„Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union“ – Versionsunterschied

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[[Datei:UE TURK1.png|250px|thumb|right|Die EU und die Türkei]]
Die '''Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union''' wurden offiziell in der Nacht vom 3. zum 4.&nbsp;Oktober 2005 aufgenommen.<ref>[http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/1005/seite1/0047/index.html „Ankara schickt sein größtes Polit-Talent“], ''Berliner Zeitung'', 5. Oktober 2005.</ref> Bereits sechs Jahre zuvor, am 11.&nbsp;Dezember 1999, wurde dem Land der Status eines offiziellen [[Beitrittskandidaten der EU]] zuerkannt. Grundlage dafür war das [[Ankara-Abkommen]] aus dem Jahr 1963. Ein größeres Problem bei den Verhandlungen stellt die Nichtanerkennung des EU-Mitgliedes [[Zypern]], seitens der Türkei dar.

== Geschichte ==

=== Vorgeschichte (1949-1998) ===
[[Datei:Marshall Plan poster.JPG|thumb|Plakatwerbung mit türkischer Flagge für den [[Marshallplan]]]]

Die Türkei, die bereits seit 1949 Mitglied des [[Europarat]]es ist, bewarb sich 1959 um eine Mitgliedschaft in der [[Europäische Wirtschaftsgemeinschaft|Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft]] (EWG).<ref>„Schon vor dem Abschluss des Assoziierungsabkommens 1963 hatte die Türkei am 31. Juli 1959, nur rund 1 1/2 Monate nach Griechenland, einen ersten Beitrittsantrag gestellt.“ Peter-Christian Müller-Graff (Hrsg.): ''Die Rolle der erweiterten Europäischen Union in der Welt.'' Baden-Baden: Nomos, 2006, S. 109. ISBN 978-3-8329-2162-0.</ref> 1963 wurde zwischen der Türkei und der EWG ein [[Assoziierungsabkommen]] geschlossen, das sogenannte ''Ankara-Abkommen''. Der Vertrag stellte der Türkei erstmals auch eine Mitgliedschaft in Aussicht. Dieser „Vorbereitungsphase“ sollte am Ende einer Übergangsphase die [[Zollunion]] und damit eine mögliche spätere türkische Mitgliedschaft in der damaligen [[Europäische Gemeinschaften|Europäischen Gemeinschaft]] (EG) folgen.

1992 trat die Türkei der [[Westeuropäische Union|Westeuropäischen Union]] (WEU) als assoziiertes Mitglied bei. Am 1.&nbsp;Januar 1996 wurde zum ersten Mal zwischen der [[Europäische Union|Europäischen Union]] und einem Nichtmitglied der EU eine Zollunion eingeführt. Seit ihrem Beitritt zur [[Europäische Zollunion|Europäischen Zollunion]] gilt in der Türkei das europäische Wirtschaftsrecht, dem Ankara die eigenen Handelsbeziehungen mit Nicht-EU-Ländern&nbsp;– „Drittländern“&nbsp;– anzupassen hat. Da die Türkei kein Mitspracherecht in Brüssel hat&nbsp;– auch dann nicht, wenn es um Wirtschafts- und Handelsfragen geht&nbsp;– sieht sie sich bei diesem Abkommen als stark benachteiligt. „Die Türkei“, so formuliert eine Untersuchung der Berliner [[Stiftung Wissenschaft und Politik]] (SWP), gibt „Teile ihrer nationalen Souveränität [ab], ohne gleichzeitig wirklich Einfluss auf den multinationalen Entscheidungsprozess zu haben“.

Nachdem die damalige EG 1989 einen Antrag der Türkei auf Vollmitgliedschaft noch abgelehnt hatte, wurde auf dem EU-Gipfel in [[Luxemburg]] im Dezember 1997 entschieden, dass sie für einen Beitritt in Frage käme. Da jedoch der Gipfel beschloss, für 1998 Beitrittsverhandlungen mit [[Republik Zypern|Zypern]], [[Ungarn]], [[Polen]], [[Estland]], der [[Tschechische Republik|Tschechischen Republik]] und [[Slowenien]] aufzunehmen, fühlte sich die türkische Regierung brüskiert. Ministerpräsident [[Mesut Yılmaz]] verkündete daher verärgert den Abbruch der Gespräche mit der EU.

=== Anerkennung als Beitrittskandidat (1999-2004) ===

Am 11.&nbsp;Dezember 1999 erhielt die Türkei offiziell den Status als Beitrittskandidaten zuerkannt. Auf dem Gipfel von Kopenhagen 2002 beschloss die EU, im Dezember 2004 über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu entscheiden, sobald die Türkei die politischen Bedingungen der [[Kopenhagener Kriterien]] erfülle.<ref>Europäischer Rat: ''[http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/ec/73845.pdf Tagung vom 12. und 13. Dezember 2002, Schlussfolgerungen des Vorsitzes, S. 6]''</ref> Als „beitrittswilliges Land“ nahm die Türkei 2002/2003 am [[Europäischer Konvent#Verfassungskonvent|Europäischen Konvent]] teil, der den [[Vertrag über eine Verfassung für Europa]] erarbeitete.

Ein wichtiger Grund für die Erlangung des Statuses als Beitrittskandidat war der Beginn umfassender Reformen im türkischen [[Zivilrecht]]. Schon unter [[Bülent Ecevit]] (1999–2002) wurde eine Zivilrechtsreform durchgeführt, die vor allem die rechtliche Stellung der Frau verbesserte. Die Türkei stärkte auch die Menschen- und Freiheitsrechte (zum Beispiel Versammlungs- und Demonstrationsrecht). Die neue Regierung der ''[[Adalet ve Kalkınma Partisi]]'' (AKP) unter Ministerpräsident [[Recep Tayyip Erdoğan]] legte 2002 bei ihrem Amtsantritt ein Paket von Gesetzesänderungen vor, das u.&nbsp;a. die Abschaffung der [[Todesstrafe]] auch in Kriegszeiten, ein Verbot der [[Folter]], das Ende der Straffreiheit für Polizisten, [[Versammlungsfreiheit|Versammlungs-]] und Demonstrationsfreiheit und Maßnahmen gegen die Unterdrückung der [[Kurden in der Türkei|kurdischen Minderheit]] ebenso vorsieht wie den freien Gebrauch des [[Kurdische Sprache|Kurdischen]], Kurdischunterricht und kurdische Hörfunk- und Fernsehkanäle.

Obwohl diese gesetzlichen Grundlagen geschaffen wurden, gibt es Probleme bei der praktischen Umsetzung. Sie scheitert derzeit auch an den staatlichen Behörden und ihren Mitarbeitern. Zwar erteilte die Regulierungsbehörde für den privaten Rundfunk ([[RTÜK]]) am 18.&nbsp;August 2004 drei Sendern im Südosten der Türkei die Lizenz, in Kurdisch zu senden, auch der staatliche Sender TRT&nbsp;3 darf Sendungen auf [[Arabische Sprache|Arabisch]], [[Zazaki]], [[Kurmandschi|Kurmancî]] und anderen Sprachen ausstrahlen, doch ist etwa bei den Regionalsendern ein ungestörter Sendebetrieb kurdischer Rundfunkstationen auf Grund andauernder staatlicher Interventionen bisher nicht durchgängig möglich. Kurdischkurse sind lediglich für Erwachsene erlaubt. Auch forderte die Staatsanwaltschaft in Ankara das Verbot der Lehrergewerkschaft ''[[Eğitim Sen]]'', weil sie in ihrer Satzung die Forderung nach muttersprachlichem Unterricht für Minderheiten stellt. Daher spielen die politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Zustände im Osten der Türkei bei den EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei eine Schlüsselrolle.

Im September 2004 stellte eine Expertengruppe der Europäischen Union fest, dass es in der Türkei heute keine staatlich geduldete systematische Folter mehr gebe, da nur einzelne Personen oder Personengruppen die Folter ausübten. Mit der gleichfalls im September anstehenden Verabschiedung einer weitgehenden Strafrechtsreform werde die Rechtsstaatlichkeit der Türkei gefestigt. Daraufhin empfahl am 6.&nbsp;Oktober die EU-Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.

Am 17.&nbsp;Dezember 2004 entschieden die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel, dass ab dem 3.&nbsp;Oktober 2005 mit der Türkei Verhandlungen über den EU-Beitritt aufgenommen werden. Voraussetzungen dafür sind jedoch die Fortsetzung der begonnenen Reformen, eine weitere Verbesserung der Menschenrechtssituation und insbesondere die Unterzeichnung eines [[Ankara-Protokoll|Zusatzprotokolls zum Ankara-Abkommen]] über eine Zollunion mit den zehn neuen EU-Mitgliedstaaten (darunter auch Zypern) noch vor Beginn dieser Verhandlungen.

Problematisch ist weiterhin der Umgang der Türkei mit religiösen Gruppen, die nicht offiziell als [[Minderheiten in der Türkei]] im Sinne des [[Vertrag von Lausanne|Vertrags von Lausanne]] von 1923 anerkannt werden (so werden die [[Griechen]], [[Armenier]] und [[Juden]] anerkannt). Die EU sieht neben den türkischen [[Christen]] vor allem die [[Aleviten]] (immerhin etwa ein Drittel der Türken) als nicht ausreichend gleichgestellt. So kritisierte die Europäische Kommission in ihrer „Empfehlung zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt“ vom 4.&nbsp;Oktober 2004 ausdrücklich, dass die Aleviten nach wie vor nicht als muslimische Minderheit anerkannt sind.

=== Aufnahme der Beitrittsverhandlungen (2005) ===
[[Datei:Pamuk.jpg|thumb|Der Schriftsteller Orhan Pamuk (2009)]]

Am 29.&nbsp;September 2005 trafen sich die 25 Botschafter der EU-Staaten in Brüssel, um Verhandlungsziele für die Beitrittsverhandlungen am 3.&nbsp;Oktober festzulegen. Österreich blockierte eine Einigung und forderte als einziges Mitgliedsland, der Türkei neben einer Vollmitgliedschaft auch eine Alternative anzubieten. Am 27. September wiederholte der dänische Premier [[Anders Fogh Rasmussen|Rasmussen]] die schon auf früheren [[EU-Gipfel]]n geäußerten Bedenken, ob die EU einen Türkei-Beitritt verkraften könne. Auch [[Europäische Volkspartei|EVP]]-Abgeordnete im EU-Parlament traten für eine Alternative („[[privilegierte Partnerschaft]]“) zur Vollmitgliedschaft der Türkei ein, obwohl die EVP am 26.&nbsp;Januar 2005 beschloss, der AKP einen Beobachterstatus als Vorstufe für eine spätere Mitgliedschaft in der EVP zu gewähren.<ref>[[Das Parlament]]: [http://www.das-parlament.de/2005/05-06/Europa/006.html ''Konservative für Beobachterstatus''], 31. Januar 2005</ref>

Am 3.&nbsp;Oktober 2005 konnten sich alle 25 europäischen Außenminister in Luxemburg auf einen gemeinsamen Rahmentext einigen. Österreich verzichtete auf seine Forderung, der Türkei als Alternative zur Vollmitgliedschaft ein anderes Modell anzubieten, was die Türkei vehement abgelehnt hatte. Letztlich blieb es bei dem Satz: „Gemeinsames Ziel der Verhandlungen ist die Mitgliedschaft“. Als Kompromiss wird nun am Ende der Beitrittsverhandlungen, nach zehn bis fünfzehn Jahren, nicht nur geprüft, ob die Türkei die Beitrittskriterien erfüllt, sondern auch ob die Europäische Union deren Aufnahme wirtschaftlich und politisch verkraften kann. Damit sind die Hürden für die Aufnahme so hoch wie noch nie zuvor für einen Kandidaten. Da die Türkei diesen Bedingungen umgehend zustimmte, konnten die Beitrittsverhandlungen wie vorgesehen formell noch am 3.&nbsp;Oktober beginnen. Gleichzeitig wurden zur Überraschung vieler Beobachter auch die Verhandlungen mit Kroatien wieder aufgenommen. Für diesen Schritt hatte sich die österreichische Regierung stark gemacht, sie dementierte jedoch zugleich offiziell, diese Entscheidung mit der Türkei-Frage verknüpft zu haben.

Am 9.&nbsp;November 2005 veröffentlichte der Erweiterungskommissar [[Günter Verheugen]] die jährliche Beurteilung. Darin werden der Türkei Fortschritte im politischen und wirtschaftlichen Gebiet attestiert. Kritisiert wird vor allem die Lage der Menschenrechte, Meinungsfreiheit und der Schutz von Minderheiten. Exemplarisch kritisiert der Bericht den später eingestellten Prozess gegen [[Orhan Pamuk]] wegen seiner Äußerungen zum [[Völkermord an den Armeniern]].

{{Zitat|Der Wandel geht in diesem Jahr langsamer voran. Die Umsetzung der Reformen ist nicht ausgewogen. Deshalb sind große Anstrengungen nötig auf dem Feld der Meinungsfreiheit, bei den Frauenrechten, bei den Gewerkschaften und den Rechten der nicht-muslimischen Religionsgemeinschaften.|Olli Rehn|Erweiterungskommissar der EU}}

Im März 2006 wurde die Öffnung des zweiten Verhandlungskapitels zum Thema Bildung und Kultur verzögert. Einige EU-Staaten (unter anderem Frankreich und Deutschland) forderten die Verbindung des Kapitels mit Fragen der Menschenrechte und der Kurdenfrage. Andere EU-Staaten, allen voran England und Finnland, lehnten eine Politisierung des rein auf Harmonisierung der Rechtsnormen ausgelegten Themas ab. Das Thema Menschenrechte käme planmäßig erst im Kapitel Justiz und Inneres auf die Tagesordnung, argumentierten sie.

Im Fortschrittsbericht 2006 der EU wurden Mängel bei der Abschaffung der Folter, dem Versuch, Kontrolle über die Armee zu gewinnen, und der Chance auf [[Meinungsfreiheit|freie Meinungsäußerung]] aufgeführt.<ref>[[n-tv]]: [http://www.n-tv.de/727097.html ''Miserables Zeugnis – EU kritisiert Türkei''], 30. Oktober 2006</ref><ref>[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]: [http://www.faz.net/s/Rub99C3EECA60D84C08AD6B3E60C4EA807F/Doc~E7959523127AC4296A65BA6DCCD8AB30B~ATpl~Ecommon~Scontent.html ''Beitrittsverhandlungen: EU sagt Treffen mit Türkei und Zypern ab''], 2. November 2006</ref> Da die Türkei sich bis zum EU-Gipfel im Dezember 2006 weigerte das [[Ankara-Protokoll]] (ein Zusatzprotokoll zum Ankara-Abkommen von 1963) zu [[Ratifikation|ratifizieren]], beschloss der [[Europäischer Rat|Europäische Rat]] auf dem Gipfel die Suspendierung von acht Verhandlungskapiteln.

=== Aktuelle Entwicklung ===

==== 2007 ====
Am 10.&nbsp;Januar 2007 kamen der damalige türkische Außenminister und heutige Staatspräsident [[Abdullah Gül]], der Staatsminister für die EU [[Ali Babacan]] und alle Vertreter der zuständigen Ministerien zusammen. Es wurde beschlossen, sich einen eigenen, von der EU unabhängigen, Reformplan zur Erfüllung der Beitrittskriterien zu erstellen. Laut diesem Plan soll das Kapitel ''Justiz und Grundrecht'' und das Kapitel ''Justiz, Freiheit und Sicherheit'' bis Oktober 2009 abgeschlossen sein. Alle anderen Kapitel bis 2013. Um dieses Ziel zu erreichen sollen Gesetze geändert (zum Beispiel Vereinsgesetz) bzw. neue Gesetze verabschiedet werden.<ref>[[Zaman (Tageszeitung)|Today’s Zaman]]: [http://www.todayszaman.com/tz-web/detaylar.do?load=detay&link=107129 ''Turkey to wrap up political reforms before end of 2009''], 2. April 2007</ref><ref>[[ORF]]: [http://orf.at/070417-11344/?href=http%3A%2F%2Forf.at%2F070417-11344%2F11345txt_story.html ''Ankara verstärkt Europa-Kurs''], 17. April 2007 </ref>

Am 6.&nbsp;Mai 2007 wurde [[Nicolas Sarkozy]] zum Staatspräsidenten Frankreichs gewählt. Er machte Wahlkampf mit dem Versprechen, den Beitrittsprozess der Türkei zu stoppen und durch Verhandlungen für eine andere Art der privilegierten Zusammenarbeit zu ersetzen. Er hat politische Vorbehalte gegen die für Juli 2007 geplante Eröffnung des Kapitels zu [[Wirtschaftspolitik|Wirtschafts-]] und [[Währungspolitik]] angemeldet. Die französische Regierung verhinderte am 24.&nbsp;Juni 2007 die Eröffnung des Dritten Kapitels „Wirtschafts- und Währungspolitik“ der Beitrittsverhandlungen.<ref name="FAZ:Frankreich">[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]: [http://www.faz.net/s/Rub99C3EECA60D84C08AD6B3E60C4EA807F/Doc~E8AB349E1877742DFBA1582B5F9150E01~ATpl~Ecommon~Scontent.html ''EU-Beitrittsverhandlungen: Frankreich bremst Türkei-Gespräche''], 26. Juni 2007</ref> Am 27.&nbsp;August 2007 revidierte Sarkozy seine Position zum EU-Beitritt der Türkei und stellte unter Bedingungen eine Fortsetzung der Beitrittsgespräche in Aussicht.<ref>[[Deutsche Welle]]: [http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,2754247,00.html ''Sarkozy bietet im Streit um EU-Beitritt Ankaras Kompromiss an''], 27. August 2007.</ref>

Am 22.&nbsp;Juli 2007 wurde bei einer vorgezogenen Parlamentswahl die AKP von Regierungschef Erdoğan als Regierungspartei bestätigt. Sie hat auch nach der Wahl die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament inne. Im Gegensatz zu den Oppositionsparteien [[Cumhuriyet Halk Partisi|CHP]] und [[Milliyetçi Hareket Partisi|MHP]] hat die AKP mit einer Fortführung des EU-Kurses um Stimmen geworben. Die anderen Parteien hatten eine EU-skeptischere Linie verfolgt.<ref>[[Die Zeit]]: [http://www.zeit.de/news/artikel/2007/07/22/2344264.xml ''Türkei: Erdogans AKP erzielt deutlichen Sieg''], 22. Juli 2007.</ref>

Nach erfolgter Parlamentswahl und der Wahl von Abdullah Gül zum Präsidenten hielt Regierungschef Erdoğan am 31. August 2007 eine Grundsatzrede mit der Ankündigung der Erhöhung des Reformtempos. Der Annäherungskurs würde auch unabhängig von der Eröffnung neuer Kapitel vorangetrieben. Zudem solle eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Folter verfolgt werden.<ref>[[Spiegel Online]]: [http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,503264,00.html ''Türkei: Erdogan will Reformtempo erhöhen''], 31. August 2007.</ref>

Durch die im Herbst 2007 verstärkt aus dem [[Irak]] heraus durchgeführten [[Terroranschlag|Terroranschläge]] der [[Untergrundorganisation]] [[Arbeiterpartei Kurdistans|PKK]] wurde die Aufmerksamkeit der türkischen Regierung weg von den Reformen hin zur PKK gelenkt. Insbesondere die von der EU angemahnten Verbesserungen bei den Minderheitenrechten der Kurden waren durch die neue Gewalt innenpolitisch nicht opportun. Entsprechend negativ fiel auch der Fortschrittsbericht 2007 aus, in dem vor allem mangelhafte Religionsfreiheit für Christen und unzureichende Meinungsfreiheit bemängelt wurden. Gelobt wurde die demokratische Beilegung des Rechtsstreits zwischen Regierung und Opposition um die Wahl Abdullah Güls zum türkischen Präsidenten, gegen die auch das türkische Militär Vorbehalte geäußert hatte.<ref>[[ZEIT online]]: [http://www.zeit.de/news/artikel/2007/11/06/2414559.xml ''EU-Erweiterung: Brüssel mahnt: Mehr Tempo bei Reformen''], 6. November 2007</ref>

==== 2008 ====
Anfang 2008 eröffnete der [[Generalstaatsanwalt]] [[Abdurrahman Yalçınkaya]] ein Verbotsverfahren gegen die AKP wegen des mutmaßlichen Versuchs, die säkulare Grundordnung der Türkei zu untergraben. Vorausgegangen war ein Beschluss des türkischen Parlaments mit den Stimmen der MHP und AKP zur Abschaffung des [[Kopftuchverbot]]s für Studentinnen. Das Verfahren führte zu einer wieder stärkeren Zustimmung der türkischen Bevölkerung zum EU-Prozess.<ref name="NZZ:Barroso in der Türkei" /> Am 30.&nbsp;Juli 2008 wurde der Verbotsantrag abgelehnt. Sechs der elf Richter stimmten für ein Verbot, womit die notwendige Anzahl von sieben Stimmen knapp verfehlt wurde. Somit darf die Partei weiter regieren, wobei jedoch gemäß Art.&nbsp;69 der [[Verfassung der Republik Türkei|Verfassung]] [[Parlamentswahl 2007 in der Türkei#Staatliche Parteienfinanzierung|staatliche Unterstützungen]] für die AKP teilweise versagt werden.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,569132,00.html „Türkisches Verfassungsgericht lehnt Verbot der Regierungspartei ab“], ''Spiegel Online'', 30. Juli 2008.</ref>

Im Zuge des Besuches des amtierenden EU-Kommissionspräsidenten [[José Manuel Barroso]] in der Türkei im April 2008 wurden einige Reformen verabschiedet, welche die Grundrechte von [[Religion in der Türkei|religiösen Minderheiten in der Türkei]] stärken. So stellte das türkische [[Diyanet İşleri Başkanlığı|Präsidium für Religionsangelegenheiten]] durch eine [[Fatwa]] fest, dass eine [[Apostasie|Abkehr]] vom Islam hin zu einer anderen Religion ausdrücklich erlaubt sei.<ref>[[Der Standard]]: [http://derstandard.at/3299367 Religionsamt erlaubt Übertritt vom Islam], 2. Mai 2008, abgerufen am 23. September 2011</ref> Das türkische Parlament entschied positiv über die Rückgabe der vor Jahrzehnten beschlagnahmten Immobilien an die jüdischen und christlichen Religionsgemeinschaften.<ref>[[Hürriyet]]: [http://www.hurriyet.com.tr/english/turkey/8674600.asp?gid=231&sz=31621 ''Barroso visits Greek patriarchate in his visit to Turkey''], 12. April 2008.</ref>

Nach einer längeren Reformpause stellte der Regierungssprecher [[Cemil Çiçek]] das 131 Punkte umfassende „Dritte Nationale Programm“ ''(3. Ulusal Program)'' vor. Es beinhaltet eine Vielzahl von Anpassungsreformen. Die insgesamt 131 rechtlichen Änderungen und 342 Verordnungen sollen innerhalb von vier Jahren umgesetzt werden. Dabei sollen viele Standards des alltäglichen Lebens an die EU-Normen angepasst werden. Darunter sind Punkte wie zum Beispiel der Kampf gegen Plagiate, Umweltschutz sowie gewerkschaftliche Rechte. Die Institution des Ombudsmannes soll eingerichtet werden. Für das Parteiengesetz und eine Änderung der Parteifinanzierung wird eine Verfassungsänderung angestrebt. Wenn diese Änderungen vollzogen sind, soll es eine höhere Transparenz und Parteienkontrolle sowie mehr Rechte für Parteimitglieder geben.<ref>[http://www.cnnturk.com/HaberDetay/Turkiye/2/Turkiyenin_Ulusal_Programi_hazirlandi/490852/0 Türkiye'nin Ulusal Program'ı hazırlandı], [http://www.cnnturk.com/index.asp CNNTÜRK], abgerufen am 18. August 2008</ref>

==== 2009 bis heute ====
Im Januar 2009 wurde [[Egemen Bağış]] zum ersten türkischen Europaminister ernannt. Er leitet von nun an die Beitrittsverhandlungen. „Der aus [[Bingöl]] stammende Bağış studierte in New York und spricht ausgezeichnet Englisch. Er gilt als Reformer und entschiedener EU-Anhänger“, meldete der ''Tagesspiegel''.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/politik/;art771,2701871 „Türkei erhält einen Minister für Europa“], in: ''Tagesspiegel'', 10. Januar 2009.</ref>

Am 4. Februar 2010 hob die Regierung [[Recep Tayyip Erdoğan]] das [[Emasya]]-Protokoll auf, das es dem Militär erlaubt hat, in einzelnen Provinzen der Türkei die Macht zu übernehmen, ohne dass es dazu von den Landräten oder von Gouverneuren ermächtigt werden musste.<ref>[http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-02/tuerkei-emasya-erdogan „Etappensieg für die türkische Demokratie“], in: ''Zeit online'', 6. Februar 2010 (Zugriff am 7. Februar 2010).</ref> Menschenrechtler wie der Autor und Kommentator [[Ali Bayramoğlu]] fordern, dass die schwarzen Listen, die die Armee von „Vaterlandsverrätern“, „Separatisten“ und „religiösen Radikalen“ angelegt hat, komplett gelöscht werden. Mit der Einschränkung der Macht der Militärs kommt die türkische Regierung auch einer der Hauptforderungen der EU nach. Weitere Reformschritte sollen durch weitreichende Verfassungsänderungen erfolgen, über die am 12. September 2010 in einem [[Verfassungsreferendum in der Türkei 2010|Referendum]] positiv entschieden wurde.

Der [[Rat der Weisen zur Zukunft Europas]], welcher 2007 von Sarkozy und Merkel eingesetzt wurde, um die Grenzen Europas zu definieren, kam in seinem Bericht vom 8. Mai 2010 zum Schluss, dass nicht Geografie und nicht Religion diese Grenzen bestimmen, sondern seine Werte. Sie empfehlen, weiterhin eine Perspektive für den Beitritt der Türkei zu wahren.<ref>Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: ''[http://www.gruene-bundestag.de/cms/presse/dok/339/339379.eureflexionsgruppe_ohrfeige_fuer_merkel.html EU-Reflexionsgruppe: Ohrfeige für Merkel und Sarkozy]'', 8. Mai 2010, Zugriff am 27. August 2011</ref>

Ein bleibendes Problem ist der ungelöste [[Zypernkonflikt]]. Im Juli 2011 erklärte der türkische Ministerpräsident, während der kommenden [[Zyprische EU-Ratspräsidentschaft 2012|EU-Ratspräsidentschaft Zyperns]] in der zweiten Jahreshälfte 2012 die Verhandlungen mit der EU auszusetzen. CSU-Generalsekretär [[Alexander Dobrindt]] wertete dies als Affront und forderte den Abbruch der Verhandlungen.<ref>[http://www.tagesschau.de/inland/zypern166.html Erdogan kippt Wasser auf die Mühlen der Beitrittskritiker]</ref>

Im März 2010 sprach sich Merkel bei einem Staatsbesuch in Ankara gegen den EU-Beitritt der Türkei aus und plädierte stattdessen für eine „[[privilegierte Partnerschaft]]“.<ref>[[FAZ]]: [http://www.faz.net/artikel/C30190/kanzlerin-in-ankara-merkel-lehnt-eu-beitritt-der-tuerkei-weiter-ab-30085183.html Kanzlerin in Ankara: Merkel lehnt EU-Beitritt der Türkei weiter ab], 29. März 2010, abgerufen am 22. September 2011</ref> Beim Besuch des türkischen Staatspräsidenten Gül im September 2011 bekräftigte Merkel ihre Position mit den Worten: „Wir wollen die Vollmitgliedschaft der Türkei nicht. Aber wir wollen die Türkei als wichtiges Land nicht verlieren.“<ref name="Die Welt 20. September 2011">[[Die Welt]]: [http://www.welt.de/politik/deutschland/article13614695/Merkel-lehnt-EU-Mitgliedschaft-der-Tuerkei-ab.html Vor Treffen mit Gül: Merkel lehnt EU-Mitgliedschaft der Türkei ab], 20. September 2011, abgerufen am 22. September 2011</ref> Entwicklungsminister [[Dirk Niebel]] (FDP) sah „die Türkei im Moment weder beitrittsfähig noch die EU aufnahmefähig“ und regte einen freiwilligen Verzicht Ankaras auf die EU-Mitgliedschaft an. Die Größe der Türkei würde Europa überfordern.<ref>[[Hamburger Abendblatt]]: [http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article2035292/Niebel-warnt-EU-kann-sich-die-Tuerkei-nicht-leisten.html Niebel warnt: EU kann sich die Türkei nicht leisten], 22. September 2011, abgerufen am 22. September 2011</ref>

== Verhandlungen ==
Nach dem Beschluss des [[Europäischer Rat|Europäischen Rates]] zur Aufnahme von Verhandlungen wurde formal das Mandat an die [[Europäische Kommission]] übertragen, die die Verhandlungen führt. In den kommenden Jahren reisen EU-Beamte regelmäßig in die Türkei, um die Fortschritte bei der Anpassung der politischen, ökonomischen und rechtlichen Standards an das EU-Regelwerk zu überprüfen. Die Türkei muss in den nächsten Jahren den kompletten rechtlichen Besitzstand der EU übernehmen. Das Regelwerk umfasst 35 Kapitel. Darin sind alle Rechtsakte ([[Europäisches Recht]]) wie zum Beispiel Verträge der Europäischen Union, die [[EG-Verordnung|Verordnungen]] und [[Richtlinie (Europäische Union)|Richtlinien]] enthalten (''Siehe auch:'' [[Acquis communautaire]]).

Die Ergebnisse dieses Monitorings fließen in einen Bericht über den Stand der Reformen ein, den die Kommission jeweils im Herbst veröffentlicht. Die Kommission stellt schließlich fest, ob und wann die rund 35 Beitrittskapitel abgeschlossen sind. Nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des [[Europäisches Parlament|Europäischen Parlamentes]] erklärt der Rat der EU-Regierungen die Beitrittsverhandlungen für abgeschlossen und setzt ein Datum für den formalen Beitritt fest.

Als „Notbremse“ enthält der Brüsseler Gipfelbeschluss eine Ausstiegsklausel: Wenn ein Drittel der EU-Mitgliedstaaten es fordert oder wenn der Reformprozess in der Türkei in den Kernbereichen [[Menschenrecht]]e, [[Minderheitenschutz]] und [[Meinungsfreiheit]] ins Stocken gerät, können die Verhandlungen ausgesetzt werden.

Zweite Hürde ist die Ratifizierung des Beitrittsvertrages in allen EU-Mitgliedsländern, per Parlamentsentscheid oder Referendum: Scheitert sie in nur einem Land, findet der Beitritt nicht statt. Als dritte Hürde wurde auf Drängen [[Österreich]]s im Rahmentext der Beitrittsverhandlung am 3.&nbsp;Oktober 2005 festgelegt, dass auch die wirtschaftliche und politische Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union am Ende der Verhandlungen eine Rolle spielt.

=== Übersicht ===

{| class="prettytable"
|- bgcolor="#ececec"
!Kapitel!![[Screening]] (abgeschlossen)!!Verhandlung
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff0000| {{0}}1. [[Warenverkehrsfreiheit|Freier Warenverkehr]]||16. Januar 2006 – 24. Februar 2006|| suspendiert
|-
|bgcolor=#ff8040| {{0}}2. [[Arbeitnehmerfreizügigkeit|Freizügigkeit der Arbeitnehmer]]||19. Juli 2006 – 11. September 2006|| —
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff0000| {{0}}3. [[Niederlassungsfreiheit]] und [[Dienstleistungsfreiheit|freier Dienstleistungsverkehr]]||21. November 2005 – 20. Dezember 2005|| suspendiert
|-
|bgcolor=#ffff55| {{0}}4. [[Grundfreiheit|Freier Kapitalverkehr]]||25. November 2005 – 22. Dezember 2005|| 19. Dezember 2008 eröffnet <ref>Handelsblatt: [http://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-und-tuerkei-eile-angemahnt;2112916 EU und Türkei: Eile angemahnt], 19. Dezember 2008</ref>
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff8040| {{0}}5. [[Vergaberecht (Europäische Union)|Vergaberecht]]||7. November 2005 – 28. November 2005|| —
|-
|bgcolor=#ff8040| {{0}}6. [[Gesellschaftsrecht]]||21. Juni 2006 – 20. Juli 2006|| —
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ffff55| {{0}}7. Schutz [[Geistiges Eigentum|geistiger Eigentumsrechte]]||6. Februar 2006 – 3. März 2006|| 17. Juni 2008 eröffnet
|-
|bgcolor=#ffff55 | {{0}}8. [[Wettbewerbsrecht]]||8. November 2005 – 2. Dezember 2005||28. Juni 2006 eröffnet
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff0000| {{0}}9. [[Finanzdienstleistung]]en||29. März 2006 – 3. Mai 2006|| suspendiert
|-
|bgcolor=#ffff55| 10. [[Informationsgesellschaft]] und Medien||12. Juni 2006 – 14. Juli 2006|| 19. Dezember 2008 eröffnet
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff0000| 11. Landwirtschaft und ländliche Entwicklung||5. Dezember 2005 – 26. Januar 2006|| suspendiert
|-
|bgcolor=#ffff55| 12. [[Lebensmittelsicherheit]], Veterinärpolitik und [[Pflanzenschutz]]||9. März 2006 – 28. April 2006|| 30. Juni 2010 eröffnet
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff0000| 13. Fischerei||24. Februar 2006 – 31. März 2006|| suspendiert
|-
|bgcolor=#ff0000| 14. [[Verkehrspolitik]]||26. Juni 2006 – 28. September 2006|| suspendiert
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff8040| 15. Energie||15. Mai 2006 – 16. Juni 2006|| —
|-
|bgcolor=#ffff55| 16. Steuerpolitik||6. Juni 2006 – 12. Juli 2006|| 30. Juni 2009 eröffnet <ref>Euronews: [http://de.euronews.net/2009/06/30/eu-oeffnet-neues-kapitel-fuer-tuerkei-beitritt/ EU öffnet neues Kapitel für Türkei-Beitritt], 30. Juni 2009</ref>
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff8040| 17. [[Wirtschaftspolitik|Wirtschafts-]] und [[Währungspolitik]]||16. Februar 2006 – 23. März 2006|| —
|-
|bgcolor=#ffff55| 18. Statistiken||19. Juni 2006 – 18. Juli 2006|| 26. Juni 2007 eröffnet <ref name="FAZ:Frankreich"/>
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff8040| 19. [[Sozialpolitik]] und [[Beschäftigung]]&nbsp;<sup>'''[[#1|1]]'''</sup>||8. Februar 2006 – 22. März 2006|| —
|-
|bgcolor=#ffff55| 20. [[Unternehmenspolitik|Unternehmens-]] und [[Industriepolitik]]||27. März 2006 – 5. Mai 2006|| 29. März 2007 eröffnet
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ffff55| 21. Transeuropäisches Verkehrsnetz||30. Juni 2006 – 29. September 2006|| 19. Dezember 2007 eröffnet
|-
|bgcolor=#ff8040| 22. Regionalpolitik und Koordination der strukturpolitischen Instrumente||11. September 2006 – 10. Oktober 2006|| —
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff8040| 23. [[Rechtspflege|Justiz]] und [[Grundrechte]]||7. September 2006 – 13. Oktober 2006|| —
|-
|bgcolor=#ff8040| 24. Justiz, Freiheit und Sicherheit||23. Januar 2006 – 15. Februar 2006|| —
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#56eb4a| 25. Wissenschaft und Forschung||20. Oktober 2005 – 14. November 2005||<!--12. Juni 2006-->''abgeschlossen''
|-
|bgcolor=#ff8040| 26. Bildung und Kultur||26. Oktober 2005 – 16. November 2005|| —
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ffff55| 27. Umwelt||3. April 2006 – 2. Juni 2006|| 21. Dezember 2009 eröffnet
|-
|bgcolor=#ffff55| 28. [[Verbraucherschutz|Verbraucher-]] und [[Gesundheitsschutz]]||8. Juni 2006 – 11. Juli 2006|| 19. Dezember 2007 eröffnet
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff0000| 29. [[Zollunion]]||31. Januar 2006 – 14. März 2006|| suspendiert
|-
|bgcolor=#ff0000| 30. Beziehungen nach Außen||10. Juli 2006 – 13. September 2006|| suspendiert
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff8040| 31. Außenpolitik, Sicherheits- und Verteidigungspolitik||14. September 2006 – 6. Oktober 2006|| —
|-
|bgcolor=#ffff55| 32. Finanzkontrolle||18. Mai 2006 – 30. Juni 2006|| 26. Juni 2007 eröffnet <ref name="FAZ:Frankreich"/>
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ff8040| 33. Finanz- und Haushaltsbestimmungen||6. September 2006 – 4. Oktober 2006|| —
|-
|bgcolor=#ececec| 34. Institutionen|| — || ''entfällt''
|-bgcolor=#ffffff
|bgcolor=#ececec| 35. Andere Fragen|| — || ''entfällt''
|-bgcolor=#ffffff
|| || 33 von 33 abgeschlossen || 20 eröffnet, 8 suspendiert, 1 abgeschlossen
|}

<div id="1"><sup>'''1'''</sup> Inklusive Antidiskriminierung und Gleichberechtigung von Geschlechtern</div>

Verhandlungsfortschritt:
{{Farblegende|#ff0000|Kapitel suspendiert}}
{{Farblegende|#ff8040|Screening abgeschlossen}}
{{Farblegende|#ffff55|Kapitel eröffnet}}
{{Farblegende|#56eb4a|Kapitel abgeschlossen}}

== Geopolitische Aspekte eines Beitritts ==
{{Zitat|Hier ist die Türkei, die Herrin der Meerengen, die Wächterin vieler Tore.|[[Charles de Gaulle]] <ref name="NZZ:Barroso in der Türkei">[[Neue Zürcher Zeitung]]: [http://www.nzz.ch/magazin/dossiers/barroso_dringt_in_der_tuerkei_auf_reformen_1.708331.html''Barroso dringt in der Türkei auf Reformen''], 12. April 2008</ref>}}

Die [[Geopolitik|geopolitische]] Bedeutung der Türkei ist zwar erheblich (in [[Zentralasien]] ebenso wie im [[Naher Osten|Nahen Osten]])<ref>[[europa-digital]]: [http://www.europa-digital.de/aktuell/dossier/tuerkei/esvp.shtml ''Die Rolle der Türkei für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU''], 29. April 2002</ref>, doch ergibt sich daraus eine schwer kalkulierbare Situation mit positiven wie negativen Aspekten. Während die USA lange Zeit vor allem nur die positiven Seiten sahen, sind einige europäische Staaten derzeit skeptisch.

Ein Beitritt der Türkei würde viele noch zu lösende Konflikte in den Aufgabenbereich der EU-Politik stellen.<ref>[[Die Zeit]]: [http://www.zeit.de/2004/01/Zumutung_Tuerkei ''Zumutung Türkei''], 01/2004</ref> Die Konflikte in den Nachbarstaaten der Türkei, auf die die EU derzeit wenig Einfluss nimmt, könnten im europäischen Tagesgeschäft eine stärkere Rolle spielen. Dies bringt die notwendige Absicherung der Grenzen vor einem Übergreifen der Krisen in den europäischen Raum mit sich. Eine Absicherung wird aber jetzt schon über die Mitgliedschaft der Türkei in der [[NATO]] gewährleistet.

Die EU müsste ihre Interessen neu abwägen und in den Konflikt zwischen [[Aserbaidschan]] und [[Armenien]] eingreifen, in dessen Zuge sie auf [[Russland]] Rücksicht nehmen muss. Damit stiege sie jedoch letztendlich auf eine Ebene mit den USA, da ihr Einfluss bis in den [[Mittlerer Osten|Mittleren Osten]] reichen würde. Dies ist auch einer der Gründe, warum die USA einen Türkeibeitritt befürworten. Sie könnten von den guten Beziehungen zur EU und von deren Lage profitieren, ob im militärischen oder im energiepolitischen Sinne.

Der Einfluss, den ein Türkeibeitritt auf die Energiepolitik der EU nehmen könnte, lässt sich nicht abschätzen. Die Energieprobleme in Europa, zum Beispiel in [[Italien]] oder [[Griechenland]], ließen sich unter einer Türkeimitgliedschaft leichter lösen. Gelder aus dem Strukturfonds der EU könnten die Infrastruktur der [[Pipeline]]s verbessern und Unternehmen aus dem ganzen Kontinent könnten dort investieren.<ref>[[america.gov]]: [http://www.america.gov/st/washfile-english/2006/July/20060707171724MVyelwarC0.8118402.html ''U.S. Says Turkey Can Be Cultural Example, Energy Hub in Europe''], 7. Juli 2006</ref> Der enorme Wasservorrat der Türkei wäre bedeutend für die Union. Allerdings würde die EU im selben Moment mit Irak und [[Syrien]] über die Lösung des [[Euphrat]]-[[Tigris]]-Streitpunktes verhandeln müssen. Der Bau von Staudämmen im Rahmen des [[Südostanatolien-Projekt]]s führt auf Seiten Syriens zu der Befürchtung, dass die Türkei eines Tages die Wasserversorgung als politisches Druckmittel einsetzen könnte.

Die [[Vereinigte Staaten|USA]] haben den Mitgliedern der EU eine Aufnahme der Türkei mehrmals nahegelegt, weil sie einen geostrategischen Vorteil für die westliche Welt durch die Integration der Türkei in die EU erhoffen. [[Barack Obama]] betonte bei seiner Rede am 6. April 2009 in [[Ankara]], dass die Türkei die muslimische Welt mit dem Westen verbinden würde. Mehrere Politiker der [[CSU]] haben sich daraufhin die Einmischung der USA in innenpolitische Themen der EU verbeten. Laut dem ''Spiegel'' sagte der CSU-Europaabgeordnete [[Bernd Posselt]]: „Die EU ist nicht der Spielball Obamas.“ Der US-Präsident versuche, „die Türken auf Kosten der Europäer zu belohnen und gleichzeitig die europäische Integration zu schwächen oder zu unterminieren“. Posselt fügte hinzu: „Dann soll Obama die Türkei halt als 51. Bundesstaat in die USA aufnehmen.“ <ref>[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,617728,00.html Spiegel]</ref>

== Standpunkte der Regierungen und Parteien ==
Neben den Befürwortern (wie der [[Vereinigtes Königreich|britischen]] Regierung unter [[David Cameron]]) gibt es auch Regierungen, die einen türkischen EU-Beitritt ablehnen (insbesondere [[Österreich]], [[Niederlande]] und [[Frankreich]]). Gerade für [[Deutschland]] ist diese Frage auch innenpolitisch zu betrachten, da in den Wirtschaftswunderjahren nach 1960 viele [[Gastarbeiter]] aus der Türkei ins Land gekommen sind. Zwischen 1960 und 2000 stieg die Anzahl der [[Türken in Deutschland]] von knapp 7.000 auf über zwei Millionen.

In Deutschland vertreten insbesondere die [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]<ref>[[Spiegel Online]]: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,521193,00.html ''Parteitag: CDU beschließt neues Grundsatzprogramm''], 3. Dezember 2007</ref> und die [[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]] die Ansicht, dass die Türkei nicht der EU beitreten, sondern den Status einer sogenannten „privilegierten Partnerschaft“ annehmen solle<ref>[http://www.welt.de/print-welt/article346579/Tuerkei_Partnerschaft_statt_EU-Mitgliedschaft.html ''Türkei: Partnerschaft statt EU-Mitgliedschaft''], [[Angela Merkel]] in der [[Die Welt|WELT]], 16. Oktober 2004</ref>, wogegen die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]<ref>[http://www.welt.de/print-welt/article345915/Warum_die_Tuerkei_in_die_EU_gehoert.html ''Warum die Türkei in die EU gehört''], [[Gerhard Schröder]] in der [[Die Welt|WELT]], 13. Oktober 2004</ref> und [[Bündnis 90/Die Grünen]]<ref>[http://www.heide-ruehle.de/heide/artikel/13/doc/argumentationshilfe_eu-tuerkei_2005_website.pdf ''Gehört die Türkei nach Europa?''], Hintergrundpapier von MdEP [[Heide Rühle]], August 2005</ref> zumindest ernsthafte Verhandlungen mit dem möglichen Ziel eines Beitritts befürworten. Auch [[Die Linke]] ist für einen Beitritt.<ref>[http://archiv2007.sozialisten.de/presse/presseerklaerungen/view_html/zid29363/bs1/n28 ''Linkspartei für EU-Beitritt der Türkei, wenn Menschenrechte eingehalten werden''], Pressemitteilung der Partei [[Die Linke]], 9. August 2005]</ref> Die Haltung der [[Freie Demokratische Partei|FDP]] zu einem Beitritt der Türkei ist nicht einheitlich. In einem ZDF-Interview betonte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle allerdings am 5. April 2009, dass die Türkei heute „nicht beitrittsfähig“ und die EU „nicht aufnahmefähig“ seien. Die Diskussion um eine EU-Mitgliedschaft stünde erst in zehn Jahren an.<ref>http://berlindirekt.zdf.de/ZDFde/inhalt/23/0,1872,2034103,00.html</ref>

Sollte es zu einer Abstimmung über den Türkei-Beitritt kommen, so werden die Regierungsparteien nicht zwangsläufig entsprechend dem eigenen Parteiprogramm abstimmen, sondern nach dem [[Koalitionsvertrag]]. Der 2005 geschlossene [[Koalitionsvertrag (Deutschland 2005)|Vertrag der Großen Koalition]] sah eine Fortsetzung der Verhandlungen mit offenem Ausgang vor.<ref>''Gemeinsam für Deutschland. Mit Mut und Menschlichkeit. Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD.'' S. 151 [http://koalitionsvertrag.spd.de/servlet/PB/show/1645854/111105_Koalitionsvertrag.pdf PDF]; 1,92 MB)</ref>

=== Alternative Vorschläge zum Beitritt ===
Jenseits einer Vollmitgliedschaft der Türkei wurden aus verschiedenen Seiten alternative Vorschläge zur Diskussion gestellt. Das prominenteste Beispiel ist die von der deutschen [[Unionsparteien|CDU/CSU]] 2004 ins Spiel gebrachte „[[Privilegierte Partnerschaft|privilegierten Partnerschaft]]“, die unter anderem von der österreichischen [[Österreichische Volkspartei|ÖVP]] unterstützt wird. Europarechtlich ist eine „privilegierte Partnerschaft“ nicht vorgesehen. Ansonsten hätte die Türkei eine Assoziation gemäß Artikel 310 [[Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft|EGV]] beantragen müssen.

Der französische Präsident [[Nicolas Sarkozy|Sarkozy]] hat im Sommer 2007 vorgeschlagen, die von ihm geplante „Mittelmeerunion“ als Alternative für einen EU-Beitritt der Türkei zu sehen. Seine Pläne wurde mittlerweile auf eine „[[Union für das Mittelmeer]]“, die die 1995 eingeleitete [[Euro-mediterrane Partnerschaft]] fortsetzt, gestutzt und der Türkei garantiert, dass die Gründung die Beitrittsverhandlungen mit der EU nicht beeinflussen wird.

== Meinung der Bevölkerung ==
=== Europäische Union ===
39 Prozent der EU-Bürger waren nach einer Sonderumfrage zwischen März und Mai 2006<ref>''Attitudes towards European Union Enlargement'', veröffentlicht im Juli 2006 ([http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_255_en.pdf PDF]; 876 KB)</ref> des [[Eurobarometer]]s für den Beitritt, sobald die Türkei alle ihr von der EU auferlegten Bedingungen erfüllt, 48 Prozent dagegen. Gegenüber der Herbstumfrage 2005 stieg der Anteil der Befürworter um acht Prozent, und der Anteil der Gegner sank um sieben Prozent.

Innerhalb der „alten“ EU-Länder gab es in [[Schweden]], den [[Niederlande]]n und [[Dänemark]] eine absolute und in [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]], [[Spanien]], [[Irland]] und [[Portugal]] eine relative Mehrheit für einen Beitritt. Dem Eurobarometerbericht zufolge waren die [[Österreich]]er mit 81 Prozent Gegnern am skeptischsten, gefolgt von den [[Deutsche]]n und [[Luxemburg]]ern mit 69 Prozent. In [[Frankreich]], [[Finnland]] und [[Belgien]] gab es ebenfalls eine absolute und in [[Italien]] eine relative Mehrheit gegen einen Beitritt.

{{Zitat|Die türkische Regierung hat zur Kenntnis genommen, dass die Ablehnung des gerade von der AKP-Regierung angestrebten türkischen EU-Beitritts dort am höchsten in den Mitgliedstaaten ist, wo die Zahl der Türken besonders hoch bzw. ihre Integration&nbsp;– aus welchen Gründen auch immer&nbsp;– verbesserungswürdig ist.|Cem Özdemir|Grünen-Abgeordneter im Europaparlament<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,474170-2,00.html ''Diaspora: Warum das Heim-Wahlrecht der Türken die Integration behindert''], [[Cem Özdemir]] in [[Spiegel Online]], 28. März 2007</ref>}}

{| class="prettytable"
|+ Pro-Argumente der größten EU-Länder<ref name="figaro">Le Figaro: ''L’entrée de la Turquie mal perçue''. 15. Oktober 2007.</ref><br /><small>Angaben in Prozent. Mehrfachnennungen möglich.</small>
|-
! bgcolor="#008000" style="color:#ffffff; width:500px;" | Ein EU-Beitritt der Türkei ist zu befürworten,
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Frankreich" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">FR</span>
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Italien" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">IT</span>
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Vereinigtes Königreich" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">GB</span>
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Deutschland" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">DE</span>
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Spanien" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">SP</span>
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil die Türkei bereits große Bemühungen im Modernisierungsprozess unternommen hat, um der EU beizutreten.
| style="text-align:center;" | 39
| style="text-align:center;" | 27
| style="text-align:center;" | 24
| style="text-align:center;" | 30
| style="text-align:center;" | 26
|-
| … weil die Türkei geographisch teilweise zu Europa gehört.
| style="text-align:center;" | 29
| style="text-align:center;" | 33
| style="text-align:center;" | 31
| style="text-align:center;" | 26
| style="text-align:center;" | 38
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil ein Beitritt der Türkei die Bedeutung Europas noch weiter unterstützen würde.
| style="text-align:center;" | 25
| style="text-align:center;" | 24
| style="text-align:center;" | 18
| style="text-align:center;" | 18
| style="text-align:center;" | 18
|-
| … weil die finanzielle Belastung schnell durch verstärktes Wachstum verringert werden würde.
| style="text-align:center;" | 19
| style="text-align:center;" | 16
| style="text-align:center;" | 13
| style="text-align:center;" | 22
| style="text-align:center;" | 23
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil zahlreiche Türken mit den gleichen Unterschieden in ihrem Land leben müssen wie andere EU-Länder.
| style="text-align:center;" | 22
| style="text-align:center;" | 8
| style="text-align:center;" | 14
| style="text-align:center;" | 35
| style="text-align:center;" | 15
|-
| … weil die Türkei aus kultureller Sicht zur EU gehört.
| style="text-align:center;" | 17
| style="text-align:center;" | 23
| style="text-align:center;" | 12
| style="text-align:center;" | 17
| style="text-align:center;" | 14
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil sich Europa schon lange für einen EU-Beitritt der Türkei engagiert.
| style="text-align:center;" | 18
| style="text-align:center;" | 14
| style="text-align:center;" | 10
| style="text-align:center;" | 22
| style="text-align:center;" | 11
|-
| … weil durch eine Ablehnung des Beitritts die Islamisten in der Türkei an Bedeutung gewinnen würden.
| style="text-align:center;" | 25
| style="text-align:center;" | 9
| style="text-align:center;" | 15
| style="text-align:center;" | 15
| style="text-align:center;" | 11
|- bgcolor="#ffffff"
| Andere Gründe
| style="text-align:center;" | 1
| style="text-align:center;" | —
| style="text-align:center;" | —
| style="text-align:center;" | —
| style="text-align:center;" | —
|-
| Keine Begründung
| style="text-align:center;" | —
| style="text-align:center;" | 45
| style="text-align:center;" | 12
| style="text-align:center;" | 1
| style="text-align:center;" | 3
|}

{| class="prettytable"
|+ Contra-Argumente der größten EU-Länder<ref name="figaro" /><br /><small>Angaben in Prozent. Mehrfachnennungen möglich.</small>
|-
! bgcolor="#ff0000" style="color:#ffffff; width:500px;" | Ein EU-Beitritt der Türkei ist abzulehnen,
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Frankreich" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">FR</span>
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Italien" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">IT</span>
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Vereinigtes Königreich" style="border-bottom: 1px #000000 dotted;">GB</span>
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Deutschland" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">DE</span>
! bgcolor="#dddddd" style="text-align:center; width:25px" | <span title="Spanien" style="border-bottom:1px #000000 dotted;">SP</span>
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil in der Türkei die Menschenrechte nicht ausreichend respektiert werden.
| style="text-align:center;" | 39
| style="text-align:center;" | 32
| style="text-align:center;" | 28
| style="text-align:center;" | 43
| style="text-align:center;" | 32
|-
| … weil es zu viele religiöse und kulturelle Unterschiede gibt.
| style="text-align:center;" | 34
| style="text-align:center;" | 44
| style="text-align:center;" | 29
| style="text-align:center;" | 43
| style="text-align:center;" | 28
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil die Frauen in der Türkei nicht dieselben Rechte wie Frauen in anderen EU-Ländern haben.
| style="text-align:center;" | 25
| style="text-align:center;" | 15
| style="text-align:center;" | 17
| style="text-align:center;" | 31
| style="text-align:center;" | 31
|-
| … weil die Türkei nicht zu Europa gehört.
| style="text-align:center;" | 25
| style="text-align:center;" | 11
| style="text-align:center;" | 18
| style="text-align:center;" | 19
| style="text-align:center;" | 10
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil dann mehr Immigranten in andere EU-Länder strömen.
| style="text-align:center;" | 21
| style="text-align:center;" | 20
| style="text-align:center;" | 17
| style="text-align:center;" | 16
| style="text-align:center;" | 18
|-
| … weil der Beitritt die Kriminalitätsrate (Drogen, Prostitution, Menschenhandel) in Europa erhöhen und Terroristen anlocken würde.
| style="text-align:center;" | 12
| style="text-align:center;" | 15
| style="text-align:center;" | 10
| style="text-align:center;" | 14
| style="text-align:center;" | 21
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil der Lebensstandard und das wirtschaftliche Wachstum der Türkei gerade einmal die untere Mindestgrenze der anderen EU-Länder erreicht hat.
| style="text-align:center;" | 9
| style="text-align:center;" | 10
| style="text-align:center;" | 13
| style="text-align:center;" | 11
| style="text-align:center;" | 16
|-
| … weil bereits zu viele Länder in der Europäischen Union sind.
| style="text-align:center;" | 14
| style="text-align:center;" | 6
| style="text-align:center;" | 16
| style="text-align:center;" | 8
| style="text-align:center;" | 6
|- bgcolor="#ffffff"
| … weil im Zuge eines Beitritts viele Unternehmen wegen der niedrigen Produktionskosten in die Türkei abwandern würden.
| style="text-align:center;" | 17
| style="text-align:center;" | 5
| style="text-align:center;" | 3
| style="text-align:center;" | 5
| style="text-align:center;" | 5
|-
| Andere Gründe
| style="text-align:center;" | 1
| style="text-align:center;" | —
| style="text-align:center;" | —
| style="text-align:center;" | —
| style="text-align:center;" | —
|- bgcolor="#ffffff"
| Keine Begründung
| style="text-align:center;" | —
| style="text-align:center;" | 37
| style="text-align:center;" | 10
| style="text-align:center;" | 1
| style="text-align:center;" | 1
|}

=== Türkei ===
Viele Bürger der Türkei schätzen die Werte des freien Europa und sind bereit, für einen Beitritt Kompromisse einzugehen. Das sieht man schon allein daran, dass in der Türkei ein spürbarer Wille zu Reformen und Europäisierung vorhanden ist, wie zum Beispiel die Abschaffung von Todesstrafe und Folter, die Hinarbeitung zu einem Rechtsstaat und die schrittweise Entmachtung des Militärs zeigen.

Es gibt gesellschaftliche Gruppen, die gegen einen Beitritt opponieren. Beispielsweise versucht eine nationalistische Juristenvereinigung, mit Klagen die Liberalisierung der Türkei zu behindern. So hatte sie versucht, die erste offizielle Konferenz zum [[Völkermord an den Armeniern]] gerichtlich zu untersagen und zeichnet verantwortlich für medienwirksame Klagen gegen Journalisten und Schriftsteller wie [[Hrant Dink]] und [[Orhan Pamuk]]<ref>[http://www.dha.com.tr/orhan-pamuk-erhielt-strafe-wegen-beleidigung-der-turkentum-flash-news_151175.html Doğan Haber Ajansı] 28.März 2011. Abgerufen am 20. Oktober 2011</ref>wegen „Beleidigung der türkischen Nation, des Staates der türkischen Republik und der Institutionen und Organe des Staates“ nach dem in- und außerhalb der Türkei kritisierten <ref>[http://derstandard.at/2743896 Europarat fordert Reform des "Türkentum"-Paragrafen] Der Standard, 8. Februar 2007. Abgerufen am 20.Oktober 2011</ref><ref>[http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/aktuell/die_meinungsfreiheit_laesst_auf_sich_warten_1.10110481.html Die Meinungsfreiheit lässt auf sich warten] Neue Zürcher Zeitung, abgerufen am 20. Oktober 2011</ref>[[Artikel 301 (Türkisches Strafgesetzbuch)|Artikel 301]] des türkischen [[Strafgesetzbuch (Türkei)|Strafgesetzbuches]].

Einer Umfrage der ''International Strategic Research Organization'' (ISRO) zufolge ist die Unterstützung der türkischen Öffentlichkeit für einen Beitritt von 75 Prozent im Jahr 2004 auf 50 Prozent im November 2006 gefallen.<ref>[http://www.euractiv.com/de/erweiterung/wahlen-turkei-2007/article-163071 ''Wahlen in der Türkei 2007''], Dossier auf EurActiv.com</ref> Es gibt Stimmen, die dies als Reaktion auf die ablehnende Haltung vieler EU-Staaten und -Bürger zurückführen. Ferner ist dies wohl auch in den nicht eingelösten EU-Versprechen bezüglich der Aufhebung der Isolation [[Nordzypern]]s begründet.

Durch das Verbotsverfahren gegen die AKP wurde der EU-Beitritt in der türkischen Bevölkerung wieder populärer. Die Anhänger der vom oppositionellen Politiker [[Ahmet Türk]] gegründeten und 2009 verbotenen [[Kurden in der Türkei|prokurdischen]] [[Demokratik Toplum Partisi]] befürworteten eine EU-Mitgliedschaft zu 83 Prozent.<ref name="NZZ:Barroso in der Türkei" />

== Literatur ==
* [[Bundeszentrale für politische Bildung]] (Hrsg.): ''Türkei.'' Informationen zur politischen Bildung (Heft&nbsp;277). Franzis, München 2002.
* [[Jürgen Gerhards]] und Silke Hans: ''Türkei unerwünscht? Eine Untersuchung der Einstellungen der Bürger in den 27 Mitgliedsländern der EU zum Beitritt der Türkei'', In: ''Berliner Studien zur Soziologie Europas'', Nr. 18, März 2009 ([http://www.polsoz.fu-berlin.de/soziologie/arbeitsbereiche/makrosoziologie/arbeitspapiere/bsse_18.html PDF; 440&nbsp;kB])
* [[Claus Leggewie]] (Hrsg.): ''Die Türkei und Europa. Die Positionen.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-12354-8
* Claudia Neusüß und Anna Holz: ''Die EU-Gleichstellungsstandards. Reformmotor für nationale Frauen- und Geschlechterpolitik in der erweiterten Europäischen Union?'' September 2006 ([http://web.fu-berlin.de/gpo/pdf/neusuess_holz/neusuess_holz.pdf PDF; 365&nbsp;kB]; zur Türkei S.&nbsp;20&nbsp;ff.)

== Siehe auch ==
* [[Außenpolitik der Türkei]]
* Religionen: [[Christen in der Türkei]] und [[Türkische Juden]]

== Weblinks ==
* [http://www.abgs.gov.tr/?p=1&l=2 Internetseite des Generalsekretariats der Republik Türkei für EU-Angelegenheiten] (englisch)
* [http://ec.europa.eu/enlargement/candidate-countries/turkey/index_en.htm Informationen zur Türkei und dem geplanten Beitritt] auf der Internetseite der Europäischen Union (englisch)
* [http://www.independentcommissiononturkey.org/pdfs/german.pdf ''Die Türkei in Europa: Mehr als ein Versprechen?''], Bericht der [http://www.independentcommissiononturkey.org/ ''Unabhängigen Türkei-Kommission (Independent Commission on Turkey)''] unter Leitung von [[Martti Ahtisaari]] (Berichterstatter [[Albert Rohan]]), 2004 ([[Portable Document Format|PDF]]; 274&nbsp;kB)
* ''[http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2007/nov/turkey_progress_reports_courtesy_transl_de.pdf Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen: Türkei&nbsp; Fortschrittsbericht 2007]'', 6.&nbsp;November 2007&nbsp;– Jährlicher Bericht der EU-Kommission über die Fortschritte der Türkei bei der Vorbereitung auf die EU-Mitgliedschaft (PDF; 445&nbsp;kB)
* ''[http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Archiv16/Artikel/2005/11/2005-11-08-ist-die-tuerkei-reif-fuer-einen-eu-beitritt-.html Ist die Türkei reif für einen EU-Beitritt? Fragen und Antworten zum EU-Beitritt der Türkei]'' auf der Internetseite des [[Presse- und Informationsamt der Bundesregierung|Bundespresseamtes]], 8.&nbsp;November 2005
* [http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-468/_nr-1465/i.html Interview mit Egemen Bağış: "Wir sehen Europa als eine Wertegemeinschaft"]Qantara.de, Dezember 2010

; Dossiers:
* [http://www.eurotopics.net/de/magazin/magazin_archiv/europa_und_die_tuerkei_2007_06/ ''Europa und die Türkei''], Schwerpunkt auf ''euro|topics'' (Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung)
* [http://www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-297/i.html ''Türkei und EU''], Dossier auf ''[[Qantara.de]]''
* [http://www.zei.de/zei_deutsch/publikation/publ_turkey_monitor.htm ''ZEI EU-Turkey-Monitor''], regelmäßig erscheinender Newsletter zum Thema des [[Zentrum für Europäische Integrationsforschung|Zentrums für Europäische Integrationsforschung]]
* [http://www.bpb.de/themen/KSGKMH,0,T%FCrkei_und_EU.html ''Türkei und EU''], Dossier der [[Bundeszentrale für politische Bildung]]
* ''[http://ideas.repec.org/p/pra/mprapa/320.html Arno Tausch (2003) „Die Türkei, die islamische Welt und die Zukunft Europas. Ein Lehrstück zur US-Außenpolitik im 21. Jahrhundert“ Online at University of Connecticut,'' Ideas/Repec]
* [http://www.esiweb.org/pdf/esi_document_id_105.pdf Der unbekannte Türke und eine künftige Volksabstimmung – Anatomie einer österreichischen Debatte] (ESI; PDF-Datei; 398 kB)

; Plädoyers für einen Beitritt:
* [http://www.zeit.de/2002/39/200239_tuerkei.pro.xml?page=all ''Keine Angst vor den Türken!'']&nbsp;– Günter Seufert (ehemaliger Leiter des Instituts der [[Deutsche Morgenländische Gesellschaft|Deutschen Morgenländischen Gesellschaft]] in Istanbul) in der ''[[Die Zeit|Zeit]],'' Nr. 39/2002
* ''[http://www.zeit.de/2004/09/01_leit2_09_2f04 Die Türkei passt rein]''&nbsp;– [[Michael Thumann]] in der ''[[Die Zeit|Zeit]],'' 19.&nbsp;Februar 2004
* [http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,448710,00.html ''Türkei: Europas letzte Chance'']&nbsp;– [[Christian Rickens]] im ''[[manager magazin]],'' Heft 12/2006

; Plädoyers gegen einen Beitritt:
* [http://www.zeit.de/2002/38/200238_tuerkei.contra.xml?page=all ''Das Türkenproblem'']&nbsp;– [[Hans-Ulrich Wehler]] in der ''[[Die Zeit|Zeit]]'', Nr.&nbsp;38/2002
* [http://www.welt.de/print-welt/article342468/Zehn_Gruende_gegen_den_EU-Beitritt_der_Tuerkei.html ''Zehn Gründe gegen den EU-Beitritt der Türkei'']&nbsp;– Jacques Schuster und [[Roger Köppel]] in der ''[[Die Welt|Welt]],'' 24.&nbsp;September 2004
* [http://www.zeit.de/2004/49/T_9frkei-Beitritt?1 ''Bitte keinen Größenwahn'']&nbsp;– [[Helmut Schmidt]] in der ''[[Die Zeit|Zeit]]'', 25.&nbsp;November 2004
* [http://www.slate.com/id/2216518/ ''Ankara Shows Its Hand''] – [[Christopher Hitchens]] in [[Slate (Magazin)|slate]], 20. April 2009

== Einzelnachweise ==
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<references />
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[[es:Acceso de Turquía a la Unión Europea]]
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