Benutzer:Bauer Karl/Traubenausdünnung

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Nahaufnahme einzelner Rebblüten. Die Blütenorgane von Käppchen, Staubgefäßen und Fruchtknoten mit Narbe sind deutlich zu erkennen. Reste dieser Blütenorgane stellen eine frühzeitige Entwicklungsmöglichkeit für den Botrytispilz dar.

Unter der Ertragsregulierung (Ertragssteuerung) versteht man alle Pflegemaßnahmen, die das Ertragsnivau beeinflussen. Die Ertragshöhe übt den stärksten Einfluss auf die Trauben- und somit auf die Weinqualität aus. Bis in die 80iger Jahre des vorigen Jahrhunderts war die Ertragsregulierung in der Praxis kein Thema. Mit zunehmender Qualitätsanforderung ist diese Maßnahme heute unstrittig, da die Weinqualität davon in hohem Maße beeinflusst wird. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten und Wirkungen von Ertragssteuerungsmaßnahmen die von der Praxis heute akzeptiert und längst praktiziert werden. Die ertragssteuernden händisch durchzuführenden Maßnahmen wie schwacher Rebschnitt, Gescheine abknipsen, teilen oder abstreifen, Trauben abstreifen, Trauben teilen, Trauben abschneiden (Traubenausdünnung) oder maschinell mit Entlauber, Traubenvollernter (grüne Lese), Traubenbürste[1] oder chemisch mit Bioregulatoren (Zulassung beachten) bedürfen eine sinnvolle, dem gegebenen Jahresertragsnivau, den Jahreswitterungsverlauf, der Sorte, den gewünschten Qualitätsniveau und nicht zuletzt von den vorhandenen Arbeitskräften, angepassten Auswahl. Keineswegs darf man glauben, dass mit diesen Maßnahmen sich generell linear die Weinqualität verbessert und jede der angeführten Maßnahmen sich gleich gut auswirkt. Ein Übermaß an diesen ertragsreduzierenden Maßnahmen kann sogar das Gegenteil bewirken. Der Minderertrag der sich daraus ergibt muss sich zuletzt auch in einem besseren Erlös widerspiegeln. Das ist aber nicht selbstverständlich.


Traubenausdünnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darunter versteht man ein teilweises oder vollständiges Entfernen von Trauben, um den Ertrag so zu reduzieren und damit eine ausreichende Einlagerung von Zucker in die Beeren und Einlagerung von reservestoffen in den Rebstock zu gewährleisten. Damit können genügend Inhaltsstoffen mit Hilfe von Zucker in den Beeren gebildet werden. Damit ergibt sich eine bessere physilogische Reife. Die Traubenausdünnung ist jene ertragsregulierende Maßnahme die den stärksten Einfluss auf die Ertragshöhe hat[2][3]. Keine andere Pflegemaßnahme wie Düngung und Rebschnitt haben diesen Einfluss.
. Je nach Jahreswitterungsverlauf kann nur mit einer bestimmten Ertragshöhe jene Traubenreife erreicht werden, die für die Herstellung der gewünschten Weinqualität notwendig ist. Je nach Ertragshöhe einer Sorte - eine genetische Eigenschaft - kann die Ertragshöhe jährlich stark schwanken. Natürliche Einflüsse wie ungünstige Blütewetter, Hagelschlag und Frostereignisse können nicht oder nur mit hohem Aufwand reduziert oder vermieden werden. Das Ertragsnineau muss aber auch so reguliert werden, dass der Rebstock auch genügend Reservestoffe im Herbst einlagern kann.

 Verantwortlich für das hohe Ertragsniveau sind in erster Linie der Klimawandel, die Klonenselektion und die Züchtung sowie die mittlerweile recht sicheren und wirksamen Bekämpfungsmöglichkeiten von Krankheiten und tierischen Schädlingen.

Daraus ergeben sich seit Anfang der 90er Jahre im Vergleich zu den Jahrzehnten davor, folgende Veränderungen:


● geringere Ausfälle durch Frost
● bessere Holzreife
● höhere Austriebsraten
● höhere Durchblühraten
● höhere Trauben- und Beerenzahl und höhere Traubengewichte
● weniger Verluste durch Krankheiten und tierische Schädlinge


Diese Veränderungen führten zwangsläufig zu einem höheren Ertragspotenzial, weshalb die Ertragsregulierung mittlerweile zu einer zentralen Arbeitsmaßnahme im Qualitätsweinbau geworden ist. Dabei kann sie mehrere Funktionen erfüllen.
   Gesunderhaltung der Trauben (z.B. Traubenteilen, Gibberellin, Entblätterung der Traubenzone, Ausdünnen mit Vollernter).
   Qualitätsverbesserung durch Reifeförderung (z.B. Mostgewicht, Farbe, Phenole, Extraktgehalte, Aromapotenzial).
   Entlastung der Rebstöcke (z.B. Stressminderung bei Trockenheit)
   UTA – Vermeidung durch Reifeförderung, Gesunderhaltung der Trauben und Stockentlastung.

Auswirkung auf die Inhaltsstoffe der Beeren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einfach messbare Unterschiede ergeben sich in der Anhebung des Zuckergehaltes. Die Erhöhung des Zuckergehaltes kann bis zu ca. 2° KMW (10° Ö) betragen. Der Unterschied wird umso deutlicher, umso stärker ein hohes Ertragsniveau reduziert wird. Eine starke Anhebung des Zuckergehaltes ist heute - durch den Einfluss der Klimaerwärung - nicht mehr so gewünscht, da zu hohe Alkoholgehalte im Wein verursacht werden. Durch späte Ausdünnung wird der Zuckergehalt nur geringfügig erhöht, aber die physiologische Reife deutlich - leider nicht so einfach zu messen - verbessert. Mit der Durchführung einer gestaffelten Traubenernte, d. h. ein Teil der schon genügend reifen Trauben wird um 1 - 3 Wochen früher eingebracht, wird eine Verbesserung der physiologischen Reife der verbleibenden Trauben erreicht. Diese Verbesserung zeigt sich oft nur in einer geringfügigen Erhöung des Zuckergehaltes der Beeren.

Durchführung, Zeitpunkt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Traubenausdünnung wird üblicherweise im Kombination mit Laubarbeiten (Ausbrechen von Trieben, Entfernen von Blättern in der Traubenzone) durchgeführt. Mit der Hand kann das Geschein knapp nach der Blüte abgestreift werden (Abstreifen der Trauben), Abdrücken vor der Blüte, Abbrechen oder Abschneiden der Trauben, durch Traubenteilung oder mit dem Einsatz von Phytohormonen (sind nicht überall zugelassen) erreicht werden.

Beim Einsatz von bestimmten maschinellen Teilentlaubungsmaschinen wird gleichzeitig eine geringfügige Ausdünnung der Trauben erreicht. Gut geignet sind dafür pneumatisch arbeitende Geräte. Diese entfernen nicht rund 10 - 20 % der kleinen Beeren, sondern alle Blütereste aus der Traube. Dieser Zusatzeffekt vermindert eine frühe Entwicklung von Botrytis auf den abgestorbenen Blütenresten (Käppchen, Staubbeutel) auf dem Stielgerüst.

Bei hohem Traubenansatz wird vor oder nach der Rebblüte ein Teil der Trauben entfernt.

Das Abstreifen von noch jungen Trauben soll 2 - 4 Wochen nach der Rebblüte erfolgen. Mit dieser Vorgangsweise wird gleichzeitig eine Auflockerung der Trauben erreicht. Das ist bei botrytisanfälligen Rebsorten wichtig. Leider ist diese gut wirksame Arbeit sehr zeitaufwendig.

Einen guten Überblick über den Reifezustand der Trauben erhält man beim Verfärben der Beeren im Laufe des Monates August. Zu diesem Zeitpunkt kann sehr gezielt mit der Hand vorgegagen werden.

Werden Phytohormone oder phytohormonähnlich wirkende Präparate eingesetzt, so werden diese in der Rebblütezeit eingesetzt. Diese Präparate werden nicht generell empfohlen (z. B. in Österreich verboten), da die Sorten eine sehr unterschiedliche Empfindlichkeit aufweisen und der Einsatz, aus Gründen des Witterungseinflusses, sehr schweirig ist. Das Ergebnis kann sehr unterschiedlich ausfallen. In der weinbaulichen Praxis werden diese Präparate, wegen der großen Unsichheit und Nachwirkungen im Folgejahr, kaum eingesetzt.

Kompensationsreaktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Entfernung von ganzen Trauben führt zu einem verstärkten Transport von Assimilaten in die verbleibenden Trauben. Dies führt neben einer besseren und früheren Reife auch zu einer größeren Beerenentwicklung und damit zu kompakteren Trauben. Die erste Auswirkung ist gewünscht, die zweite aber nicht. Sie kann sich, besonders in früher Jahren und häufigen Niederschlägen in der Beerenreifephase sehr ungünstig auswirken. Solche Trauben sind deutlich mehr gefährdet gegenüber eines Botrytis- und/oder Essigfäulebefalls. Diese Kompensation ist umso deutlicher, je früher die Traubenausdünnung erfolgt und je wüchsiger die Rebanlage ist[4]. Durch das handarbeitsaufwendigere Traubenteilen, den Abstreifen von noch jungen Trauben kann diese Kompensationsreaktion vermieden werden. Phytohormone wirken auch in dieser Richtung und verhinder kompakte Trauben. Leider sind sie sehr unsicher in der Wirkung und ihaben Nachwirkungen. Sie sollen nicht regelmäßig angewendet werden, da der Eingriff in den Phytohormonahaushalt des Rebstockes längerfristig gestört werden kann.

Fachliteratur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Martin Mehofer: Traubenausdünnung durch Traubenauflockerung zur Verbesserung der Traubengesundheit und Traubenqualität, HBL Klosterneuburg, Wissenbericht 2010 [2]
  • Weinbau - Traubenausdünnung mit Bioregulatoren [3]
  • Arnold Schwab, Manfred Peternel, Eberhard Grebner: Ertragsregulierung, Einfluss auf Mostinhaltsstoffe und Weinbereitung, Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Veitshöchheim, Rebe und Wein 2004, Nr. 6 [4]
  • Fox, Steinbrenner: Ertragsregulierung, LVWO Weinsberg, Eintrag Juli 2002 [5]
  • Weinbauring Franken: Formen der Ertragsregulierung, PP pdf (http://www.weinbauring.de/database/dbfiles/partner-8/rebenanbau/Ertragsregulierung.pdf?PHPSESSID=ce73282d5428a94a160ee9af34065409)
  • Oswald Walg: Ertragsregulierung - Bewertung langjähriger Versuchsergebnisse, Vortag zur 50. Kreuznacher Wintertagung, 2006 [6]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. B. Prior: Oppenheimer Traubenbürste (OTB) – Ein neues Verfahren zur maschinellen Ertragsreduzierung im Weinbau, DLR RheinhessenöNahme-Hunsrück, Südtiroler Obstbau Weinbau, 4/2011, S. 126 - 129 [1]
  2. Karl Bauer und Mitarbeiter: Weinbau. 8. Aufl. 2008, Österr. Agrarverlag, ISBN 978-3-7040-2284-4, S. 199.
  3. Edgar Müller, Hans-Peter Lipps, Oswald Walg: Weinbau. 3. Auflage, Eugen Ulmer, 2008, ISBN 978-3-8001-1241-8. S. 326
  4. Edgar Müller, Hans-Peter Lipps, Oswald Walg: Weinbau. 3. Auflage, Eugen Ulmer, 2008, ISBN 978-3-8001-1241-8. S. 329