Süsterkirche

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Süsterkirche
Süsterkirche von Nordosten
Süsterkirche, Nordwand der ehemaligen gotischen Kapelle
Gotisches Langhaus. Grundriss mit Netzgewölbe 1906
Gotisches Langhaus. Längs- und Querschnitt 1906
Blick zur Orgelempore 1906

Die Süsterkirche des ehemaligen Augustinerinnenklosters Mariental ist heute die Pfarrkirche der evangelisch-reformierten Gemeinde in der ostwestfälischen Stadt Bielefeld. Sie liegt in der nördlichen Altstadt am gleichnamigen Süsterplatz und damit im Stadtbezirk Mitte.

Baugeschichte und Architektur

Der Bau der Kirche geht auf die Gründung des Klosters Mariental durch die Augustinerschwestern im Jahre 1491 zurück. Die „Süstern“, niederdeutsch für Schwestern, ließen sich in der Bielefelder Altstadt nieder, und bebauten ein Grundstück mit einem Kirchen- und einigen Klostergebäuden. Die Kirche war zunächst ein einschiffiger, vierjochiger Bau im Stil der Spätgotik mit polygonalem Chor. Die Fenster zeigen Maßwerkformen dieser Zeit; hierzu passt auch das Netzgewölbe im Kirchenraum. Die Fertigstellung der übrigen Gebäude, dem Süsterhaus und dem Kloster zum Mariental wird auf 1514, der Jahreszahl auf einer der Glocken geschätzt. Von den Klostergebäuden blieb Süsterplatz 2 erhalten. Der quadratische zweigeschossige Bau mit Satteldach entstand im Kern bereits zwischen 1500 und 1600 und dient heute als Pfarrhaus. Im 18./19. Jahrhundert wurde er unter Veränderung der ursprünglichen Geschosshöhen durchgreifend umgebaut. Der Vordergiebel zum Süsterplatz wurde dabei in neugotischen Formen dekoriert.

Im Jahr 1616 wurde das Kloster von der Stadt Bielefeld übernommen. Nachdem 1657 die Evangelisch-reformierte Gemeinde gegründet worden war, ging die Kirche 1671 als Schenkung durch den Kurfürsten in den Besitz der Gemeinde über.

Das städtische Umfeld war im 18. Jahrhundert stark gewachsen, die einschiffige Kirche musste zudem eine steigende Zahl von Gemeindemitgliedern verkraften. Zunächst errichtete man 1861 nach Plänen von Christian Heyden den 28 Meter hohen Westturm, einher ging die Verlegung des Einganges in Richtung Westen. 1892 folgte die Erweiterung der Kirche in neogotischen Formen um den Chorraum und das Querschiff, so dass der kreuzförmige Grundriss der Kirche entstand. Das Gebäude erhält außerdem eine Heizung und eine Gasbeleuchtung.

Erstmals mit elektrischer Beleuchtung konnten 1925 Gottesdienste gefeiert werden, einige Jahre später wurde die Kirche neu ausgestaltet.

Bei starken Bombenangriffen auf Bielefeld im Herbst 1944 wurde die Süsterkiche am 30. September zu 72 % zerstört, der gesamte Dachstuhl brannte nieder. Beim anschließenden Wiederaufbau errichtete man eine neue Orgelempore. 1950/51 werden neue Kirchenfenster eingesetzt. Die vorläufig letzte Renovierung erfolgte im Jahr 1971 in Form eines neuen Innenanstrichs, einem Parkettfußboden und einem neuen Kirchengestühl.

Ausstattung und Inventar

Die 1971 angeschaffte Orgel verfügt seit 1987 über fünfundzwanzig Register und 1654 Pfeifen. Es ist bereits die fünfte Orgel der Kirche, ergänzt wird die kirchenmusikalische Begleitung seit 2004 von einem Flügel.

Anstelle eines Taufbeckens verfügt die Kirche über eine silberne Taufschale, nach eigenen Angaben der wertvollste Besitz der Gemeinde. Die zwischen 1680 und 1690 vom Hannoverschen Hofschmied erstellte Arbeit ist mit zwei pausbäckigen, sich zugewandten Engelsköpfen mit dichtem Haarschopf verziert. Die beiden Abendmahlbrotteller sind ebenso bemerkenswert. Der flämische Altartisch stammt aus dem frühen 18. Jahrhundert.[1]

Die Kanzel wurde 1891 aus alten Teilen zusammengesetzt und ist mit einigen Engelsköpfen verziert.

Im Sinne der reformierten Tradition der Gemeinde findet man in der Süsterkiche keinen Altar. Auch sucht man ein Kreuz, Blumen oder Kerzen vergeblich. Der Chorraum ist jedoch mit einem großen Mosaik geschmückt, das der Bielefelder Künstler Georg Tuxhorn (1903–1941) im Sommer 1929 ausgeführt hat.

An die gefallenen Gemeindemitglieder des Ersten und Zweiten Weltkrieg erinnern zwei Gedenktafeln im Eingangsbereich.

Glocken

Insgesamt drei Gussstahlglocken, gegossen 1921 von der Gießerei Lauchhammer in Torgau, hängen im Turm der Süsterkirche. Sie tragen eine sich ergänzende Inschrift.[2]

Inschrift AUS SÜNDE UND TOD AUS SCHANDE UND NOT ERRETT' HERRE GOTT
Durchmesser (mm) 1434 1174 1003
Gewicht (ca. kg) 1574 1000 677
Schlagton f' +9- as' +9 ces" +7

Gemeinde

Die Kirche gehört der einzigen evangelisch-reformierten Gemeinde in Bielefeld. Die etwa 3.100 Mitglieder zählende Gemeinde hat 2004 4.872 Gottesdienstbesucher gezählt.[3] Zur Verbesserung der Finanzlage sammelt die Gemeinde ein freiwilliges Kirchengeld. Die Gemeinde bietet zahlreiche Gruppen und Kreise für alle Altersschichten an, etwa einen Bibelgesprächskreis, eine Krabbel- und Pfadfindergruppe und eine Seniorengruppe.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Süsterkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellenangaben

  1. Matzner, Florian / Schulze, Ulrich: Barock in Westfalen. Ardey-Verlag. Münster 1997, S. 48
  2. Harald Propach, Die Glocken von Bielefeld. Stimme der Kirche. Kulturgut und Kunstwerk, Bielefeld 2008, ISSN 1619-9022, 148
  3. reformiert-bi.de: Zahlen und Fakten (Memento vom 9. Oktober 2007 im Internet Archive), abgerufen 23. April 2007

Koordinaten: 52° 1′ 21″ N, 8° 31′ 52″ O