Wechselstrommotor

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Der Wechselstrommotor bezeichnet eine Gruppe von verschiedenen Elektromotoren, die mit einphasigen Wechselstrom, also nur mit einem Außenleiter (Phase) aus dem Dreiphasenwechselstrom, betrieben werden. Es gibt technisch verschiedene Prinzipien nach denen Wechselstrommotoren gebaut werden können. Allen Verfahren gemeinsam ist, dass Aufgrund des Umstandes von nur einer Phase kein Drehfeld unmittelbar vorliegt und es daher zusätzliche konstruktive Maßnahmen benötigt, um eine Drehbewegung zu erhalten.

Einphasen-Reihenschlussmotor

Geöffneter Einphasen-Reihenschlussmotor, wie er in Haushaltsgeräten wie einem Staubsauger verwendet wird

Der Einphasen-Reihenschlussmotor, bei kleinen Leistungen auch als Universalmotor bezeichnet, ist eine einfache Form des Wechselstrommotors, dessen Prinzip vom Gleichstrommotor abgeleitet ist und er wie der Gleichstrommotor zu den Stromwendermaschinen zählt. Die Drehbewegung wird durch einen Kommutator (Stromwender) erreicht. Dieser Motor eignet sich für alle Geräte und Werkzeuge des täglichen Gebrauchs, da er auf Grund der hohen Drehzahlen nur einen kleinen Bauraum benötigt und ein hohes Anlaufdrehmoment erzeugt. Seine Drehzahl und Leistung kann über Phasenanschnitt verstellt werden. Universalmotoren für Anwendungen im Haushaltsbereich werden mit Leistungen bis 3 kW produziert.

Auch der Bahnmotor, eine Motorenbauform wie er früher bei elektrischen Bahnen eingesetzt wurde, ist ein Einphasen-Reihenschlussmotor. Üblicherweise mit Leistungen über 3 kW gebaut, wurden diese Motoren weitgehend durch Asynchronmotoren mit Frequenzumrichtern als Antriebsysteme bei elektrischen Bahnen ersetzt.

Kondensatormotor

Beim Kondensatormotor wird die Hauptwicklung direkt an das Stromnetz angeschlossen und eine Hilfswicklung über einen Kondensator in Reihe ans Netz geschaltet. Es entsteht ein elliptisches Drehfeld, das zwar zum Anlaufen des Motors ausreicht, aber im Betrieb die Energieeffizienz und Laufruhe prinzipiell beeinträchtigt. Für höhere Anlaufmomente werden Anlaufkondensatoren, oft bipolare Elektrolytkondensatoren, verwendet, die bei Nenndrehzahl zum Beispiel durch einen Fliehkraft- oder Magnetschalter wieder vom Stromkreis getrennt werden müssen.

Drehstromasynchronmaschinen können in Form des Kondensatormotors mit reduzierter Leistung und ungleichmäßigen Drehmoment am einphasigen Netz betrieben werden, wenn sie mit Kondensatoren beschaltet werden. Diese Schaltung ist als Steinmetzschaltung bekannt.

Spaltpolmotor

Beim Spaltpolmotor wird das Drehfeld durch ein durch Wirbelströme phasenverschobenes Magnetfeld erzeugt. Dazu ist jeder Pol des Ständers gespalten und eine Hälfte ist mit einem Kurzschlussring oder einer abschaltbaren Kurzschlusswicklung versehen, so dass dort das Magnetfeld dauernd oder beim Anlauf verzögert aufgebaut wird.

Einphasen-Asynchronmotor

Eine einfache Ausführung des Wechselstrommotors ist der Einphasen-Asynchronmotor, historisch wegen seinem Betriebsverhalten auch als Anwurfmotor bezeichnet. Als Besonderheit weist dieser Motor bei Stillstand kein Drehmoment auf, läuft also nicht selbstständig an.[1] Er wird beispielsweise mit der Hand oder anderen externen Hilfsmitteln in Rotation versetzt. Ab einer gewissen Drehzahl läuft der Motor dann selbst in Anwurfrichtung bis auf Nenndrehzahl hoch. Aufgrund der kostengünstigen Herstellung wurde er Mitte des 20. Jahrhunderts als Antriebsmaschine, beispielsweise bei landwirtschaftlichen Geräten, verwendet.[2]. Da nur eine einphasige Wicklung im Ständer zum Einsatz kommt, ist der Einphasen-Asynchronmotor mit weniger Materialeinsatz und kostengünstiger als der Drehstrom-Asynchronmotor herzustellen, weist aber einen schlechteren Wirkungsgrad und ein ungleichmäßiges Drehmoment auf. Zum Wechseln der Drehrichtung muss der Motor gestoppt werden und in der anderen Richtung angeworfen werden.

Im Aufbau ist der Einphasen-Asynchronmotor ähnlich wie die Drehstrom-Asynchronmaschine mit einem Kurzschlussläufer ausgestattet. Die einzige Phase im Ständer erzeugt keinen Drehfeld. Das einachsige Wechselfeld, welches von der Wechselspannung erzeugt wird, lässt sich im Rahmen der symmetrischen Komponenten gleichwertig in zwei gleichwertige aber gegenläufige Kreisfelder, gebildet durch Zweiphasenwechselstrom, zerlegen. Der Einphasen-Asynchronmotor wird in diesem Ersatzmodell durch zwei gegenphasige und in Reihe geschaltene Zweiphasenmotoren auf einer gemeinsamen Welle modellieren. Bei Stillstand heben sich die beiden Drehmomente der beiden Teilmotoren gegenseitig auf - nach Anwurf in einer Richtung kommt es zu der Drehbewegung, da der eine Teilmotor durch die Drehzahl ein höheres Drehmoment als der gegenläufige Teilmotor bildet.[1]

Die Leistung des Einphasen-Asynchronmotor beträgt ca. 50 % eines gleich großen Dreiphasen-Asynchronmotors. Die niedrige Leistung hängt mit dem im Vergleich zu Dreiphasenmaschinen schlechten Wicklungsfaktor zusammen, da ca. 1/3 des Wickelraumes mit den Nuten im Ständer prinzipbedingt nicht genutzt werden kann. Der Anwurfmotor wird heute kaum noch verwendet.

Gelegentlich wird unter dem Begriff "„Anwurfmotor“ mit dem funktionellen Bezug auch ein kleinerer Motor gemeint, dies muss kein Einphasen-Asynchronmotor sein, der zum Anwerfen eines großen Motors dient.[3]

Repulsionsmotor

Bei dem Repulsionsmotor handelt es sich um eine Sonderbauform eines Einphasenasynchronmotors, bei dem zwecks Drehzahl- und Drehmomenteneinstellung die Bürsten in ihrer Position mechanisch verstellt werden können. Damit kann beispielsweise beim Anfahren ein besonders hohes Drehmoment erreicht werden, welches ein fast ruckfreies Starten des Motors unter Last erlaubt.

Weitere Verfahren und Methoden

Eine weitere Art des Wechselstrommotors ist der Reluktanzmotor, der im Gegensatz zum normalen Asynchronmotoren nach dem Hochlaufen als Synchronmotor mit synchroner Drehzahl weiterläuft. Besondere Läuferbleche mit ausgeprägten Polen bewirken dieses Verhalten.

Auch Synchronmotoren können unter bestimmten Bedingungen mit reduzierter Leistung einphasig betrieben werden; sie benötigen dann unter anderem eine Anlaufhilfe und laufen ungleichmäßig.

Eine weitere und sehr universelle Möglichkeit, welche mittlerweile fast alle anderen Motorsysteme abgelöst hat, ist einen Asynchronmotor mit einem elektronischen Frequenzumrichter zu betreiben, welcher die einphasige Wechselspannung gleichrichtet und nachfolgend in Dreiphasenwechselstrom mit einem Drehfeld elektronisch umwandelt. Mit dieser festen Kombination eines Frequenzumrichters und eines Asynchronmotors ist neben der Wahl verschiedener Stromversorgungen und Spannungen auch der Betrieb an Gleichspannung, wie zum Beispiel an Batterien, sowie eine Drehzahlverstellung und Wahl des Drehmoments am Motor in weiten Bereichen möglich, was unter anderem die Realisierung von hochdynamischen Antriebssystemen bei vollautomatischen Werkzeugmaschinen oder im Bereich der Elektromobilität erlaubt.

Literatur

  • Rolf Fischer: Elektrische Maschinen. 16. Auflage. Carl Hanser Verlag, 2013, ISBN 978-3-446-43813-2.
  • Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18.Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal, 1989, ISBN 3-8085-3018-9
  • Ernst Hörnemann, Heinrich Hübscher: Elektrotechnik Fachbildung Industrieelektronik. 1 Auflage. Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig, 1998, ISBN 3-14-221730-4
  • Gregor D. Häberle, Heinz O. Häberle: Transformatoren und Elektrische Maschinen in Anlagen der Energietechnik. 2. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 1990, ISBN 3-8085-5002-3

Einzelnachweise

  1. a b Jaroslav Štěpina: Die Einphasen-Asynchronmotoren - Aufbau, Theorie und Berechnung. Springer, 1982, ISBN 978-3-7091-8660-2, Kapitel 3.4: Der einsträngige Einphasenmotor (Anwurfmotor), S. 53 - 65.
  2. Franz Moeller,Otto Repp; Elektromotor und Arbeitsmaschine; Springer-Verlag 1936 ISBN 978-3-662-01845-3
  3. [1] Webseite eines österreichischen Wasserkraftwerks