Ultradiane Rhythmik

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Ein biologischer Rhythmus wird ultradian genannt, wenn seine Periode kürzer als 24 Stunden ist. Damit unterscheidet er sich vom Circadianen Rhythmus mit der ungefähren Periodenlänge von einem Tag und dem Infradianen Rhythmus mit einer Periodenlänge von mehr als einem Tag.

Die Forschung zu Ultradianen Rhythmen wird zur Chronobiologie gerechnet. Ultradiane Rhythmen wurden bei physiologischen Funktionen wie zellulären Prozessen, Atmung, Zirkulation, Hormonabgabe und Schlafphasen beobachtet. Außerdem treten sie bei Verhalten und hier vor allem Nahrungsaufnahmezyklen auf.

Ultradiane Rhythmen sind durch eine große Diversität, nicht nur in der Periodenlänge (von Stunden bis zu Millisekunden), sondern auch bei Mechanismus und Funktion gekennzeichnet.

Beispiele für sich regelmäßig ultradian wiederholende Ereignisse

Ultradiane Oszillationen sind für alle biologischen Systeme anzunehmen und lassen sich bis herab auf Zell- oder Bakterienebene nachweisen. Typische Beispiele für ultradiane Vorgänge im biologischen Bereich sind die Herzaktion, die Atmung und die pulsatile Freisetzung von Hormonen bei Tier und Mensch. Auch sich regelmäßig wiederholende Blattbewegungen bei Pflanzen und der Zellteilungsrhythmus bei Eukaryoten können dazugezählt werden.

Wichtige biochemische Oszillationen werden bei (Hefe)zellextrakten auch in synchroner Form beobachtet. Synchrone ultradiane Rhythmen treten bei der Glycolyse dieser Hefezellen auf, wobei das allosterische Enzym Phosphofructokinase in diesem Falle eine Schlüsselrolle spielt. Den auffallenden Häufungen gleichartiger Zellzyklen bei Populationen von Ciliaten und Amöben liegen stabile ultradiane und temperaturkompensierte Mechanismen zu Grunde.

Ein weiteres wichtiges Beispiel für ultradiane Rhythmen ist der Wechsel der verschiedenen Schlafstadien (z. B. REM-Non-REM Zyklus). Ein Zyklus dauert dabei ungefähr 1,5 Stunden und scheint freilaufend zu sein, d.h. einer endogenen Steuerung zu unterliegen.[1] Auch hinsichtlich der allgemeinen menschlichen Leistungsfähigkeit im Tagesverlauf lässt sich ein rhythmischer ultradianer Wechsel beobachten (Beispiel „Mittagstief“).

Der zeitliche Abstand zwischen der einzelnen Nahrungsaufnahmen entspricht ebenfalls einer ultradianen Rhythmik. Besonders bei herbivoren Vögeln und Säugetieren werden periodische Prozesse wie Wiederkäuen und Koprophagie beobachtet. Stark ausgeprägt ist ultradiane Rhythmik bei vielen Insektivoren und Nagetieren.

Die Forschung der letzten Jahre konnte rhythmische biochemische Vorgänge auf Zellebene als steuernde Mechanismen nachweisen. Die unter der Kontrolle von sogenannten Clockgenen stehende sich selbst hemmende Biosynthese von Eiweißen ist einer der molekularen „Uhr“-Mechanismen. Bei einigen dieser Vorgänge konnte auch eine Temperaturkompensation beobachtet werden, was bedeutet, dass der entsprechende rhythmische Vorgang nicht mehr oder kaum von der Temperatur abhängt. Läsionsstudien konnten zeigen, dass das Gebiet des Nucleus suprachiasmaticus, wo die steuernde Instanz für circadiane Vorgänge bei den meisten Säugetieren lokalisiert ist (die endogene Uhr des Menschen), nicht für das Entstehen der ultradianen Rhythmik verantwortlich ist. Ein anderes Gebiet (kaudal des Nucleus suprachiasmaticus – also räumlich dahinter) scheint dagegen eine Rolle zu spielen.

Einzelnachweise

  1. Schulz, Dirlich und Zulley (Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München): Untersuchungen zur Stabilität ultradianer Rhythmen beim Menschen. In: Arzneimittel-forschung (= drug research). Thieme Verlag, 1976, ISSN 0004-4172, S. 1055–1058 (uni-regensburg.de [PDF; abgerufen am 11. Juni 2015]).