„Alex (Papagei)“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
ThoR (Diskussion | Beiträge)
K →‎Weblinks: "Spiegel"-Nachruf verlinkt
Zeile 106: Zeile 106:
* http://www.123compute.net/dreaming/knocking/alex.html
* http://www.123compute.net/dreaming/knocking/alex.html
* http://www.alexfoundation.org/
* http://www.alexfoundation.org/
* [http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,505121,00.html „Der schlaueste Papagei der Welt ist tot“ – Nachruf] auf [[Spiegel Online]], 11. September 2007



[[Kategorie:Papageien]]
[[Kategorie:Papageien]]

Version vom 13. September 2007, 06:27 Uhr

Alex (* ca. 1976; † 7. September 2007) war ein Graupapagei, dessen Wortgebrauch über einen Zeitraum von 30 Jahren von der Tierpsychologin Irene Pepperberg, zuerst an der Universität von Arizona und zuletzt an der Brandeis University, intensiv untersucht wurde.

Was ist das Ziel?

Die grundlegende Frage zu diesem Thema ist, ob ein Tier wie ein Papagei tatsächlich in der Lage ist, bewusst zu kommunizieren oder nur auf bestimmte äußere Reize konditioniert ist und mit einem Verhalten reagiert, von dem er weiß, dass er dafür eine Belohnung bekommt. Die durchgeführten Tests sollten Klarheit darüber verschaffen, ob bei entsprechendem Training ein Papagei einerseits lernen kann, Gegenstände in Kategorien einzuteilen und andererseits das Prinzip von gleichen und ungleichen Gegenständen verstehen kann. Über dies könnte man auf etwas wie ein eigenes Sprachverhalten schließen oder zumindest die Anlage dazu, was ein deutlicher Fortschritt zu dem bei Papageien bekannten „Nachplappern“ wäre.

Wenn dies zutreffend wäre, könnte man weitere Untersuchungen anstellen, ob auch andere Tiere tatsächlich in der Lage sind, zu sprechen oder „nur“ Ausrufe produzieren, die durch bestimmte Reize hervorgerufen werden( Hunger, Gefahr, Paarungsrituale, Aufmerksamkeit). Auf die Problematik, inwieweit Alex' Ergebnisse dafür repäsentativ sein können, da Vögel keine Säugetiere sind, wird in diesem Artikel nicht weiter eingegangen.

Wieso ein Papagei?

Es gab bereits einige Versuche, mit anderen Spezies zu kommunizieren, die aber nur schwer eine Aussage treffen lassen, ob ein Tier tatsächlich sprechen kann oder „nur“ auf einer simplen Ebene mit dem Menschen anhand der im Rahmen der Tests eingesetzten Stimuli kommunizieren kann.

  1. Papageien sind intelligente Tiere, die erwiesenermaßen in der Lage sind, mit dem Menschen zu kommunizieren, indem sie auf sein Verhalten und/oder seine Äußerungen reagieren.
  2. Sie haben genau wie der Mensch durch einen abgesenkten Kehlkopf, die Möglichkeit zu sprechen.
  3. Sie haben die neurologischen Fähigkeiten, Dinge zu erlernen, die nicht zwangsläufig für ihr Überleben wichtig sind.
  4. Papageien erleben eine Lernphase in ihrer Jugend, die dem Erstsprachenerwerb des Menschen ähnlich ist. Nicht alle Spezies besitzen diese Lernphase, die für die lautlichen Äußerungen für den Rest des Lebens prägend ist. Aus diesem weiteren Grund bietet sich ein Papagei für die Untersuchung an, da diese Phase genutzt werden könnte, um ihm menschliche Sprache näher zu bringen.

Kann ein Papagei in Kategorien einordnen?

Kategorische Klassenbildung
Bei der kategorischen Klassenbildung werden Dinge aufgrund ihrer Eigenschaften in eine zugehörige Kategorie eingeordnet. So würde ein blauer Holzwürfel eine eigene Kategorie bekommen, die für alle gleichen blauen Holzwürfel gültig ist.
Reizverallgemeinerung
Bei der Reizverallgemeinerung würden beispielsweise alle Würfel, unabhängig von ihrer Farbe in die Kategorie der Würfel eingeordnet werden.

Im Folgenden soll getestet werden, ob Alex die Fähigkeit hat, einzelne Kategorien zu bilden, oder ob er anhand eines gegebenen Reizes, der zwei ähnliche Gegenstände unterscheidet, beide in die selbe Kategorie einordnet.

Versuchsaufbau

Die M/R-Technik wurde angewendet („Modell-Rival-Technik“). Dabei gibt es einen Instruktor, der einen anderen als den Papagei – den Rivalen – dazu auffordert, etwas zu tun. Dieser Rivale wird je nach seiner Reaktion belohnt oder bestraft. Der Papagei beobachtet das und erkennt das System, nach dem es Belohnungen gibt.

In dem konkreten Fall mit Alex bedeutete dies, dass Alex Gegenstände anhand von Kategorien unterscheiden sollte, und zwar nach Form, Farbe und Beschaffenheit. Demgegenüber steht das Einteilen nach der oben beschriebenen Reizverallgemeinerung, wonach alle Gegenstände, die ein bestimmtes Merkmal aufweisen automatisch in die selbe Kategorie fallen.

Ergebnisse

Da Alex in der Lage war, ein und denselben Gegenstand je nach der gestellten Frage (z. B. hinsichtlich der Farbe einerseits und der Form andererseits) in verschiedene Kategorien einzuteilen und dies durch eine lautliche Rückmeldung - durch „Vocal Labels“ - zu äußern, war es ihm generell möglich, nach Kategorien zu unterscheiden.

Die Fehler, die Alex machte, sahen folgendermaßen aus:

  1. Es wurde als Fehler gewertet, wenn Alex zwar die richtige Kategorie gewählt, aber die falsche Farbe genannt hatte.
  2. Alex Fehler waren selten völlig verkehrt, seine Fehler kann man in drei Typen aufteilen:
    1. Handelte es sich um vermischte Vokabeln zwischen Farben und Formen (zum Beispiel „roween“, also ein Wort, das aus rawhide und green zusammengesetzt wurde). Diese Fehler machten ca. 4 % seiner Fehler aus.
    2. Manchmal ließ Alex einen Marker aus. Dieser Fehler machte etwa 8 % aus.
    3. Am häufigsten kam der Fehler vor, bei dem Alex einen Marker richtig erkannte und den anderen nicht, zum Beispiel die richtige Kategorie aber das falsches Etikett wählte (Beispiel: „grün“ statt „blau“), oder wenn er unvollständige Etiketten („Holzecke“ statt „Holzdreieck“) benutzte. Diese Fehler machten zusammen ca. 12 % aus.

Eine Erweiterung des Versuchs

Dr. Pepperberg wollte herausfinden, ob es Alex möglich war, sein erlerntes Wissen aus einem Versuch in einen neuen zu übertragen. Bei Tests, in denen Alex zwischen fünf unterschiedlichen Farben, fünf unterschiedlichen Formen und drei unterschiedlichen Materialien unterscheiden musste, lag er zu 80 % richtig.

Bei Tests, in denen nach bekannten Farben und Formen, zwei neuen so wie zwei bekannten Objekten gefragt wurde, waren seine Antworten bei der Frage nach der Farbe zu 84,7 % und bei der Frage nach der Form zu 83,7 % richtig beantwortet.

Da die Belohnung bei den Tests darin bestand, dass er den jeweiligen Gegenstand, um den sich die Frage drehte, in den Schnabel nehmen durfte, um ihn dann fallen zu lassen – was ihm anscheinend Gefallen bereitete – könnte man vermuten, dass gerade neu eingeführte Objekte Alex Interesse stärker weckten als bekannte.

Ergebnisse

Alex konnte eine ganze Reihe von verbal geäußerten Fragen verstehen und ebenso die relevante Kategorie der Frage und des Objekts erkennen, welches mit mehreren Möglichkeiten klassifiziert werden konnte. Er war auch in der Lage, diese Instanz korrekt in die richtige Kategorie einzuteilen.

Dennoch sind seine Fähigkeiten noch sehr rudimentär, wenn man sie mit anderen nichtmenschlichen Primaten oder Meeressäugetieren vergleicht.

Alex ist nicht in der Lage, den Unterschied zwischen zwei Objekten eigenständig zu beschreiben und er kann auch nicht ein bestimmtes Symbol aus einer Menge herausgliedern. Weiter kann Alex zwar auf die Frage „Welche Farbe hat das Objekt?“ antworten, aber er versteht noch nicht das Konzept des eigenständigen Unterscheidens und der anschließenden Beschreibung.

Versteht ein Papagei das Prinzip von gleich/ungleich?

Dr. Pepperberg wollte weiterhin herausfinden, ob Alex in der Lage war, das Konzept von gleich und ungleich zu verstehen. Der Forschungsstandpunkt zum Zeitpunkt der Versuche war, dass man davon ausging, Tiere könnten zwar durch Training lernen, zwei Gegenstände voneinander zu unterscheiden damit aber noch nicht das Konzept von gleich und ungleich verstanden haben zu müssen.

Versuchsaufbau

Die M/R-Technik wurde leicht modifiziert. Eine Schwierigkeit für Alex bestand darin, dass er nun von den bereits erlernten Trainingsmethoden „umdenken“ musste.

In den Versuchen musste Alex auf die Fragen „What same?“, und „What different?“ antworten und die jeweiligen zutreffenden Eigenschaften der, nun zwei, Objekte benennen. Die Kategorien, die Alex noch in seinem Vorwissen zur Verfügung hatte, waren:

  1. fünf Farben
  2. einige Formen
  3. vier Materialien
  4. einige metallische Gegenstände (Schlüssel, Kette etc.)
  5. Verständnis von abstrakten Kategorien („What color?“(„Welche Farbe“) „What shape?“(„Welche Form“))
  6. eine Vielzahl anderer Begriffe (Futter, Orte, Mengen etc.)

Diese musste er mit dem jeweils korrekten „Vocal Label“ in der dazugehörigen Kategorie versehen.

Ergebnisse

Nach neun Monaten gelang es Alex zu 76 % bei bekannten Objekten, Gleichheit oder Ungleichheit verbal äußern zu können. Bei unbekannten Objekten sogar zu 85 %, was wiederum dafür sprach, dass er das Konzept verstanden haben musste, da er bei „untrainierten Objekten“ bessere Ergebnisse lieferte. Die Probefragen, ob Alex auf die richtige Frage geantwortet hatte, waren zu 90 % ein Beweis für die Korrektheit seiner Antwort. Die vergleichsweise lange Lernzeit von neun Monaten führte Dr. Pepperberg darauf zurück, dass Alex teilweise Schwierigkeiten hatte, manche Laute zu äußern und er außerdem neben diesen Versuchen auch noch zählen lernte. Auf die Frage „How many?“, konnte er später auch antworten.

Interessant ist, dass Alex im Vergleich zu Versuchen mit Schimpansen in der Lage war, genau die Eigenschaften zu nennen, in denen der Unterschied lag und nicht nur allgemein anzugeben, ob die Objekte gleich oder ungleich waren. Es ist allerdings noch zu sagen, dass Dr. Pepperberg davon ausging, dass das Prinzip der Unterscheidung von gleich und ungleich bereits bis zu einem bestimmten Grad von Geburt an bei Papageien vorliegen müsste, da sie in freier Wildbahn z. B. Gesänge oder Nahrung unterscheiden müssen. Somit wäre die getestete Objektunterscheidung eine überlebenswichtige Eigenschaft, die im Besonderen bei Papageien vorläge, was wiederum einen Vergleich zu einigen anderen Spezies erschweren würde, die darauf weniger oder gar nicht zurückgreifen müssen.

Kann Alex sprechen wie ein Mensch?

Nach den insgesamt 19 Jahren Training hatte Alex einen eigenen Wortschatz von insgesamt 200 Wörtern, die er äußern konnte, und einen Wortschatz von ungefähr 500 Wörtern, die er verstehen konnte. Außerdem konnte er – begrenzt – zählen und selber Wünsche äußern. So sagte Alex zum Beispiel, wenn ihm das Fragespiel nicht mehr gefiel “I’m gonna go away”, (ich will weggehen) und wenn der Forscher sich verärgert zeigte, versuchte Alex die Situation durch “I’m sorry” (Tut mir leid) zu entschärfen. Wenn er per “Wanna banana” eine Banane erbeten hatte, aber eine Nuss angeboten bekam, schaute er schweigend vor sich, wiederholte den Wunsch nach einer Banane oder nahm die Nuss und warf sie mit seinem Schnabel gegen den Forscher. Alex Verständnis von Zahlen lag im Bereich von unter 7. Wenn er gefragt wurde, wie viele Objekte einer bestimmten Farbe auf einem Brett liegen, gab er in 80 % aller Fälle die richtige Antwort.

Obwohl dies für einen Papagei beachtliche Fähigkeiten sind, bleibt die Frage offen, ob Alex wirklich in der Lage war zu sprechen, oder ob er aufgrund der starken physiologischen Ähnlichkeit zwischen dem Sprachapparates eines Papageien und dem eines Menschen einerseits und seiner kognitiven Möglichkeiten andererseits, eine Art erweiterte Interaktion entwickelt hat, die sich zwar sprachlicher Laute bedient aber nicht mit dem Sprachapparat eines Menschen zu vergleichen ist.

Stand der Forschung

Vorläufige Forschung deuten darauf hin, dass Alex das Konzept von vier Objekten (z. B. vier blaue Wollbälle auf einem Brett) auf vier Klaviernoten übertragen kann. Irene Pepperberg versucht ihm derzeit, das Konzept der geschriebenen Ziffer “4” als Representation der Anzahl “vier” beizubringen.

Im Juli 2005 hat Irene Pepperberg berichtet, dass Alex die Idee der Null versteht.

Irene Pepperberg versuchte ihm Phoneme der englischen Sprache zu lehren, in der Absicht, dass er geschriebene und gesprochene Worte zueinander in Beziehung setzen kann.

Nach Irene Pepperbergs eigenen Worten benutzte Alex allerdings nicht menschliche Sprache, sondern ein komplexes Kommunikationsschema.

Das Rätsel der Papageienkommunikation ist umso größer, als Papageien in der freien Wildbahn weder ein eigenes Kommunikationssytem erkennen lassen noch „nachplappern“.

Papageien, insbesondere Graupapageien, sind sehr soziale Tiere, die in Gegenwart von Menschen mit ihren Sozialpartnern deren Kommunikationssystem übernehmen. Auf welche Art es Papageien gelingt, so nah an menschliches Sprachvermögen zu reichen, bleibt weiterhin unverstanden.

Weblinks