draparnaud erstmals als Helix cinctella beschrieben.[14] Er verwies dabei auf eine Abbildung bei Niccolò Gualtieri, die somit zu den Syntypen der Art gehört.[15] Es ist aber nicht der Holtyp, da Draparnaud auch selber Exemplare zur Verfügung hatte, die er für die Beschreibung benutzte. Helix cinctella ist die Typusart der Gattung Hygromia Risso, 1826. Gattung und Art sind allgemein anerkannt.[16]

Gefährdung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art ist in Deutschland nicht gefährdet.[17] Auch auf das gesamte Verbreitungsgebiet gesehen ist die Art ungefährdet.[18]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rosina Fechter, Gerhard Falkner: Weichtiere. 287 S., Mosaik-Verlag, München 1990 (Steinbachs Naturführer 10) ISBN 3-570-03414-3 (S. 212)
  • Michael P. Kerney, Robert A. D. Cameron & Jürgen H. Jungbluth: Die Landschnecken Nord- und Mitteleuropas. 384 S., Paul Parey, Hamburg & Berlin 1983, ISBN 3-490-17918-8 (S. 258/59)
  • Francisco W. Welter-Schultes: European non-marine molluscs, a guide for species identification = Bestimmungsbuch für europäische Land- und Süsswassermollusken. A1-A3 S., 679 S., Q1-Q78 S., Göttingen, Planet Poster Ed., 2012, ISBN 3-933922-75-5, ISBN 978-3-933922-75-5 (Im Folgenden abgekürzt Welter-Schultes, Bestimmungsbuch mit entsprechender Seitenzahl)
  • Vollrath Wiese: Die Landschnecken Deutschlands. 352 S., Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2014, ISBN 978-3-494-01551-4 (Im Folgenden abgekürzt Wiese, Landschnecken mit entsprechender Seitenzahl)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Joris M. Koene and Hinrich Schulenburg: Shooting darts: co-evolution and counter-adaptation in hermaphroditic snails. - BMC Evolutionary Biology, 5: 25, 13 Seiten, 2005 doi:10.1186/1471-2148-5-25
  2. Dagmar Říhová & Lucie JuŘičková: The Girdled Snail Hygromia cinctella (Draparnaud, 1801) new to the Czech Republic. Malacologica Bohemoslovaca, 10: 35–37, 2011 ISSN 1336-6939 PDF
  3. Ivailo K. Dedov, Ulrich E. Schneppat, Fabia Knechtle Glogger: Hygromia cinctella (Draparnaud, 1801) (Mollusca: Gastropoda: Hygromiidae), a New Snail Species for the Fauna of Bulgaria. Acta zool. bulg., 67 (4),: 465–469, 2015 PDF (ResearchGate)
  4. S. V. Leonov: PDF
  5. Karl-Heinz Beckmann, H. Kobialka: Hygromia cinctella (Draparnaud 1801) auf dem Eroberungszug durch Deutschland (Gastropoda: Hygromiidae). Club Conchylia Informationen, 39 (1/2): 34–41, Ludwigsburg 2008.
  6. Marco T. Neiber, Andreas Haack: Nachweise der eingeschleppten Gekanteten Laubschnecke, Hygromia cinctella (Draparnaud 1801), in Hamburg mit einem kurzen Überblick zur Ausbreitung der Art in Deutschland. Mitteilungen der deutschen malakozoologischen Gesellschaft, 100: 43–45, Frankfurt a. M., 2019 PDF
  7. Elisabeth Möltgen-Goldmann: Hygromia cinctella (DRAPARNAUD 1801) jetzt auch in Sachsen. Mitteilungen der deutschen malakozoologischen Gesellschaft, 93: 1–4, Frankfurt a. M., 2015
  8. Katharina C. M. von Oheimb, Eva Hackenberg, Parm Viktor von Oheimb: New immigrants among old graves: records of the non-native land snail species Hygromia cinctella (Draparnaud 1801) from urban cemeteries in Berlin (Stylommatophora: Hygromiidae). Mitteilungen der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft, 108: 1-8, Frankfurt a. M., 2023 PDF
  9. Kevin Scheers: The recent colonisation and rapid spread inBelgium of the alien Girdled Snail Hygromiacinctella (Gastropoda: Hygromiidae). Journal of Conchology, 41(6): 779-760, 2014 PDF
  10. K. Walton: Hygromia cinctella (Draparnaud, 1801) (Mollusca: Gastropoda: Hygromiidae): a new adventive land snail for New Zealand. New Zealand Journal of Zoology, 44 (1): 2017 Artikel
  11. Carlos E. Prieto, Ana I. Puente: El género Hygromia Risso, 1826 en la Península Ibérica, con descripción de Hygromia gofasi sp. nov., y consideraciones sobre la interpretación funcional del aparato estimulador de Hygromiidae. Bulletin du Muséum National d'Histoire naturelle, 4e série, Section A, 14 (2): 383–404, 1992 PDF
  12. a b Welter-Schultes, Bestimmungsbuch, S. 544.
  13. Hygromia cinctella (Draparnaud, 1801)
  14. Jacques Philippe Raymond Draparnaud: Tableau des mollusques terrestres et fluviatiles de la France. Renaud; Bossange, Masson & Besson, Montpellier, Paris 1801, S. 87. Online bei Biodiversity Heritage Library
  15. Niccolò Gualtieri: Index testarvm conchyliorvm quae adservantvr in mvseo Nicolai Gvaltieri ... : et methodice distribvtae exhibentvr tabvlis cx. Florentiae/Florenz, Ex typographia Caietani Albizzini, 1742 Online bei Biodiversity Heritage Library, Taf. 2, Fig.A.
  16. MolluscaBase: Hygromia cinctella (Draparnaud, 1801)
  17. Wiese, Landschnecken, S. 280.
  18. IUCN Red List: Urticicola umbrosus

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hygromia cinctella – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien