Bab al-Aziziya

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Bab el Asisija)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Bab al-Aziziya (arabisch باب العزيزية, DMG Bāb al-ʿAzīzīya; „Tor der Macht“, im Volksmund auch Schloss der Angst,[1] Burg der Furcht oder Festung der Furcht[2]) ist ein ehemals militärischer Komplex im Süden von Tripolis. Es galt als das militärische Kommando- und Kontrollzentrum von Muammar al-Gaddafis Truppen.[3] Außerdem lebten al-Gaddafi und seine Familie auf dem Gelände.[4]

1986 griffen es Bomber der Streitkräfte der Vereinigten Staaten im Rahmen der Operation El Dorado Canyon an.

Später wurde der Komplex im Bürgerkrieg in Libyen Ziel von massiven Angriffen im Zuge des internationalen Militäreinsatzes in Libyen, bis er schließlich am 23. August 2011 von Einheiten der Libyschen Nationalen Befreiungsarmee erobert wurde.

In der Zeit danach entwickelte er sich zu einem beliebten Ziel für Familienausflüge.

Das Gelände umfasst sechs Quadratkilometer und besteht aus Kasernen, Wohnräumen und einer Festung.

Auf dem Gelände befand sich das Zelt von Muammar al-Gaddafi, in dem er offizielle Gäste empfing.[3] Dieses wurde allerdings durch die Angriffe der NATO im Bürgerkrieg 2011 schwer beschädigt.[2]

Bab al-Aziziya ist mit weitläufigen Tunnelsystemen ausgestattet. So gibt es Tunnel die:

Operation El Dorado Canyon

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1986 waren die Einrichtungen auf dem Gelände das Hauptziel der durchgeführten Operation El Dorado Canyon. Auf Bab al-Aziziya wurden 13 Angriffe geflogen. Dabei wurde Chamis al-Gaddafi im Alter von zwei Jahren am Kopf verletzt.[5]

Bürgerkrieg 2011

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gab widersprüchliche Meldungen über den Tod von Chamis al-Gaddafi durch einen desertierenden Piloten der regulären libyschen Luftstreitkräfte.[6][7]

Mehrfach gab es Raketen- und Luftangriffe der Internationalen Truppen auf das Gelände[3][8], die teils Gaddafi persönlich gegolten haben sollen,[9] was die NATO dementierte.[10] Im Zuge dessen sollen mehrere Familienmitglieder al-Gaddafis getötet worden sein. Ende August wurde das Gelände schließlich von den Rebellen erobert.[11]

Angriffe auf Bab al-Aziziya:

Datum Beschreibung Quellen
20. März Ein Kampfflugzeug eines desertierenden Piloten der regulären libyschen Luftstreitkräfte soll von diesem absichtlich auf ein Gebäude des Komplexes gestürzt worden sein. Dabei sei Chamis al-Gaddafi, ein Sohn al-Gaddafis, getötet worden was die Regierung aber dementierte. [6]
20. März Ein Gebäude, fünfzig Meter von al-Gaddafis Zelt entfernt, wurde im Zuge des Absturzes von einer Rakete getroffen und zerstört. Laut der libyschen Regierung habe es sich um die Privaträume al-Gaddafis gehandelt, laut einem Vertreter der Koalition um das militärische Kommando- und Kontrollzentrum. [3]
14. April Ein Luftangriff auf das Gelände erfolgte. [8]
24. und 25. April Mehrere Raketen der NATO trafen das Gelände. Dabei wurde ein mehrstöckiges Gebäude, das als Bibliothek und Büro benutzt wurde, zerstört und eine Eingangshalle schwer beschädigt. Die Libysche Regierung wertete den Angriff als Anschlag auf das Leben von al-Gaddafi. Ein Sprecher der NATO widersprach dem mit der Erklärung, der Angriff habe den Kommandozentralen auf dem Gelände und nicht al-Gaddafi persönlich gegolten. [9][10]
1. Mai Ein Gebäude wurde das Ziel eines Luftangriffes. Das Ziel war laut NATO ein „Kommando- und Kontrollgebäude“. Dabei sollen laut libyscher Regierung Saif al-Arab al-Gaddafi, der zweitjüngste Sohn und drei Enkelsöhne al-Gaddafis ums Leben gekommen sein. Al-Gaddafi und seine Frau sollen sich ebenfalls in dem Gebäude aufgehalten haben, seien aber unverletzt. [12]
Nacht vom 9. auf den 10. Mai Angriffe der Nato erfolgten. Zwei Explosionen erschütterten das Gelände. [13]
Nacht vom 23. auf den 24. Mai zwischen 1.00 Uhr und 1.30 Uhr In der Umgebung waren 15 schwere Explosionen zu hören. Die libysche Regierung sprach von drei Toten und 150 Verletzten. Die Nato bestätigte den Angriff und gab als Ziel einen Fahrzeugpark in Bab al-Aziziya an, von dem zuvor Lenkwaffen abgeschossen worden seien. [14]
7. Juni Die bis dahin schwersten Luftangriffe auf das Gelände erfolgten. Augenzeugen berichteten von 25 Luftangriffen auf Ziele am Stützpunkt an diesem Tag. [15]
Morgen des 16. Juni Eine heftige Explosion erschütterte das Gelände. [16]
22. August bis 25. August Es kam zu schweren Gefechten von Bodentruppen rund um Bab al-Aziziya. Am 23. August eroberten die Rebellen große Teile von Bab al-Aziziya. Den dort vermuteten Muammar al-Gaddafi fanden sie jedoch nicht. Auch zwei Tage danach, befanden sich allerdings immer noch Regierungssoldaten in dem Komplex und leisteten Widerstand.

Nach den Kämpfen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis Mitte September ebbten die Kämpfe ab. Seither entwickelte sich der Komplex zur Attraktion und wurde ein beliebtes Ziel für Wochenendausflüge.[1][2]

Im Oktober 2011 begannen die Abrissarbeiten für den Komplex. Die Mauern wurden planiert und viele Häuser abgerissen. In einigen der noch stehengebliebenen Häuser zogen Familien ein. Jeden Freitag findet ein Markt auf dem Gelände statt.[18]

Nach der Aussage ihrer Eltern wurde die libysche Rechtsanwältin Iman al-Obeidi in Bab al-Aziziya festgehalten.[19]

  • Isabelle Imhof: Bomben auf Ghadhafi. Vor 25 Jahren wollte Ronald Reagan Libyens Machthaber ausschalten. In: Neue Zürcher Zeitung. 14. April 2011, abgerufen am 14. April 2011 (Analyse der Auswirkungen der „Operation El Dorado Canyon“; inklusive eines Luftbilds von Bab al-Aziziya).
  • Ghadhafis geheime Unterwelt. Rebellen bestaunen erobertes Tunnelnetz. In: Neue Zürcher Zeitung. 26. August 2011, abgerufen am 26. August 2011 (Bericht über die Erkundung von Bab al-Aziziya nach der Eroberung durch die Rebellen).

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Astrid Frefel: Wochenendausflug ins «Schloss der Angst». In: Neue Zürcher Zeitung. 13. September 2011, abgerufen am 13. September 2011.
  2. a b c d Rainer Hermann: Die Burg der Furcht ist gefallen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. September 2011, abgerufen am 14. September 2011.
  3. a b c d „Hängt von Umständen ab“. In: ORF. 21. März 2011, abgerufen am 21. März 2011.
  4. Gaddafi droht mit „langem Krieg“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 21. März 2011, abgerufen am 21. März 2011.
  5. David A. Copeland: The Greenwood Library of American War Reporting: The Vietnam War & post-Vietnam conflicts. Greenwood Press, Westport, Conn., 2005, ISBN 978-0-313-32930-2, S. 346
  6. a b Weitere Attacken Gaddafis gegen Rebellen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 22. März 2011, abgerufen am 23. März 2011.
  7. Neuer Al-Gaddafi-Appell. In: ORF. 29. März 2011, abgerufen am 29. März 2011.
  8. a b Einsatz in Libyen Nato nennt Bedingungen für Ende der Luftschläge. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. April 2011, abgerufen am 14. April 2011.
  9. a b Regime wertet Luftangriff als Anschlag auf Ghadhafi. In: Neue Zürcher Zeitung. 25. April 2011, abgerufen am 26. April 2011.
  10. a b Ghadhafis Quartier weiterhin im Visier. In: Neue Zürcher Zeitung. 27. April 2011, abgerufen am 27. April 2011.
  11. a b Heftige Gegenwehr der Gaddafi-Truppen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 25. August 2011, abgerufen am 26. August 2011.
  12. Ghadhafis zweitjüngster Sohn bei Nato-Luftschlag getötet. In: Neue Zürcher Zeitung. 1. Mai 2011, abgerufen am 1. Mai 2011.
  13. Abermals Nato-Luftangriffe auf Tripolis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 10. Mai 2011, abgerufen am 11. Mai 2011.
  14. Schwere Angriffe auf Tripolis. In: die tageszeitung. 24. Mai 2011, abgerufen am 24. Mai 2011.
  15. Rebellen wollen Tripolis erobern. In: Frankfurter Rundschau. 8. Juni 2011, abgerufen am 8. Juni 2011.
  16. Explosionen erschüttern Tripolis. In: Neue Zürcher Zeitung. 16. Juni 2011, abgerufen am 16. Juni 2011.
  17. „Lang lebe das freie Libyen!“ In: ORF. 22. August 2011, abgerufen am 22. August 2011.
  18. Thomas Schmid: Befreites Land. In: Frankfurter Rundschau. 21. Oktober 2011, abgerufen am 24. Oktober 2011.
  19. Leela Jacinto: Rape of Iman Al-Obaidi Is Rape of Libya by Qadhafi and his Thugs. In: Al Jazeera. 3. April 2010, abgerufen am 11. Mai 2011 (englisch).

Koordinaten: 32° 52′ 20″ N, 13° 10′ 25″ O