Benutzer:ChrissiLisa/Flankierreiz-Paradigma

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Ein bekanntes Paradigma der ortsbasierten, selektiven Aufmerksamkeit ist das Flankierreiz-Paradigma. In unserer Umwelt, wie auch in experimentellen Kontexten müssen wir oft bestimmte, visuell dargebotene Informationen beachten und andere Informationen ignorieren. Doch kann es zu Situationen kommen, in denen es uns nicht gelingt, eigentlich irrelevante Information zu ignorieren. Interferenz- und Störeffekte lassen sich im Alltag häufig beobachten. Die Wirkung irrelevanter Informationen (Distraktoren, Flanker) auf die Verarbeitung relevanter Information (Zielreize) untersuchten unter anderem Eriksen und Eriksen (1974).

Beispiele für Interferenz- und Störeffekte:

Handlungen wie das Einkaufen bestimmter Produkte in einem Supermarkt, kann dadurch unterbrochen oder im Ablauf gestört werden, wenn Produkte, die wir eigentlich gar nicht kaufen wollten, unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Unsere Aufmerksamkeit wird somit automatisch und reizgetrieben auf bestimmte Objekte gerichtet, auch wenn wir diesen Prozess gar nicht beabsichtigen.

Selbst eine so gut geübte Tätigkeit wie das Kaffeekochen wird unter Umständen unterbrochen, wenn man gerade damit beschäftigt ist, über einen komplizierten Sachverhalt nachzudenken, oder wenn interessantere Reize die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.


Interferenz kann also dadurch entstehen, dass die Aufmerksamkeit unwillkürlich auf andere Reize abgezogen wird. Dies muss nicht notwendigerweise auf Schwachstellen im Verarbeitungssystem hinweisen, sondern kann auch als adaptive Funktionsweise des Informationssystems interpretiert werden. Es ist für uns durchaus von Vorteil, sich auf Eventualitäten vorzubereiten und vorausschauend zu handeln. So können beispielsweise Gefahren schneller erkannt werden. Wie wirken jedoch diese eigentlich irrelevanten Informationen, und wie schaffen sie es, unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen? Diesen Fragen sind Eriksen und seine Mitarbeiter nachgegangen. Im Flankierreiz-Paradigma werden mehrere Einzelreize dargeboten, die meistens nebeneinander angeordnet sind.

In dem ursprünglichen Test wurden neben den Zielreizen (z.B. K) inmitten der Buchstabenreihe auf beiden Seiten horizontal Distraktorreize / Flankiererreize (z.B. HHH), hier auch Flankierer genannt, präsentiert. Die Aufgabe der Probanden besteht darin, die linke Taste bei Erscheinen der Buchstaben H und K zu drücken (Set 1) und die rechte Taste bei den Buchstaben C und S (Set 2).

Flankierreiz-Paradigma

Auch Zahlen, Bilder, Farbkleckse, Symbole etc. werden als Stimuli eingesetzt. Neben der willkürlichen Zuordnung von Stimuli zu Reaktionen können auch direktionale Reize (z.B. Pfeile) eingesetzt werden, bei denen die Zuordnung eines Reizes zu einer Reaktion bereits vorgegeben ist (Einsatz auch oft im Negative Priming, Priming Paradigma). Der resultierende Kompatibilitäts- oder Kongruenzeffekt wird zu großen Teilen über motorische Interferenz – aufgrund der distrahierenden Flanker – durch die gleichzeitig (vor-)aktivierte (jedoch falsche) Reaktion erklärt.

Vorgehensweise und Methode

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Die Untersuchung einer Flanker Aufgabe besteht aus drei verschiedenen Bedingungen (drei Arten von Stimuli):

  1. Kompatibler Reiz: Die kompatible Bedingung zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl der Zielreiz als auch die Distraktoren dieselbe Reaktion verlangen.
  2. Inkompatibler Reiz: Im Gegensatz dazu erfordert die Aufgabenbearbeitung in der inkompatiblen Bedingung unterschiedliche Reaktionen (Flankierreiz-Kompatibilitäts-Effekt, FKE) -> Verlängerte Reaktionszeit
  3. Neutraler Reiz: In der dritten Bedingung stellen die Flankierer neutrale Buchstaben dar, die sich wieder horizontal um den Zielreiz befinden. Aufgabe ist es schließlich, auf den zentralen Zielbuchstaben eine bestimmte Reaktion auszuführen und die Distraktorreize schlichtweg zu ignorieren.

Die Ergebnisse zeigten, dass die für die Aufgabenbearbeitung irrelevanten Flankierer-Buchstaben die Reaktionszeiten der Probanden beeinflussen. Vergleicht man die kompatible Bedingung mit der Bedingung, in der neutrale Buchstaben eingesetzt werden, reagieren die Probanden schneller in der kompatiblen Bedingung. Die Probanden reagieren am langsamsten, wenn eine inkompatible Reaktion erforderlich ist. Diese Experimente sagen aus, dass auch die für die Aufgabenbearbeitung irrelevanten Reize mitverarbeitet werden. Eriksen und seine Mitarbeiter interessierten sich weiter dafür, wie die irrtümliche Selektion der irrelevanten Information zustande kommt. Sie nahmen an, dass die räumliche Verteilung der Aufmerksamkeit ungenau arbeitet.

Schlussfolgerung

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Aus den gewonnenen Ergebnissen schließen Eriksen und Eriksen, dass die für die Aufgabenbearbeitung irrelevanten Flankierer vor allem dann selektiert und mitverarbeitet werden, wenn sie sich nahe am Zielreiz befinden, d.h. der Abstand zwischen den Reizen gering ist. In nachfolgenden Untersuchungen wurde diese Annahme bestätigt, da sie eine geringere Interferenzstärke mit zunehmendem Distraktorabstand beobachten konnten.

Der Interferenzeffekt inkompatibler Flankierer-Buchstaben auf die Reaktion auf einen zentralen Zielbuchstaben lässt sich dadurch reduzieren, dass der Ort des Zielbuchstabens vor der Präsentation der Buchstabenreihe durch einen Markierstimulus (Hinweisreiz) angezeigt wird. Dieser dient dazu, die Versuchsperson zu veranlassen, ihre ortsbezogene Aufmerksamkeit auf die angezeigte (d.h. bei hoher Cue-Validität die wahrscheinliche Zielreiz-) Position zu richten und nicht-indizierte (d.h. wenig wahrscheinliche Zielreiz-) Positionen zu ignorieren (Cueing-Paradigma von Posner).

Gummilinsen-Metapher – Aufmerksamkeit als variable „Gummilinse“

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Die Untersuchungen mittels des Flankierreiz-Paradigmas haben zur Erweiterung der Scheinwerfer-Metapher („spotlight of attraction“, Aufmerksamkeit als Lichtkegel) geführt: aufgrund der Resultate verglichen sie die Aufmerksamkeit mit einer variablen Gummilinse (engl. zoom lens) mit zwei Einstellungsmöglichkeiten. Demnach besitzt die Aufmerksamkeit entweder eine fokussierte oder eine unfokussierte Einstellung.

  • fokussierte Einstellung: Unter fokussierter Einstellung wird die Aufmerksamkeit auf einen kleinen Bereich verstanden, die eine hohe „Auflösung“ besitzt (von minimal 1° Sehwinkel Durchmesser).
  • unfokussierte Einstellung: Dem gegenüber kann sie auch auf einen breiter gestreuten Bereich gerichtet werden, woraus sich eine verringerte Auflösung ergibt (unfokussierte Einstellung).


Mittels der Gummilinsen- Analogie hat man versucht, den Befund zu erklären, dass sich die Interferenzwirkung inkompatibler Flankierreize auf die Zielreizreaktion mit zunehmender Zeitverzögerung (SOA) zwischen einem Hinweisreiz und der Buchstabenreihe reduziert. Die Vorstellung ist die, dass die Aufmerksamkeit auf den Hinweisreiz hin in einem Prozess, der Zeit braucht, von einem unfokussierten Zustand in einen fokussierten Zustand übergeht.

Gradienten-Modell

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Einigen neueren Annahmen zufolge ist die ortsbasierte visuelle Aufmerksamkeit im Sinne eines Gradienten-Modells zu begreifen (z.B. Downing, 1988; LaBerge & Brown, 1989), demzufolge die attentionale „Auflösungskraft“ innerhalb der beachteten Region vom Maximum im Zentrum kontinuierlich zur Peripherie hin abfällt (wobei die Steilheit des Gradienten den Aufgabenanforderungen entsprechend variiert). Eine weitere theoretische Entwicklung integriert Filter- und Gradientenansätze ins Gradienten-Filter-Modell, z.B. Cheal et al. 1994)

Einsatz des Flankierreiz-Paradigma

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Die Erkenntnisse des Flankierreiz-Paradigma haben Bedeutung für die Anordnung von Kontrollgeräten oder Monitoren.

Praktischer Test

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Ein praktischer Test des Flankierreiz-Paradigma ist unter Praktischer Test - Flankierreiz-Paradigma zu finden.