Udo Witzens

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. August 2015 um 21:35 Uhr durch GiftBot (Diskussion | Beiträge) (Bot: fixe defekten Weblink). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Udo Witzens (* 1941 in Karwin, Landkreis Teschen) ist ein deutscher Politologe und Orientalist.

Leben und Wirken

Witzens studierte Politische Wissenschaften, Orientalistik, Germanistik, Anglistik und Philosophie an den Universitäten Heidelberg und Freiburg. Er promovierte im Fach Orientalistik an der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaften der Universität Heidelberg über die Thesen von Karl A. Wittfogel zum „Orientalischen Despotismus“. Als Mitarbeiter des Südasieninstituts der Universität Heidelberg arbeitete er über die politischen Implikationen des Neobuddhismus in Südostasien mit den Schwerpunkten Sri Lanka und Birma. Es folgte eine Lehrtätigkeit als Dozent für Politische Bildung in der Lehrer- und Erwachsenenbildung.

Seit einigen Jahren untersucht Witzens Fragestellungen zum Verhältnis von orientalischer und westlicher Kultur. Er bestreitet Samuel Huntingtons These vom „Kampf der Kulturen“ und postuliert im Gegensatz zu diesem die Kompatibilität von muslimischem und christlichem Kulturkreis, die in Europa seit Jahrhunderten miteinander verflochten sind. Nach Witzens machen kulturelle Vielfalt und kosmopolitische Tradition die wahre Identität Europas aus. Witzens verwirft die unter anderem von Huntington und dem französischen Historiker Jacques Le Goff betriebene Reduktion der EU auf das römisch-christliche Abendland, ein Konzept, das sowohl die christlich-orthodoxen als auch muslimischen Völker und Nationen aus Europa ausschließt. Deshalb wendet er sich auch dezidiert gegen die Ausgrenzung der Türkei aus der Europäischen Union, wie sie im Gefolge Huntingtons von nationalkonservativen deutschen Politikern und Historikern betrieben wird. Er hat das Vorwort zu Cem Özgönüls Der Mythos eines Völkermordes – eine kritische Betrachtung der Lepsiusdokumente sowie der deutschen Rolle in Geschichte und Gegenwart der „Armenischen Frage“ geschrieben. Darin schreibt Witzens, dass die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten, die er als Kind miterlebt hat, und die Deportation der Armenier im Osmanischen Reich analoge Ereignisse sind und beide Ereignisse keinen Völkermord sondern Ethnische Säuberungen darstellen. Dabei stützt er sich insbesondere auf die Arbeiten von Bernard Lewis, Guenter Lewy sowie auf Özgönüls Ergebnisse, der „anhand einer Fülle neuer Dokumente mit althergebrachten Stereotypen“ aufräume und „so eine neue Sichtweise auf die damaligen Ereignisse“ eröffne.[1] Witzens schließt sein Vorwort mit den Worten, es gehe in diesem Buch nicht um Geschichtsrevisionismus, sondern um die Korrektur eines einseitigen Geschichtsbildes, in welchem aufgrund selektiver Wahrnehmung und fragwürdiger Legendenbildung wesentliche Aspekte systematisch ausgeblendet worden seien.[1]

Der parteilose Politologe Witzens ist ein Vertreter der strukturvergleichenden (komparatistischen) Methode, wie sie von seinen akademischen Lehrern Manuel Sarkisyanz, Dieter Oberndörfer und Gottfried-Karl Kindermann in der Tradition von Arnold Bergstraesser entwickelt wurde.

Veröffentlichungen

Quellen

  • Samuel P. Huntington: Kampf der Kulturen. München/Wien 1996.
  • Guenter Lewy: The Armenian Massacres in Ottoman Turkey, A disputed Genocide. University of Utah Press 2005.
  • Bernard Lewis: Stern, Kreuz und Halbmond. München/Zürich 1997.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Cem Özgönül: Der Mythos eines Völkermordes - eine kritische Betrachtung der Lepsiusdokumente sowie der deutschen Rolle in Geschichte und Gegenwart der „Armenischen Frage“. Önel, Köln 2006, ISBN 3-933348-93-5, S. 23.