Personenkennzeichen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. Januar 2016 um 21:48 Uhr durch DirkBausB (Diskussion | Beiträge) (siehe Disk "verfassungswidrigkeit"). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Personenkennzeichen sind Kombinationen alphanumerischer Zeichen, die einer bestimmten Person zugeordnet sind. Dieser Begriff ist vor allem in Zusammenhang mit dem Datenschutz relevant.

Zweck

In der Theorie sollten Personenkennzeichen – wie ihre Pendants aus der Kfz-Welt – die Unterscheidbarkeit von allen anderen Menschen einer möglichst großen Gruppe, meistens eines Staates, bewirken. In der Praxis ist dies allerdings nicht so leicht möglich, da Datenzwillinge die eindeutige Unterscheidbarkeit erschweren und die Zuordnung von Person und Personenkennzeichen somit nicht immer eindeutig ist.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht sind Personenkennzeichen problematisch, da sie die Zusammenführung von unterschiedlichen Lebensbereichen und somit die Erstellung umfassender Persönlichkeitsprofile erlauben. Die Intensität des grundrechtlichen Eingriffs steigt mit dem Umfang des Verwendungsbereichs des Personenkennzeichens.

Identifikationssysteme

Deutschland

Alle deutschen Soldaten und Zivildienstleistende bei der Bundeswehr oder dem Bundesamt für den Zivildienst sind mit einer Personenkennziffer (abgekürzt PK) verzeichnet.

Zum 1. Juli 2007 wurde für jeden Einwohner eine unveränderbare Steuer-Identifikationsnummer angelegt. Sie gilt von der Geburt an und wird erst 20 Jahre nach dem Ableben der Person gelöscht.

Darüber hinaus ist jeder Erwerbstätige über die sogenannte Versicherungsnummer der Rentenversicherung identifizierbar.

In der DDR war jeder Einwohner ab dem 1. Januar 1970 über die Personenkennzahl registriert.

In den 1970er Jahren gab es auch in der Bundesrepublik Pläne für eine Personenkennziffer; diese sollte Verwaltungsvorgänge rationalisieren, indem sie die Personendaten sämtlicher Einwohner in einer Zentraldatei zusammengeführt hätte. Die Pläne wurden allerdings nicht umgesetzt; schon zu dieser Zeit gab es datenschutzrechtliche Bedenken.

„Was sollen wir nun dazu sagen, dass ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung noch für dieses, spätestens aber das nächste Jahr die Einführung eines Personenkennzeichens in Gestalt einer zwölfstelligen Zahl für alle Bürger der Bundesrepublik vorsieht? Müssen wir da nicht den Anfängen wehren, da wir doch durch Orwell gewarnt sind? […] Wenn es nur nach der Technik ginge, müsste jeder Bürger, der einem Computer persönliche Daten überlässt, damit rechnen, dass diese Daten auf unbegrenzte Zeit für jeden beliebigen Zugriff verfügbar bleiben. […] Ein Datenschatten mag uns dann wohl unser ganzes Leben begleiten, ob wir diesen Schatten auch noch so dringend abzuschütteln wünschen.“

Harald Weinrich[1]

Grundsatzentscheidung 1983

Bereits im sogenannten Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 wurde ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung postuliert und mehrfach auf Personenkennzeichen eingegangen und solchen schwere datenschutzrechtliche Bedenken gegenübergestellt. Die eigentlich geplante Volkszählung lief im Kern auf die Erfassung der gesamten Bevölkerung mit den Mitteln der elektronischen Datenverarbeitung hinaus und praktisch stand die Einführung eines Personenkennzeichens bevor. In seinem Urteil von 1983 hat das Bundesverfassungsgericht die Zuordnung der persönlichen Daten durch eine Ordnungsnummer ausdrücklich verboten. Die Daten der Volkszählung 2011 werden in den ersten vier Jahren über eine eindeutige Personenkennziffer zuordenbar sein.

Die Bedenken bestätigte das Bundesverfassungsgericht anlässlich des Urteils zur Online-Durchsuchung, indem es ein Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme formulierte. Die Erkenntnis, dass es keine belanglosen Daten gibt, wenn Daten gesammelt werden, etablierte den Datenschutz als Persönlichkeitsschutz.

Österreich

Obwohl die österreichische Rechtsordnung kein explizites Verbot von Personenkennzeichen kennt, ist die Verwendung von Personenkennzeichen nach der herrschenden Lehre aus Datenschutzgründen unzulässig. Trotzdem bestehen in der österreichischen Rechtsordnung etliche Quasi-Personenkennzeichen, wobei die Sozialversicherungsnummer auf Grund ihres hohen Verbreitungsgrads als echtes Personenkennzeichen zu betrachten ist.

Mit BGBl. I Nr. 10/2004 kam es zur Einführung des E-Government-Gesetzes, das eine neue, datenschutzkonforme Lösung der Personenkennzeichenproblematik herbeiführt.

Beispiele für Personenkennzeichen im österreichischen Recht

  • die Sozialversicherungsnummer, die weitverbreitet ist (§ 31 Abs. 4 Z 1 ASVG)
  • die ZMR-Zahl (§ 16 Abs. 4 Meldegesetz 1991)
  • die Stammzahl, die allerdings nur verdeckt verwendet werden darf (§ 2 Z 8 E-GovG)
  • die bereichsspezifischen Personenkennzeichen, die nur für eingeschränkte Bereiche verwendet werden dürfen (§ 9 E-GovG)

Schweiz

In der Schweiz soll demnächst eine neue Sozialversicherungsnummer in Form einer verwaltungs- und registerübergreifenden Personenidentifikationsnummer (PIN) eingeführt werden. Sowohl die Sozialversicherer als auch die staatliche Behörden sollen mit der PIN arbeiten. Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte hat Bedenken gegen diese Planungen angemeldet. Er befürchtet, dass die Verwendung der PIN den Persönlichkeits- und Datenschutz beeinträchtigen wird.

Chile

In Chile wird seit (spätestens) 1990 jedem Neugeborenen und jedem Zugewanderten eine Personenkennzahl (spanisch: Rol Único Nacional, RUN) zugewiesen. Für natürliche Personen fungiert diese unter anderem auch als Steueridentifikationsnummer (spanisch: Rol Único Tributario, RUT), Sozialversicherungsnummer, Personalausweisnummer, Führerscheinnummer, Passnummer und für viele nichtöffentliche Zwecke. Auch juristische Personen haben Steueridentifikationsnummern (RUT), die sich mit den Personenkennzahlen nicht überschneiden und naturgemäß nur für Steuerzwecke verwendet werden.

Die Personenkennzahlen bestehen aus 7 bis 8 Ziffern plus eine Prüfziffer (z.B. xx.xxx.xxx-z); sie werden durchgehend vergeben und enthalten demzufolge keine weitere Kodierung.

Frankreich

Jeder in Frankreich geborenen oder sozialversicherungspflichtigen natürlichen Person wird eine Identifikationsnummer zugewiesen. Diese wird fast überall, auch im behördlichen Schriftverkehr, als Numéro de sécurité sociale (Sozialversicherungsnummer) bezeichnet. Allerdings wird sie nicht von der Sozialversicherung, sondern vom staatlichen Statistikamt INSEE geführt, und ihre offizielle Bezeichnung ist Numéro d'inscription au répertoire des personnes physiques (Registrierungsnummer im Verzeichnis der natürlichen Personen, Abk. NIRPP oder häufiger NIR).

Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark

In den skandinavischen Ländern gibt es eine personnummer, die aus dem sechsstelligen Geburtstag in der Form JJMMTT (Schweden) bzw. TTMMJJ (Dänemark, Finnland und Norwegen) gefolgt von 4 Ziffern (in Norwegen 5 Ziffern), die unter anderem das Geschlecht kodieren, besteht. Diese Nummer wird sowohl von öffentlichen als auch nicht-öffentlichen Stellen als Schlüssel verwendet.

USA

In den Vereinigten Staaten von Amerika wird im Allgemeinen die Sozialversicherungsnummer schon seit vielen Jahren als Personenkennzeichen verwendet, da es keine allgemeine Meldepflicht gibt.

Siehe auch

Weitere Personenkennzahlen siehe unter Personenkennziffer.

Einzelnachweise

  1. "Ein Datenschatten mag uns dann unser ganzes Leben begleiten" (Ausschnitt aus der Sendung "Computer für Laien" vom 4. April 1975; auch zum Anhören als MP3). In: Sendezeichen (Rundfunksendung auf DLF). 14. März 2012, abgerufen am 26. April 2012.