Modelleisenbahnverein

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Mobile Vereins-Modulanlage an einer lokalen Schmalspurausstellung in Burgdorf (Schweiz)

Modellbahnvereine sind Vereine von Modelleisenbahnern zwecks gemeinsamer Beschäftigung mit dem Hobby Modelleisenbahn.

Ziele

Die Ziele eines Modelleisenbahnvereins können sehr unterschiedlich sein, von einfachen organisierten Zusammenkünften über den gemeinsamen Bau einer Modelleisenbahnanlage bis hin zu öffentlichen Ausstellungen. Entscheidend dafür, ob sich eine regelmäßig zusammenkommende Gruppe von Modelleisenbahnern als Modelleisenbahnverein bezeichnen kann, ist primär der auf Dauer angelegte Zusammenschluss, der durch eine Satzung definiert wird. Zwecks Haftungsbegrenzung sind die meisten Modelleisenbahnvereine eingetragene Vereine.

Für den Bau einer Anlage ergibt sich der Vorteil, dass der Bau einer gemeinsamen, größeren Modelleisenbahnanlage, die einen einzelnen Modelleisenbahner in Bezug auf Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb überfordern würde, möglich ist.

Organisation

Der Verein besitzt meistens auch ein eigenes Vereinsvermögen, das auch aus der gemeinsamen Vereinsanlage sowie dem zu ihrem Betrieb benötigten Rollmaterial und Zubehör bestehen kann. Zudem tritt der Verein aus Haftungsgründen auch als Mieter oder Eigentümer der vom Verein benutzten Räumlichkeiten auf. Finanziert wird der Verein durch die Beiträge seiner Mitglieder, Spenden und gegebenenfalls Eintrittsgelder. Im Gegensatz zu Modellflug- oder Modellschiffs-Vereinen sind Modelleisenbahnvereine in Deutschland nicht per Definition gemeinnützig, da sie es im Gegensatz zu diesen nicht geschafft haben eine Verbindung zum Sport zu konstruieren.

In Europa sind die rechtlich selbstständigen lokalen oder regionalen Vereine teilweise Mitglied in einem der nationalen Verbände, wie Bundesverband Deutscher Eisenbahn-Freunde (BDEF), Modellbahnverband in Deutschland (MOBA) oder Schweizerischer Verband Eisenbahn-Amateur (SVEA), die wiederum dem europäischen Dachverband Verband der Modelleisenbahner und Eisenbahnfreunde Europas (MOROP) angehören.

Die supranationalen Vereine wie der Freundeskreis Europäischer Modellbahner (FREMO) oder die Arge Spur 0 gehören dagegen keinem nationalen Verband an. Modelleisenbahnvereine in größerer Anzahl gibt es darüber hinaus auch in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Japan.

Die Modellbahner in den USA und Kanada, aber auch weltweit, versucht die National Model Railroad Association (NMRA) zu organisieren. Mitglieder können dort nur natürliche Personen werden, es ist also definitionsgemäß kein Dachverband. Allerdings gibt es besondere Programme für lokale Vereine, deren Mitglieder alle auch NMRA-Mitglied sind. Diese Vereine können dann bestimmte Dienstleistungen wie eine Haftpflichtversicherung zu günstigen Bedingungen erhalten.

Mögliche Angebote von Modelleisenbahnvereinen (Auswahl)

  • Anlagebau
- Großanlagebau
- Ausstellungs- und Kleinanlagebau
- Modulanlagebau
- Dioramabau
  • Werkstatt
- Reparaturecke
- Teststrecke
- Programmiergleise
  • Baukurse
- Fahrzeugmodellbau
- Landschaftsmodellbau
- Zubehörmodellbau
- Elektronik- und Softwarekurse
  • Bibliothek, Mediothek
  • Tag der offenen Türe
  • Modelleisenbahnbörsen
  • Jugendgruppe

Firmen-, Fan- oder Juniorclubs

Firmenclubs, wie sie von Märklin als Märklin-Insiderclub oder von Roco als Roco-Club angeboten werden, sind keine Modelleisenbahnvereine. Es handelt sich hierbei um ein Informationsangebot der Hersteller, meist kombiniert mit Sondermodellen. Somit ist das Mitglied in diesem Fall eher ein Kunde.

Allgemeine geschichtliche Entwicklung in der Schweiz

In der Schweiz entstanden die grossen Städtischen Modelleisenbahnvereine vorwiegend von den 1940er bis hinein in die 1970er Jahre, dies nachdem bereits in der Zeit der 1930er Jahre und vorher entsprechende Gruppierungen bestanden.

In den 1980er Jahren entstand dann ein wahrer Boom von Vereinsgründungen, auch in den Regionen dies vorwiegend deshalb, weil die damals bestehenden etablierten Vereine nicht in der Lage waren, neben den bestehenden Anlagen in der Nenngröße 0, zügig solche in der Nenngröße H0 zu realisieren. Ebenso konnten die Babyboomer, denen in den 1960er und 1970er Jahre die Brio, LEGO-, Lima- und Märklin-Anfangsset buchstäblich in die Wiege gelegt wurden, nur schwierig in die bestehenden Vereinsstrukturen integriert werden. Jugendgruppen waren damals noch kein Thema, Frauen eine Ausnahme.

Auf die boomenden 1980er Jahre folgten dann in den 1990er Jahren die Jahre der Konsolidierung. Die Vereine stagnierten. Ähnlich wie in den 1980er Jahren waren diese aber nicht durch die Nenngröße 0 bedingt, sondern durch die beginnende Digitalisierung und Konflikte zwischen dem 2-Leiter System und dem 3-Leiter Mittelleiter System, sowie festen und mobilen Anlagen (Modulanlagen). Während im Stillen bei den Vereinsmitgliedern die Digitalisierung systembedingt vorwiegend im 3-Leiter Mittelleiter System (Märklin) auf den Heimanlagen voranschritt, kam der Bau der großzügig begonnenen H0 und N Vereinsanlagen nach dem 2-Leiter System nur langsam voran. Die Vereine beginnen zu überaltern, da die jüngeren in den 1980er und 1990er Jahren neu gewonnenen Vereinsmitglieder Familien gründeten und sich ins Familienleben zurückzogen.

In den 2000er Jahren stellt sich ein neues Phänomen. Mangels Vereinssolidaritätsgedanken, Konfliktfähigkeit und einem Überangebot von konkurrierenden Freizeitaktivitäten, splittern sich von bestehenden Vereinen Mitglieder in Gruppierungen ab, um die auf sich zugeschnittenen Aktivitäten selbständig weiterführen beziehungsweise gar nicht erst im Verein zu integrieren. Dieses Phänomen ist vorwiegend bei Modulbauern und den Amerikaner festzustellen. Diese organisieren sich auch nicht mehr in jedem Falle in Vereinsform und sind zum Teil von der Mitgliederzahl her gesehen eher klein, bezogen aber auf die aktiven Mitglieder jedoch überdurchschnittlich engagiert. Sie benutzen allfällige Vereinsmitgliedschaften vorwiegend nur noch zur Netzwerkarbeit. Das Schweizer Rechtssystem fördert diese Aufsplittung, sind doch privatrechtliche Gruppierungen, die nach unternehmerischen Grundsätzen agieren, problemlos möglich.

Mit der aus der Modelleisenbahnkrise Mitte der 2000er Jahre gewonnenen Ernüchterung beginnt die Einsicht, dass vielleicht auch Modelleisenbahnvereine das eine oder andere falsch, nicht aber alles falsch gemacht haben. So wachsen die Mitgliederzahlen der Vereine wieder, die beispielsweise Angebote für Jugendliche anbieten, nach Jahren der Stagnation, ja zum Teil eines deutlichen Rückgangs. Die Jugendlichen von Heute wachsen mit dem Digitalsystem auf. Ebenso beginnt die Einsicht sich auch in den Vereinen wieder durchzusetzen, dass nicht alles perfekt sein muss, und man seine ersten Fahrzeugmodelle letztendlich auch aus Karton und Holz erarbeitet kann. Dazu kommt, dass die heutigen Jugendlichen durch den Wandel in den Berufsausbildungen nur noch in einem weit geringeren Umfang handwerkliche Berufe erlernen, die die in den 1980er und 1990er Jahren möglichen Spitzenleistungen überhaupt ermöglichten. Während in den 1980er und 1990er Jahre die Präzision und die Anforderungen in den Vereinen fast bis ins Unmachbare und Unbezahlbare getrieben wurden (Nietenzähler, Puritaner…), wandelt sich das Bild immer mehr in eine spielerische Seite. Funktionen, Lichtspiel und Sound sind in, Nietenzähler sind out. Nicht nur die ältere Generation ergötzt sich zudem zunehmend an den wiederaufgearbeiteten rasselnden Tinplate-Fahrzeugen und lassen den Schluss zu, dass die Voraussetzungen für ein sehr vielfältiges Hobby Modellbahn mit den bestehenden Vereinsstrukturen und vermehrt privatrechtlich organisierten Gruppierungen für die 2010er in der Schweiz derzeit (Stand 2008) eindeutig gegeben sind.

Bilder (Auswahl) von typischen Aktivitäten von Modelleisenbahnvereinen

Siehe auch

Weblinks

Deutschland, Österreich und Schweiz

Europa