axial (Chemie)

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Der Begriff axial wird in der Chemie zur Kennzeichnung von Bindungen in Molekülen, der Stellung von Substituenten an Cyclen, der Richtung des Angriffs eines Elektrophils in einer chemischen Reaktion und der Beschreibung einer bestimmten Form der Chiralität, die bei Allenen und Biarenen auftritt, benutzt. Er steht im Gegensatz zum Begriff äquatorial.

Organische Chemie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Axiale Bindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sesselform des Cyclohexans (C6H12) enthält sechs axiale C–H-Bindungen (links) und sechs äquatoriale C–H-Bindungen (Mitte), zusammen also zwölf C–H-Bindungen (rechts).

In der Sesselform (Sesselkonformation) des Cyclohexans kommen zwei Arten von C–H-Bindungen vor, die axiale (a) und die äquatoriale (e von englisch equatorial). Die sechs axialen C–H-Bindungen verlaufen parallel zur dreizähligen Achse C3 des Cyclohexanringes.[1] Die sechs äquatorialen C–H-Bindungen liegen im „Äquator“ des Cyclohexans und verlaufen parallel zu den übernächsten C–C-Bindungen. Beim Umklappen wandeln sich die axialen C–H-Bindungen in die äquatorialen C–H-Bindungen und umgekehrt um.[2]

Stellung von Cyclohexansubstituenten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die beiden möglichen Sesselkonformationen von Methylcyclohexan: Vorzugsweise steht die Methylgruppe äquatorial (links). Im Gleichgewicht liegt nur eine geringe Konzentration des Sesselkonformers mit axialer Methylgruppe (rechts) vor.

Monosubstituiertes Cyclohexan kann in zwei verschiedenen konformeren Formen vorliegen, wobei ein Substituent R entweder eine äquatoriale oder eine axiale Stellung einnehmen kann. Das Konformere mit der äquatorialen Position des Restes R ist bevorzugt. Die Höhe der Inversionsbarriere (ca. 42 bis 46 kJ·mol−1) ist gering, so dass die Umwandlung der Konformere bei 25 °C mit hoher Geschwindigkeit abläuft (pro Sekunde gibt es etwa 100 000 Übergänge, entsprechend einer Halbwertszeit von 10−6 s) und so die Trennung der Konformere nicht möglich ist. Die Natur des Restes R beeinflusst das Gleichgewicht der Konformeren. Beispielsweise liegt im Methylcyclohexan bei 25 °C in etwa 95 % der Moleküle die Methylgruppe in äquatorialer und nur 5 % in axialer Konformation vor.[3]

Axialer elektrophiler Angriff an sechsgliedriger Ringe mit einem oder zwei sp2-hybridisierten Kohlenstoffatomen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sechsgliedrige Ringe mit einem sp2-hybridisierten Kohlenstoffatom im Ring werden von einem Elektrophil entweder axial oder äquatorial angegriffen. Enthält der sechsgliedrige Ring zwei oder mehr sp2-hybridisierten Kohlenstoffatome, so erfolgt der Angriff des Elektrophils axial. Das endgültig gebildete Produkt kann den neu eingetretenen Rest in axialer oder äquatorialer Position enthalten, das hat jedoch mit der Dynamik der Addition nichts zu tun.[4]

Enantiomere axial-chiraler Verbindungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allenene (links) und Biarenene (rechts) sind axial-chirale Verbindungen.

Bei Allenen und Biarenen kommen axial-chirale Enantiomere vor.[5]

Anorganische Chemie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der anorganischen Chemie wird das Begriffspaar aus äquatorial und axial benutzt, um die Positionsarten von Liganden oder Resten in trigonalen Bipyramiden zu klassifizieren.

Trigonale bipyramidale Struktur mit äquatorialen (eq) und axialen (ax)Positionen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Otto-Albrecht Neumüller (Hrsg.): Römpps Chemie-Lexikon. Band 1: A–Cl. 8. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1979, ISBN 3-440-04511-0, S. 344.
  2. Joachim Buddrus: Grundlagen der Organischen Chemie, 4. Auflage, de Gruyter Verlag, Berlin, 2011, S. 109, ISBN 978-3-11-024894-4.
  3. Siegfried Hauptmann: Organische Chemie, 2. durchgesehene Auflage, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig, 1985, S. 112–115, ISBN 3-342-00280-8.
  4. Jonathan Clayden, Nick Greeves, Stuart Warren, Peter Wothers: Organic Chemistry, Oxford University Press, 2001, S. 858–861, ISBN 978-0-19-850346-0.
  5. Ulrich Lüning: Organische Reaktionen, 2. Auflage, Elsevier GmbH, München, 2007, S. 202, ISBN 978-3-8274-1834-0.