Wasserzeichen

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Modernes Wasserzeichen in einer historischen Ganzsache

Wasserzeichen sind ursprünglich in Papier durch unterschiedliche Papierstärken eingebrachte, mittels Lichtdurchlass erkennbare Bildmarken und dienten zur Kennzeichnung der herstellenden Papiermühle. Sie werden heute unter anderem als ein Sicherheitsmerkmal bei Banknoten und Briefmarken eingesetzt. Da Wasserzeichen ein bestimmtes Vorgehen benötigen, um wahrnehmbar zu sein (gegen das Licht halten), werden nicht-wahrnehmbare Markierungen in digitalen Inhalten, die ebenfalls nur mit einem vorgegebenen Verfahren detektiert werden können, als digitale Wasserzeichen bezeichnet.

Wasserzeichen in Papier

10-Euro-Banknote: Der Bereich, der bei Auflicht auf beiden Seiten weiß erscheint (oben links), lässt bei Durchlicht die Wasserzeichen erkennen (unten links). Die Banknote zeigt ein sogenanntes „Hellzeichen“ aus Blech/Draht für den Wert und ein „Schattenwasserzeichen“ für die Authentizitätsmarke

Nachweislich seit 1282 im italienischen Bologna kennzeichneten die Papiermühlen ihre Ware, indem sie auf dem Drahtgeflecht des Schöpfsiebes (seit dem 19. Jahrhundert zum Teil dann auch auf dem Egoutteur) einen dickeren Draht in Form eines Buchstabens oder eines Symbols befestigten. Diese Figur hinterlässt einen Abdruck im Papier; die Faserschicht ist dort dünner, und bei durchscheinendem Licht wird das Wasserzeichen als transparenteres Bild sichtbar. Umgekehrt konnte man durch ein partielles Vertiefen des Siebes eine Stoffanreicherung erzielen, die dadurch in der Ansicht ein trüberes Aussehen bekam. Durch geschicktes Kombinieren zwischen Vertiefung und Erhöhung lassen sich sogar Halbtöne simulieren. Dieses aufwendige Verfahren wird heute noch bei Wasserzeichen für Banknoten angewandt. In der Frühzeit der europäischen Papierherstellung waren Wasserzeichen Herkunfts- und Geschäftszeichen der Papiermühlen.[1]

Da die Siebe zur Papierherstellung nach rund zwei Jahren verschlissen waren, ermöglicht die Erfassung von datierbaren Wasserzeichen mit leichten Abweichungen, die durch die handwerkliche Fertigung entstanden, die Datierung des Papiers. Weil Papier wegen seines hohen Preises meist nicht lange gelagert wurde, ergibt sich damit ein vergleichsweise genaues Instrument zur Datierung der auf dem Papier überlieferten Dokumente und Grafiken. Zu diesem Zweck sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts umfangreiche historische Wasserzeichensammlungen angelegt worden. Das erste umfangreiche Werk stellt Charles-Moïse Briquets dictionnaire des filigranes dar, ihm folgte die bisher noch unvollständig gedruckte Sammlung Gerhard Piccards im Landesarchiv Baden-Württemberg. Weitere große Sammlungen von Wasserzeichen befinden sich im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig und im Papiermuseum Düren.

Die oben genannten und ein wachsender Kreis weiterer Wasserzeichenkarteien liegen inzwischen teilweise digitalisiert vor. Besonders muss dabei auf folgende Sammlungen hingewiesen werden: das siebensprachige Wasserzeichenportal Bernstein – Das Gedächtnis der Papiere,[2] und das DFG-Projekt Wasserzeichen-Informationssystem,[3] das die einschlägigen Datenbanken zusammenfasst. Durch die Digitalisierung weiterer Sammlungen wird in zunehmendem Maße auch die Lücke bei der Kartierung der im östlichen Europa verwendeten Papiere geschlossen.

Die Datierung der Wasserzeichen erfolgt in erster Linie durch die Bestimmung des verwendeten Symbols gemäß der Systematik der Karteien und zusätzlich durch Höhe und Breite des Wasserzeichens, sowie Abstand der Stegdrähte. Zur Datierung und Lokalisierung der Wasserzeichen ferner auch deren Sitz innerhalb des Schöpfsiebes von Bedeutung, da sich Wasserzeichen einerseits durch Abnutzung verziehen konnten, andererseits Wasserzeichen auch von einem Schöpfsieb abgenommen und auf ein anderes aufgebracht werden konnten; eine Feinbestimmung erfordert ferner auch die Berücksichtigung des Abstandes der Kett- und Schussfäden sowie der Befestigungspunkte des Wasserzeichengebildes auf dem Sieb.[4]

Eine Unterscheidung erfolgt in echte, halbechte und unechte Wasserzeichen.

Echte Wasserzeichen

Wasserzeichen des 16. Jahrhunderts aus einer Dresdener Papiermühle, das das Wappen Sachsens zeigt (Gemeindebuch Schrebitz)

Echte Wasserzeichen entstehen heutzutage meist in der Siebpartie der Papiermaschine. Die verfilzten Fasern sind noch sehr feucht, und eine fest positionierte rotierende Walze (Egoutteur) auf der Siebpartie verdünnt oder verdichtet partiell die Papierbahn an vorgegebener Stelle. Bei den echten Wasserzeichen wird unterschieden in Anlagerungswasserzeichen und Verdrängungswasserzeichen. Anlagerungswasserzeichen können ausschließlich auf der Rundsiebmaschine oder – so wie im Originalverfahren – auf dem Handsieb gefertigt werden.

Das Anlagerungswasserzeichen entsteht durch eine gestörte Ablagerung der Fasern während des Formierungsprozesses (Übergang der Faser vom Schwimmen zum Liegen). Je nach Drahtform und Faserlänge kann das Anlagerungswasserzeichen schärfer oder unschärfer ausfallen. Das typische Anlagerungswasserzeichen am Runddraht erkennt man leicht dadurch, dass beim Abgautschen ein Teil der unter den Draht geschwemmten Fasern abgerissen wird und somit der Rand immer etwas unscharf ist. Trapezdrähte oder Rechteckdrähte, die flach auf dem Sieb aufliegen, zeigen ein messerscharfes Abbild (kurzer Zellstoff).

Das Verdrängungswasserzeichen entsteht auf der Egotteurpartie und ist dadurch gekennzeichnet, dass die Faser im Moment der Formierung durch einen von oben einwirkenden Egotteurdraht verdrängt wird. Das dabei entstehende Wasserzeichen ist dadurch gekennzeichnet, dass es immer etwas unscharf (der verwendeten Drahtform und Elastizität des Vlieses wegen) und oftmals mit leichten Quetschrändern versehen ist.

Im Anlagerungsverfahren lassen sich auch noch Zellstoffe markieren, die im Verdrängungsverfahren nicht mehr sauber markiert werden können (Langfaser). Für beide Wasserzeichenformen gilt: Die gewählte Drahtstärke ist abhängig von der späteren Grammatur und der Stärke des gewünschten Zeichens. Für die Handpapiermacherei im Bereich 40 bis 300 g/m² eignen sich Drähte von ca. 0,4 bis 1,2 mm.[5]

Halbechte Wasserzeichen

Halbechte Wasserzeichen (beispielsweise die Molette-Wasserzeichen) entstehen durch Einpressen in die bereits wesentlich trockenere Papierbahn nach dem Verlassen der Siebpartie (meist in oder nach der ersten Presse). Sie lassen sich nachträglich durch partielle Einwirkung von Natronlauge oder Wasser größtenteils wieder entfernen. Im Gegensatz zum echten Wasserzeichen wird hier die Papierfaserbahn vorrangig geprägt und nicht wesentlich in der Faserstruktur verändert. Es findet keine nennenswerte Reduzierung oder Vergrößerung der Faserbreidicke statt. Molette-Wasserzeichen werden meist mit auf die Molette aufgezogenen Hartgummiringen (ähnlich wie Stempel oder Buchdrucktypen beschaffen) gefertigt. Typische Anwendungen für Molette-Zeichen sind längs des Randes durchlaufende Schriftzüge parallel zur Laufrichtung des Papiers. Seltener werden Molette-Zeichen als Passwasserzeichen gefertigt. Die Verwendung von Ornamenten beschränkt sich bei der Molette auf einfache Linienformen. Flächige oder Schattenwasserzeichen lassen sich auf diese Weise nicht erzeugen.

Die zweite Form der halbechten Wasserzeichen ist das Kalanderwasserzeichen. Kalanderwasserzeichen werden beim Kalandrieren (Glätten durch Kombination von Friktion und Druck im Walzenwerk [= Kalander], historisch auch „Kalender“ oder „Calender“) des Papiers in die vollständig trockene Papierbahn eingeprägt. Das Papier wird dabei hart verdichtet. Das Kalanderwasserzeichen kann durch Quellung mit Wasser aus dem Papier entfernt werden.

Kalanderwasserzeichen erkennt man an der extrem harten Randkontur und der schnittartigen Einkerbung des Papiers. Molette-Wasserzeichen und Kalanderwasserzeichen sind oftmals nicht genau voneinander abgrenzbar. Kalanderwasserzeichen eignen sich vorzugsweise für Linienformen. Es sind aber auch flächige Formen bekannt.

Unechte Wasserzeichen

Unechte Wasserzeichen sind keine Wasserzeichen im eigentlichen Sinne, da sie nicht bei der Papierherstellung (also nicht durch Wasser) entstehen. Meist werden sie nachträglich aufgedruckt. Sehr häufig wird hier Transparentmasse (z. B. Glycerin, Fettfarbträger oder Schwefelsäurepaste → Merzerisation) verdruckt, die durch Zusatz von einigen Farbpigmenten ein echtes Wasserzeichen simulieren soll. Auch eine nachträgliche Prägung in das Papier (ähnlich dem Kalandrieren) entspricht den „Anforderungen“ eines unechten Wasserzeichens.

Eine moderne Form der Wasserzeichenfälschung für die schwierig zu kopierenden Schattenwasserzeichen (Anlagerungswasserzeichen) besteht in der Blattfertigung aus zwei Blättern halber Enddicke. Dabei wird eines der Blätter vor dem Verkleben mit dem Motiv bedruckt (später innen liegend), welches dann in der Durchsicht wie ein Schattenwasserzeichen erscheint. Derartige Blätter lassen sich einfach mit der Brennprobe oder einem Saugtest entlarven (siehe Karton- /Pappenfertigung).

Unechte Wasserzeichen sind leicht an der fehlenden Verdünnung/Verdickung des Papiers oder am erkennbaren Farbauftrag erkennbar und lassen sich rückstandsfrei durch chemische Reagenzien (z. B. Alkohole) aus dem Papier entfernen.

Digitales Wasserzeichen

Digitale Wasserzeichen sind in Mediendateien eingebrachte Informationen. Wesentliches Ziel dabei ist meist (wie bei einem „traditionellen“ Wasserzeichen), dass die eigentlichen Informationen und diejenigen, die das Wasserzeichen ausmachen, nicht mehr voneinander getrennt werden können. Es gibt für jeden Medientyp (Bilder, Audio, Video, …) ein eigenes Verfahren, das an die jeweilige Codierung und das Datenformat angepasst ist. Die angewandten Techniken sind eng verwandt mit der Steganographie.

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard Piccard: Die Wasserzeichenforschung als historische Hilfswissenschaft. In: Archivalische Zeitschrift, Jg. 52, 1956, S. 62–115.
  • Karl Theodor Weiß: Handbuch der Wasserzeichenkunde. Bearbeitet und herausgegeben von Wisso Weiß. Fachbuchverlag, Leipzig 1962.
  • Ochsenkopf und Meerjungfrau – Papiergeschichte und Wasserzeichen vom Mittelalter bis zur Neuzeit; Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, Wien (hrsg. vom Projekt Bernstein). Red.: Peter Rückert, Sandra Hodecek, Georg Dietz und Emanuel Wenger, 3., nochmals erw. Aufl. Stuttgart; Wien, 2009
  • Peter F. Tschudin: Grundzüge der Papiergeschichte. 2., erg. Aufl. Hiersemann, Stuttgart 2012, enthält S. 275–365 als Anhang II: IPH-Normentwurf mit illustriertem Wasserzeichen-Typenkatalog (englisch, deutsch, französisch, spanisch).
  • Wisso Weiß: Historische Wasserzeichen. Bibliographisches Institut, Leipzig 1986.
  • Wisso Weiß: Zur Entwicklungsgeschichte der Wasserzeichen im europäischen Handbüttenpapier. In: Gutenberg-Jahrbuch, Bd. 62, 1987, S. 109–124.
  • Rolf Buscher: Vom Wasserzeichen zum Markenpapier [Elektronische Ressource] – die Papiermarkierung als Mittel der Absatzpolitik im 20. Jahrhundert. Trier, Univ., Diss., 2007 Digitalisat

Weblinks

Wiktionary: Wasserzeichen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Watermarks – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ursula Rautenberg (Hrsg.): Reclams Sachlexikon des Buches. Reclam Verlag 2003. S. 532.
  2. Stieglecker, Maria; Wenger, Emanuel: Das Projekt Bernstein. In Ochsenkopf und Meerjungfrau – Papiergeschichte und Wasserzeichen vom Mittelalter bis zur Neuzeit, Stuttgart und Wien 2009.
  3. Wasserzeichen-Informationssystem
  4. Vgl. Gerardy, Theodor: Sammeln, Ordnen und Katalogisieren von Wasserzeichen. In: Papier-Geschichte 9,1. Darmstadt, Roether, 1959.
  5. Vgl. dazu auch Publikationen von E. G. Loeber, Wisso Weiss, Karl Theodor Weiss u. a.