Völkerrechtliche Verantwortlichkeit

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Völkerrechtliche Verantwortlichkeit (s. auch Staatenverantwortlichkeit) bezeichnet die Frage, ob und inwieweit Völkerrechtssubjekte (in der Regel Staaten) für ein völkerrechtswidriges Handeln oder Unterlassen einzustehen haben. Der Begriff der „völkerrechtlichen Verantwortlichkeit“ umfasst also sekundäre Haftungsregelungen für den Fall, dass primäre Handlungs- oder Unterlassungspflichten verletzt werden. Im Wesentlichen geht es dabei um Fragen der Zurechnung eines völkerrechtswidrigen Verhaltens zu einem Völkerrechtssubjekt und um die Rechtsfolgen, die sich daraus ergeben.

Völkerrechtliche Regelung

Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit ist bisher nicht völkervertragsrechtlich geregelt. Viele Aspekte ergeben sich jedoch aus dem Völkergewohnheitsrecht und haben dadurch einen verbindlichen Charakter. Für die völkerrechtliche Verantwortlichkeit von Staaten hat die UN-Völkerrechtskommission (ILC) mit der Kodifizierung des Völkergewohnheitsrechts begonnen (s. Staatenverantwortlichkeit).

Haftungstatbestand

Völkerrechtssubjektivität

Völkerrechtswidrige Handlungen können nur durch Völkerrechtssubjekte begangen werden. Dies sind in erster Linie Staaten (s. Staatenverantwortlichkeit). Hierbei ist zu beachten, dass auf der Seite des Rechtsverletzers eine Handlungsfähigkeit gegeben sein muss, wogegen es auf der Seite des Opfers hierauf nicht ankommt. Das zusätzliche Kriterium der Deliktsfähigkeit wird von der herrschenden Meinung abgelehnt, da sich die Problematik zumindest bei Staaten nie stelle.

Verletzung einer völkerrechtlichen Pflicht

Das Völkerrechtssubjekt muss eine ihm obliegende völkerrechtliche Pflicht durch Tun oder Unterlassen verletzt haben (internationally wrongful act). Diese Handlung muss dem Völkerrechtssubjekt zurechenbar sein. Dies ist regelmäßig der Fall bei Handlungen oder Unterlassungen der Organe des Völkerrechtssubjektes. Bei Staaten (s. Staatenverantwortlichkeit) ist dies generell bei Akten der Legislative, Exekutive und Judikative gegeben. Auch für Ultra-vires-(„Ohne Vollmacht“)Handlungen von Organen und Handlungen von „De-facto-Amtsträgern“ haftet das Völkerrechtssubjekt, ohne sich dabei auf die internen Befugnisregelungen und Kompetenzzuweisungen berufen zu können.

Rechtfertigung

Völkerrechtswidrige Handlungen können gegebenenfalls gerechtfertigt sein. Denkbar sind hier gültige Einwilligungen, Repressalien, Notstände oder das Selbstverteidigungsrecht bei bewaffneten Angriffen.

Verschulden

Nach einer mittlerweile veralteten Theorie war stets nach dem Verschulden des handelnden Völkerrechtssubjekts zu fragen. Mittlerweile herrscht aber die objektive Theorie vor, nach der es auf Schuld nicht ankommt.

Rechtsfolgen

Die Rechtsfolgen lassen sich unterteilen in jene auf der Täterseite und andere auf der Opferseite. Völkerrechtssubjekte, die sich völkerrechtswidrig verhalten haben, sind grundsätzlich dazu verpflichtet, volle Wiedergutmachung zu leisten. Dazu können die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, Schadensersatz oder Genugtuung gehören. Das Opfer kann hingegen Gegenmaßnahmen ergreifen, Selbstverteidigungsrecht üben, oder – bei milderen Verletzungen – von Retorsionen Gebrauch machen.

Weblinks