Low-Energy Electron Diffraction
Der englische Begriff Low-Energy Electron Diffraction (LEED, dt. „Beugung niederenergetischer Elektronen an Oberflächen“) bezeichnet eine physikalische Methode zur Untersuchung der Anordnung von Atomen an Oberflächen und in dünnen Filmen. Man nutzt hierbei den grundlegenden Effekt der Interferenz von Wellen aus, was zur Ausbildung von Beugungsmustern führt, die auf einem Beobachtungsschirm sichtbar gemacht werden. Den ersten Nachweis des Wellencharakters der Elektronenstrahlung gelang Davisson und Germer im Jahr 1927 an einem Nickel-Einkristall an den Bell-Laboratorien.[1] LEED wird in der Oberflächenchemie benutzt.
LEED benutzt Elektronen mit einer De-Broglie-Wellenlänge im Bereich atomarer Abstände, rund 0,1 nm. Der Zusammenhang mit der Energie des Elektronenstrahls ist
Geeignete Energien liegen also in der Größenordnung von 100 eV. Bei dieser Energie ist die Eindringtiefe der elastisch gestreuten Elektronen gering, im Bereich von 0,5 bis 1 nm, was die Methode sehr oberflächenempfindlich macht. Entsprechend müssen Ultrahochvakuumbedingungen (UHV) herrschen, damit die Probenoberfläche lange genug frei von Verunreinigungen bleibt. Wechselwirkungen der Elektronen mit Gasmolekülen sind dann vernachlässigbar.
Die LEED-Apparatur
Von einem heißen Filament oder besser einer scharfen Spitze – kalte Feldemission liefert eine engere Energieverteilung – werden Elektronen emittiert und durch eine Anode in Richtung Probe beschleunigt. Durch ein elektrostatisches Linsensystem wird der Elektronenstrahl fokussiert. Laterale Auflösungen liegen im Bereich μm bis mm. Nachdem die Elektronen an der Probe gestreut wurden, passieren die gebeugten Elektronen vor dem Leuchtschirm ein Gitter auf dem (Masse)potential des Probenhalters, das eine Verzerrung des Beugungsmusters verhindert, und ein retardierendes Gitter, an dem die inelastisch gestreuten Elektronen reflektiert werden. Die elastisch gestreuten Elektronen passieren und werden auf den Schirm beschleunigt. Die Beschleunigungsspannung von mehreren Kilovolt sorgt für ein helles Bild. Gegen den Durchgriff der Beschleunigungsspannung, für eine bessere Energieauflösung, ist das retardierende Gitter doppelt ausgeführt.
LEED-Beugungsmuster
Das LEED-Muster besteht im Idealfall aus scharfen Punkten, die symmetrisch angeordnet sind. Sehr oft ist die Elektronenkanone vor dem Schirm angebracht und verdeckt daher den sehr hellen Reflex 0. Ordnung.
-
LEED-Beugungsmuster von Siliciumcarbid bei 170 eV
-
94-eV-LEED-Beugungsmuster einer mit CO bedeckten (100)-Platin-Rhodium-Oberfläche.
Aus der Lage der Reflexe ergibt sich nur die Form und Größe der 2D-Einheitszelle, siehe Ewald-Kugel. Da neben dem Substrat auch Überstrukturen (durch Rekonstruktion oder von Adsorbaten) abgebildet werden, können in Abhängigkeit von der Präparation verschiedene Beugungsmuster beobachtet werden.
Zusammen mit den Intensitäten der Reflexe lässt sich auch auf die Anordnung der Atome innerhalb der Einheitszelle schließen. Der Zusammenhang ist komplex und oft nicht eindeutig, da Mehrfachstreuung berücksichtigt werden muss.[2]
Medium energy electron diffraction
Bei der medium energy electron diffraction (MEED) beobachtet man das Multilagen-Oberflächenwachstum in Abhängigkeit von der Zeit mit Elektronenbeugung. Wachsen die Schichten Monolage für Monolage auf der Oberfläche (Frank-van-der-Merve-Wachstum), dann ändert sich der Ordnungsgrad der Oberfläche periodisch. Bei vollständig abgeschlossenen Lagen ist die Fernordnung am größten, also auch die Intensität des Beugungsreflexes. Dadurch erhält man in bestimmten Intervallen mehr oder weniger Beugungsreflexe, die auf das Monolagenwachstum als Funktion der Zeit schließen lassen.
Video-LEED
Um die Dynamik von Strukturänderungen untersuchen zu können, kann man das LEED-Bild mit einer Kamera aufnehmen. Hierdurch können während der LEED-Messung die strukturbestimmenden Parameter variiert und so deren Einfluss ermittelt werden.
Weblinks
- LEEDpat3 (Kostenlose LEED-Simulations-Software)
Einzelnachweise
- ↑ C. Davisson, L. H. Germer: Diffraction of Electrons by a Crystal of Nickel. In: Physical Review. Band 30, Nr. 6, 1927, S. 705–740, doi:10.1103/PhysRev.30.705.
- ↑ Nicholas D. Spencer, John H. Moore (Hrg): Encyclopedia of Chemical Physics and Physical Chemistry: Fundamentals. IOP, 2001, ISBN 0-7503-0798-6 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).