Benutzer:APPER/WikiHistory/Beispiel

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[[Bild:Berliner Goldhut.jpg|thumb|Berliner Goldhut]]
Der
'''Berliner Goldhut''' ist ein [[Artefakt (Archäologie)|Artefakt]] aus der [[Bronzezeit]] und besteht aus dünnem [[Gold]]blech. Es diente als äußere Schmuckverkleidung einer langschäftigen Kopfbedeckung mit Krempe, die vermutlich aus organischem Material bestand und das außenliegende, dünne Goldblech mechanisch stabilisierte.

Er ist das am besten erhaltene [[Exemplar]] aus einer Gruppe von inzwischen vier bekannten, [[Kegel (Geometrie)|kegelförmigen]] [[Goldhut|Goldhüten]] aus der Bronzezeit, die im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts im süddeutschen Raum ([[Goldblechkegel von Ezelsdorf-Buch]], [[Goldener Hut von Schifferstadt]]) und Frankreich ([[Cone d' Avanton]]) in mehr oder weniger gutem Erhaltungszustand gefunden wurden.

Man geht heute davon aus, dass die Goldhüte als religiöse Insignien von [[Götter]]n angesehen wurden bzw. von [[Priester]]n eines in der späten Bronzezeit in Zentraleuropa verbreiteten [[Sonnenkult]]es dienten. Diese Auffassung wird durch die bildliche Darstellung eines als Kegelhut interpretierten Gegenstands auf einer Steinplatte aus dem [[Grab von Kivik]] in [[Schonen]] (Südschweden) in eindeutig religiös-kultischem Kontext untermauert <ref name="L1">''Gold und Kult der Bronzezeit''. (AusstellungsKatalog). Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 2003. ISBN 3-926982-95-0
</ref>.

Nach teilweiser Entschlüsselung des [[Ornament (Bildende Kunst)|Ornament]]kanons der kegelförmigen Goldhüte vom Typus Schifferstadt schreibt man den Goldblechkegeln heute neben ihrer repräsentativ-kultischen Funktion weitreichende Kalendereigenschaften zu. Ob sie faktisch als [[Kalender]] genutzt wurden oder ob sie das zugrundeliegende [[Astronomie|astronomische]] Wissen lediglich darstellen, ist ungeklärt.

Der Berliner Goldhut wurde 1996 vom [[Museum für Vor- und Frühgeschichte (Berlin)|Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte]] als Fund ohne Fundort aus dem Kunsthandel erworben. Anhand des [[Ornament (Bildende Kunst)|Ornament]]vergleichs mit anderen, genauer zu datierenden Fundstücken wird der Zeitpunkt seiner Herstellung auf die ausgehende [[Bronzezeit]], etwa 1000 bis 800 v. Chr., datiert.

== Beschreibung ==
Der Berliner Goldhut ist ein mit [[Punze (Werkzeug)|Punzstempeln]] und Ornamenträdchen verzierter,
490 g schwerer Goldhut mit langem, schlankem Schaft und abgesetztem und gebauchtem Fuß. In seiner Komposition ähnelt er dem zuvor entdeckten Goldblechkegel von Ezelsdorf-Buch.
[[Bild
:Berliner_Goldhut_detail.jpg|thumb|Berliner Goldhut, Detail]]
Das Blech des Berliner Hutes wird im Bereich des "Hutbandes" durch einen ca. 10 mm breiten Ring aus flachem Bronzeblech verstärkt. Der Außenrand der Hutkrempe wird durch einen tordierten [[Draht|Vierkantdraht]], um den das Blech nach oben gebördelt ist, abgeschlossen.

Die Gesamthöhe des Goldblechkegels beträgt 745 mm. Das Stück wurde als [[Treibarbeit]] aus einer [[Legierung|Goldlegierung]] mit 89,7 % Gold, 9,8 % Silber, 0,4 % Kupfer und 0,1 % Zinn. aus einem Stück hergestellt und weist eine mittlere Wandstärke von 0,06 mm auf.

Der Goldblechkegel ist über die ganze Länge mit horizontalen Zier- und Rahmenbändern flächendeckend ornamentiert. Dabei wurden 14 verschiedene Punzstempel und 3 verschiedene Ornamenträdchen bzw. Rollpunzen verwendet. Die horizontalen Bänder wurden systematisch mit sich wiederholenden, gleichartigen [[Muster|Stempelmustern]] verziert.

Die optische Trennung der einzelnen Ornamentbänder wurde, insbesondere unter Verwendung von Rollpunzen, durch Rippen und Treibwülste realisiert. In den Ornamentbändern finden sich hauptsächlich Buckel- und Kreismotive, die über einen kreisförmigen Innenbuckel verfügen und mit bis zu sechs Außenringen eingefasst sind.

Als Besonderheit ist das jeweils einmalige Auftreten eines Zierbandes bestehend aus liegenden Mondsicheln mit Innenbuckel und darunterliegenden augen- bzw. mandelförmigen Buckeln zu würdigen. Die Kegelspitze wird von einem achtstrahligen, unkonturierten Stern bekrönt, dessen Hintergrund mit Punktbuckeln unterlegt ist.

Eine Übersicht über die Art und Anzahl der in den jeweiligen Ornamentzonen verwandten [[Punze (Werkzeug)|Musterpunzen]] zeigt die nebenstehende Abbildung.

Der Schaft geht in einem breiten, senkrecht geriffelt strukturierten Band in den Kegelfuß über, der mit ähnlichen [[Motiv]]en versehen ist. Im Bereich eines Verstärkungsbandes aus [[Bronze]] geht der Hut vom Kegelfuß in die Krempe über, die ebenfalls mit scheibenförmigen [[Symbol]]en gestaltet ist.

== Kalenderfunktion ==
[[Bild: Berliner Goldhut-Kalenderfunktion1.JPG|thumb|Kalenderfunktionen am Berliner Goldhut]]
Nach heutigem Wissensstand weisen die kegelförmigen Goldhüte vom Typus ''Schifferstadt'', zu denen auch der Berliner Goldhut gehört, eine systematische Abfolge in Anzahl und Art der in den einzelnen Ornamentbändern verwandten Ornamente auf.

In diesem Zusammenhang hat sich herausgestellt, dass auf den Goldhüten vermutlich astronomische [[Kalender]]funktionen auf Basis eines [[Lunisolarkalender|lunisolaren Systems]] abgebildet sind. Aufgrund dieses lunisolaren [[Charakter]]s ist damit ein direktes Ablesen von Zeiträumen in Mond- oder Sonneneinheiten möglich.<ref name="L1"/><ref name="L2">Wilfried Menghin (Hrsg.): ''Acta Praehistorica et Archaeologica.'' Unze, Potsdam 32.2000, S. 31–108. {{ISSN|0341-1184}}</ref>

Da die genaue Kenntnis des [[Sonnenjahr]]s für die Festlegung von Zeitpunkten kultischer Bedeutung wie der [[Sommersonnenwende|Sommer]]- oder [[Sonnenwende|Wintersonnenwende]] von besonderer Bedeutung war, nahm das auf den Goldhüten niedergelegte astronomische Wissen in der bronzezeitlichen [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]] einen besonders hohen Stellenwert ein. Ob sie faktisch als Kalender genutzt wurden oder ob sie das zugrundeliegende astronomische Wissen lediglich darstellen, ist ungeklärt.

Die bislang (Stand: Juli 2005) entschlüsselten Funktionen beinhalten die Möglichkeit zur Abzählung von [[Zeit]]abschnitten bis zu maximal 57 [[Monat]]en. Durch einfache Vervierfachung dieser Werte ist aber auch die Darstellung von Zeitabschnitten größeren Umfangs wie z.&nbsp;B. dem [[Meton-Zyklus (Kalender)|Metonischen Zyklus]] möglich <ref name="L1"/><ref name="L2"/>.

Dabei stellt jeweils ein [[Zeichen]] bzw. ein einzelner Kreisring eines Symbols einen Tag dar. Neben Ornamentringen mit Symbolen unterschiedlicher Kreisringzahl treten Sonderzeichen und Sondersymbole in so genannten ''Schaltzonen'' auf, die bei der Berechnung der oben genannten [[Zeit]]abschnitte von Fall zu Fall hinzugezählt oder weggelassen werden müssen.

Die vollständige Entschlüsselung der in der Ornamentik integrierten Funktionen steht noch aus. Einen schematischen Überblick über die bislang rekonstruierten Kalenderfunktion und die Darstellung der einzelnen Zeitabschnitte auf dem Berliner Goldhut zeigt die nebenstehende Abbildung.

Im [[Prinzip]] wird, beginnend mit der [[Zone]] i, anhand eines geeigneten, zusammenhängenden Abschnitts n benachbarter Ornamentzonen Z_i..Z_i+n eine [[Summe]]nbildung durchgeführt. Von dieser Summe wird gegebenenfalls die [[Symbol]]anzahl einer oder mehrerer, im Bereich dieses Abschnitts auftretenden Schaltzonen abgezogen, um zum entsprechenden Wert in solarer bzw. lunarer Zeitschreibweise zu kommen.

In der Abbildung links dargestellt ist der solare Abbildungsmodus, rechts das Ableseschema für die synodischen (Mond)-Monate. Die rot bzw. blau dargestellten Felder aus den Zonen 5, 7, 16 und 17 stellen ''Schaltzonen'' des [[Kalendersystem]]s dar, mit denen unterschiedlich lange Zeitperioden dargestellt werden.

Die den jeweiligen Feldern zugeordneten Werte sind das [[Produkt (Mathematik)|Produkt]] aus der Anzahl der Symbole in der jeweiligen Ornamentzone und der Anzahl der im vorherrschenden Einzelsymbol vorkommenden Kreise bzw. Kreisringe. Den Sondersymbolen in der Zone 5 wird entsprechend ihrer Anzahl der [[Zahl|numerische]] Wert "38" zugeordnet.

:''Beispiel:''
:''Zone 12 besitzt als vorherrschendes Symbol insgesamt 20 Punzen vom Typus Nr. 14, einem kreisrunden Scheibensymbol, das im Randbereich von 5 Kreisen eingefasst ist. ''
:''Als Wert ergibt sich für diese Zone somit das Produkt aus 12 und 5 = 60.''


Die in den Zwischenräumen zwischen den Hauptsymbolen vorhandenen, kleineren Ringkreise werden als [[Zierrat]] angesehen und für die Rechnung nicht berücksichtigt.

Da auf den Goldhüten ein lunisolares Kalendersystem abgebildet wurde, ist ein direktes Ablesen bzw. Umrechnen in Mond- oder Sonneneinheiten möglich.

Für die Darstellung des in den [[Tabelle]]n jeweils gelb hinterlegten, nach [[Tag]]en zählenden solaren bzw. lunaren maximalen Zeitabschnitts sind die Werte der in der darüberstehenden Spalte farblich hinterlegten Felder zu einer Abschnittssumme zu addieren. Treten hier rot hinterlegte Schaltzonen auf, ist die Summe dieser rot hinterlegten Werte von der Abschnittssumme abzuziehen. Damit ist die Abbildung von Zeitabschnitten mit einer maximalen Länge von 12, 24, 36, 48, 54 und 57 [[Synodischer Monat|synodischen (Mond-) Monaten]] im lunaren System und von 12, 18, 24, 36, 48, 54 und 57 Sonnenmonaten (als zwölftem Teil eines [[Tropisches Jahr|tropischen Jahres]] im solaren System möglich.

:''Beispiel: ''
:''Für die Darstellung eines 54-monatigen Zyklus' im lunaren System werden die Zahlenwerte aus den grün oder blau hinterlegten Zonen 3 bis 21 addiert. Als Summe ergibt sich ein Wert von 1739 Tagen. Vom Ergebnis zieht man die Zahlenwerte aus den rot hinterlegten Zonen 5, 16 und 17 ab. Das Resultat von
1739−142=1597 Tagen entspricht recht genau 54 synodischen Monaten zu je 29.5305 Tagen. ''
Die bei der Rechnung auftretende Differenz von 2 Tagen zum astronomisch korrekten Wert ergibt sich aus der bronzezeitlichen Beobachtungsgenauigkeit von synodischer und solarer Monatslänge
.

== Fundort und Fundgeschichte ==

Der Berliner Goldhut wurde 1995 auf dem internationalen Kunstmarkt angeboten und 1996 als bronzezeitliches [[Artefakt (Archäologie)|Artefakt]] vom Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte aufgekauft. Nach Angaben des Verkäufers stammte das Stück ursprünglich aus einer anonymen Schweizer Sammlung, die in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgebaut worden war. Man geht davon aus, dass der Berliner Goldhut in [[Süddeutschland]] oder der [[Schweiz]] gefunden wurde. Weitere Details zu den Fundumständen sind nicht bekannt. Aus dem Zustand des Goldblechkegels kann aber vermutet werden, dass er analog zum Goldenen Hut von Schifferstadt aufrecht stehend und mit [[Erde]] oder [[Asche]] gefüllt in der Erde vergraben wurde.

== Herstellung ==

Überträgt man das Goldgewicht des Kegels unter Berücksichtigung der fehlenden Krempe in die Abmessungen eines quaderförmigen Goldbarrens, ergibt sich rechnerisch ein [[Würfel (Geometrie)|Goldwürfel]] von weniger als drei Zentimetern Kantenlänge als Ausgangsmaterial. Dieser Goldrohling wurde während des Bearbeitungsprozesses auf eine mittlere Wandstärke von 0,06 mm [[Schmieden|ausgeschmiedet]].

Aufgrund der [[tribologisch]]en Eigenschaften des [[Werkstoff]]es verfestigt sich das Material bei zunehmendem [[Umformgrad|Umformungsgrad]] und neigt dann zur [[Riss]]bildung. Zur Vermeidung dieser Risse war eine besonders gleichmäßige Verformung beim Ausschmieden erforderlich. Darüber hinaus musste das [[Werkstück]] während des [[Produktionsprozess|Herstellungsprozesses]] wiederholt bei mindestens 750°C [[Weichglühen|weichgeglüht]] werden.

Hierbei war aufgrund der niedrigen [[Schmelztemperatur]] der Goldlegierung (ca. 960°C) eine recht genaue [[Temperatur]]kontrolle und eine [[isotherm]]e Aufheizung des Bauteils erforderlich, um ein Aufschmelzen der [[Oberfläche]] zu verhindern. Für diesen Vorgang nutzte der bronzezeitliche Handwerker ein [[Holzkohle]]feuer oder einen [[Ofen]] ähnlich den Brennöfen für [[Töpferei|Töpferwaren]], deren Temperatur allerdings nur in Grenzen durch [[blasebalg]]gestützte Zuführung von [[Sauerstoff]] kontrolliert werden konnte.

Berücksichtigt man die tribologischen Eigenheiten des verwandten Werkstoffes und die bescheidenen technischen Mittel, stellt allein die Herstellung eines unverzierten Bauteils aus solch dünnem Goldblech bereits eine gewaltige handwerkliche Leistung dar.

Im Rahmen der weiteren Bearbeitung wurde der Berliner Goldhut mit radial verlaufenden Ornamentbändern versehen. Dazu wurde der hohle Innenkörper vermutlich ähnlich wie der Goldene Hut von Schifferstadt zwecks Stabilisierung mit einem geeigneten [[Kitt|Goldschmiedekitt]] auf Basis von [[Harz (Pflanze)|Baumharz]] und [[Wachs]] gefüllt und das dünne Goldblech von außen durch wiederholtes Aufdrücken von insgesamt 17 verschiedenen [[Punze (Werkzeug)|Negativpunzen]] und dem Abrollen von 3 verschiedenen Rollpunzen in der vorliegenden Form strukturiert.

== Verbleib ==
Der Berliner Goldhut befindet sich im Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin und stellt ein Herzstück der bronzezeitlichen Sammlung dar.


== Siehe auch ==
* [[Himmelsscheibe
von Nebra]], etwa 2100 bis 1700 v. Chr., die weltweit älteste bisher gefundene konkrete Abbildung des Sternenhimmels
* [[Sieben Steinhäuser]]
* [[Callanish
]] – Anlagen zwecks Berechnung des Mondlaufs?
* Die neu entdeckte [[Kreisgrabenanlage
von Goseck]]
*
[[Fundplatz Bilzingsleben#Gepflasterter Bereich|Fundplatz Bilzingsleben]] <!--von Relevanz deshalb: Stierschädel unterhalb von Stonehenge, kreisrunde Anlage wie in: http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&#38;atype=ksArtikel&aid=1093598444849&calledPageId=1034942319164
sowie siehe
[[Diskussion:Sonnenobservatorium_von_Goseck]]-->
*
[[Goloring]]
* [[Newgrange
]]

== Quellen ==
<references/>


== Literatur ==
*Peter Schauer: ''Die Goldblechkegel der Bronzezeit Ein Beitrag zur Kulturverbindung zwischen Orient und Mitteleuropa''. Habelt, Bonn 1986. ISBN 3774922381.
*Gerhard Bott (Hrsg.): ''Der Goldblechkegel von Ezelsdorf''. Ausstellungskatalog. Theiß, Stuttgart 1983. ISBN 3-8062-0390-3.
*Mark Schmidt: ''Von Hüten, Kegeln und Kalendern oder Das blendende Licht des Orients''. In: ''Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift''. Berlin 43.2002, S. 499–541. {{ISSN|0012-7477}}

== Weblinks ==
* [http://www.runenstein-net.de/goldhut.htm Goldhut Runenstein]
* [http://www.wissenschaft.de/wissen/aktuell/241596.html Goldhut Wissenschaft.de]
* [http://www.landschaftsmuseum.de/Seiten/Lexikon/Goldkegel.htm Goldene Hüte im Archäologischen Lexikon]
(Landschaftsmuseum Obermain Kulmbach)

{{Lesenswert}}

[[Kategorie:Archäologischer Fund (Bronzezeit)]]
[[Kategorie:Archäologischer Fund (Deutschland)]]
[[Kategorie
:Historische Sternwarten und Instrumente]]
[[Kategorie:Kalender
]]

[[en:Golden hat]]