Liber Paradisus

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Liber Paradisus. Palazzo d'Accursio, Bologna.

Der Liber Paradisus (Buch vom Paradies) ist ein Buch, das den im Jahre 1256 von der Gemeinde Bologna erlassenen Gesetzestext zur Abschaffung der Leibeigenschaft und Befreiung aller Bauern enthält.

Geschichte

Nach der Schlacht von Fossalta (1249) erlitten fast alle Adelsfamilien der Landschaft bei Bologna eine schwere Niederlage. Das löste eine ethische und wirtschaftliche Diskussion über den Rechtsstatus der Bauern aus, die bis dahin Eigenbesitz der Feudalherren waren.

Am 25. August 1256 wurden alle Bürger von Bologna durch die Glocken vom Arengo an der Piazza Maggiore zum Erscheinen aufgefordert. Der Podestà und der Volkskapitän verkündeten die Befreiung von ungefähr 6.000 Abhängigen im Eigenbesitz von etwa 400 Herren, allein in der Familie Prendiparte (Besitzer des gleichnamigen Turms in der Innenstadt) dienten mehr als 200 Menschen. Auch diese erhielten ihre Freiheit gegen die Zahlung einer Entschädigung durch die Gemeinde. Zehn Lire pro Kopf (acht für Kinder unter 14 Jahren) entsprachen grob geschätzt den Preisen des damaligen Sklavenmarktes.

In dem Anlass hielt auch Rolandino de' Passeggeri eine Rede:

Adamo aveva peccato d'orgoglio e debolezza per questo fu cacciato dal Paradiso. Adamo prima di morire volle che Seth chiedesse al Cherubino il perdono divino. Il Cherubino colse il seme dal pomo dell'albero fatale e lo pose sotto la lingua del morente. Da quel seme nacque un grandissimo albero che seccò dopo mille e mille anni e fu tagliato alla radice. Un giorno giunsero degli uomini che ne segarono due tronchi e con quelle fecero una croce... la Croce di Cristo. Quindi l'albero del Paradiso, principio della colpa e della schiavitù, diventa l'albero della redenzione e della libertà Rolandino de' Passeggeri

Ein Fresko von Adolfo de Carolis hängt zum Gedenken dieses Ereignisses in einem Großsaal im palazzo del Podestà.

Die Befreiung von 5.855 Menschen kostete die Gemeinde 54.014 Lire. Ausschlaggebend waren weniger Gründe ethischer Moral als vielmehr wirtschaftliche Erwägungen. Man erhoffte sich eine höhere Leistung der nun vielleicht besser motivierten Bauern, die künftig zusätzlich besteuert werden konnten.

Allerdings war den Befreiten der Fortzug aus der gehörigen Diözese untersagt. In einigen Fällen wurden die Bauern in bestimmten befreiten Ortschaften zusammengefasst (auf Italienisch franche), worauf sich einige Dorfnamen, wie beispielsweise Castelfranco an der damaligen Grenze zum Herzogtum Modena, ableiten lassen.

Das "Buch vom Paradies"

Durch diesen Akt (einer der wichtigsten Befreiungsakte der Bauern im Mittelalter), der auch als Paradisus voluptatis (Paradies der Lust) bekannt war, wurde Bologna die erste italienische Stadt (und vielleicht auch eine der ersten in der ganzen Welt), die die Leibeigenschaft abschaffte.

1257 ließ die Verwaltung der Gemeinde ein Buch von vier Notaren schreiben, in dem die Namen aller befreiten Bauern ausführlich aufgezählt wurden. Das Buch, das heute im Staatsarchiv an der Piazza dei Celestini aufbewahrt ist, wird als vom Paradies bezeichnet, weil "paradisum" das erste Wort des Textes ist (dessen erster Satz daran erinnert, dass Gott den ersten Menschen das Paradies als Lustgarten schenkte).

Anfang des Buches: Paradisum voluptatis plantavit dominus Deus omnipotens a principio, in quo posuit hominem, quem formaverat, et ipsius corpus ornavit veste candenti, sibi donans perfectissimam et perpetuam libertatem

Literatur

  • Liber paradisus: con le riformagioni e gli statuti connessi, a cura di Francesco Saverio Gatta e Giuseppe Plessi. Bologna 1956.
  • Il "Liber Paradisus" con un'antologia di fonti bolognesi in materia di servitù medievale (942-1304), a cura di Armando Antonelli, Venezia: Marsilio, 2007
  • Il "Liber Paradisus" e le liberazioni collettive nel XIII secolo: cento anni di studi (1906-2008), a cura di Armando Antonelli e Massimo Giansante, Venezia: Marsilio, 2008.

Weblinks