AV Turicia Zürich

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Die AV Turicia ist eine farbtragende Akademische Verbindung aus Zürich und ist eine 1860 gegründete Sektion des Schweizerischen Studentenvereins (Abk: Schw. StV oder StV) sowie Mitglied im "Bund Akademischer Kommentverbindungen" (genannt "Block"). Damit ist sie die älteste Hochschulverbindung des 1841 gegründeten Dachverbands.

Basisdaten
Kanton: Zürich
Hochschulen: Universität Zürich
ETH Zürich
Hochschulen Region Zürich
Gründung: 1860
Dachverband: Schw. StV
Kürzel: TU!
Wahlspruch: In fide firmitas! (kurz: Iff!)
("In Treue fest!")
Farben: Burschen: orange-weiss-grün
Fuchsen: orange-weiss
Adresse: AV Turicia
Nordstr. 22
8006 Zürich
Websiten: www.turicia.ch
www.1860.ch
E-Mail-Adresse: senior@turicia.ch

Zweck

Die Turicia ist ein Verein im Sinne des ZGB mit Sitz in Zürich. Sie pflegt die Freundschaft unter ihren Mitgliedern. Auf den Grundlagen des Christentums aufbauend will sie zur Gestaltung von Staat und Gesellschaft im Wissen um die eigene Geschichte und in Verantwortung für das Erbe der katholischen Kirche beitragen.

Geschichte

Gründing der Sektion Zürich des Schw. StV

Das Novemberheft der „Monat-Rosen“ berichtet im Jahre 1860 von der Konstituierung der Sektion Zürich des Schweizerischen Studentenvereins, zu der sich mit dem ETH-Studenten Anton Petrelli und vier Mediziner Franz Bridler, Paul Egger, Robert Lenz und Ernst Müller fünf StVer bereit gefunden haben. Im Dezember gesellt sich ein gestandenes Semester zu der jeweils am Freitag zusammentretenden Runde, welche bei der Bestellung ihres ersten Komitees am 11. Januar 1861 den Rheintaler Fintan Bärlocher (stud. med. absol.) als Senior zu ihrem ersten Präses wählt.

Problematik der ersten Zeit

Einem Brief an die Luzernen Sektion ist zu entnehmen, in welcher Problematik sich die sechs Studenten hineingestellt sehen. Sie gehören zu jenen ersten StVern, die nicht mehr ausschliesslich an katholischen Universitäten des Auslandes studieren, sondern sich mehr und mehr auch der altehrwürdigen Alma Mater Basiliensis, sowie den Zürcher und Berner Hochschulen zuwenden. So verwundert es kaum, dass im protestantischen Zürich sich die Mitglieder der Sektion alsbald mit den Vertretern anderer katholischer Gruppierungen zusammentun. Etwa dem Gesellenverein oder dem Kirchenchor, um über die Pflege der Geselligkeit hinaus die Rechte der verschwindenden kleinen katholischen Minderheiten in Zürich zu wahren und zu vergrössern.

Durchbruch und Erstarken der Turicia

In der Zeit des Kulturkampfes, die 1873 die Katholiken aus der Augustinerkirche vertreibt und in der neuerbauten Kirche St. Peter und Paul in Aussersihl wieder zusammenbringt, besteht diese Interessengemeinschaft ihrer Feuerprobe. In den Achtzigerjahre schaffte die Verbindung den Durchbruch: Die Sektion erreicht im Sommer Semester 1883 vom Senat der Universität die Anerkennung als „Katholische Studentenverbindung Turicia“ und im Winter Semester 1883/84 ihr Inkorporation in die „Allgemeine Studentenversammlung“. Mit dem Beschluss des AC vom 8. Dezember 1885, wurden auch das rot-weiss-grüne Band und die rote Mütze in der Öffentlichkeit getragen. Im Februar 1886 konnte schon das 25jährige Bestehen gefeiert werden. Anlässlich der GV Sursee wird 1886 der „Dreibund“ der farbentragenden akademischen Verbindungen AKV Rauracia, AKV Burgundia und AV Turicia gefeiert, der sich über die kommenden Jahrzehnte hinaus im Schw. StV aktiv zugunsten eines strammen Sektions- und Vereinslebens einsetzt.

Hort führender Züricher-Katholiken

Die reichen, vielfach bis auf die heutigen Tage erhaltenen Archivbestände zeugen vom aufkommenden couleurstudentischen „Feudalwesen“, das in Zürich um die Jahrhundertwende seine Blütezeit erlebt. Die Turicia, in der zeitweise alle Landessprachen gesprochen werden, wird in Ihren Bemühungen von einer aktiven Altherrenschaft unterstützt. Am 1. März 1887 aus der Taufe gehoben, wurde sie erst von den beiden Pfarrern Karl Reichlin und Josef Burtscher, anschliessend während zwanzig Jahren von Dr. med. Emil Pestalozzi-Pfyffer präsidiert. Aus der Verbindung mit ihren zahlenmässig erstarkenden Glaubensbrüdern aus verschiedensten Schichten erwächst den Turicern nicht nur das Verständnis um die Bedeutung der sozialen Frage, die sie als erste in den Gesamtverein einbringen. Sie stehen auch bei den Bemühungen um eine politische Sammlung der Gleichgesinnten auf kantonaler und eidgenössischer Ebene an vorderster Front. Die Namen des ersten Chefredaktors der „Neuen Zürcher Nachrichten“ und Begründers der Christlichsozialen Partei des Kantons, Dr. Georg Baumberger, seines Nachfolgers Dr. Ludwig Schneller sowie des ersten CSP Kantonsratspräsidenten Dr. Conrad Bürgi, diejenigen der massgeblich an der Gründung der Schweizerischen Katholischen Volkspartei beteiligten Ständeräte Adalbert Wirz und Josef Düring seien für viele andere genannt, welche, wie der nachmalige Bundesrat Philipp Etter, während langer Jahre im Dienste der Öffentlichkeit stehen.

Zweite Fahnenweihe, Couleurwechsel und Wahl der Devise

Mit dem Eintritt ins 20. Jahrhundert erlebt die gelegentlich über 60 Mitglieder zählende Turicia eine bewegte Zeit. Ideen eines eigenen Verbindungshauses im Universitätsquartier werden mit der Altherrenschaft diskutiert, während gleichzeitig in geheimen Konventen die Sezession innerhalb der Aktivitas geprobt wird. Der Kitt der Feier der zweiten Fahnenweihe im Sommer 1903, mit welcher auch der Coulerwechsel auf Orange und die Wahl der Devise „In fide firmitas“ einhergeht, hält bis zum 50.Jubiläum, das im Mai 1911 mit viel Gepränge begangen wird.

Abspaltung der AKV Kyburger

Am 24. Februar 1912 beschliesst die Verbindung ihre Redimensionierung, welches mittels Gründung einer Tochterverbindung bewerkstelligt wird. Ein Losverfahren ermittelt die ersten Mitglieder der rosa-weiss-grünen „Kyburger“, an deren erster Fahnenweihe die Turicia im Sommer 1912 – ebenso wie früher bei der Turania und später bei der GV Struthonia, der Lepontia, der Romania Turicensis, der AV Bodania, der Corona San Gallensis, der G.V. Corvina Einsiedeln sowie der GV Desertina – Pate steht. Das Verhältnis zur neuen Verbindung ist einem Auf und Ab unterworfen, dessen Wogen der bis zum Jahre 1944 bestehende gemeinsame Altherrenverband mehr als oft auszugleichen sucht. Die Turicia darf aber in vielen Belangen ihres Interessens auf die Unterstützung der Kyburger zählen.

Im Schatten des zweiten Weltkriegs

Im Jahr 1935 begeht die Verbindung ihr feierliches 75. Stiftungsfest und weiht ihre dritte Fahne ein. Die Widersprüchlichkeit eines nationalen Aufbruchs und die bedrohliche Zeit des zweiten Weltkreigs prägen die AV Turicia. Die Mitbegründerung des neuen „Blocks“ der alten Kommentverbindung im Sommer 1942 ist auch im Lichte des Durchhaltewillens zu sehen, den der StV zur Erhaltung der Schweizer-Freiheit beschwört. In der Nachkriegszeit trägt die Turicia das ihre zur Wiedererstärkung des deutschen und österreichischen Cartellverbands bei. Freundschaftliche Bande werden mit Alpinia Innsbruck und dem Hohentwiel Stuttgart geschlossen, an deren Stelle im Laufe der Jahre die bis heute weiterbestehenden Beziehungen zur K.D.St.V. Winfridia (Breslau) Münster und K.D.St.V. Trifels München treten.

Blockaustritt und die 68er-Jahre

Die Beleidigung anderer Blockmitglieder gegenüber der AV Turicia im Zusammenhang um die Wahl eines Nichtblöcklers zum Zentralpräsidenten, zieht sich die AV Turicia im Wintersemester 1951/52 aus dem Bund akademischer Kommentverbindungen (Block) zurück. Eine Zeit neuer Freiheit bricht an. Auch auf sich allein gestellt am Alten festhaltend, wird das 100jährige Jubiläum des Spätherbst 1960 vorbereitet, das mit seinem Glanze lange nachwirken soll. Der mutige Entschluss zum Kauf eines Verbindungshauses wird gefasst. Während die Zeit der Hochkonjunktur überkommende Ideale frisst, muss sich die Turicia im Mai 1968 stellen. Mit Argwohn stehen die Alten Herren der Abschaffung des Farbenobligatoriums gegenüber. Die Aktiven wiederum, im Gesamtvereine an der Erarbeitung des bildungspolitischen Freiburger Manifests und das Gesellschaftspolitischen Leitbildes beteiligt, wollen die SP-Mitgliedschaft von Turicern nicht des Teufels erklären.

Krise und Wiedererstarken

Mit dem aufgezwungen Auszug aus dem langjährigen Stammlokal „Feldschlösschen“ wird die Turicia vollends heimatlos. Aber letztlich ist Wesen eben immer auch das, was gewesen ist. Durch ein von der Aktivitas veranstaltetes Geschichtsweekend setzen durch die Rückbesinnung auf die eigene Geschichte wieder neue Kräfte frei. Die Turicer-Info entsteht und bringt die Verbindung zur Schaffung eines neuen Gemeinwesens. Aus dem Umbau des Hauses an der Nordstrasse geht das Turicerhaus hervor, das neben dem neugefundenen Stamm im „Urania“ zum Zentrum des Verbindungslebens wird. Ihrer kleinen Zahl zum Trotz sind die aktiven Turicer gewillt, ihre Verbindung wieder auf Vordermann zu bringen und ihr den angestammten Platz im Gesamtverein zu erhalten. Fünf CC-Mitglieder und ein CP werden in den kommenden Jahren gestellt.

Vom 125 Jährigen bis heute

1985 kann die AV Turicia schon auf 125 Jahre Vereinsgeschichte zurückblicken. Diese wird, wie auch schon in der Vergangenheit, mit einem ausgiebiegen Jubiläumsfest gefeiert. Im darauf folgenden Jahr beschliesst die Aktivitas den Wiedereintritt in den Bund akademischer Kommentverbindungen. Unteranderem die wirren um den Wechsel des Stammlokals in den 70er Jahre führte dazu, dass an der Schmiedgasse ein eigenes Lokal gekauft wird. Bis heute ist es der Treffpunkt für den wöchentlichen Stammbetrieb. Kurz vor dem Jahrtausendwechsel steckte die AV Turicia erneut in einer Krise. Nur wenige Aktive und zum Teil fehlendes Engagement brachten das Verbindungsleben ins Stocken. Doch schon im neuen Jahrtausend findet sich ein frischer Kern von Mitglieder und dieser haucht der Verbindung wieder neues Leben ein. Seit dem konnte die AV Turicia auch im Schw. StV abermals ein Mitglied im CC und einen CP zur Verfügung stellen. Im November 2009 wird mit dem traditionellen Martinimahl der Auftakt zum 150jährigen Jubiläum gelegt, dessen feierlicher Höhepunkt um Pfingsten 2010 stattfinden wird.

Das Turicerhaus

Im Jahre 1964 erwarb die AV Turicia im Kreis 6 in Zürich ein Wohnhaus mit der Intention Zimmer für Studenten anzubieten. Im Gegensatz zu deutschen Verbindungen ist es in der Schweiz nicht üblich über ein eigenes Verbindungshaus zu verfügen. Obwohl der Kauf auf Anregung der Verbindung geschah, stand und steht das Haus auch Nichtverbindungsstudenten offen. 1972 wurde das gesamte Haus gründlich renoviert und es entstand unter anderem ein grosser Gemeinschaftskeller mit Küche. Dieser Keller entwickelte sich zum Mittelpunkt des Haus- und Verbindungsalltags. Das Haus ist genossenschaftlich organisiert, wobei etwa 90% der Genossenschafter auch Mitglieder der AV Turicia sind.

Das Stammlokal

Nach längerer Zeit ohne festes Stammlokal erwarb die AV Turicia 1986 ein eigenes Stammlokal im Niederdorf in Zürich. Neben dem normalen Restaurantbetrieb findet dort das wöchentliche Treffen der AV Turicia statt. Das Stammlokal ist als Aktiengesellschaft organisiert. Aktionäre sind unter anderem der Altherrenvorstand und die Aktivitas.

Literatur

info Turicia, Jubiläumsausgabe "125 Jahre Turicia", Nr. 36, Zürich, 2. Mai 1985, Böhi v/o Rock