Benutzer:Asb/Drafts/Radiotheorie reloaded/Anmerkungen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Betonung der Freiheit der Enzyklopädie

Ist die explizite Betonung der Freiheit der zu untersuchenden Enzyklopädie Unsinn, weil sowieso jede Enzyklopädie frei ist?

Die besondere Bedeutung des Fallbeispiels Wikipedia besteht in der Freiheit der Inhalte, die durch eine spezielle Lizenz (GNU Free Documentation License) gewährleistet wird.

Die hier gemeinte Freiheit im Sinne von Robert K. Merton (Wissenskommunismus der Wissenschaften), Helmut F. Spinner (Wissensallmende) und Stewart Brand (Hacker-Ethik, Information wants to be Free) bezieht sich nicht auf den Preis, sondern auf

  • die Freiheit der Nutzung für jeden Zweck,
  • die Freiheit des Kopierens (copying), unentgeltlich oder gegen Gebühr,
  • die Freiheit des Modifizierens (modifying) und des Anpassens (adapting),
  • die Freiheit des Weitergebens (redistributing) von modifizierten Versionen.

Die durch GNU-Lizenzen eingeräumten Freiheiten gehen also weit über das im deutschen Urheberrecht zulässige Großzitat hinaus.

Im Unterschied zum Konzept der Gemeinfreiheit (Allgemeingut, Public Domain) schützen die GNU-Lizenzen durch eine bestimmte Rechtskonstruktion (das Copyleft) dauerhaft die Freiheit der Inhalte: Alle von dem unter eine GNU-Lizenz abgeleiteten Werke dürfen nur dann verbreitet werden, wenn sie ebenfalls unter den Bedingungen des Copylefts lizenziert werden. Aufgrund dieser Eigenschaft spricht man auch von viralen Lizenzen.

Weitere Unterschiede zur Gemeinfreiheit liegen in bestimmten Auflagen der GNU-Lizenzen, so müssen beispielsweise die Hauptautoren bei jedem abgeleiteten Werk genannt werden, die verwendete Lizenzform muss explizit genannt werden usw.

Die Tatsache, das ins unserer Lebenswelt die meist die unentgeltliche Einsichtnah-me in Enzyklopädien möglich ist, die in öffentlichen Bibliotheken oder der eigenen Bibliothek zur Verfügung stehen, macht diese Enzyklopädien nicht zu freien Inhalten:

  • Die Inhalte einer Enzyklopädie sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur eingeschränkt kopiert und nicht in einer modifizierten Form verbreitet werden.
  • Gedruckte Universalenzyklopädien sind hochpreisig, daher ist nicht gesichert, dass Bibliotheken auch in Zukunft Enzyklopädien anschaffen können.
  • Es ist nicht gesichert, dass Enzyklopädien in Zukunft überhaupt noch in ge-druckter Form angeboten werden; Enzyklopädien sind kommerzielle Produkte, die den jeweiligen Marktgesetzen unterliegen. Beispielsweise wurde bereits im Juli 1999 angekündigt, es werde keine gedruckte Neuauflage der Encyclopae-dia Britannica mehr geben; die Enzyklopädie solle zukünftig ausschliesslich on-line und auf CD-ROM angeboten werden.
  • Digitalisierte Universalenzyklopädien sind ebenfalls hochpreisig und zusätzlich an das Vorhandensein eines bestimmten Computers mit einem bestimmten Lesegerät, einem bestimmten Betriebssystem in einer bestimmten Version ge-koppelt.
  • Zukünftige Informationsprodukte werden voraussichtlich durch ein Rechte-kontrollsystem (DRM) wie TCPA/TCG, TPM oder NGSCB signifikanten und ef-fektiv durchsetzbaren Nutzungseinschränkungen unterliegen.
  • Nicht in jeder Lebenswelt besteht Zugang zu öffentlichen Bibliotheken oder Computern, die die Systemanforderungen des jeweiligen kommerziellen Produktes erfüllen.


Theoretischer Ansatz in der Tradition der Radiotheorie

Sind Brechts als »Radiotheorie« bekannte Fragmente Unsinn?

Bei Brechts unter dem Begriff der Radiotheorie bekannten Fragmenten handelt es sich um literarische Entwürfe, die beispielsweise im aktuellen Phasenmodell der Medientheorien nach Rainer Leschke (2001) als Ansatz der rationalisierten Medienpraxis anerkannt werden; die Fragmente sind unstrittig vortheoretisch, aber bisher nicht falsifiziert worden. Natürlich handelt es sich nicht um eine vollständig ausgestaltete und allumfassende Medientheorie, das gilt aber für die vergleichbaren Entwürfe von McLuhan, Benjamin, Enzensberger, Baudrillard oder Flusser in ähnlicher Weise.

Die so genannte Radiotheorie ist das Fundament für spätere darauf aufbauende emanzipatoische Medientheorien, daher halten wir einen deduktiven Rückgriff für sinnvoll und notwendig. Sie bietet – im Gegensatz zu anderen Entwürfen – ein plausibles Erklärungsmuster für die Phänomene, die wir untersuchen wollen.

Der Rückbezug auf Brechts Ansätze wurde gewählt, weil hier die für uns wichtigen Aspekte der Unidirektionalität bzw. der kommunikativen Symmetrie im Gegensatz zur Massenkommunikation besser zur Geltung kommen als in Enzensbergers Medienbaukasten.

Diskussion Alternative medientheoretische Ansätze:

[...]

Vorgeschlagener Titel der Arbeit

Kann eine wissenschaftliche Arbeit den Titel Radiotheorie reloaded tragen?

Radiotheorie reloaded ist ein Schlagwort

  • zur raschen Verortung des gedanklichen Hintergrundes,
  • zur praktischen Handhabbarmachung und
  • zur gezielten Assoziationsbildung.

Der vorgeschlagene volle Titel lautet:

Radiotheorie reloaded — Schaffung einer freien Enzyklopädie durch ein offenes Hypertextsystem. Eine Analyse des kooperativen Publikations- und Revisions-prozesses der Wikipedia.

Er könnte – allerdings unter Verlust des assoziativen Gehalts und ungünstiger Verlagerung des Schwerpunkts – ebenso lauten:

Wikipedia — Schaffung einer freien Enzyklopädie durch ein offenes Hypertext-system. Eine Analyse des kollaborativen Publikations- und Revisionsprozesses.

Eine reine Modifikation der Formulierung des Titels wäre jedoch rein kosmetischer Natur und würde am Interpretationsraster nichts ändern: Ein Teilsystem der Wiki-pedia soll in eine Fallstudie untersucht werden, anhand der die heutige Triftigkeit bestimmter Elemente emanzipatorischer Medientheorien überprüft werden soll.