Michael Kobel

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Michael Kobel, 2010

Michael Kobel (* 10. Oktober 1961 in Bayreuth) ist ein deutscher Teilchenphysiker. Er lehrt und forscht seit 2006 als Professor für Teilchenphysik an der Technischen Universität Dresden.

Leben

Michael Kobel studierte von 1980 bis 1986 Physik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und promovierte 1991 mit am DESY in Hamburg durchgeführten experimentellen Messungen zum Thema Measurement of the decay of the _U63(1S) [Upsilon(1S)] and _U63(2S) [Upsilon(2S)] resonances to muon pairs and determination of the strong coupling constant using the Crystal Ball Detector, ebenfalls an der Universität Erlangen-Nürnberg. Es folgte 1997 die Habilitation an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Im Jahr 1998 war Kobel zunächst in Vertretung und ab 1999 fest Professor für experimentelle Teilchenphysik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Im Jahr 2006 erhielt er einen Ruf an die Technische Universität Dresden, wo er seither die Professur für Teilchenphysik innehat.

Mit seiner Forschergruppe wertet Kobel seit 2006 am CERN in Genf Experimentaldaten des Teilchendetektors ATLAS am Large Hadron Collider aus. Seit 2008 ist er Direktor des Instituts für Kern- und Teilchenphysik (IKTP) und seit 2009 Studiendekan der Fachrichtung Physik der TU Dresden.

Kobel ist seit 2000 deutscher Repräsentant in der International Particle Physics Outreach Group IPPOG[1] (früher EPPOG) und war von 2009 bis 2012 einer ihrer beiden Vorsitzenden. Er ist Vertreter des ATLAS-Experiments in der Deutschen LHC-Outreach-Gruppe GELOG.

Wirken

Kobel erforscht seit 1984 mit Hilfe von Experimenten an Teilchenbeschleunigern fundamentale Fragen der Teilchenphysik. Zentrale Themen bilden dabei Präzisionstests des Standardmodells, insbesondere die Variation der Stärken der fundamentalen Wechselwirkungen, die genaue Vermessung elektroschwacher Streuprozesse sowie die Erforschung der elektroschwachen Symmetriebrechung und des Ursprungs der Masse über die Suche nach Higgs-Bosonen und ihren Beitrag zur Streuung von W-Bosonen und Z-Bosonen innerhalb und jenseits des Standardmodells.

Kobel engagiert sich für die allgemeinverständliche Vermittlung von Teilchenphysik und Kosmologie. Bereits 2002 wurde er „für seine Bemühungen, Schülern die Hochenergie-Teilchenphysik näherzubringen“[2], mit dem High Energy Particle Physics Public Outreach Prize 2002 der Europäischen Physikalischen Gesellschaft ausgezeichnet.

Im Jahr 2003 wurde er Gründungsvorsitzender des Vereins Science on Stage[3][4], der aus der von ihm seit 2000 in Deutschland organisierten Initiative Physics on Stage[5] hervorging. Kobel sitzt im wissenschaftlichen Beirat der Seite weltmaschine.de der deutschen CERN/LHC-Kommunikation, die wissenschaftliche Aspekte rund um den LHC allgemeinverständlich vermittelt. Er entwarf zudem mehrere Exponate für ihre mobile Ausstellung Weltmaschine, darunter ein anschauliches „hands-on“-Higgs-Modell und eine Animation darüber, wie sich das Universum entwickelt hätte, wenn die Elementarteilchen etwas andere Massen hätten.[6]

Im Jahr 2005 initiierte Kobel die ersten Europäischen Schülerforschungstage, die sogenannten European Particle Physics Masterclasses, die von der European Particle Physics Outreach Group EPPOG ausgerichtet wurden. Im Rahmen der Veranstaltung konnten über 2500 Schüler aus 18 europäischen Ländern rund zwei Wochen lang unter anderem reale Daten des CERN auswerten oder Vorträge über Teilchenphysik besuchen.[7] Bereits zwei Jahre später nahmen über 4000 Schüler an den nun internationalen Schülerforschungstagen International Hands on Particle Physics Masterclasses teil, an dem sich auch Forschungsinstitute aus den USA und Südafrika beteiligten.[8] Im Jahr 2012 waren 130 Institute aus 31 Ländern aus allen Erdteilen an den Masterclasses beteiligt, die von rund 8000 Schülern besucht wurden.[9]

Im Jahr 2010 rief Kobel das bundesweite Netzwerk Teilchenwelt ins Leben, in das Erfahrungen der internationalen Masterclasses einflossen. Netzwerk Teilchenwelt ist ein „nationale[s] Netzwerk von Forschungsinstituten, Schulen und Lernorten, Wissenschaftlern, Schülern, Lehrern und Studenten“.[10] In Teilchenphysik-Masterclasses, Projekttagen unter anderem an Schulen und Schülerlaboren, können Jugendliche zunächst originale Daten von CERN-Experimenten auswerten und erhalten anschließend die Gelegenheit, sich individuell bis hin zu eigenen Forschungsprojekten weiter in Astroteilchen- und Teilchenphysik zu engagieren. Schirmherrin des Netzwerks, das von Kobel geleitet wird, ist die Deutsche Physikalische Gesellschaft.[10] Das Netzwerk Teilchenwelt wurde 2011 als Ausgewählter Ort im Land der Ideen ausgezeichnet.[11] Für sein „langjähriges, aktives Engagement in der Popularisierung der Physik und in der Vermittlung von Teilchenphysik an Jugendliche“[12] erhielt Kobel Ende 2013 den Georg-Kerschensteiner-Preis 2014 der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, der für Beiträge zur Didaktik und Schulphysik vergeben wird.[13]

Schriften (Auswahl)

Michael Kobel ist Autor von über 800 wissenschaftlichen Veröffentlichungen, u. a.:

  • 1989: A verified upgrade of the GHEISHA 6-7 simulation of particle interactions (mit Zbigniew Jakubowski)[14]
  • 1990: Measurement of the decay of the Upsilon (1S) and Upsilon (2S) resonances to muon pairs (mit Crystal Ball Collaboration)[15]
  • 1991: Measurement of the decay of the _U63(1S) [Upsilon(1S)] and _U63(2S) [Upsilon(2S)] resonances to muon pairs and determination of the strong coupling constant using the Crystal Ball Detector (Doktorarbeit Uni Erlangen, DESY-F31-91-03) [16]
  • 2000: Two fermion production in electron positron collisions[17]
  • 2003: Decay mode independent searches for new scalar bosons with the OPAL detector at LEP (mit OPAL Kollaboration)[18]
  • 2004: Teilchenphysik (Eintrag in: K. Bammel (Hrsg.): Faszination Physik. Spektrum Akad. Verlag, S. 19–40.)
  • 2005: Measurement of the running of the QED coupling in small-angle Bhabha scattering at LEP (mit OPAL Kollaboration)[19]
  • 2006: Precision Electroweak Measurements on the Z Resonance (mit LEP Electroweak Working Group, ALEPH, DELPHI, L3, OPAL Kollaborationen)[20]
  • 2007: European particle physics masterclasses make students scientists for a day (mit E. Johansson, D. Hillebrandt, K. Engeln, M. Euler)[21]
  • 2009: Schüler in die Wissenschaft (mit Uta Bilow, in: Physik in unserer Zeit)[22]
  • 2010: Discovery Potential of supersymmetric Higgs Bosons A/H->tau,tau in ATLAS (mit ATLAS Kollaboration)[23]
  • 2012: Netzwerk Teilchenwelt: Jugendliche und Lehrkräfte erfahren aktuelle Forschung in der Teilchenphysik (mit Kerstin Gedigk, Anne Glück, Konrad Jende, Christian Rudolph, Gesche Pospiech)[24]

Auszeichnungen

  • 2002: High Energy Particle Physics Public Outreach Prize 2002 der Europäischen Physikalischen Gesellschaft[25]
  • 2005: nominiert für den Descartes Prize for Excellence in Science Communication
  • 2011: Netzwerk Teilchenwelt – Ausgewählter Ort im Land der Ideen
  • 2013: Lehrpreis der Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden e.V. (GFF)[12]
  • 2013: Georg-Kerschensteiner-Preis 2014 der Deutschen Physikalischen Gesellschaft

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. ippog.web.cern.ch
  2. Vgl. pro-physik.de
  3. Mit Wissenschaftsfestivals gegen den PISA-Schock. Verein „Science on Stage Deutschland“ in Bonn gegründet. news aktuell, 25. März 2003.
  4. Vgl. science-on-stage.de Naturwissenschaftliche Rundschau, Band 57, 2004, S. 347.
  5. CERN press office: CERN, ESA and ESO Launch „Physics On Stage“, 1. März 2000.
  6. Vgl. Was wäre wenn, tricklabor.com
  7. Michael Kobel: Quarks, Spuren und Video. In: Kontexis, Nr. 16, 2005, S. 7.
  8. SchülerInnen als Forscher für einen Tag. idw-online, 13. März 2007.
  9. Schüler auf Teilchenjagd. In: Sächsische Zeitung, 19. März 2012, S. 5.
  10. a b Dr. Sven Sommer, Anne Glück: Dem Urknall auf der Spur (PDF-Datei; 533 kB). In: Kontexis, Nr. 37, 2011, S. 4.
  11. Vgl. land-der-ideen.de
  12. a b Georg-Kerschensteiner-Preis 2014 für Prof. Michael Kobel, tu-dresden.de, 15. November 2013.
  13. Die Physikpreisträgerinnen und -preisträger 2014. Pressemitteilung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, Nr. 26/2013, 14. November 2013.
  14. Vgl. sciencedirect.com
  15. Vgl. inspirehep.net
  16. Vgl. library.desy.de
  17. Vgl. arxiv.org
  18. Vgl. arxiv.org
  19. Vgl. arxiv.org
  20. Vgl. arxiv.org
  21. Vgl. iopscience.iop.org
  22. Vgl. interscience.wiley.com
  23. Vgl. inspirehep.net
  24. Vgl. phydid.de
  25. Vgl. pro-physik.de