Weiße Taubnessel

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Weiße Taubnessel

Weiße Taubnessel (Lamium album)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Lamioideae
Gattung: Taubnesseln (Lamium)
Art: Weiße Taubnessel
Wissenschaftlicher Name
Lamium album
L.
Pollen einer Weißen Taubnessel (400x)

Die Weiße Taubnessel (Lamium album) ist eine Pflanzenart, die zur Familie der Lippenblütengewächse (Lamiaceae) gehört. Sie hat im Gegensatz zur Brennnessel keine Brennhaare und ist auch nicht direkt mit ihr verwandt. Die Ähnlichkeit der Blattform zur Brennnessel hat jedoch der Gattung den deutschen Namensteil „Nessel“ eingebracht.

Beschreibung

Illustration
Weiße Taubnessel von oben
Ausschnitt des Blütenstandes, gut zu erkennen ist der vierkantige Stängel

Die Weiße Taubnessel ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 20 bis 70 Zentimetern erreicht. Am vierkantigen Stängel stehen kreuzgegenständig die gesägten und gestielten Laubblätter.

Die Weiße Taubnessel blüht von April bis Oktober. Die Blüten stehen in Scheinquirlen. Die zwittrigen Blüten sind zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die weiße Blütenkrone ist zweilippig, wobei die Oberlippe behaart ist. Wie bei allen Lippenblütlern stellt das untere Blütenkronblatt einen idealen Anflugplatz für bestäubende Insekten dar. In der Kronröhre kann man einen Haarring sehen, der den Nektar schützt. Der Pollen ist hellgelb.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 18[1].

Vorkommen und Ökologie

Die Weiße Taubnessel ist in ganz Europa und Nordasien in den gemäßigten Zonen verbreitet. In zahlreichen weiteren Ländern wie in Nordamerika oder Neuseeland ist sie ein Neophyt.[2] Die winterharten Taubnesseln wachsen am Weg- und Wiesenrand sowie in Gräben, Hecken und auf Schuttplätzen. Sie wächst besonders auf stickstoffreichem Boden.

Nach Ellenberg ist die Weiße Taubnessel eine Halblichtpflanze, ein Frischezeiger, an übermäßig stickstoffreichen Standorten wachsend und ist in Mitteleuropa eine Verbandscharakterart der Klettenfluren (Arction lappae).[3] Sie kommt aber auch in Gesellschaften der Unterklasse Galio-Urticenea vor.[1]

In den Allgäuer Alpen steigt sie im Tiroler Teil auf der Oberen Hochalpe unterhalb des Hohen Lichts bis zu 1932 m Meereshöhe auf[4].

Ebenso wie die Rote Taubnessel, die Gefleckte Taubnessel und die Goldnessel gilt auch die Weiße Taubnessel als wichtige Nektar- und Pollenpflanze für Honigbienen. Die Bestäubung erfolgt jedoch überwiegend durch Hummeln, die aufgrund ihres langen Rüssels besser an den tiefliegenden Nektar der Blüte gelangen.

Dieser Hemikryptophyt ist eine Ruderalpflanze, Archäophyt und Kulturfolger. Die Weiße Taubnessel ist sehr ausbreitungaktiv. Sie profitiert von der Eutrophierung der Landschaft durch Düngung und Verschmutzung mit organischen Materialien. Die Pflanze ist winterhart.

Die Blüten sind nektarführende, homogame Lippenblumen und enthalten Saponine und Schleimstoffe. Sie werden von Bienen und Hummeln bestäubt. Die Pflanze ist erst ab dem zweiten oder dritten Jahr blühfähig. Ihre Ausläufer überwintern meist grün und bilden im folgenden Jahr Blütensprosse.[5][6][7][8]

Verwendung als Nahrungsmittel und in der Volksmedizin

Als Expektorans (auswurfförderndes Mittel) bei Erkrankungen der Atemwege – also schleimlösend – sowie gegen Blähungen. Mittels Umschlägen der abgekochten Pflanze werden Hautschwellungen, Beulen, Krampfadern und Gichtknoten behandelt. Die Taubnessel wirkt schwach harntreibend. Eine antiinflammatorische (entzündungshemmende) Wirkung ist mittels Tierversuchen bewiesen worden. Diese Wirkung wird hauptsächlich gegen Entzündungen an der Mund- und Rachenschleimhaut verwendet.

Als Hauptwirkstoffe gelten Iridoidglykoside, hauptsächlich Lamalbid, neben Caryoptosid und den Albosiden A+B.

Früher wurden die jungen Triebe der Weißen Taubnessel gerne als Gemüse gegessen.

Die Blüten der Weißen Taubnessel sind eine recht gute Bienenweide, von einem Hektar Taubnesseln können bis zu 190 kg Honig pro Vegetationsperiode erzielt werden.[9]

Inhaltsstoffe

Die Weiße Taubnessel enthält Gerb- und Schleimstoffe sowie Cholin, Saponine und in geringen Mengen ätherische Öle.[10] In den Blüten finden sich Iridoide sowie weitere Terpene.[11]

Taxonomie und Systematik

Die Erstveröffentlichung von Lamium album erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Band 2, S. 579[12]. Ein Homonym ist Lamium album Desf., veröffentlicht in René Louiche Desfontaines: Flora Atlantica, 2, 1798, S. 18. Synonyme für Lamium album L. sind Lamium dumeticola Klokov und Lamium petiolatum Royle ex Benth.[13]

Man kann folgende Unterarten unterscheiden[2]:

  • Lamium album subsp. album: Sie kommt von Europa bis China vor.[2]
  • Lamium album subsp. barbatum (Siebold & Zucc.) Mennema: Sie kommt vom fernöstlichen Russland bis Japan, China und Korea vor.[2]
  • Lamium album subsp. crinitum (Montbret & Aucher ex Benth.) Mennema: Sie kommt von der Türkei bis zum Himalaja vor.[2]

Weblinks

Commons: Weiße Taubnessel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001. Seite 803. ISBN 3-8001-3131-5
  2. a b c d e Rafaël Govaerts (Hrsg.): Lamium album - Datenblatt bei World Checklist of Selected Plant Families des Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew. Zuletzt eingesehen am 17. Februar 2016.
  3. Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
  4. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2. IHW-Verlag, Eching bei München, 2004. ISBN 3-930167-61-1
  5. Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6. (Abschnitt Ökologie).
  6. Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7. (Abschnitt Ökologie).
  7. Wilfried Stichmann, Ursula Stichmann-Marny: Der neue Kosmos-Pflanzenführer. Kosmos, Stuttgart 1999, ISBN 3-440-07364-5. (Abschnitt Ökologie).
  8. Margot Spohn, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? Die Enzyklopädie: über 1000 Blütenpflanzen Mitteleuropas. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10326-9 (Abschnitt Ökologie).
  9. Enoch Zander, Albert Koch (Begr.), Josef Lipp: Handbuch der Bienenkunde – Der Honig. 3., neubearb. Aufl., Eugen Ulmer, Stuttgart 1994, ISBN 3-8001-7417-0, S. 38.
  10. Natur-Forum.de (Hrsg.): Taubnessel (Weisse), Lamium album.
  11. Rainer Ahlborn: Lamalbid, ein neues Iridoid und weitere Terpene aus den Blüten von Lamium album L. Universität Würzburg, 1974.
  12. Erstveröffentlichung eingescannt bei biodiversitylibrary.
  13. Lamium album bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis