Schöppenstuhl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. Januar 2023 um 19:01 Uhr durch Gabrikla (Diskussion | Beiträge) (Link etc). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Schöppenstuhl (mittelhochdeutsch nachgewiesen als scheffenstuol) ist ein historischer Spruchkörper eines Gerichts. Regional wurden gleichbedeutend die Begriffe Schöppenbank oder Schöppenstube verwendet. Während ein weites Begriffsverständnis als Schöppenstuhl ein jegliches Gericht mit Schöffen verstand, war im engeren Sinne ein Obergericht gemeint, das sich zu Rechtsfragen überregional äußerte und somit als ein Vorbild für Vorabentscheidungsverfahren gelten kann.

Die Schöppenstühle im eigentlichen Sinn bildeten sich insbesondere bei Städten, die dem Magdeburger Recht folgten. Schöppenstühle der Städte, die ihr Recht derivativ von den Mutterstädten ableiteten, legten ihre Rechtsfragen dem Schöppenstuhl der jeweiligen Mutterstadt vor. Anders war dies in der Hanse: Auch hier bildeten sich Schöppenstühle, das zentrale Obergericht war allerdings das städtische Ratsgericht in Lübeck.

Die Schöppenstühle entfalteten ihre Bedeutung im Hochmittelalter. Schon seit der Zeit Karls des Großen waren Schöffen bekannt. Schöffengerichte oder Schöppenstühle waren mit sieben oder zwölf Schöffen besetzt, die urteilende Funktion hatten. Die Prozessleitung wurde weiterhin von Schultheißen oder Grafen wahrgenommen. Sie fanden sich gerade im mittel- und ostdeutschen Siedlungsgebiet.

Mit dem 16. Jahrhundert professionalisierte sich das Gerichtswesen. Zunächst wurde die Aufsicht der Landesherrschaft errichtet, später wurden echte Obergerichte in den Territorien errichtet. Die meisten Schöppenstühle waren im 17. Jahrhundert bereits beseitigt. Als vermutlich letzter Schöppenstuhl wurde durch Verfügung des Weimarischen Staatsministeriums am 12. Mai 1881 der Schöppenstuhl der Universität Jena aufgehoben, nachdem er bereits am 1. Oktober 1879 seine Tätigkeit beendet hatte.[1]

Beispiele

Literatur

  • Albrecht Cordes, Adalbert Erler (Hrsg.): Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte, Band IV, Eintrag „Schöppenstuhl“. bearb. v. F. Battenberg. Erich Schmidt Verlag Berlin 1990, ISBN 3-503-00015-1.
  • Peter Beer: Hexenprozesse im Kloster und Klostergebiet Loccum (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens 41). V&R unipress, Göttingen, 2007, ISBN 978-3-89971-357-2.
  • Angela Kriebisch: Die Spruchkörper Juristenfakultät und Schöppenstuhl zu Jena: Strukturen, Tätigkeit, Bedeutung und eine Analyse ausgewählter Spruchakten. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-6315-8127-8
  • Walther Ludwig Karl Hermann Schwabe: Der Aachener Oberhof: Eine Untersuchung über die Bedeutung des Aachener Schöffenstuhls als Obergericht. La Ruelle, Aachen, 1928, DNB 578652986. Aus: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Bd. 47–49.
  • Hellmuth von Weber: Schöppenstuhl und Landesherr: Ein Beitrag zur Geschichte der richterlichen Prüfungszuständigkeit. Mohr (Siebeck), Tübingen, 1950, DNB 455393583

Einzelnachweise

  1. Zur Geschichte des Thüringer Oberlandesgerichts. Abgerufen am 23. September 2017.