Benutzer:DukeEarly/Followership

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Im deutschsprachigen Raum wird mit dem Begriff Followership ein spezifischer Ansatz der Personal- und Organisationsentwicklung zusammengefasst. Im Kern geht es um einen Perspektivwechsel weg von einer einseitigen Fokussierung auf Führungskräfte hin zu einer geteilten Verantwortung für das Gelingen von Führung zwischen Führenden und Folgenden.

Ursprünge des Konzepts

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals taucht das Konzept in den 80er Jahren in den USA auf, wo es insbesondere von Robert E. Kelley propagiert wurde mit dem Ziel, die scheinbar brachliegenden Kompetenzen von Mitarbeitern besser zu nutzen. Kelley unterschied fünf Typen von Folgenden anhand von zwei Leitfragen:

  1. Denken die Mitarbeiter eigenständig, unabhängig und kritisch? Oder überlassen sie das Denken ihren Führungskräften?
  2. Setzen sich die Mitarbeiter aktiv dafür ein, positive Energie für ihre Organisation zu erzeugen? Oder stehen sie für negative Energie und Passivität?

Kelleys Bezeichnungen der Typen von Folgenden lauten: "Schafe (sheep)", "Yes-People", "Pragmatiker (pragmatics)", "Entfremdete (alienated)" und "Star Follower". Darauf aufbauend entwickelte er Szenarien und Handlungsoptionen für Führungskräfte zum Umgang mit diesen unterschiedlichen Typen; ein Ansatz, der auch in der situativen Führungstheorie seinen Niederschlag gefunden hat.[1]
Eine Ausweitung erfuhr das Konzept im Zusammenhang mit den Debatten über Whistleblower und über die ethischen Fragen nach den Grenzen von Folgschaft. Ira Chaleff hat beispielsweise Kriterien für "courageous follower", also mutige Gefolgsleute vorgestellt, die sich zwar prinzipiell in den Dienst einer Aufgabe stellen und bereit sind, sich dafür als Folgende einzusetzen, aber zugleich einen klaren ethischen Standpunkt vertreten und blinden Gehorsam ablehnen. In diesem Sinne verstanden, braucht es für gutes Folgen eben so viel Mut, wie für gutes Führen, und zwar den Mut,

  • die (temporäre) Führungskraft zu unterstützen und damit zum gemeinsamen Erfolg beizutragen,
  • Verantwortung für die gemeinsame Aufgabe zu übernehmen,
  • das Verhalten von Führungskräften und anderen beteiligten Akteuren konstruktiv zu kritisieren, wenn dieses Verhalten die gemeinsame Aufgabe gefährdet,
  • sich an jeder Veränderung zu beteiligen, die die Leader-Follower-Beziehung und die Führung der Organisation oder Organisationseinheit insgesamt verbessert.
  • einen ethischen Standpunkt einzunehmen und ggf. Fehlverhalten oder Machtmissbrauch abzulehnen.[2]

Followership als Prinzip geteilter Verantwortung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zahlreiche Führungstheorien gehen davon aus, dass die Komplexität der modernen Arbeitswelt für einzelne Führungskräfte eine Überforderung darstellt.[3] Daher schlagen sie verschiedene Formen einer geteilten Führung (engl. "shared leadership") vor. Das Followership-Konzept ist einer dieser Ansätze, bei dem Führen und Folgen, Leadership und Followership als zwei Seiten der selben Medaille verstanden werden. Das Followership-Konzept stellt nicht die Frage, ob Führung 'top-down' oder 'bottom-up' geschieht. Wer Führender und wer Folgender ist, kann abhängen von der Aufgabenstellung, der Expertise, von Methodenwissen und Kompetenzen oder von Zugang zu Informationen. In diesem Konzept können diese Rollen immer neu ausgehandelt werden. Dies hat zur Folge, dass die Beteiligten potentiell mal in der einen, mal in der anderen Rolle agieren, wodurch zugleich auch ein wechselseitiges Verständnis für die spezifischen Herausforderungen in beiden Rollen wachsen kann. Die Verantwortung dafür, dass Führungsaufgaben gut wahrgenommen werden können, tragen Führende und Folgende gemeinsam.

Relevanz in der Praxis

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Insbesondere in Expertenorganisation kommt dem Followership-Konzept derzeit praktische Bedeutung zu. Als Expertenorganisationen werden solche Organisationen bezeichnet, in denen für die Arbeit in den Kernprozessen ein hohes Maß an individueller Expertise und Unabhängigkeit erforderlich ist. Beispiele für Expertenorganisationen sind Hochschulen, Schulen, Institutionen des Gesundheitswesen, Justiz, Beratungsunternehmen. Diese Organisationen sind geprägt von einem erheblichen Spannungsverhältnis zwischen dem individuellen Bedürfnis nach Autonomie der Mitarbeiter einerseits und der Notwendigkeit zur Kooperation andererseits. In solchen Organisationen ist der Wechsel zwischen Führungs- und Folgschaftsrollen institutionalisiert, beispielsweise durch gewählte Gremienstrukturen in Hochschulen, schulische Steuergruppen oder wechselnd besetzte Projektteams.

  • Chaleff, I./J. Lipman-Blumen/R. E. Riggio (Hrsg.): The Art of Followership: How Great Followers Create Great Leaders and Organizations, Jossey-Bass, San Francisco 2008
  • Erlinghagen, Robert: Leadership und Followership - Loyalität und Verantwortung von Führenden und Folgenden, in: Stephan Gerhard Huber (Hg.): Jahrbuch Schulleitung 2016, Köln 2016, S. 3-12
  • Erlinghagen, Robert/Symanski, Ute: It takes two to tango. Followership: Zur Nützlichkeit des Konzepts für die Expertenorganisation Hochschule, in: Wissenschaftsmanagement 3 (2014), S. 54-57
  • Kelley, Robert: The Power of Followership. New York 1992.
  • Lazar, R. A.: Führende schaffen Folgende schaffen Führende (Robert E. Kelley): oder "The Leader-Follower Loop" - Dimensionen des dynamischen Unbewussten in Gruppen und Institutionen. In: Lang, F. und Sidler, A. (Hrsg.): Psychodynamische Organisationsanalyse und Beratung. Psychosozial-Verlag, Gießen 2007, S. FEHLT.
  • Uhl-Bien, Mary u.a.: Followership theorie: A review and research agenda, in: The Leadership Quarterly 25 (2014), S. 83-104

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Kelley, Robert, The Power of Followership, New York 1992
  2. Chaleff, I. (2008). Creating New Ways of Following. In I. Chaleff/J. Lipman-Blumen/R. E. Riggio (Hrsg.): The Art of Followership: How Great Followers Create Great Leaders and Orga¬nizations, Jossey-Bass, San Francisco, S. 67–88.
  3. Dirk Baecker: Postheroisches Management. Ein Vademecum. Merve, München 1994, ISBN 3-88396-117-5