Meyer v. Nebraska

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Vorlage:Infobox SCOTUS-Urteil (erweitert)

Als Meyer v. Nebraska (Aktenzeichen 262 U.S. 390)[1], wird eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten von 1923 bezeichnet. Es handelte sich um eine Entscheidung aus dem Bereich des Schulrechts. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass eine Regelung, die Schulunterricht in einer modernen, aber nichtenglischen Sprache verbietet, gegen den 14. Verfassungszusatz der Verfassung der Vereinigten Staaten verstößt.

Sachverhalt

Der Kläger Robert T. Meyer wurde vom Bezirksgericht des Hamilton County für schuldig erklärt, am 25. Mai 1920 als Lehrer an der Zion Parochial School seinen Schüler Raymond Parpart in deutscher Sprache unterrichtet zu haben. Dies verstieß gegen das sogenannte Siman-Gesetz des Staates Nebraska vom 9. April 1919, in dem der Unterricht in jeder anderen als der englischen Sprache an privaten, öffentlichen oder Bekenntnisschulen verboten wurde. Durch dieses Gesetz sollten offiziell die englische Sprache und die Integration von Kindern aus Einwandererfamilien gefördert werden[2], es war aber auch Ausdruck einer durch den Ersten Weltkrieg beförderten anti-deutschen Stimmung.[3]

Der Oberste Gerichtshof Nebraskas bestätigte das Urteil, sodass Meyer den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten anrief.

Die Entscheidung

In der von James C. McReynolds verfassten Entscheidung heißt es, dass, auch wenn der Staat "viel tun darf… um die Lebensqualität seiner Bürger zu steigern," das strittige Gesetz die Grenzen des staatlichen Auftrags überschreite und Meyer in seinen Rechten verletze. Die Freiheit, die durch den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit vermittelt werde, "umfasst ohne Zweifel nicht nur den Schutz vor körperlichen Übergriffen sondern auch das Recht eines jeden Menschen, Verträge zu schließen, sich mit allem, was das Leben lebenswert macht, zu beschäftigen, sich Wissen anzueignen, zu heiraten, eine Familie aufzubauen, nach seiner Religion zu leben und allgemein all die Rechte auszuüben, die zum Führen eines glücklichen Lebens unabdingbar sind."[4]

Die Richter Holmes und Sutherland schlossen sich der Entscheidung nicht an. Die abweichende Begründung findet sich im zugleich verhandelten Fall Bartels v. Iowa.[5]

Auswirkungen

Meyer v. Nebraska und Pierce v. Society of Sisters (1925) gelten als die ersten Fälle, in denen der Oberste Gerichtshof das Rechtsstaatsprinzip zur Konkretisierung der Bürgerrechte herangezogen hat. Richter Kennedy vermutet, dass die Entscheidung in beiden Fälle heute wohl anders begründet würde: "Würden die Fälle Pierce und Meyer heute entschieden, würde man die Entscheidung wohl auf den 1. Verfassungszusatz stützen, aus dem sich das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Religionsfreiheit ergeben."[6]

Die heutige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verbietet es, das Rechtsstaatsprinzip heranzuziehen, wenn eine speziellere Bestimmung - wie beispielsweise der 1. Verfassungszusatz - anwendbar ist.[7]

Trivia

In der Fernsehserie The West Wing – Im Zentrum der Macht wird der Fall als ein Beispiel für übertriebenen Aktionismus des Obersten Gerichtshofs angeführt, Bürgerrechte zu schützen, die nicht ausdrücklich in der Verfassung festgeschrieben sind.[8]

Siehe auch

Weblinks

Wikisource: Meyer v. Nebraska – Quellen und Volltexte (englisch)

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Einzelnachweise

  1. Meyer v. Nebraska, 262 U.S. 390 - Volltext (englisch)
  2. Juan Cobarrubias, Joshua A. Fishman Progress in Language Planning - International Perspectives, 1983 de Gruyter Berlin ISBN 90-279-3358-8, S. 97
  3. [1], abgerufen am 20. Februar 2012
  4. Without doubt, it denotes not merely freedom from bodily restraint but also the right of the individual to contract, to engage in any of the common occupations of life, to acquire useful knowledge, to marry, establish a home and bring up children, to worship God according to the dictates of his own conscience, and generally to enjoy those privileges long recognized at common law as essential to the orderly pursuit of happiness by free men.
  5. Bartels v. State of Iowa, 262 U.S. 404 (1923).
  6. Troxel v. Granville, 530 U.S. 57 (2000), (Kennedy dissenting).
  7. Graham v. Connor, 490 U.S. 386 (1989). Siehe auch United States v. Lanier, 520 U.S. 259 (1997): „Graham erfordert es, dass wenn eine spezielle Bestimmung der Verfassung - wie beispielsweise der 4. oder der 8. Verfassungszusatz - einschlägig ist, die Verfassungswidrigkeit an dieser speziellen Norm festgemacht werden muss, ohne auf den allgemeinen Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit zurückzugreifen.“
  8. Staffel 6, Episode 14 "The Wake Up Call"