Prozesskostenhilfe

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Über die Prozesskostenhilfe (PKH) (früher als „Armenrecht“ bezeichnet) kann gem. §§ 114 ff. ZPO einkommensschwachen Personen eine finanzielle Unterstützung zur Durchführung von Gerichtsverfahren gewährt werden. Prozesskostenhilfe kommt in Verfahren vor den Zivil-, Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichten sowie dem Bundesverfassungsgericht in Betracht, wenn eine Verfahrenspartei nicht in der Lage ist, die Gerichtskosten und die ggf. erforderlichen eigenen Anwaltskosten für den Prozess aufzubringen. In Strafverfahren kann nur Nebenklägern und Adhäsionsklägern oder Antragstellern im Klageerzwingungsverfahren Prozesskostenhilfe gewährt werden, bis 2019 muss jedoch aus europarechtlicher Verpflichtung eine Prozesskostenhilfe auch für Beschuldigte und Angeklagte eingeführt werden[1]. Die Prozesskostenhilfe trägt der Staat und über die im Vergleich zur regulärer Berechnung teilweise erheblich verminderten Gebühren die Anwaltschaft. Sie ist eine spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege und dient der Verwirklichung von Rechtsschutzgleichheit. In den Verfahren nach dem FamFG wird die Prozesskostenhilfe als Verfahrenskostenhilfe (VKH) bezeichnet.

Auf europäischer Ebene ist der Zugang für die Unionsbürger durch die EU-Prozesskostenhilfe-Richtlinie geregelt.

Voraussetzungen

Anspruchsberechtigte und bewilligungsfähige Verfahren

Prozesskostenhilfe kann nach § 114 S. 1 ZPO jeder Partei in einem gerichtlichen Verfahren gewährt werden. Typischerweise sind dies der Kläger und der Beklagte. Aber auch Nebenintervenienten bzw. andere Beteiligte in Verfahren nach dem FamFG oder (in speziellen Verfahren) Antragstellern oder Antragsgegnern, Gläubigern und Schuldnern kann Prozesskostenhilfe gewährt werden. Neben natürlichen Personen können auch juristische Personen (vgl. § 116 ZPO) Prozesskostenhilfe erhalten, allerdings unter wesentlich engeren Voraussetzungen. Auch Ausländer bzw. Staatenlose haben bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen uneingeschränkten Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung von Prozessen an deutschen Gerichten und zwar auch dann, wenn die Betroffenen keinen Wohnsitz in Deutschland haben. Für grenzüberschreitende Verfahren innerhalb der Europäischen Union gelten die Regelungen in §§ 1076 bis 1078 ZPO.

Für den außergerichtlichen Bereich kann (außer in den Bundesländern Bremen und Hamburg) nur Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz (BerHG) gewährt werden.

Antragstellung

Prozesskostenhilfe wird grundsätzlich nur auf Antrag gewährt, wobei der Antrag schriftlich oder zu Protokoll bei der Geschäftsstelle bzw. in einem Gerichtstermin gestellt werden kann, vgl. § 117 Abs. 1 ZPO. Für die Beantragung von Prozesskostenhilfe an sich besteht kein Formularzwang, jedoch ist die Verwendung der amtlichen Formulare bei der Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse vorgeschrieben. Werden bei Antragstellung noch keine Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht oder die amtlichen Vordrucke nicht verwendet, wird dies in der Regel vom Gericht nachgefordert.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe muss an das Gericht gerichtet werden, bei dem der Prozess anhängig ist oder bei dem er anhängig gemacht werden soll bzw. bei dem ein beabsichtigtes Rechtsmittel gegen eine Entscheidung der Vorinstanz eingelegt werden soll. Bei Verfassungsbeschwerden ist der Antrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe kann daher

  • vor Klageerhebung gestellt werden (sog. isoliertes Verfahren über Prozesskostenhilfe); in diesem Fall üblicherweise zusammen mit einem Klageentwurf oder einer sonstigen Darstellung des Sachverhalts und einer zumindest skizzierten Begründung der Klage,
  • zusammen mit der Klage gestellt werden oder
  • jederzeit nach Erhebung der Klage, jedoch vor dem Ende des Verfahrens, gestellt werden. In diesem Fall besteht jedoch für Kosten, die bereits vor Antragstellung angefallen sind, kein Erstattungsanspruch im Rahmen von Prozesskostenhilfe.

Sind für eine Klage oder ein Rechtsmittel Fristen zu beachten und sind diese Fristen während der Bearbeitungszeit eines isolierten Prozesskostenhilfeantrages verstrichen, so ist zur Rechtswahrung binnen zwei Wochen nach Erhalt der Entscheidung über Prozesskostenhilfe nicht nur die Klage tatsächlich zu erheben, sondern auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Sofern es sich um einen Anwaltsprozess handelt, ist in dieser Zeit auch ein Rechtsanwalt für das Verfahren zu beauftragen, damit dieser die Klage bzw. das Rechtsmittel in Vollmacht erhebt.

Für das Prozesskostenhilfeverfahren besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang und zwar auch dann nicht, wenn für das angestrebte Verfahren der Hauptsache Anwaltspflicht herrschen würde.

Persönliche und wirtschaftliche Voraussetzungen

Die wirtschaftliche Bedürftigkeit ist anhand einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darzustellen und zu belegen. Die genauen Berechnungsmodalitäten können in Einzelfällen kompliziert sein. Bezug von laufenden Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII stellt jedoch stets ein Indiz für die Bedürftigkeit dar und verpflichtet einen Rechtsanwalt jedenfalls zu einem Hinweis, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Frage kommen könnte. Auch ohne solche Leistungsansprüche können die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedoch vorliegen.

Der Antragsteller muss daher wahrheitsgemäß Auskünfte über seine Vermögenssituation geben. Seit 2014 ist gesetzlich klargestellt, dass der Verfahrensgegner auch zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers Stellung nehmen kann; gleichwohl sind diesem gem. § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO die vorgelegten Unterlagen im Regelfall nicht bzw. nur mit Zustimmung des Antragstellers zugänglich zu machen.

In persönlichen Angelegenheiten besteht gegen einen leistungsfähigen Ehegatten, auch wenn die Partner getrennt leben sollten, evtl. ein Unterhaltsanspruch für die Führung eines gerichtlichen Verfahrens, der sog. Prozesskostenvorschuss. Bei bestehendem und durchsetzbarem Anspruch sind die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht gegeben.

Erfolgsaussichten und fehlende Mutwilligkeit

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt weiter voraus, dass hinreichende Aussichten auf Erfolg vorliegen und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint.

Anhand der vorgelegten Unterlagen zum Streitfall und einer ggf. eingehenden Stellungnahme des Gegners bzw. der anderen Beteiligten hierzu erfolgt durch das Gericht eine summarische Vorprüfung. Für eine Bewilligung muss der Verfahrensausgang danach zumindest offen sein und z.B. erst im Rahmen einer Beweiserhebung geklärt werden können. Hat die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur zum Teil hinreichende Aussicht auf Erfolg, erfolgt auch nur insoweit eine Bewilligung und folglich Übernahme der Prozesskosten.

Darüber hinaus darf die Rechtsverfolgung nicht im Sinne von § 114 Abs. 2 ZPO mutwillig erscheinen. Als mutwillig gilt ein Prozess dann, wenn trotz bestehender Erfolgsaussichten eine wirtschaftlich besser gestellte und verständige Person die Klage dennoch nicht erheben würde (z.B. wegen unverhältnismäßig hoher Prozesskosten im Verhältnis zum erreichbaren Ziel).

In der Literatur wird vielfach kritisiert, dass durch diese Beschränkung auch bei einer hinreichenden Erfolgsaussicht die Bewilligung der PKH verweigert werden könne. Das kann beispielsweise ein Mieter sein, der aufgrund seiner Beweislast erst einen teuren Gutachter einschalten müsste, wenn der Vermieter die Schuld am Eintritt eines Mangels bestreitet (§ 536a BGB).[2]

Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe und Folgen

Gewährung von Prozesskostenhilfe

Im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist die Partei von der Zahlung von Gerichts- und Verfahrenskosten befreit. Soweit Prozesskostenhilfe nur mit Ratenzahlungen bewilligt wurde, sind jedoch die festgesetzten Raten zu zahlen, bis die voraussichtlichen Kosten gedeckt sind bzw. die Ratenobergrenze erreicht ist.

Wurde der Prozesskostenhilfeantrag bereits durch einen Rechtsanwalt gestellt oder hat der Antragsteller bereits einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt seiner Wahl angegeben, so ordnet das Gericht diesen gem. § 121 ZPO bei. Wurde bis zum Bewilligungsbeschluss noch keine Beiordnung eines bestimmten Rechtsanwalts beantragt, so kann der Berechtigte auch nachträglich noch die Beiordnung eines vertretungsbereiten Rechtsanwalts seiner Wahl beantragen, wobei ggf. eine Einschränkung hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten dergestalt erfolgt, dass nur die Kosten eines Rechtsanwalts mit Sitz im Gerichtsbezirk oder am Wohnsitz des Antragstellers übernommen werden.

Die Beiordnung verschafft dem beigeordneten Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse und löst eine Forderungssperre hinsichtlich der Anwaltsgebühren gegenüber dem Mandanten aus, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Demnach ist es dem Rechtsanwalt ab dem Zeitpunkt der Beiordnung verwehrt, direkt mit dem Mandanten abzurechnen. Wichtige andere Punkte des Verhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant werden durch die Beiordnung hingegen nicht geregelt. Insbes. ersetzt die Beiordnung keine Vollmacht; die Vollmacht ist stets vom Rechtssuchenden gesondert zu erteilen. Auch kann der Prozesskostenhilfeberechtigte nicht die Beiordnung eines bestimmten Rechtsanwalts gegen dessen Willen erzwingen (§ 121 Abs. 1 ZPO: „zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt“) oder vom beigeordneten Anwalt den Abschluss eines über die gesetzlichen Regelungen hinausgehenden Anwaltsvertrages verlangen.[3] Umgekehrt ist eine Vergütungsvereinbarung, die einem beigeordneten Rechtsanwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung zugesteht, gem. § 3a Abs. 3 RVG nichtig.

Wird die Prozesskostenhilfe bewilligt und verliert der Antragsteller den Prozess, werden die Gerichtskosten, die Kosten einer eventuellen Beweisaufnahme (z. B. Auslagen für Zeugen oder Sachverständige) sowie die Anwaltsgebühren des eigenen beigeordneten Rechtsanwaltes von der Staatskasse übernommen, nicht aber die Kosten des gegnerischen Anwalts, § 123 ZPO. Diese muss der Antragsteller im gleichen Umfang erstatten, wie dies auch bei nicht bedürftigen Personen der Fall ist. Die Prozesskostenhilfe deckt nur die Gerichtskosten und die Gebühren des eigenen Anwalts, welche ab einem Streitwert von mehr als € 4000 nach abgesenkten Sätzen (§ 49 RVG) berechnet werden. Gewinnt der Antragsteller den Prozess, muss – außer bei arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz – der Gegner sämtliche Anwalts- und Prozesskosten tragen.

Ablehnung von Prozesskostenhilfe

Wird Prozesskostenhilfe abgelehnt, ist hiergegen in der Regel das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 567 ZPO gegeben. Die Zurückweisung eines Antrages auf Prozesskostenhilfe ist nicht anfechtbar, wenn der Streitwert der Hauptsache 600 € nicht übersteigt, soweit das Gericht nicht lediglich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat (§ 127 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz ZPO). Ebenso ist kein Rechtsmittel gegen eine ablehnende Prozesskostenhilfeentscheidung gegeben, wenn gegen eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren kein Rechtsmittel mehr möglich wäre oder die Beschwerde durch ein Gesetz ausgeschlossen ist, z.B. in Asylverfahren nach § 80 AsylG. Der ablehnende Beschluss hat eine Begründung zu enthalten, aus welcher sich ergibt, ob das Gericht die Erfolgsaussichten der Klage verneint oder sie mutwillig erscheint oder der Antragsteller in der Lage ist, aus eigenen Mitteln seine Prozessführung zu finanzieren. Während die Beschwerde häufig auch ohne Anwalt möglich ist, gilt dies jedenfalls nicht im finanzgerichtlichen Verfahren.[4][5]

Vor dem Hintergrund der Mutwilligkeit ist hoch umstritten, ob einem Antragsgegner, der im PKH-Prüfungsverfahren keine Stellungnahme abgegeben hat, nach Rechtshängigkeit des Antrags die Gewährung von PKH für die eigene Verteidigung wegen Mutwilligkeit verweigert werden kann (vgl. Weißbrodt FF 2003, 237).

Dagegen spricht allerdings bereits, dass er zu einer solchen Stellungnahme nach dem eindeutigen Wortlaut von § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht verpflichtet ist (so OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1132; OLG Hamm FamRZ 2004, 466; OLG Schleswig FuR 2006, 142; OLG Hamm FamRZ 2008, 1264; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 142; OLG Oldenburg FamRZ 2013, 59; Büte FuR 2006, 533, 535; a. A. OLG Oldenburg FamRZ 2002, 1712; OLG Brandenburg FamRZ 2006, 349; OLG Brandenburg FamRZ 2008, 70 m. abl. Anm. Gottwald und abl. Anm. Nickel, MDR 2008, 65; OLG Köln JurBüro 2009, 145; OLG Köln FamRB 2012, 11; differenzierend OLG Köln FamRZ 2011, 125; OLG Celle FamFR 2011, 444). Art. 103 Abs. 1 GG gibt zwar ein Recht, führt aber nicht zu einer Pflicht des Gegners gegenüber dem VKH-Beteiligten oder gar der Staatskasse (OLG Oldenburg MDR 2012, 995). Insbesondere entsteht zwischen den Beteiligten kein Prozessrechtsverhältnis (OLG Düsseldorf JurBüro 2011, 655).

Auch differenziert § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zwischen „armen“ und „reichen“ Prozessparteien. Eine unbemittelte Partei kann damit nicht weiter in die Pflicht genommen werden als die bemittelte (vgl. OLG Oldenburg MDR 2012, 995). Hinzu kommt, dass das PKH-Verfahren nur ein Verfahren zwischen Gericht und Antragsteller ist, in dessen Rahmen der Antragsgegner zwar rechtliches Gehör erhält, an dem er jedoch ansonsten gar nicht beteiligt ist (OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1132; OLG Schleswig FuR 2006, 142). Insbesondere kann dem Antragsgegner zu diesem Zeitpunkt PKH noch nicht bewilligt werden (OLG Naumburg FamRZ 2008, 1088). In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass für das Gericht Veranlassung bestehen kann, dem Antragsteller gem. § 124 Nr. 1 ZPO die bereits bewilligte Prozesskostenhilfe zu entziehen, wenn sich bei der nachfolgenden Einlassung des Antragsgegners herausstellt, dass der Antragsteller ihm bekannte maßgebliche Fakten verschwiegen hat (Viefhues FuR 2012, 291, 296).

In Familiensachen kann jedoch mit Rücksicht auf § 243 FamFG etwas anderes gelten, wenn auf ein Auskunftsverlangen zum Unterhalt nicht Stellung genommen, sondern der (durchgreifende) Einwand der Leistungsunfähigkeit bis zur förmlichen Zustellung des Auskunftsantrags zurückgehalten wird (OLG Celle FamRZ 2012, 47; OLG Hamm FuR 2012, 202): Dem Unterhaltsschuldner können nämlich gem. § 243 FamFG die Verfahrenskosten auch dann auferlegt werden, wenn er Anlass zu einem Unterhalts-Stufenantrag gegeben hat, selbst wenn sich die Hauptsache noch vor förmlicher Antragszustellung erledigt (OLG Düsseldorf FamRZ 2004, 1661; OLG Celle FamRZ 2009, 72; Reinken FPR 2009, 406).

Gibt jedoch der Antragsgegner eine Stellungnahme ab und verschlechtern sich dadurch die Erfolgsaussichten für den Antragsteller, darf dieser Umstand bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten berücksichtigt werden (OLG Schleswig FamRZ 2013, 62).

Überprüfungsverfahren

Die Änderung der Prozesskostenhilfeentscheidung ist innerhalb von vier Jahren nach Abschluss des Verfahrens möglich, § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO. In diesem Zeitraum können die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erneut überprüft werden. Abhängig vom Ergebnis der Überprüfung kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe dahingehend ändern, dass eine Ratenzahlung oder Einmalzahlung angeordnet wird. Außerdem kann es eine bereits bestehende Ratenanordnung hinsichtlich der Ratenhöhe ändern. Eine unzureichende Mitwirkung an dem Prüfungsverfahren kann gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zur Aufhebung der Prozesskostenhilfe führen. Die Überprüfung erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Nr. 4 RPflG.

Kosten des Bewilligungsverfahrens

Allgemeine Kostenregelungen

Für das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe fallen zunächst keine Gerichtskosten an. Anders jedoch, wenn eine sofortige Beschwerde eingelegt und zurückgewiesen wird. Gemäß Nr. 1812[6] des GKG-Kostenverzeichnisses (KV) betragen die Gerichtsgebühren hierfür 60 Euro, es steht jedoch im Ermessen des Gerichts, sie auf die Hälfte zu reduzieren oder nicht zu erheben (Anmerkung zu KV Nr. 1812 GKG). Für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt § 131b KostO, die Gebühr beträgt 50 Euro. Ebenso können Kosten in dem praktisch seltenen Fall eintreten, dass Zeugen oder Sachverständige bereits während eines Prüfungsverfahrens vernommen werden, § 118 Abs. 1 S. 5 ZPO.

Wird ein Anwalt beauftragt, die Prozesskostenhilfe zu beantragen, fällt hierfür eine Gebühr gemäß Nr. 3335[7] des RVG-Vergütungsvezeichnisses (VV) an. Diese beträgt so viel wie die Verfahrensgebühr des Bezugsverfahrens, für das die Prozesskostenhilfe beantragt wird, höchstens jedoch eine volle Gebühr (1,0). Für Verfahren vor den Sozialgerichten gilt, sofern diese Verfahren nach Betragsrahmengebühren abzurechnen sind, die Nr. 3336 RVG-VV; die Gebühr beträgt zwischen 30 und 320 Euro.

Wer einen Anwalt mit dem Prozesskostenhilfeantrag beauftragt, muss ihn selbst bezahlen. Kommt es jedoch später zur Bewilligung und wird das Gerichtsverfahren durchgeführt, gehen diese Gebühren in den späteren (von der Prozesskostenhilfe gedeckten) Gebühren auf, § 16 Nr. 2 RVG.

Im Bewilligungsverfahren findet keine Kostenerstattung statt, § 118 Absatz 1 Satz 4 ZPO. Der Gegner muss entstandene Kosten also nicht erstatten, auch wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird.

Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe für das Verfahren auf Prozesskostenhilfe

Für das Prozesskostenhilfeverfahren selbst wird im Grundsatz keine Prozesskostenhilfe gewährt, da das Verfahren insoweit nicht als gerichtliches Verfahren gilt.[8] Vielmehr steht dem Rechtssuchenden hiefür die Möglichkeit der (vorbereitenden) Beratungshilfe zu (ebd.) Für ein Beschwerdeverfahren gegen eine Entscheidung in einem Prozesskostenhilfeverfahren ist die Situation noch umstritten, jedoch deutet die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs darauf hin, dass in der Regel auch für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Etwas anderes gilt jedoch für das Beschwerdeverfahren in den Angelegenheiten der Finanzgerichtsbarkeit, da die dortige PKH-Beschwerde bereits dem Anwaltszwang unterliegt und der Bundesfinanzhof daher die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Beschwerdeverfahren ausdrücklich zugelassen hat.[9]

Rechtsschutzversicherung

Eine bestehende Rechtsschutzversicherung hindert die Beantragung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe zunächst nicht. Erfolgt jedoch eine Deckungszusage, dann sind die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedenfalls entfallen. Es besteht insofern eine Mitteilungspflicht gem. § 120a Abs. 2 S. 1 ZPO an das Gericht.

Strafverfahren

In Strafverfahren wird dem Beschuldigten bzw. Angeklagten keine Prozesskostenhilfe gewährt. Hier greift in den Fällen notwendiger Verteidigung die Pflichtverteidigung. Dagegen kann Opfern von Straftaten, die zur Nebenklage berechtigt sind, hierfür Prozesskostenhilfe gewährt werden. Gemäß § 379 Abs. 3 StPO wird auch dem Privatkläger im Privatklageverfahren Prozesskostenhilfe nach denselben Grundsätzen und Voraussetzungen wie im Zivilprozess gewährt.

Literatur

  • Hundt: Prozesskosten- und Beratungshilfe, Leitfaden für die Praxis. 1. Auflage. 2008, ISBN 978-3-472-06940-9.
  • Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs: Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe. 4. Auflage. 2005, ISBN 978-3-406-53385-3.
  • Michael Nickel: Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zur Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, Monatsschrift für Deutsches Recht 2012, 1261
  • Michael Nickel: Änderung des Prozesskostenhilferechts – wirtschaftliche Notwendigkeit oder Augenwischerei?, Familie und Recht 2013, 82
  • Michael Nickel: Verfahrenskostenhilfe für beabsichtigte Beschwerde – alle Probleme gelöst?, Der Familienrechtsberater 2013, 129
  • Schoreit/Groß: Beratungshilfe Prozesskostenhilfe. 9. Auflage. 2008, ISBN 978-3-8114-3432-5.
  • Poller/Teubel: Kostenhilferecht, Handkommentar. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2012, ISBN 978-3-8329-6479-5.
  • Martin Weigl, Fallstricke und die Erledigung im Prozesskostenhilfeverfahren – Kostenvermeidungsinteresse des Mandanten und Gebühreninteresse des Prozessvertreters, AO- StB 2013, 19–24

Weblinks

Ausführliche Rundfunkberichte

Einzelnachweise

  1. Europäische Kommission: Neue EU-Vorschriften garantieren Prozesskostenhilfe in Strafverfahren. 13. Oktober 2016, abgerufen am 14. Oktober 2016.. Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls steht zur Veröffentlichung im Amtsblatt an; die Frist zur Umsetzung beträgt drei Jahren nach der noch ausstehenden amtlichen Veröffentlichung.
  2. Haufe.de Neues Prozesskosten- und Beratungshilferecht
  3. http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=291110B6B59.10.0&add_az=6+B+59.10&add_datum=29.11.2010 Bundesverwaltungsgericht, Beschl. v. 29. November 2010 – BVerwG 6 B 59.10
  4. http://lexetius.com/1985,97 Bundesfinanzhof, Beschl. v. 18. Juli 1985 – V S 3/85
  5. https://www.jurion.de/Urteile/BFH/2001-03-19/X-E-1_01 Bundesfinanzhof, Beschl. v. 19. März 2011 – X E 1/01
  6. 1812 GKG-KV
  7. RVG-VV 3335
  8. https://www.jurion.de/Urteile/BGH/1984-05-30/VIII-ZR-298_83 Bundesgerichtshof, Beschl. v. 30. Mai 1984 – VIII ZR 298/83
  9. http://lexetius.com/1985,97 Bundesfinanzhof, Beschl. v. 18. Juli 1985 – V S 3/85