Benutzer:AMV Stauffia

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Studentenwohnheim Haus Rischer e.V. im Palais Rischer Heidelberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Palais Rischer, 1711 von Johann Jakob Rischer erbaut, beherbergt seit 1959 das Studentenwohnheim Haus Rischer e.V., in welches die akademisch musische Vereinigung Stauffia im Sonderhäuser Verband aufgegangen ist. Es schafft damit den Lebensraum und Lebensbund zwölf Studierender, wie deren Freunde und Förderer. Über diese Gemeinschaft wird nicht allein aufgrund der Örtlichkeit eine aktive Teilhabe am kulturellen Geschehen der Stadt ermöglicht. Ebenso werden regelmäßig die Bewohner Heidelbergs und alle anderen Interessierten eingeladen, zu dieser Teilhabe beizutragen.

Geschichte des Hauses Palais Rischer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Architekt und Baumeister Johann Jakob Rischer wurde nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg 1688-97 zum Wiederaufbau der zerstörten Stadt vom Kurfürsten als Regierungsbaumeister nach Heidelberg gerufen. Er erwarb dort im 18. Jahrhundert einen Teil des Trümmergrundstücks des im Krieg zerstörten Sinnsheimer Klosterhofs in der Unteren Straße, wo er 1711 sein Privathaus, das heute nach ihm benannte Palais Rischer, errichtete. Rischer war Architekt verschiedener Heidelberger Häuser und war unter anderem für den Wiederaufbau der Alten Brücke, insbesondere deren Türme, zuständig. Als sein Hauptwerk wird die St. Anna Hospitalkirche in der Plöck gesehen.

„Das Palais ist mit nur drei Achsen an die Untere Straße gestellt, hat dort aber seinen Hauptzugang. Mit neun Achsen läuft das Gebäude entlang der Bussemergasse in die Tiefe. Kräftige Eck- und Zwischenpilaster mit reizvollen korinthischen Kapitellen gliedern ihn. Die Fenster haben einfache, aber stark profilierte Rahmungen, deren Schlusssteine jeweils mit Karikaturköpfen geziert sind. Im zweiten Obergeschoß schrumpfen die Fenster auf Quadartformat und nähern sich jenen Maßen, die man später für die Mezzaningeschosse bei Palästen wählte. Sie sind hier durch reich ausgestaltete Seitenkonsolen und am geraden Sturz mit den Fruchtgehängen auffallend dekoriert. Weil auch die Bussemergasse zum Neckar hin abfällt, treten an dieser Stelle des Hauses noch die Kellerfenster als archetektonische Gliederungselemente hervor.“

Ernst Dieter Rasch: Geschichte der A.M.V. Stauffia im SV an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg 1899–1974. Zum 75. Stiftungsfest

Nach dem Tode Rischers wechselten die Besitzer des Hauses wiederholt. Verbriefte Besitzer sind der Seifensieder Mayer, ebenso wie der Seifenfabrikant Wilhelm Jäger und der Bäcker Fischer, von welchem aus der Besitz des Hauses schließlich in die Hände der AMV Stauffia überging. Um 1820 befand sich auch der Fechtboden der Univeristät Heidelberg in den Räumlichkeiten des Hauses Rischer.

Geschichte der AMV Stauffia im Palais Rischer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem die Stauffia 1942 aus ihrem Haus in der Friedrich-Ebert-Anlage 50 ausziehen musste, war sie für mehrere Jahre obdachlos. Aufgrund des Raumsbedarfs für Instrumente, Liederbücher und Noten beschloss die Stauffia 1959 sich um den Erwerb des Hauses Rischer zu bemühen. „Nach einer Bautechnischen Prüfung […] beschloss ein schnell berufener Sonderkonvent den Kauf. Maßgebend waren die günstige Aufteilung des Hauses in einzelne Zimmer direkt an den Gängen sowie die günstige Lage zur Uni.“ [1] Durch die Mithilfe des SV, sowie damaliger Bundesbrüdern, konnte der Kaufvertrag ohne Bankschulden 1959 abgewickelt werden. Auf Antraten des Finanzamtes wurde für den Betrieb des Hauses der als gemeinnützig anerkannte Verein 'Studentenwohnheim Rischer e.V.' gegründet, in dem der Verein 'Stauffenheim' aufging. Nach mehrfachen Sanierungen und Restaurationen der Aussenfassaden des Gebäudes entstand so das noch heute bestehende Studierendenwohnheim. Das Haus steht seit 1971 unter 'Denkmalschutz von besonderer Bedeutung'.

„Das bis dahin verstreute Leben der Stauffia konzentrierte sich zunehmend auf dem Haus. Neben den offiziellen Aktivitäten diente es oft als eigenwilliger Rahmen für private Veranstaltungen wie Examensfeiern, Verlobungen und Polterabende, die außerhalb wohnenden Bundesgeschwister kamen zu den Tischtennistunieren, zum Wäschewaschen, oder einfach zum Klönen.“

Ernst Dieter Rasch: Geschichte der A.M.V. Stauffia im SV an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg 1899–1974. Zum 75. Stiftungsfest

Aktuelle Tendenzen der AMV im Palais Rischer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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Das Palais Rischer ist fortan ein studentisches Wohnheim im Herzen der Altstadt Heidelbergs, welches die Mitglieder der akademisch musischen Vereinigung (AMV) Stauffia beherbergt. Die AMV Stauffia gründete sich 1899 als Verbindung im Sonderhäuser Verband (SV) und hat seither zahlreiche Entwicklungen durchlaufen. Als grundlegend für die heutige Form der Gemeinschaft können dabei die ausgehenden 1960er Jahre gesehen werden, in welchen der als Vereinigung neu akzentuierte Lebensbund den Titel der Verbindung ablegte und sich damit gleichzeitig von traditionellen Gebräuchen löste, um neue Wege in die Moderne zu beschreiten. Hierzu zählen u. a. die Abschaffung der Geschlechtertrennung und die darauf folgende Aufnahme von Frauen auf dem Haus, ebenso wie die Abschaffung von verbindungstypischen Äußerlichkeiten wie Kneipen, Rangstellungen innerhalb der Wohngemeinschaft und das rituelle Fechten. In den 1970ern wurde durch die öffentliche Distanzierung vom ehemaligen Leitspruch „Im Liede stark, Deutsch bis ins Mark“ ein deutliches Zeichen gegen jegliche Form rassistischer oder nationalistischer Gesinnung gesetzt. Als ein Beispiel hierfür kann ein Selbstverständnis der Vereinigung von 1995 gelten:

„Politisch ungebunden und gemischt vereinen wir Studierende aller Nationen und Fachrichtungen in Heidelberg – Frauen und Männer sind gleichberechtigte Mitglieder. Unsere Räumlichkeiten bieten viel Platz für Chor, Orchester, Tanz, Theater u.a. Veraltete Bräuche konservativ-traditioneller Verbindungen sind bei uns OUT. An deren Stelle treten zahlreiche musische und literarische Veranstaltungen, von Grillabenden über Wanderungen bis hin zu Vorträgen etc.“

Nepomuk Nitschke: Programmheft zur „Welturaufführung 'Das Hohelied' Oratorium von Nepomuk Nitschke“ in der Peterskirche Heidelberg, 30.06.1995 des Kammerensembles 'Palais Rischer'

Die AMV Stauffia ist seither bemüht, ein alternatives Model einer lebensbundbasierten Studentengemeinschaft zu verwirklichen. Dies beinhaltet auf der einen Seite die Zusammenarbeit mit und Förderung durch ehemalige Bewohner des Hauses, namentlich der 'Alten Damen und Herren', die nicht zuletzt durch ihre monetären Zuwendungen eine außergewöhnliche Wohn- und Lebenssituation für Studierende in Heidelberg schaffen. Auf der anderen Seite beinhaltet dies die Umsetzung des musischen Prinzips, welchem sich die Vereinigung verschrieben hat, durch die jeweilige, auf dem Haus lebende, sogenannte Aktivitas. Der Erwerb 1959 und die Renovierung des Hauses Palais Rischer in der Unteren Straße, ermöglichte seit den 1960ern nicht nur die kostengünstige Unterbringung von Studenten in unmittelbarer Nähe zur Universität Heidelberg, sondern schuf Raum, als Wohngemeinschaft zum kulturellen Leben der Stadt aktiv beizutragen. Das 1711 erbaute Haus verfügt im unteren Stock über einen großzügigen Saal, ein Wohnzimmer sowie einen Partykeller, welche als öffentliche Räume die Veranstaltung verschiedenster kultureller Programme ermöglichen und zur Teilnahme einladen. So zählt zum festen Bestandteil der Semesterprogramme beispielsweise die Initiierung und Durchführung sogenannter 'Offener Bühnen', die zumeist jungen Kreativen ein Forum zur Darbietung ihrer Künste von Musik, Film und Literatur, über Theater, Tanz und Performance bieten. Ebenso gehören Formate wie das 'Literarische Abendessen', das 'Klassikfrühstück' oder die Zusammenarbeiten mit studentischen Vereinen wie 'Delta – Philosophie' oder ,Die Gasse – junge Literatur' zum Programm der Kulturveranstaltungen des Hauses. Darüber hinaus wurden Vernissagen mit überregionalen Künstlern der Malerei, Bildhauerei, Medienkunst, Performance, Fotografie, Film und Installation in Zusammenarbeit mit neu entstandenen Kulturfestivals der Stadt Heidelberg verwirklicht. Im November 2013 stand bei der Podiumsdiskussion 'Kultur in Heidelberg – heute und damals' mit Vertretern kultureller Institutionen wie dem Wunderhornverlag, dem Kunstverein Heidelberg, dem Kurpfälzischen Museum und dem Kreativwirtschaftszentrum die Arbeit und der Stellenwert der verschiedenen Institutionen in der und für die Stadt Heidelberg zur Debatte. Bei alledem genießt die AMV im Palais Rischer den großen Vorteil, keine eigenwirtschaftlichen Zwecke zu verfolgen und steht damit der kulturellen Vielfalt in ihrer ganzen Bandbreite offen. Ein toleranter, fördernder und gleichzeitig fordernder Umgang mit Umwelt und Mitmenschen ist dabei das Credo des Hauses. Leitprinzip hierfür stellt das als wertvoll empfundene Lebensbundmodell. Dies bedeutet für Studierende, aufgrund der monetären Unterstützung seitens der Alten, Zeit für ausseruniversitäre Projekte aufbringen zu können. Es bedeutet außerdem den Austausch zwischen Generationen, der seitens der Projekte sich oft als gewinnbringend, und sei es durch die Verhandlung unterschiedlicher Positionen, erwiesen hat. Die Verpflichtung, eigene Möglichkeiten, die man in seiner Studienzeit erfahren hat, auch später folgenden Generationen zu ermöglichen, stellt ein wichtiges Ideal, hinsichtlich innovativer, zukunftsweisender Gesellschaftsmodelle. Dabei gilt es, die eigene Geschichte und Tradition im Bewusstsein, diese nicht zu negieren, sondern in einem Prozess der Aufarbeitung und aktiven Resignifizierung, vielmehr neu zu schreiben. Die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen, wie sozial- und kulturgeschichtlichen Prozessen und kulturellen Betrachtungsweisen, ist essentielles Werkzeug dieser Arbeit.



  1. Ernst Dieter Rasch, Geschichte der A.M.V. Stauffia im SV an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg 1899–1974. Zum 75. Stiftungsfest 1974, o. O. o. J. (1974)