Rosenau (Basel)

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Als Rosenau wird ein ‹auf dem Lysbüchel› oder ‹St. Johann-Boden› am Wasenrain im äussersten Nordwesten des Baseler Stadtteils St. Johann gelegenes Gelände unmittelbar an der Grenze zu Frankreich bezeichnet.[1]

Notwohnsiedlung

In den Jahren 1948/49 wurde dort die Notwohnsiedlung in der Rosenau errichtet. Sie war Teil eines staatlich subventionierten Bauprogramms zur Bekämpfung des Wohnungsmangels und umfasste 13 gleichartige, zweigeschossige Wohngebäude mit jeweils 20 Zimmern sowie einen Kindergarten. Sie bestanden allesamt aus vorgefertigten Durisolplatten, die in ein hölzernes Grundgerüst eingefügt wurden, was einen schnellen und billigen Aufbau ermöglichte. Die Häuser dieses Typs waren für die vorübergehende Unterbringung von Familien in Not konzipiert und wurden auf Basler Stadtgebiet auch an der Burgfelder Grenze sowie beim Friedhof am Hörnli erstellt.[2] Der Name der Siedlung wurde anscheinend von dem etwa sieben Kilometer nordnordwestlich am elsässischen Rheinufer gelegenen Dorf Rosenau übernommen.[1]

1996 wurden die Häuser in der Rosenau abgebrochen, um dem Bau der Basler Nordtangente Platz zu machen; bestehen blieb zunächst das Wohngebäude an der Neudorfstrasse 93, das bis 2004 als Bauleiterbaracke genutzt wurde.

Villa Rosenau

Villa Rosenau im Jahr 2006.

Anlässlich einer Volxküche wurde das einzige noch erhaltene Haus von Linksautonomen besetzt und diente in den folgenden Jahren unter dem Namen Villa Rosenau als Soziales Zentrum. Die Betreiber richteten darin eine Siebdruckwerkstatt, einen Kinoraum, eine Bar und ein Konzertlokal ein.[3] Die Bewohner unterstützten unter anderem Kampagnen gegen Ausschaffungen, insbesondere im Fall der möglichen Auslieferung des kurdischen Flüchtlings Erdogan Elmas an die Türkei.[4][5]

Auf Mitte 2008 plante das Basler Tiefbauamt, welches das Haus für das Bundesamt für Strassen verwaltete, das Gebäude zugunsten einer Ersatzgrünfläche, deren Anlegung als Ausgleich für den Bau der Nordtangente vom Gesetz vorgeschrieben war, abzubrechen. Aufgrund einer parlamentarischen Interpellation einiger Grossräte aus dem rot-grünen Lager wurde aber schliesslich der Fortbestand der Villa Rosenau «bis auf Weiteres» zugestanden.[6] Konservative Politiker und der Basler Polizeibeamtenverband kritisierten dies als Duldung eines «rechtsfreien Raums».[7][8]

In der Nacht den 3. Februar 2013 wurde das Gebäude bei einem Brand erheblich beschädigt.[9][10] Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war eine überlastete Elektroleitung die Brandursache. Die Gebäudeversicherung erklärte Totalschaden und liess die Liegenschaft aus Sicherheitsgründen absperren und auf den 8. Februar abreissen.[11][12][13] Dieses Vorgehen wurde von ehemaligen Bewohnern und deren Sympathisanten stark kritisiert.[14][15] So soll das Haus laut privatem Gutachten nicht einsturzgefährdet gewesen sein. Bei den Abrissarbeiten sei ein intakter Wohnbus zerstört worden, und die Polizei habe den ehemaligen Anwohnern den Zutritt verweigert, um ihr letztes Hab und Gut zu bergen. Fotos der Bewohner zeigen, dass grosse Teile der Liegenschaft und des Inventars von den Flammen unberührt geblieben waren.[16][17][18][19] Rund 200 Personen gedachten im Februar der abgerissenen Besetzer-Kommune mit einem «Trauermarsch» durch Basel,[20] im September 2013 gab es einen «Geburtstagsumzug» zur Feier der Besetzung vor neun Jahren.[21]

Die Villa Rosenau war das bislang letzte besetzte Haus in Basel. Auf dem Areal soll nun ein Gewerbepark entstehen.[22]

Literatur zur Architekturgeschichte

  • Dorothee Huber: Architekturführer Basel. Herausgegeben vom Architekturmuseum in Basel. 2. Auflage, Architekturmuseum, Basel 1996, ISBN 3-905065-22-3, S. 378 f.
  • Rudolf Kaufmann: Das künstlerische Leben in Basel vom 1. Oktober 1947 bis 30. September 1948, publiziert im Basler Jahrbuch 1949, herausgegeben von Ernst Jenny und Gustav Steiner, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel 1948, S. 187, 226

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Hansjörg Huck: Vor dem St. Johann-Tor: Flurnamen und Ortsbezeichnungen ‹Auf dem Lysbüchel›, ‹Im Davidsboden›, zusammengestellt aus diversen Quellen-, Plänen- und Literaturbereichen des Staatsarchiv Basel-Stadt, Basel 2007; online (PDF; 22,1 MB)
  2. Ursprünge der Villa Rosenau, altbasel.ch, 4. Januar 2012, abgerufen am 3. Oktober 2013
  3. Villa Rosenau besetzt! (Memento vom 22. Mai 2007 im Internet Archive), Villa Rosenau
  4. Gewalttätiger Linksextremismus (PDF; 1,4 MB), Vertrauliches Dokument der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt auf grundrechte.ch
  5. Erdogan E. ist frei, Indymedia Schweiz, 30. Januar 2007
  6. Dominik Gross: Villa Rosenau, das letzte besetzte Haus in der Stadt Basel: Bastion des Lebendigen, WOZ Die Wochenzeitung, 3. Juni 2008
  7. Mischa Hauswirth: «Die Villa Rosenau ist ein rechtsfreier Raum», Basler Zeitung, 20. Oktober 2011
  8. Raphael Suter: Besetzer sind wichtiger als Steuerzahler, Kommentar in der Basler Zeitung, 5. Februar 2013
  9. Besetzte «Villa Rosenau» ist abgebrannt, 20 Minuten, 3. Februar 2013
  10. Besetzer wollen in der Villa Rosenau bleiben, Schweizer Radio und Fernsehen (SFR), 4. Februar 2013
  11. Überlastete Elektroleitung Ursache von Brand in «Villa Rosenau», Bluewin, 5. Februar 2013
  12. Martin Regenass: Das Ende der Villa Rosenau, Basler Zeitung, 9. Februar 2013
  13. Abbruch «Villa Rosenau», SRF, Schweiz aktuell, 8. Februar 2013
  14. Renato Beck: Villa Rosenau: Fragezeichen hinter Vorgehen der Behörden, TagesWoche, 9. Februar 2013
  15. Abschied von der Villa Rosenau – Gedanken über besetzte Häuser, Blog 47: Intellektuelle Selbstverteidigung, 11. Februar 2013
  16. Basel: Und plötzlich war die Villa ganz weg, WOZ Die Wochenzeitung, 21. Februar 2013
  17. Die Frage nach dem Wie und Wo, Blog zum Abriss der Villa Rosenau, 1. Oktober 2013
  18. Abbruch: Vom Feuer zerstörte «Villa Rosenau» in Basel abgerissen, TagesWoche, 8. Februar 2013
  19. Villa Rosenau ist abgerissen, Badische Zeitung, 9. Februar 2013
  20. Demonstration: Der Abschied von der Villa Rosenau verläuft nicht ohne Nebengeräusche, Basellandschaftliche Zeitung, 11. Februar 2013
  21. Basel: Geburtstagsumzug für die Villa Rosenau, Indymedia, 1. Oktober 2013
  22. Gewerbepark statt Villa Rosenau, Basler Zeitung, 18. Juni 2013

Koordinaten: 47° 34′ 31″ N, 7° 33′ 54″ O; CH1903: 609509 / 269405