„Sollizitation“ – Versionsunterschied

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Ergänzungen; Doyle hat den Doktor in Kirchenrecht, war aber nie Professor für KR
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In Zivilprozessen wegen sexueller Übergriffe durch katholische Priester in den Vereinigten Staaten von Amerika wurde von Anwälten der Kläger argumentiert, dass ''Crimen sollicitationis'' ein Beweis für Justizbehinderung durch die katholische Kirche sei. Verteidiger der Kirchenlinie argumentieren dagegen, dass das Dokument es den Bischöfen nicht verboten habe, staatliche Behörden zu informieren, und die Geheimhaltung nur für den Prozess ''innerhalb der Kirche'' gelte.
In Zivilprozessen wegen sexueller Übergriffe durch katholische Priester in den Vereinigten Staaten von Amerika wurde von Anwälten der Kläger argumentiert, dass ''Crimen sollicitationis'' ein Beweis für Justizbehinderung durch die katholische Kirche sei. Verteidiger der Kirchenlinie argumentieren dagegen, dass das Dokument es den Bischöfen nicht verboten habe, staatliche Behörden zu informieren, und die Geheimhaltung nur für den Prozess ''innerhalb der Kirche'' gelte.


Der Dominikaner Tom Doyle, ein ehemaliger Kirchenrechtler, sagte in einem Interview mit der britischen [[BBC]], das Dokument sei „an explicit written policy to cover up cases of child sexual abuse by the clergy, to punish those who would call attention to these crimes by the churchmen“ (eine explizite schriftliche Richtlinie zur Vertuschung sexuellen Missbrauchs an Kindern durch Geistliche, um diejenigen zu strafen, die Aufmerksamkeit auf diese Verbrechen der Kirchenmänner lenken wollten). Diese Meinung hat er später geändert.<ref>{{Webarchiv|20070701151918|http://www.richardsipe.com/Doyle/Commentary_on_Crimen_Sollicitationis_11-1-06.pdf|The 1962 Vatican Instruction "Crimen sollicitationis"}} vom November 2006. Im Oktober 2008 veröffentlichte er eine [http://www.richardsipe.com/Doyle/Commentary%20on%201922%20and%201962%20documents%20-%20Oct%20%203%202008.pdf ausgebaute Aktualisierung] dieses Kommentars. </ref>
Der Dominikaner Tom Doyle, ''Berater und Sachverständiger für kirchliche Missbrauchsfälle in den USA, Kanada, Irland, Israel und dem Vereinigten Königreich'',<ref>[http://www.richardsipe.com/Doyle/doyle-bio.html Biografie von Doyle]</ref> sagte 2006 in einem Interview mit der britischen [[BBC]], das Dokument sei „an explicit written policy to cover up cases of child sexual abuse by the clergy, to punish those who would call attention to these crimes by the churchmen“ (eine explizite schriftliche Richtlinie zur Vertuschung sexuellen Missbrauchs an Kindern durch Geistliche, um diejenigen zu strafen, die Aufmerksamkeit auf diese Verbrechen der Kirchenmänner lenken wollten). Diese Meinung hat er später modifiziert.<ref>{{Webarchiv|20070701151918|http://www.richardsipe.com/Doyle/Commentary_on_Crimen_Sollicitationis_11-1-06.pdf|The 1962 Vatican Instruction "Crimen sollicitationis"}} vom November 2006. Im Oktober 2008 veröffentlichte er eine [http://www.richardsipe.com/Doyle/Commentary%20on%201922%20and%201962%20documents%20-%20Oct%20%203%202008.pdf ausgebaute Aktualisierung] dieses Kommentars. </ref>


==Damaliger und heutiger Stand des Rechts==
==Damaliger und heutiger Stand des Rechts==

Version vom 12. Februar 2010, 20:52 Uhr

Crimen sollicitationis (latein: Das Verbrechen der Verführung[1]) ist ein moraltheologischer und kirchenrechtlicher Fachausdruck für einen sexuellen Übergriff im Rahmen der sakramentalen Beichte.[2]

Den gleichen Titel trägt ein vatikanisches Geheimdokument der Sacra Congregatio Sancti Officii (Heilige Kongregation des Heiligen Offizium), heute die Congregatio pro doctrina fidei (Kongregation für die Glaubenslehre) aus dem Jahr 1962. Das Dokument wurde von Alfredo Kardinal Ottaviani verfasst und von Papst Johannes XXIII. bestätigt. Es enthält Anweisungen an die Bischöfe, wie sie mit Anschuldigungen gegen Priester wegen sexueller Übergriffe in Verbindung mit der Beichte umzugehen hätten.

Inhalt

Ein Crimen sollicitationis ist ein sexuelles Vergehen, zu dem sich ein Priester den Umstand der sakramentalen Beichte zunutze macht. Sowohl das Vergehen als auch die Entweihung des Sakramentes führen zur Exkommunikation des Täters. Weil dieses Vergehen als besonders schwerwiegend gilt, besteht für das Opfer die Pflicht, diese Tat innerhalb von vier Wochen beim zuständigen Oberhirten (Bischof) anzuzeigen.[3]

Geregelt wird die Einsetzung von kirchlichen Richtern sowie der Ablauf von Untersuchung und kirchlichem Tribunal.[4] Die kirchlichen Strafen für einen Priester, der des Crimen sollicitationis für schuldig befunden wird, reichen von der Suspendierung, dem Verlust von Würden (Degradierung] und Einkünften bis hin zur Entlassung aus dem Klerikerstand. [5] Dies wird von Sondervorschriften ergänzt: Wenn Rückfälligkeit zu befürchten ist, muß für ständige Überwachung Sorge getragen werden. Ein Arbeitseinsatz an der gleichen oder einer ähnlichen Stelle soll verhindert werden.

Da ein Crimen sollicitationis naturgemäß das Beichtgeheimnis tangiert, werden alle am Verfahren Beteiligten zu höchster Geheimhaltung verpflichtet. Dies betrifft auch den Schriftverkehr.

Im Falle eines Crimen sollicitationis wurde verlangt, dass Vorkommnisse dieser Natur geheim zu halten seien; diese Geheimhaltung wird auch auf das Dokument selber und die Opfer ausgedehnt. Strafen für einen Bruch der Geheimhaltung beinhalten die Exkommunikation der Mitglieder des kirchlichen Tribunales, aber nicht der Opfer und der Zeugen.

Abschließend wird das schlimmste Verbrechen nochmals verurteilt.

Dem Schreiben beigefügt sind ca. 20 Formulare, die den Schriftverkehr und die Protokollierung eines Crimen sollicitationis regeln, aber auch Formeln für den Amtseid und die Verurteilung enthalten.

Kritik

In Zivilprozessen wegen sexueller Übergriffe durch katholische Priester in den Vereinigten Staaten von Amerika wurde von Anwälten der Kläger argumentiert, dass Crimen sollicitationis ein Beweis für Justizbehinderung durch die katholische Kirche sei. Verteidiger der Kirchenlinie argumentieren dagegen, dass das Dokument es den Bischöfen nicht verboten habe, staatliche Behörden zu informieren, und die Geheimhaltung nur für den Prozess innerhalb der Kirche gelte.

Der Dominikaner Tom Doyle, Berater und Sachverständiger für kirchliche Missbrauchsfälle in den USA, Kanada, Irland, Israel und dem Vereinigten Königreich,[6] sagte 2006 in einem Interview mit der britischen BBC, das Dokument sei „an explicit written policy to cover up cases of child sexual abuse by the clergy, to punish those who would call attention to these crimes by the churchmen“ (eine explizite schriftliche Richtlinie zur Vertuschung sexuellen Missbrauchs an Kindern durch Geistliche, um diejenigen zu strafen, die Aufmerksamkeit auf diese Verbrechen der Kirchenmänner lenken wollten). Diese Meinung hat er später modifiziert.[7]

Damaliger und heutiger Stand des Rechts

Das Dokument Crimen sollicitationis regelte die Verfahrensnormen nach dem Codex Iuris Canonici von 1917, der seinerseits die Apostolische Konstitution Sacramentum poenitentiae von Papst Benedikt XIV. vom 1. Juni 1741 aufgriff.[8] Auch der Codex von 1917 schärfte die Anzeigepflicht durch das Opfer ein (can. 2368 §1).

Nach der Neuordnung des kanonischen Rechts von 1983 wurde Crimen sollicitationis im Jahre 2001 durch das Schreiben De delictis gravioribus ersetzt.

Siehe auch

Sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche

Sonstiges

Die Crimen sollicitationis wurde 2008 im gleichnamigen Song der spanischen Band Ska-P scharf verurteilt.

Einzelnachweise

  1. [1] Wörterbucheintrag Latein-Deutsch zu »sollicitatio«. Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Hannover 1918 (Nachdruck Darmstadt 1998), Band 2, Sp. 2714.
  2. auch: sollicitatio ad turpia
  3. Crimen sollicitationis Nr. 1–2.
  4. Crimen sollicitationis Nr. 29–60.
  5. Crimen sollicitationis Nr. 61–65.
  6. Biografie von Doyle
  7. [ Fehler] Fehler bei Vorlage * Parametername unbekannt (Vorlage:Webarchiv): "1; 3; 2"Vorlage:Webarchiv/Wartung/Parameter Fehler bei Vorlage:Webarchiv: Genau einer der Parameter 'wayback', 'webciteID', 'archive-today', 'archive-is' oder 'archiv-url' muss angegeben werden.Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt vom November 2006. Im Oktober 2008 veröffentlichte er eine ausgebaute Aktualisierung dieses Kommentars.
  8. [Tom Doyle, The 1962 Vatican Instruction Crimen sollicitationis, Nr. 22], Fassung 2006.